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‘Behaltet die Armen im Sinn’Der Wachtturm 1976 | 1. Juli
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‘Behaltet die Armen im Sinn’
DIE zentrale Ältestenschaft in Jerusalem gab dem Apostel Paulus sowie Barnabas die „rechte Hand der Mitteilhaberschaft“, als Paulus zu einer Beratung dort war, und man vertraute diesen beiden Männern einen maßgebenden Brief an die Versammlungen in Asien an. Dieser Brief führte dazu, daß die nationale Schranke zwischen Juden und Heiden aufgehoben wurde. Aber so wichtig diese Mission auch war, gab es noch etwas anderes, was den Ältesten so sehr am Herzen lag, daß sie sich veranlaßt fühlten, es Paulus und Barnabas nachdrücklich einzuprägen. Sie rieten ihnen besonders, daß sie „die Armen im Sinn behalten“ sollten (Gal. 2:9, 10; Apg. 15:22-29).
Paulus berichtet, daß er neben seiner eifrigen Predigttätigkeit bemüht war, das zu tun. Er war ständig bestrebt, den Versammlungen den Geist der Freigebigkeit einzuflößen. Als die Christen in Jerusalem in Not geraten waren, ermunterte Paulus die Versammlungen in Europa, materielle Dinge mit ihren notleidenden Brüdern in Jerusalem zu teilen, soweit es ihnen möglich war (Röm. 15:26; 2. Kor. 8:1-8; 9:1-5).
CHRISTEN — FREIGEBIG GEGENÜBER ALLEN
Überall in den Christlichen Schriften wird betont, daß man sich um die Armen kümmern sollte. Der Apostel Johannes sagte: „Wer immer aber die Mittel dieser Welt zum Lebensunterhalt hat und seinen Bruder Not leiden sieht und dennoch die Tür seiner Gefühle innigen Erbarmens vor ihm verschließt, wie bleibt da die Liebe Gottes in ihm?“ (1. Joh. 3:17). Ähnlich schrieb auch Jakobus, der Halbbruder Jesu: „Wenn sich ein Bruder oder eine Schwester in nacktem Zustand befindet und der für den Tag hinreichenden Speise ermangelt, aber einer von euch sagt zu ihnen: ,Geht hin in Frieden, haltet euch warm und wohlgenährt‘, ihr gebt ihnen aber nicht das für ihren Körper Notwendige, von welchem Nutzen ist das?“ Jakobus erklärte außerdem: „Die Form der Anbetung, die vom Standpunkt unseres Gottes und Vaters aus rein und unbefleckt ist, ist diese: nach Waisen und Witwen in ihrer Drangsal zu sehen und sich selbst von der Welt ohne Flecken zu bewahren“ (Jak. 2:15, 16; 1:27).
Paulus riet Timotheus, den er in Ephesus zurückgelassen hatte, reichen Personen in der Versammlung ständig vor Augen zu halten, daß es darauf ankomme, „reich zu sein an vortrefflichen Werken, freigebig zu sein, bereit zu teilen“. Und an die Christen in Rom schrieb er: „Teilt mit den Heiligen gemäß ihren Bedürfnissen. Folgt dem Wege der Gastfreundschaft.“ Diese Eigenschaften, Freigebigkeit und Gastfreundlichkeit, sind wesentliche Bestandteile der „vortrefflichen Werke“, durch die ein Christ „das wirkliche Leben fest ergreifen“ kann (1. Tim. 6:18, 19; Röm. 12:13).
Was materielle Hilfe betrifft, so wird in der Bibel hauptsächlich dazu ermuntert, mit anderen Christen zu teilen. Doch die Freigebigkeit wahrer Christen geht noch weiter. Freigebigkeit sollte eine dauerhafte, charakteristische Eigenschaft der christlichen Persönlichkeit sein, und das Herz eines Christen sollte für Bedürftige schlagen.
Natürlich hat ein Christ nicht die Mittel, um jeder bedürftigen Person unter die Arme zu greifen. Wovon sollte er sich daher beim Geben leiten lassen? Der Apostel Paulus sagte darüber: „Laßt uns . . . gegenüber allen das Gute wirken, besonders aber gegenüber denen, die uns im Glauben verwandt sind“ (Gal. 6:10). Christen sollten sich vor allem der Bedürfnisse ihrer Brüder annehmen. Gleichzeitig sollten sie aber auch andere Personen nicht übersehen, die Not leiden.
Oft sind Christen materiell nicht so gut gestellt, daß sie anderen etwas geben könnten. Doch sie können ihnen bestimmte Dienste leisten, die noch mehr geschätzt werden mögen. Vielleicht ist ein Nachbar krank — er mag noch nie Interesse für die gute Botschaft gezeigt haben, sooft der Christ mit ihm darüber sprach. Trotzdem fragt sich der Christ, was er für ihn tun kann, welche Hilfe er ihm leisten kann. Vielleicht ist eine Nachbarin so krank, daß sie nicht selbst für sich kochen oder nicht einkaufen gehen kann. Oder vielleicht muß eine kranke Person zum Arzt gebracht werden. Ein Kranker mag schon für einen freundlichen Besuch, bei dem man ihm vielleicht einen Topf warme Suppe bringt, sehr dankbar sein. Ältere oder behinderte Personen kann man noch auf vielerlei andere Weise unterstützen.
Solche Taten zählen zu den „vortrefflichen Werken“, die ein Christ mit Eifer tun sollte (Tit. 2:14). Beachten wir, daß Dorkas, eine christliche Jüngerin aus der Stadt Joppe, in der Bibel lobend erwähnt wird, weil sie „überströmend an guten Taten und Gaben der Barmherzigkeit“ war. Zweifellos hatte sie in materieller Hinsicht wenig, doch leistete sie liebevolle Dienste, indem sie Kleider für ältere Witwen anfertigte (Apg. 9:36-40).
Wenn es also darum geht, materielle Hilfe zu leisten, sollte ein Christ freigebig sein, gleichzeitig aber auch Unterscheidungsvermögen und einen gesunden Sinn walten lassen. Er sollte anderen nicht so viel geben, daß das Wohl seiner eigenen Familie ernsthaft gefährdet ist, weil sie nicht mehr genug hat. Es wäre auch unvernünftig, jemandem Geld zu geben, der es nur vergeudet oder dazu verwendet, eine schlechte Gewohnheit zu pflegen. Würde man einer faulen Person Hilfe leisten, so könnte das sogar dem Betreffenden schaden, es könnte seine Faulheit fördern und dazu führen, daß er immer nachlässiger wird. An die Christenversammlung in Thessalonich mußte Paulus einmal schreiben: „ ‚Wenn jemand nicht arbeiten will, soll er auch nicht essen.‘ Denn wir hören, daß einige unter euch unordentlich wandeln, indem sie überhaupt nicht arbeiten, sondern sich in etwas einmischen, was sie nichts angeht. Solchen Personen geben wir die Weisung und Ermahnung im Herrn Jesus Christus, daß sie, indem sie mit Ruhe arbeiten, ihr selbstverdientes Brot essen sollten“ (2. Thess. 3:10-12; vergleiche Epheser 4:28).
Christen leisten somit materielle Hilfe vor allem den Personen, die Gott lieben, aufrichtiges Interesse an der guten Botschaft zeigen und wirklich Hilfe benötigen. Falls es ihnen möglich ist, helfen sie aber auch anderen, die wirklich in Not sind, wobei sie natürlich stets allen geistige Hilfe bieten. Sie haben die gleiche Gesinnung wie Jesus. Der Apostel Matthäus, der Jesus begleitete, als dieser von Dorf zu Dorf zog und gute Werke tat, schrieb: „Als er die Volksmengen sah, empfand er Mitleid mit ihnen, weil sie zerschunden waren und umhergestoßen wurden wie Schafe, die keinen Hirten haben“ (Matth. 9:36).
GOTT LIEBT DEN FREIGEBIGEN
Gott übersieht nicht Personen, die Bedürftige beachten und ihnen Hilfe bieten. Er betrachtet es so, als täten sie es ihm. In der Bibel heißt es: „Wer sich des Armen erbarmt, gibt dem HERRN ein Darlehen; der wird ihm seine Wohltat vergelten“ (Spr. 19:17, Bruns). Ein wirklich freigebiger Mensch fürchtet nicht, er könnte dadurch, daß er manchmal über seine finanziellen Möglichkeiten hinaus großzügig anderen gibt, verarmen. Der Apostel Paulus schrieb unter Inspiration: „Gott liebt einen fröhlichen Geber. Gott vermag überdies all seine unverdiente Güte gegen euch überströmen zu lassen, damit ihr, während ihr in allem stets volle Selbstgenügsamkeit habt, Überfluß haben mögt für jedes gute Werk. (So, wie geschrieben steht: ,Er hat weit und breit ausgeteilt, er hat den Armen gegeben, seine Gerechtigkeit währt immerdar.‘)“ (2. Kor. 9:7-9; Ps. 112:9). Ein Christ, der sich beim Geben von Liebe leiten läßt, verherrlicht Gott und die gute Botschaft, die er predigt, denn „wer . . . dem Armen Gunst erweist, verherrlicht [seinen Erschaffer]“ (Spr. 14:31).
Über eine gute Frau heißt es in der Bibel, außer daß sie fleißig und zuverlässig ist: „Sie öffnet ihre Hand dem Bedürftigen und reicht ihre Hände den Armen. . . . Ihr Mann ist in den Torhallen geachtet [man achtet ihn in der Gemeinde ihrer Taten wegen]. . . . Ihre Söhne stehen auf und preisen sie glücklich, auch ihr Mann erhebt sich und rühmt sie“ (Spr. 31:20-28, Einheitsübersetzung).
DIE ARMUT WIRD BESEITIGT
In der heutigen Zeit treffen selbst unter Christen Jesu Worte zu: „Die Armen habt ihr allezeit bei euch“ (Matth. 26:11). Das ist auf die völlig unbeständige wirtschaftliche Situation in der Welt sowie auf Krankheit und Verfolgung zurückzuführen. In der Bibel lesen wir aber die Verheißung: „Nicht immer wird der Arme vergessen sein, noch wird die Hoffnung der Sanftmütigen jemals vergehen“ (Ps. 9:18). Unter der Königreichsherrschaft des Sohnes Gottes wird es diejenigen nicht mehr geben, die das Volk ausbeuten und die Armen und Niedrigen unterdrücken. „Er wird Recht verschaffen den Gebeugten im Volk, Hilfe bringen den Kindern der Armen, er wird die Unterdrücker zermalmen“ (Ps. 72:4, EÜ).
Wie es im alten Israel gewesen wäre, wenn es Gottes vollkommenes Gesetz gehalten hätte, so wird es sein, wenn Christus über die Erde herrscht: Es wird keine Armen mehr geben. Kurz bevor die Israeliten das Verheißene Land betraten, sagte ihnen Gott: „Es sollte jedoch keiner unter euch arm werden, denn Jehova wird dich unbedingt segnen in dem Lande, das Jehova, dein Gott, dir als Erbe gibt“ (5. Mose 15:4). Unter der gerechten Herrschaft des Königreiches Gottes werden die Menschen nicht lediglich ein geschriebenes Gesetz haben, sondern werden das Gesetz Gottes auf ihr Herz schreiben lassen, denn ,wenn es für die Erde Gerichte von . . . [Gott] gibt, werden die Bewohner des ertragfähigen Landes gewißlich Gerechtigkeit lernen“ (Jes. 26:9). Über diese Zeit schrieb der Prophet: „Güte und Treue sollen einander begegnen, Gerechtigkeit und Friede einander küssen. Treue wird der Erde entsprießen, Gerechtigkeit vom Himmel herabschauen. Er selbst, der HERR, wird uns seinen Segen spenden und das Land wieder guten Ertrag geben“ (Ps. 85:10-12, Bruns).
Wie schön wird es sein, wenn nie mehr Armut auftritt! Doch dadurch wird die Freigebigkeit nicht unterbunden, denn jedermann wird seine Fähigkeiten und Talente sowie die Erzeugnisse seiner fleißigen Arbeit zum Nutzen und zur Bereicherung des ganzen Gemeinwesens zur Verfügung stellen können. Mögen wir bis dahin alle an einem „Austausch von Ermunterung“ teilhaben, sowohl materielle als auch geistige Dinge miteinander teilen und „aufeinander achten zur Anreizung zur Liebe und zu vortrefflichen Werken“, wozu auch gehört, daß wir „die Armen im Sinn behalten“ (Hebr. 10:24; Gal. 2:10; Röm. 1:12; Apg. 2:42).
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‘Ein Weg wie eine Dornenhecke’Der Wachtturm 1976 | 1. Juli
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‘Ein Weg wie eine Dornenhecke’
● In Sprüche 15:19 ist von einem Faulen die Rede, dessen Weg einer „Dornenhecke“ gleicht. Das soll wahrscheinlich heißen, daß er sich bei allem, was er tut, Schwierigkeiten und dornenartige Probleme vorstellt und damit seinen Müßiggang entschuldigt.
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