T-Zellen und B-Zellen gehen zur Schule
DIE T- und B-Zellen können nicht einfach aus dem Knochenmark schnurstracks in den Krieg ziehen. Ihre Bewaffnung ist ultramodern. Eine Ausbildung in modernster Technik ist Pflicht, bevor sie aufs Schlachtfeld geschickt werden. Die T-Zellen werden sich an biologischer Kriegsführung beteiligen. B-Zellen sind auf Lenkwaffen spezialisiert. Sie bekommen ihre Ausbildung dafür an der Technischen Hochschule des Immunsystems.
Die Hälfte der Millionen von Lymphozyten, die jede Minute im Knochenmark produziert werden, wandern zur Thymusdrüse — einer kleinen Drüse hinter dem Brustbein —, um dort ihre T-Zellen-Ausbildung zu erhalten. Darüber heißt es in dem Buch Eine Reise in das Innere unseres Körpers: „Die Lymphozyten, die die Technische Hochschule des Thymus durchlaufen, heißen T-Lymphozyten (T-Zellen) und agieren als Helferzellen, als Suppressorzellen und als Killerzellen. Sie gehören zu den unverzichtbaren Kräften des Immunsystems.“
Antikörper — pro Zelle 10 000 in der Sekunde
Die andere „Hälfte der ungeschulten Lymphozyten“ sind, wie das Buch erklärt, B-Zellen, die zu den Lymphknoten und damit verwandtem Gewebe wandern, wo sie für ihre Aufgabe geschult werden, Lenkwaffen — die Antikörper — herzustellen und abzuschießen. Wenn sich die B-Zellen „in diesen Geweben sammeln, sind sie wie leere Seiten: Sie wissen nichts und müssen alles von Grund auf lernen“, um so die Fähigkeit zu erwerben, „spezifisch auf Substanzen zu reagieren, die für den Körper fremd sind“. In den Lymphknoten vermehrt sich eine reife B-Zelle, die von Helfer-T-Zellen und entsprechenden Antigenen aktiviert wird, „und differenziert sich unter anderem zu Plasmazellen, die identische Antikörper mit der gleichen Spezifität abgeben, und zwar pro Zelle etwa 10 000 Moleküle in der Sekunde“ (Immunology).
Damit man sich ein Bild davon machen kann, was das Immunsystem leistet, wird in einem Artikel der Zeitschrift National Geographic (Juni 1986) näher auf die Probleme eingegangen, denen sich die Thymusdrüse gegenübersieht: „Während die T-Zellen reifen, lernt eine von ihnen irgendwie, die Antigene, sagen wir, des Hepatitisvirus zu erkennen, eine andere die eines Grippestammes, die dritte die des Rhinovirus 14 [das Erkältungen hervorruft] und so weiter.“ Nachdem der Artikel die „gewaltige Aufgabe, vor der die Thymusdrüse steht“, kommentiert hat, wird darin weiter erklärt, daß in der Natur „Antigene in Hunderten von Millionen Formen vorkommen. Die Thymusdrüse muß ein T-Zellen-Heer antreten lassen, das jedes einzelne erkennt. ... Die Thymusdrüse pumpt die T-Zellen zu Zigmillionen in den Körper. Zwar mögen nur einige wenige von ihnen ein bestimmtes Antigen erkennen, doch die kollektiven Aufklärungskräfte sind groß genug, um die fast unendlich große Vielfalt von Antigenen, die die Natur produziert, zu identifizieren.“
Während einige der Helfer-T-Zellen die Makrophagen anregen, sich zu vervielfachen, koppeln sich andere in den Lymphknoten an dort stationierte B-Zellen an und veranlassen diese, sich zu vermehren. Viele dieser B-Zellen werden zu Plasmazellen. Und wieder muß die Helfer-T-Zelle über die richtigen Rezeptoren verfügen, damit sie sich an die B-Zellen anbinden und sie dazu veranlassen kann, Plasmazellen herzustellen. Die Plasmazellen sind es dann, die damit beginnen, wie am Fließband Tausende von Antikörpern in der Sekunde zu produzieren.
Da jede Plasmazelle nur eine Art von Antikörpern herstellt mit einem spezifischen Rezeptor für genau ein Antigen eines Krankheitserregers, sind bald Milliarden dieser Antikörper an der Front und steuern die speziellen Antigene des Krankheitserregers an. Sie hängen sich an die Eindringlinge, verlangsamen deren Bewegungen, bewirken, daß sie zusammenklumpen, und machen sie zu appetitlichen Leckerbissen für die Phagozyten. Dies, zusammen mit der Ausschüttung von gewissen chemischen Stoffen durch die T-Zellen, stürzt die Makrophagen in eine Freßorgie, bei der sie Millionen von eindringenden Mikroorganismen verschlingen.
Darüber hinaus können auch die Antikörper selbst den Mikroorganismen den Tod bringen. Sobald sie sich an deren Oberflächenantigene geheftet haben, versammeln sich spezielle Proteine, sogenannte Komplementkomponenten, auf dem Krankheitserreger. Wenn alle erforderlichen Komponenten zusammen sind, durchlöchern sie die Membran des Mikroorganismus. In die Zelle fließt Flüssigkeit, sie platzt und stirbt.
Die Antikörper müssen natürlich auch die richtigen Rezeptoren aufweisen, um sich an die Eindringlinge anheften zu können. Zu diesem Punkt erklärt das medizinische Jahrbuch 1989 der Encyclopædia Britannica (Seite 278), daß die B-Zellen in der Lage sind, „zwischen 100 Millionen und einer Milliarde verschiedener Antikörper zu produzieren“.
Killer-T-Zellen und biologische Kriegsführung
Bis dahin haben die Helfer-T-Zellen Millionen von Makrophagen-Müllmännern antreten lassen, um den Feind aufzufressen, sowie B-Zellen stimuliert, sich mit ihren Antikörpern an der Jagd auf die Eindringlinge zu beteiligen. Doch es gibt noch andere Truppen, die die Helfer-T-Zellen in die Schlacht führen. Sie lassen zusätzlich Millionen der todbringendsten Kämpfer aufmarschieren: die Killer-T-Zellen.
Das Ziel der Viren, Bakterien und Parasiten ist es, in das Innere von Körperzellen zu gelangen. Denn wenn sie das erst einmal geschafft haben, sind sie vor Makrophagen und den B-Zellen mit ihren Antikörpern sicher — jedoch nicht vor den Killerzellen. Eine der infizierten Zellen braucht nur eine Killerzelle zu streifen, und schon geht diese zum Angriff über: Aus allen Rohren schießt sie mit tödlichen Proteinen auf den Eindringling, zerstört seine DNS und zerstreut die Bestandteile der toten Zelle. Auf diese Weise können Killerzellen sogar mutierte Zellen oder Zellen, die zu Tumorzellen geworden sind, angreifen und zerstören.
Zusätzlich zu den Killer-T-Zellen gibt es noch andere Killerzellen im Waffenarsenal des Immunsystems, nämlich die natürlichen Killerzellen. Anders als die T- und B-Zellen müssen diese nicht durch spezifische Antigene angeregt werden. Sie greifen Krebszellen an sowie Zellen, in die sich Viren eingenistet haben. Doch ihr Wirkungsbereich ist nicht nur auf Viren beschränkt. In der Zeitschrift Spektrum der Wissenschaft (März 1988) heißt es: „Ihr Hauptangriffsziel sind vermutlich Tumorzellen und vielleicht auch Zellen, die mit nicht-viralen Erregern infiziert sind.“
Wie treffen die Krankheitsbekämpfer auf die eindringenden Mikroorganismen? Geschieht das einfach nur auf gut Glück? Nein. Nichts wird dem Zufall überlassen. Sowohl die Antigene der Krankheitserreger wie auch die T-Zellen, B-Zellen, Phagozyten und Antikörper zirkulieren im Blutstrom und im lymphatischen System des Körpers. Die sekundären lymphoiden Organe wie Lymphknoten, Milz, Mandeln, Nasenpolypen und Bereiche mit spezialisiertem Gewebe im Dünndarm und Blinddarm sind Stellen, von denen aus die Immunantwort in die Wege geleitet wird. Die Lymphknoten spielen dabei eine besondere Rolle. Die Lymphe ist die Flüssigkeit, in der die Zellen unseres Gewebes eingebettet sind. Sie stammt aus dem Gewebe, wird in dünnwandigen Gefäßen gesammelt, fließt zu den Lymphknoten, von da aus durch den Rest des lymphatischen Systems und beendet schließlich ihre Reise, indem sie sich in die großen Venen ergießt, die zum Herzen führen.
Passieren die Antigene von Krankheitserregern die Lymphknoten, werden sie ausgefiltert und eingefangen. Die Krankheitsbekämpfer des Immunsystems benötigen 24 Stunden, um einmal das gesamte lymphatische System zu durchlaufen. Doch von dieser Zeit verbringen sie 6 Stunden in den Lymphknoten. Dort treffen sie auf die gefangengenommenen Antigene, und die große Schlacht kann beginnen. Feindliche Antigene, die im Blutstrom reisen, entkommen genausowenig. Sie werden zur Milz geleitet, wo Krankheitsbekämpfer schon auf sie warten.
Der Krieg in unserem Innern ist nun vorbei. Die Invasionstruppen sind geschlagen. Das Immunsystem mit seinen Billionen oder mehr Zellen hat gesiegt. Jetzt ist es für eine andere Art von T-Zellen, nämlich für die Suppressorzellen, an der Zeit, das Schlachtfeld zu übernehmen. Wenn sie sehen, daß der Krieg gewonnen ist, erklären sie die Schlacht für beendet und rufen die Kampftruppen des Immunsystems zurück.
Gedächtniszellen und Immunität — mit Schwierigkeiten
Zu dieser Zeit haben jedoch die B- und T-Zellen schon eine andere wichtige Arbeit geleistet. Sie haben Gedächtniszellen produziert, die viele Jahre lang — in einigen Fällen ein Leben lang — im Blut und in den Lymphgefäßen zirkulieren. Sollten wir je wieder mit dem gleichen Stamm von Grippe- oder Erkältungsviren oder mit anderen Fremdsubstanzen, die uns in der Vergangenheit begegnet sind, infiziert werden, entdecken die Gedächtniszellen die Eindringlinge sofort und bringen das Immunsystem auf Trab, so daß der Feind in einer schnellen Attacke überwältigt wird. Die Gedächtniszellen stellen sofort eine Flut spezifischer B- und T-Zellen her, die die erste Angriffswelle dieses speziellen Angreifers bekämpfen. Die erneute Invasion wird im Keim erstickt, noch ehe sie Fuß fassen kann. Wo die ursprüngliche Schlacht vielleicht drei Wochen gedauert hat, kommt es jetzt erst gar nicht dazu. Die vorhergehende Infektion mit diesem speziellen Eindringling hat uns ihm gegenüber immun werden lassen.
Die Sache wird jedoch dadurch komplizierter, daß es unterschiedliche Grippevirenstämme gibt, die oft aus verschiedenen Teilen der Welt stammen. Daneben gibt es etwa 200 Stämme von Erkältungsviren, und jeder Stamm hat sein spezielles Antigen. Daher müssen 200 verschiedene Formen von Helfer-T-Zellen vorhanden sein, von denen jede einen Rezeptor hat, der zu dem Antigen von einem der 200 Erkältungsviren paßt. Doch das ist nicht alles. Die Erkältungs- und Grippeviren mutieren fortwährend. Jedesmal, wenn dies geschieht, gibt es ein neues Antigen, das einen neuen passenden T-Zellen-Rezeptor erfordert. Die Erkältungsviren verändern andauernd die Schlösser. So müssen auch die T-Zellen andauernd die Schlüssel wechseln.
Bevor man sich also über die Ärzte lustig macht, weil sie die gewöhnliche Erkältung nicht besiegen können, sollte man sich das Problem vor Augen führen. Die spezielle Erkältung, die wir haben, mag zwar heilen und uns nie wieder belästigen, doch dann kommt ein neu mutiertes Erkältungsvirus, und schon muß unser Immunsystem völlig andere Helfer-T-Zellen aufbieten, die dann die Truppen des Immunsystems aufmarschieren lassen. Sobald eine Schlacht gewonnen ist, fängt die nächste an. Der Krieg ist endlos.
Gehirn und Immunsystem kommunizieren
Es ist kein Wunder, daß das Immunsystem mit dem Gehirn verglichen wurde. Die Forschung ist dabei, zu zeigen, daß unser Immunsystem mit dem Gehirn über unsere Gesundheit „spricht“ und daß unser Sinn unseren Körper einschließlich unseres Immunsystems beeinflußt. Die folgenden Zitate weisen auf eine Verbindung zwischen Gehirn und Immunsystem hin. Es ist ein Fall von wechselseitiger Kontrolle.
„Immunologen entdecken immer mehr über die Zusammenhänge zwischen Sinn und Körper, die Mechanismen der psychosomatischen Krankheiten“ (National Geographic, Juni 1986, Seite 733).
Die Verbindung von Immunsystem und Gehirn ist zwar erkannt, aber wird noch wenig verstanden. Streß, der Tod eines nahestehenden Menschen, Einsamkeit und Depressionen beeinflussen die Arbeit der weißen Blutkörperchen oder Lymphozyten und setzen damit auch die Tätigkeit der T-Zellen herab. „Die biologische Grundlage dieser Wechselwirkung bleibt immer noch zum größten Teil ein Geheimnis. Es ist jedoch klar, daß das Nerven- und das Immunsystem anatomisch wie auch chemisch untrennbar vernetzt sind“ (The Incredible Machine, Seite 217, 219).
„Das Immunsystem ... wetteifert mit dem Zentralnervensystem auf den Gebieten der Empfindlichkeit, Spezifität und Komplexität“ (Immunology, Seite 283).
Die Zeitschrift Science schreibt über die Verbindung zwischen dem Gehirn und dem Immunsystem folgendes: „Viele Beweise zeigen, daß die zwei Systeme untrennbar vernetzt sind. ... Das sich abzeichnende Bild läßt erkennen, daß das Immun- und das Nervensystem eine hohe Integration aufweisen und in der Lage sind, untereinander Informationen auszutauschen, um ihre Aktivitäten zu koordinieren“ (8. März 1985, Seite 1190—1192).
All das spiegelt die unendliche Weisheit dessen wider, der sowohl das Immunsystem wie auch das Gehirn erschaffen hat. Und das wiederum bringt uns zu der Frage, ob unser Schöpfer uns zum Sterben programmiert hat, nachdem er uns so erstaunliche Wunder wie das Gehirn und das Immunsystem eingebaut hatte. Die Antwort darauf lautet: Nein. Es sind die Wissenschaftler, die sagen, wir seien so gemacht. Uns wird gesagt, daß sich die Zellen teilen — jede Minute entstehen in unserem Körper mehr als 200 Millionen —, um verletzte und verbrauchte Zellen zu ersetzen. Doch unsere Zellen, so die Wissenschaftler, teilen sich nicht öfter als 50mal. Bald verlieren wir mehr Zellen, als wir ersetzen; das Altern beginnt, und der Tod folgt.
Aber so wurde der Mensch nicht geschaffen. Er brachte das selbst über sich. Er wurde geschaffen, um zu leben, fruchtbar zu sein, viele zu werden, die Erde zu füllen und sich um die Erde zu kümmern — solange er seinem Schöpfer gehorsam war. Er wurde jedoch auch gewarnt: Sündige, und du wirst „ein Sterben sterben“. Der erste Mensch war ungehorsam, bekam Schuldgefühle und versteckte sich. Von diesem Moment an war die Menschheit dem Prozeß des Sterbens unterworfen (1. Mose 1:26-28; 2:15-17, NW, Stud., Fußnote; 3:8-10). Starke negative Gefühle werden mit der Zeit zu „Knochenfraß“, und „ein niedergeschlagenes Gemüt vertrocknet die Knochen“. Das Ergebnis ist ein Immunsystem mit verringerter Leistungsfähigkeit, da gesundes, feuchtes Knochenmark eine Voraussetzung ist für die Produktion von genügend krankheitsbekämpfenden weißen Blutkörperchen (Sprüche 14:30; 17:22, Zunz).
Doch der Prozeß des Sterbens wird durch einen lebenserhaltenden Prozeß ersetzt werden. Ein vollkommen funktionierendes Immunsystem wird entscheidend dazu beitragen. Jehovas Vorsatz, eine paradiesische Erde mit gerechten, gehorsamen Menschen zu füllen, wird durch das Loskaufsopfer Jesu Christi verwirklicht. Niemand wird mehr krank sein, der Tod wird vernichtet, und alles Fleisch wird „frischer als in der Jugend“ werden (Hiob 33:25; Jesaja 33:24; Matthäus 20:28; Johannes 17:3; Offenbarung 21:4). Dann wird das von Jehova geschaffene erstaunliche Immunsystem nie mehr eine Schlacht gegen irgendwelche eindringenden Stoffe verlieren.
Selbst heute ist das Immunsystem, trotz all seiner Unzulänglichkeiten, ein Wunder der Schöpfung. Je mehr wir darüber lernen, desto ehrfurchtsvoller stehen wir vor seinem großen Schöpfer, Jehova Gott, und wir schließen uns dem Psalmisten David in seiner inspirierten Äußerung an, der sagte: „Ich werde dich lobpreisen, weil ich auf furchteinflößende Weise wunderbar gemacht bin. Deine Werke sind wunderbar, wie meine Seele es sehr wohl weiß“ (Psalm 139:14).
[Kasten/Diagramme auf Seite 8, 9]
(Genaue Textanordnung in der gedruckten Ausgabe)
Verteidiger des Immunsystems
1. Phagozyten Freßzellen in zwei Arten: neutrophile Granulozyten und Makrophagen. Bei beiden handelt es sich um „Müllmänner“, die anorganischen Müll, tote Zellen und anderen Abfall sowie riesige Mengen eindringender Mikroben fressen. Makrophagen sind größer, robuster und stärker als die neutrophilen Granulozyten, sie leben länger und fressen wesentlich mehr Mikroorganismen. Sie sind weit mehr als bloße Abfallbehälter und stellen verschiedene Enzyme und antibakterielle Wirkstoffe her. Außerdem dienen sie als Informationsträger zwischen anderen Zellen des Immunsystems und sogar des Gehirns.
2. MHC (Haupthistokompatibilitäts-Komplex) Moleküle auf der Zelloberfläche, die eine Zelle als zum Körper gehörend ausweisen. Bei Makrophagen präsentiert der MHC einen Teil der Antigene des gefressenen Opfers, wodurch sowohl Helfer-T-Zellen als auch Makrophagen zu einer ungeheuren Vermehrung angeregt werden, um so ihre Reihen für den Kampf gegen die Infektion zu verstärken.
3. Helfer-T-Zellen Sie sind die Operationschefs des Immunsystems; sie identifizieren den Feind, regen die Produktion der anderen Krieger des Immunsystems an und sammeln sie für die Schlacht gegen die Eindringlinge. Sie fordern Verstärkung bei den Makrophagen und anderen T-Zellen sowie bei den B-Zellen an und stimulieren die Produktion von Plasmazellen.
4. Lymphokine Hormonartige Proteine, zu denen Interleukine und Gamma-Interferon gehören und mit deren Hilfe die Zellen des Immunsystems Informationen austauschen. Sie lösen viele wichtige Reaktionen des Immunsystems aus und verstärken so die Immunantwort.
5. Killer-T-Zellen Diese T-Zellen zerstören Körperzellen, in denen sich Viren und Mikroben versteckt halten. Sie schießen tödliche Proteine in eine solche Zelle und durchlöchern so deren Membran, worauf die Zelle zerplatzt. Sie zerstören auch Zellen, die zu Tumorzellen geworden sind.
6. B-Zellen Von den Helfer-T-Zellen angeregt, vermehren sich die B-Zellen durch Teilung, wobei einige zu Plasmazellen heranreifen.
7. Plasmazellen Diese Zellen produzieren Antikörper zu Millionen, die dann wie Lenkwaffen durch den Körper zirkulieren.
8. Antikörper Wenn Antikörper auf Antigene treffen, können sie sich mit ihren Rezeptoren an die Antigene der Mikroben anlagern, die Mikroben festhalten, ihre Bewegungen verlangsamen und deren Verklumpen bewirken, wodurch diese zu appetitlichen Leckerbissen für die Phagozyten werden. Oder sie erledigen die Arbeit mit Hilfe der Komplementkomponenten selbst.
9. Komplementproteine Haben sich erst einmal Antikörper an die Oberfläche von Mikroorganismen angelagert, finden sich dort auch Proteine ein, die Komplementkomponenten genannt werden. Diese lassen Flüssigkeit in die Zelle dringen und bringen sie so zum Platzen und Absterben.
10. Suppressor-T-Zellen Ist die Infektion gebändigt und hat das Immunsystem gewonnen, treten die Suppressor-T-Zellen in Aktion. Mittels chemischer Signale stoppen sie sämtliche Prozesse der Immunantwort. Die Schlacht ist gewonnen.
11. Gedächtniszellen Inzwischen haben die B- und T-Zellen Gedächtniszellen produziert, die viele Jahre lang — in einigen Fällen ein Leben lang — im Blut und in den Lymphgefäßen zirkulieren. Starten Organismen einer Art, die schon einmal bekämpft wurde, zu einer Invasion, leiten die Gedächtniszellen einen überwältigenden Angriff ein, so daß diese erneute Invasion rasch zurückgeschlagen wird. Der Körper ist jetzt gegen diesen speziellen Mikroorganismus immun. Dieser Mechanismus ist es, der Impfungen wirkungsvoll macht, durch die Krankheiten besiegt werden konnten, die einst Geißeln der Menschheit waren, wie z. B. Masern, Pocken, Typhus und Diphtherie.
[Kasten auf Seite 10]
Trotz Erkenntnisexplosion weiterhin ein Geheimnis
Seitdem das Aidsvirus zugeschlagen und sich auf das Immunsystem eingeschossen hat, sind in der Forschung einige Gänge zugelegt worden. Das Wissen ist gewaltig angewachsen. Dennoch ist das Immunsystem so erstaunlich komplex, daß vieles davon immer noch ein Geheimnis ist, wie die folgenden Äußerungen von Immunologen zeigen.
Der Immunologe John Kappler erklärte: „Auf diesem Gebiet gibt es so rasante Fortschritte, daß die Zeitschriften veraltet sind, bevor sie gedruckt werden“ (Time, 23. Mai 1988, Seite 56).
Leroy Hood, Immunologe am Technologischen Institut von Kalifornien, führte aus: „Wir haben ein gutes Verständnis der Hardware des Immunsystems gewonnen, aber wir wissen noch so gut wie nichts über die Software, die das System steuert — die Gene, die unseren Zellen sagen, was zu tun ist.“ Über die hormonartigen reaktionsauslösenden chemischen Signale, die Lymphokine, sagte Hood, die bisher entdeckten, seien „nur die Spitze des Eisberges“ (National Geographic, Juni 1986, Seite 732; Time, 23. Mai 1988, Seite 64).
Der Forscher Edward Bradley: „Wir wissen wahrscheinlich genausowenig über das Immunsystem wie Kolumbus über Amerika nach seiner ersten Reise“ (National Geographic, Juni 1986, Seite 732).
[Kasten auf Seite 11]
Das Rauchen von Marihuana „spielt eine bedeutende Rolle bei der Schwächung des Immunsystems, da es die Entwicklung gewisser weißer Blutkörperchen behindert“ (Industrial Chemist, November 1987, Seite 14).
[Kasten auf Seite 11]
Wenn aus dem Krieg ein Bürgerkrieg wird
„Die Fähigkeit, zwischen ‚selbst‘ und ‚fremd‘ zu unterscheiden, ist ein besonderes Merkmal des Immunsystems“ (Immunology, Seite 368). Doch wenn das System sich irrt — was manchmal vorkommt —, unterscheidet es nicht mehr richtig zwischen „selbst“ und „fremd“ und bekämpft sich dann sozusagen in einem Bürgerkrieg selbst. Die daraus resultierenden Krankheiten nennt man Autoimmunkrankheiten. Zu ihnen gehören nach herrschender Auffassung Gelenkrheumatismus, Arthritis, multiple Sklerose, Typ-I-Diabetes, Myasthenia gravis und systemischer Lupus erythematodes.
Außerdem irrt das Immunsystem manchmal, wenn es harmlose Eindringlinge für gefährliche Feinde hält. Zum Beispiel können Pollen, Hausstaub, Tierschuppen oder ein Bissen Krebsfleisch eine allergische Reaktion auslösen. Übermäßig viele Wirkstoffe wie beispielsweise Histamin werden für den Kampf gegen etwas produziert, was an sich harmlos ist. Die Symptome solcher allergischen Reaktionen können sehr quälend sein — Atembeschwerden, Niesen, Schniefen, eine laufende Nase und tränende Augen. In extremen Fällen können die allergischen Reaktionen zu einem anaphylaktischen Schock und sogar zum Tod führen.
[Kasten auf Seite 12]
Die Beweise häufen sich, daß Bluttransfusionen für das Immunsystem schädlich sind. Hunderte von wissenschaftlichen Veröffentlichungen der letzten Jahre haben Bluttransfusionen mit einer Schwächung des Immunsystems in Verbindung gebracht. „Schon bei einer einzigen Vollblutkonserve konnte eine Immunsuppression beobachtet werden“, heißt es in einem Bericht (Medical World News, 11. Dezember 1989, Seite 28).