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  • „Eine tüchtige Frau“ zeigt loyale Liebe
    Der Wachtturm 1978 | 15. Mai
    • „Eine tüchtige Frau“ zeigt loyale Liebe

      „Jeder im Tore meines Volkes weiß, daß du eine tüchtige Frau bist“ (Ruth 3:11).

      1, 2. Auf welche mitternächtliche Begegnung wird unsere Aufmerksamkeit gelenkt, und welche Fragen erheben sich deshalb?

      DIE Nacht ist hereingebrochen, und lautlose Stille hat sich auf Bethlehem und seine Umgebung gesenkt. Auf einer Dreschtenne auf einem der Felder hat sich ein älterer Mann zum Schlafen niedergelegt. Doch sieh, eine junge Frau nähert sich ihm, hebt seine Decke etwas auf und legt sich nieder. Er wacht auf, sieht sie zu seinen Füßen liegen und fragt: „Wer bist du?“ Ihre Antwort? „Ich bin Ruth, deine Sklavin.“ Sie ist in einer besonderen, in einer edlen Absicht gekommen. Er bestätigt ihre Tugendhaftigkeit im Laufe des Gesprächs und sagt: „Jeder im Tore meines Volkes weiß, daß du eine tüchtige Frau bist“ (Ruth 3:9-11).

      2 Wie ist es zu dieser ungewöhnlichen mitternächtlichen Begegnung gekommen? Wer ist diese Frau und wer der ältere Mann? Warum sagt er, sie sei als „eine tüchtige Frau“ bekannt? Durch welche Eigenschaften zeichnet sie sich aus? Diese und viele andere Fragen steigen in uns auf, wenn wir über diese nächtliche Szene nachdenken.

      3. (a) Welches Bibelbuch möchten wir nun betrachten? (b) Wann und von wem wurde dieser Bibelbericht geschrieben, und was wird darin besonders beleuchtet?

      3 Der von Gott inspirierte Bericht, den wir nun betrachten möchten und der wahrscheinlich in den Tagen Davids (1090 v. u. Z.) von dem hebräischen Propheten Samuel geschrieben wurde, ist in einem der beiden einzigen Bibelbücher enthalten, die den Namen einer Frau tragen. (Das andere ist das Buch Esther.) Einige betrachten das Buch Ruth zwar lediglich als eine ergreifende Liebesgeschichte, aber in Wirklichkeit ist es weit mehr. Es beleuchtet Jehovas Vorsatz, einen Königreichserben hervorzubringen: den langverheißenen Messias. Außerdem verherrlicht es Gottes liebende Güte (1. Mose 3:15; Ruth 2:20; 4:17-22)a.

      UNGLÜCK BRICHT HEREIN

      4. In welchem Zeitabschnitt spielten sich die im Buch Ruth berichteten Ereignisse ab?

      4 Die in diesem Bericht geschilderten Ereignisse trugen sich in Israel zu, und zwar „in den Tagen, als die Richter Recht sprachen“. Es muß zu Beginn dieser Periode gewesen sein, denn der Mann, den wir mit Ruth zusammen auf der Dreschtenne beobachteten, war Boas, der Sohn Rahabs, die in den Tagen Josuas gelebt hatte (Ruth 1:1; Josua 2:1, 2; Matth. 1:5). Diese fesselnde Geschichte spielt sich um das Jahr 1300 v. u. Z. ab und umfaßt etwa elf Jahre.

      5. Welche Umstände und welche Erkenntnis veranlassen Elimelech, mit seiner Familie nach Moab zu ziehen, und hat dies etwas mit den Verpflichtungen eines Christen zu tun?

      5 Eine Hungersnot ist über das Land Juda und über Bethlehem (oder Ephratha) hereingebrochen. Die Familie eines Mannes namens Elimelech ist von diesem Unglück besonders hart betroffen worden. Da sich Elimelech seiner Verantwortung, für den Lebensunterhalt der Seinen zu sorgen, bewußt ist, trifft er eine schwerwiegende Entscheidung. Bald danach sieht man ihn, seine Frau Noomi und ihre beiden Söhne Machlon und Kiljon den Jordan überqueren. In Moab, einem Land auf einer Hochebene östlich des Toten Meeres und südlich des Arnon, werden diese Ephrathiter als Fremdlinge ansässig (Ruth 1:1, 2; vergleiche 1. Timotheus 5:8).

      6. Welche Umstände führen dazu, daß Noomi, Ruth und Orpa schließlich ganz allein dastehen?

      6 Nach einiger Zeit stirbt Elimelech und hinterläßt Noomi als ältere Witwe. Später heiraten die beiden Söhne Moabiterinnen. Machlon heiratet Ruth, und Kiljon nimmt sich Orpa zur Frau (Ruth 1:4, 5; 4:10). Es vergehen etwa zehn Jahre. Dann bricht wieder ein Unglück herein. Beide Söhne Noomis sterben, ohne Nachkommen zu hinterlassen. Nun stehen die drei Frauen ganz allein da, und bestimmt ist es für sie nicht leicht, die Einsamkeit der Witwenschaft zu ertragen.

      7. Welche Möglichkeit scheint für die verwitwete Noomi tatsächlich kaum noch zu bestehen?

      7 Noomi ist besonders bekümmert. Sie ist eine Judäerin und kennt den einzigartigen Segen, den der Patriarch Jakob auf seinem Sterbebett über seinen Sohn Juda aussprach, indem er sagte: „Das Zepter wird nicht von Juda weichen noch der Befehlshaberstab zwischen seinen Füßen hinweg, bis Schilo kommt; und ihm wird der Gehorsam der Völker gehören.“ Dieser Schilo wird im Besitz des königlichen Zepters sein, ja er wird der Messias, der Same Abrahams, sein, durch den sich alle Familien der Erde segnen werden. Frauen aus Juda könnten also Söhne gebären, die Vorväter dieses Gesalbten sein würden. Noomis Söhne sind aber kinderlos gestorben, und sie selbst ist schon zu alt, um Kinder zu gebären. Es besteht also kaum noch die Möglichkeit, daß Noomi und ihre Familie einen Beitrag zur Weiterführung der messianischen Geschlechtslinie leisten könnten (Ruth 1:3-5; 1. Mose 22:17, 18; 49:10, 33).

      8. Was veranlaßt Noomi, trotz der Gefahren, denen sie unterwegs begegnen mag, nach Juda zurückzukehren?

      8 Es gibt aber wenigstens noch ein Fünkchen Hoffnung auf bessere Zeiten. Noomi hat nämlich — vielleicht von einigen reisenden hebräischen Kaufleuten — gehört, daß Jehova „seinem Volke seine Aufmerksamkeit zugewandt“ hat, „indem er ihnen Brot gab“. Ja, die Hungersnot ist vorbei, und dank des Segens Gottes gibt es wieder Brot in Juda, gute Nahrung in Bethlehem, dem „Haus des Brotes“. Schon nach kurzer Zeit wandern die drei Witwen „auf der Straße dahin, um in das Land Juda zurückzukehren“. Ihr Weg ist nicht ungefährlich, denn er führt durch Gebiete, in denen es viele Räuber und Wegelagerer gibt. Doch Noomis Liebe zu Jehova Gott und das Verlangen nach der Gemeinschaft mit seinem Volk geben ihr den Mut, trotz der Gefahren weiterzugehen (Ruth 1:6, 7).

      EINE ZEIT DER ENTSCHEIDUNG

      9. Warum werden Ruth und Orpa aufgefordert, „jede in das Haus ihrer Mutter“ zurückzukehren?

      9 Begleiten die jungen Witwen ihre betagte Schwiegermutter wohl nur höflichkeitshalber bis an die Grenze zwischen Moab und Israel, oder werden sie weitergehen? Wir werden sehen. Unterwegs sagt Noomi schließlich: „Geht, kehrt zurück, jede in das Haus ihrer Mutter“ (Ruth 1:8). Warum „in das Haus ihrer Mutter“, wenn doch — mindestens in Ruths Fall — der Vater noch lebt? (Ruth 2:11). Nun, es ist ganz natürlich, daß eine ältere Frau so zu den jüngeren Frauen spricht, deren Mütter im Unterschied zu ihrer mittellosen Schwiegermutter ein wohlbehütetes Heim haben. Auf alle Fälle wäre mütterliche Liebe für eine bekümmerte Tochter besonders tröstlich.

      10. In welcher Hoffnung ist Noomi bereit, ihre beiden Schwiegertöchter gehen zu lassen?

      10 Beachten wir, was Noomi weiter sagt: „Jehova übe liebende Güte euch gegenüber, so, wie ihr sie den nun toten Männern und mir gegenüber geübt habt. Jehova gebe euch eine Gabe, und ihr sollt einen Ruheort finden, eine jede im Hause ihres Mannes“ (Ruth 1:8, 9). Die beiden Moabiterinnen haben ihren verstorbenen Männern und Noomi gegenüber liebende Güte oder loyale Liebe gezeigt. Sie haben nicht so gehandelt wie die hethitischen Frauen Esaus, die „für Isaak und Rebekka ein Anlaß zur Bitterkeit des Geistes“ waren (1. Mose 26:34, 35). Jetzt, wo Noomi selbst nichts mehr hat, kann sie nur hoffen, daß Gott ihre Schwiegertöchter belohnt, und sie ist bereit, sie gehen zu lassen, in der Hoffnung, daß Jehova diesen beiden jungen Frauen die Ruhe und den Trost geben möge, die einer Frau zuteil werden, wenn sie einen Mann sowie ein Heim hat und so aller Sorgen der Witwenschaft enthoben ist.

      11. (a) Warum fällt es Ruth und Orpa offenbar schwer, sich von Noomi zu trennen und können wir daraus etwas über das Verhältnis ableiten, das heute in einer christlichen Familie herrschen sollte? (b) Haben Ruth und Orpa die Aussicht, wieder zu heiraten, wenn sie bei Noomi bleiben? Begründe deine Antwort.

      11 Ruth und Orpa kehren aber nicht zurück. Während Noomi sie küßt, beginnen sie ihre Stimme zu erheben und zu weinen. Noomi ist offensichtlich eine gütige, liebende Schwiegermutter, und es muß schmerzlich sein, sich von ihr trennen zu müssen (Ruth 1:8-10; vergleiche Apostelgeschichte 20:36-38). Noomi sucht die beiden jedoch weiter zur Rückkehr zu bewegen. Sie sagt: „Habe ich noch Söhne in meinem Innern, und werden sie eure Männer werden? Kehrt zurück, meine Töchter, geht, denn ich bin zu alt geworden, um einem Mann zu eigen zu werden. Wenn ich gesagt hätte, ich hätte noch Hoffnung, ja heute nacht eines Mannes zu werden und auch wirklich Söhne zu gebären, würdet ihr beharrlich auf sie warten, bis sie erwachsen wären? Würdet ihr euch für sie abgeschlossen halten, so daß ihr keines Mannes würdet?“ Ja, selbst wenn Noomi nochmals Söhne bekäme, würden diese jungen Frauen dann warten, bis diese erwachsen wären? Würden sie darauf verzichten, einen anderen Mann zu heiraten? Das anzunehmen wäre unvernünftig. Als Moabiterinnen hätten sie übrigens auch kaum die Aussicht, einen Mann in Juda zu heiraten und eine Familie zu gründen (Ruth 1:11-13).

      12, 13. Vor welche Entscheidung werden Ruth und Orpa gestellt? Wozu entscheidet sich Orpa?

      12 „Nein, meine Töchter“, fährt Noomi fort, „denn es ist für mich euretwegen sehr bitter, daß die Hand Jehovas wider mich ausgegangen ist“ (Ruth 1:13). Noomi schiebt Gott kein Unrecht zu; was immer er tut oder zuläßt, muß richtig sein (Spr. 19:3). Sie grämt sich aber über ihre Schwiegertöchter. Für diese ist nun der Zeitpunkt der Entscheidung gekommen. Werden sie selbstlos bereit sein, mit Noomi zu gehen? Das hängt ganz von ihren Beweggründen und ihrer Loyalität ab.

      13 Orpa hat sich entschieden. Weinend küßt sie ihre Schwiegermutter und geht weg. „Siehe!“ sagt Noomi zu Ruth. „Deine verwitwete Schwägerin ist zu ihrem Volke und ihren Göttern zurückgekehrt. Kehre mit deiner verwitweten Schwägerin zurück“ (Ruth 1:14, 15). Ja, Orpa kehrt zu ihrem Volk und zu „ihren Göttern“ zurück. Sie und Ruth sind beide unter dem „Volk des Kamos“ aufgewachsen und haben vielleicht mit eigenen Augen gesehen, wie diesem falschen Gott der Moabiter Kinder als Opfer dargebracht wurden. In diese Umgebung kehrt Orpa nun wieder zurück (4. Mose 21:29; 2. Kö. 3:26, 27).

      14. Was sagt Ruth zu Noomi, und wofür hat sie sich demnach entschieden?

      14 Ruth dagegen handelt anders. „Dringe nicht in mich, dich zu verlassen, davon umzukehren, dich zu begleiten“, sagt sie, „denn wohin du gehst, werde ich gehen, und wo du die Nacht verbringst, werde ich die Nacht verbringen. Dein Volk wird mein Volk sein und dein Gott mein Gott. Wo du stirbst, werde ich sterben, und dort werde ich begraben werden.“ Dann bekräftigt sie ihre Worte noch durch den Schwur: „Möge Jehova mir so tun und dazu hinzufügen, wenn irgend etwas außer dem Tod eine Trennung zwischen mir und dir herbeiführen sollte.“ Welch rührender Ausdruck loyaler Liebe! Ja, es ist sogar noch weit mehr. Ruth will ihr Leben lang Jehova dienen, und Noomis Volk — das Volk, das sich in einem Bund mit dem wahren Gott befindet — soll ihr Volk sein. Sie ist entschlossen, Jehova treu ergeben zu bleiben. Deshalb bemüht sich Noomi nicht mehr, die junge Moabiterin wegzuschicken (Ruth 1:16-18).

      15. (a) Inwiefern hat Ruth bisher loyale Liebe gezeigt? (b) Was können wir aus den Entscheidungen lernen, die Ruth und Orpa getroffen haben?

      15 Während die bejahrte Judäerin und die junge Moabiterin ihre mühsame Wanderung Seite an Seite fortsetzen, haben wir Gelegenheit, über die ergreifenden Szenen, die wir mitverfolgt haben, nachzudenken. Orpa hat ihrem eigennützigen Verlangen nachgegeben. Wahrscheinlich hat ihr das, was sie über Jehova gelernt haben mag, doch nicht genug bedeutet, um sie davon abzuhalten, zu ihrem Volk und zu „ihren Göttern“ zurückzukehren. Hätte Ruth den selbstsüchtigen Wunsch gehabt, in ihre Heimat zurückzukehren, so hätte auch sie umkehren können. (Vergleiche Hebräer 11:15.) Doch diese junge Moabiterin hat nicht nur der betagten Noomi, sondern vor allem auch Jehova gegenüber loyale Liebe bekundet. Sie hat Opferbereitschaft und den Entschluß erkennen lassen, dem wahren Gott treu zu dienen. Wenn wir die unterschiedlichen Entscheidungen der beiden Moabiterinnen betrachten, so fühlen wir uns angespornt, ‘nicht zur Vernichtung zurückzuweichen, sondern Glauben zu haben zum Lebendigerhalten der Seele’ (Hebr. 10:38, 39).

      AUFREGUNG IN BETHLEHEM

      16. Warum fragen die Frauen in Bethlehem immer wieder: „Ist das Noomi?“?

      16 Schließlich kommen die beiden Frauen in Bethlehem, ihrem Bestimmungsort, an. Ihre Anwesenheit versetzt die ganze Stadt in Aufregung. „Ist das Noomi?“ fragen die Frauen immer wieder. Die Jahre sind nicht spurlos an ihr vorübergegangen. Bestimmt bemerken die Frauen, daß Betrübnis und Kummer diese einst fröhliche Frau gebeugt haben. Ihre Antwort ist auch ein Ausdruck ihres Herzeleides.

      17. Was bedeuten die Worte Noomis: „Nennt mich nicht Noomi, Nennt mich Mara.“?

      17 „Nennt mich nicht Noomi [mein Ergötzen]“, sagt sie. „Nennt mich Mara [bitter], denn der Allmächtige hat es mir sehr bitter gemacht. Voll bin ich ausgezogen [mit einem Mann und zwei Söhnen], und mit leeren Händen hat Jehova mich zurückkehren lassen. Warum solltet ihr mich Noomi nennen, wenn es Jehova ist, der mich erniedrigt hat, und der Allmächtige, der mir Unglück zugefügt hat?“ (Ruth 1:19-21). Noomi ist zwar bereit, anzunehmen, was Jehova Gott zuläßt, aber sie hat offensichtlich das Gefühl, er sei gegen sie (Ruth 1:13; vergleiche 1. Samuel 3:18). In einer Zeit, in der ein fruchtbarer Mutterleib als ein Segen, Kinderlosigkeit dagegen als ein Fluch Gottes betrachtet wird, ist es für eine Frau zweifellos eine Demütigung, keine lebenden Nachkommen zu haben. Und welche Hoffnung kann Noomi noch haben, einen Beitrag zur Weiterführung der messianischen Geschlechtslinie zu leisten?

      EINE DEMÜTIGE ÄHRENLESERIN FINDET GUNST

      18. Was läßt Ruth dadurch erkennen, daß sie Ähren aufliest, und auf wessen Feld gerät sie „durch Zufall“?

      18 Noomi und Ruth kommen im Vorfrühling, gerade „zu Beginn der Gerstenernte“, nach Bethlehem (Ruth 1:22). Da Ruth eine fleißige Frau und zum Dienen bereit ist, geht sie mit Noomis Erlaubnis aufs Feld, um hinter den Schnittern her Ähren aufzulesen. Sie weiß, daß die Nachlese Jehovas liebevolle Vorkehrung für den Armen ist, für den, der sich in Trübsal befindet, für den als Fremdling Ansässigen, für den vaterlosen Knaben und für die Witwe. Sie dürfen in Israel alles sammeln oder auflesen, was die Schnitter bei der Ernte unabsichtlich oder absichtlich liegengelassen haben (3. Mose 19:9, 10; 5. Mose 24:19-21). Obwohl Ruth das Recht hat, Ähren zu lesen, bittet sie demütig um Erlaubnis, und man gestattet ihr, es auf einem bestimmten Feld zu tun. Offensichtlich ist aber Jehovas Hand mit im Spiel, denn ‘durch Zufall gerät sie auf das Feldstück, das Boas gehört’ (Ruth 2:3).

      19, 20. (a) Wer ist Boas? (b) Wieso kann gesagt werden, Ruth sei keine verwöhnte Frau?

      19 Sieh, da kommt Boas. Er ist „ein sehr vermögender Mann“, der Sohn Salmons und Rahabs. Ja, Boas ist ein Judäer. Er ist nicht nur ein rücksichtsvoller Arbeitgeber, der von seinen Arbeitern sehr geschätzt wird, sondern er ist auch ein eifriger Anbeter des wahren Gottes, denn er grüßt die Schnitter mit den Worten: „Jehova sei mit euch“, und sie antworten: „Jehova segne dich“ (Ruth 2:1-4).

      20 Von dem Jüngling, der über die Schnitter gesetzt ist, erfährt Boas, daß Ruth die Moabiterin ist, die vor kurzem mit Noomi nach Bethlehem gekommen ist. Nachdem sie die Erlaubnis erhalten hat, hat sie vom kühlen Morgen bis jetzt, wo die Sonne hoch am Himmel steht, ununterbrochen Ähren gelesen, ohne sich über die Hitze zu beklagen. Gerade jetzt hat sie sich „eine kleine Weile im Hause [wahrscheinlich lediglich eine Hütte für die Schnitter] hingesetzt“. Ruth ist wirklich keine verwöhnte Frau (Ruth 2:5-7).

      21. Was beeindruckt Boas besonders an Ruth, und können christliche Frauen daraus irgendwelche Schlüsse ziehen?

      21 Später schärft Boas Ruth ein, nicht auf einem anderen Feld aufzulesen, sondern sich dicht an seine jungen Frauen zu halten, die seinen Schnittern folgen und die Garben binden. Boas gebietet den Jünglingen, sie nicht anzurühren, und gestattet ihr, von dem Wasser in den Gefäßen zu trinken, die sie gefüllt haben. In tiefer Dankbarkeit fällt Ruth demütig auf ihr Angesicht, beugt sich zur Erde nieder und fragt: „Wie kommt es, daß ich Gunst gefunden habe in deinen Augen, so daß man mich beachtet, da ich doch eine Ausländerin bin?“ Boas versucht nicht, ihre Zuneigung zu gewinnen, weil sie das Traumbild eines älteren Mannes sein könnte. Er hat vielmehr gehört, daß die Moabiterin Vater und Mutter sowie ihre Heimat verlassen hat, um bei ihrer bejahrten Schwiegermutter zu bleiben. Von Ruths loyaler Liebe und Demut offensichtlich beeindruckt, sagt er: „Möge Jehova deine Handlungsweise belohnen, und möge dir ein vollkommener Lohn von Jehova, dem Gott Israels, zuteil werden, unter dessen [schützenden] Flügeln Zuflucht zu suchen du gekommen bist.“ Ruth gibt zu, daß seine Worte für sie ein Trost und eine Beruhigung sind (Ruth 2:8-13; Ps. 91:2, 4).

      22, 23. (a) Wie erweist sich Boas Ruth gegenüber großzügig? (b) Was zeigt, daß Ruth fleißig und selbstlos ist?

      22 Zur Essenszeit der Schnitter sagt Boas zu Ruth: „Tritt herzu, und du sollst etwas von dem Brot essen und dein Stück in den Essig [Sauerwein, Henne] tauchen.“ Welch eine Erfrischung bei der Hitze des Tages! Boas reicht Ruth auch geröstetes Korn. Sie ißt davon, bis sie satt ist, und hat noch etwas übrig (Ruth 2:14).

      23 Dann geht es wieder an die Arbeit. In seiner Großzügigkeit gebietet Boas den Jünglingen, Ruth „auch zwischen den Garben“ auflesen zu lassen. Er weist sie sogar an, „einige Halme aus den Ährenbündeln“ herauszuziehen und sie liegenzulassen, damit Ruth sie auflesen kann. Der Abend kommt, und Ruth ist noch damit beschäftigt, das, was sie gesammelt hat, „auszuschlagen“ oder zu dreschen. Mit Hilfe eines Steckens oder Flegels schlägt man das auf dem Boden liegende Getreide, um die Halme und die Spreu von den Körnern zu trennen. Ruth hat an dem einen Tag über 10 Kilo Gerste aufgelesen. Sie geht damit heim nach Bethlehem. Selbstlos gibt sie ihrer bedürftigen Schwiegermutter auch das, was an diesem Tag von ihrer Mahlzeit übriggeblieben ist (Ruth 2:14-18).

      24. (a) Warum ist es nicht verwunderlich, daß die Leute Ruth als „eine tüchtige Frau“ bezeichnen? (b) Warum ist Ruth für gottesfürchtige Frauen also ein gutes Beispiel?

      24 Dadurch beweist Ruth wiederum, wie sehr sie Noomi liebt, und wenn man dann noch ihre Liebe zu Jehova, ihren Fleiß und ihre Demut in Betracht zieht, so ist es nicht verwunderlich, daß die Leute sie als „eine tüchtige Frau“ bezeichnen (Ruth 3:11). Von Ruth kann wirklich gesagt werden: „Das Brot der Faulheit ißt sie nicht“, und wegen ihrer harten Arbeit hat sie auch etwas, was sie mit jemandem, der in Not ist, teilen kann (Spr. 31:27, 31; Eph. 4:28). Da diese Moabiterin ihrer Verpflichtung gegenüber ihrer bejahrten und verwitweten Schwiegermutter nachkommt, muß sie auch das beglückende Gefühl kennen, das Geben mit sich bringt (Apg. 20:35; 1. Tim. 5:3-8). Ruth ist für gottesfürchtige Frauen wirklich ein gutes Beispiel.

  • Jehova gewährt einen „vollkommenen Lohn“
    Der Wachtturm 1978 | 15. Mai
    • Jehova gewährt einen „vollkommenen Lohn“

      „Möge Jehova deine Handlungsweise belohnen, und möge dir ein vollkommener Lohn von Jehova dem Gott Israels, zuteil werden, unter dessen Flügeln Zuflucht zu suchen du gekommen bist“ (Ruth 2:12).

      1—3. (a) Was können wir aus dem Gespräch zwischen Noomi und Ruth über den Gedankenaustausch in einer Familie, in der Liebe herrscht, lernen? (b) Zu welcher Überraschung führt das, was Ruth Noomi über ihr Erlebnis erzählt, das sie an diesem Tag beim Ährenlesen hatte, und wessen Führung läßt dies erkennen?

      „MÖGE dir ein vollkommener Lohn von Jehova, dem Gott Israels, zuteil werden“, sagte der bejahrte Boas zu der Moabiterin Ruth. Das wünschte er dieser rechtschaffenen jungen Frau, die unter den Flügeln des Gottes Israels Schutz gesucht hatte, von ganzem Herzen (Ruth 2:12). Erfüllte sich aber dieser Wunsch? Wenn ja, wie? Wir werden sehen.

      2 In einer Familie, in der Liebe herrscht, interessieren sich die älteren Glieder für das, was die jüngeren tun. Alle freuen sich, wenn sie abends miteinander über das sprechen können, was sie tagsüber erlebt und getan haben. So war es auch in dem bescheidenen Häuschen in Bethlehem, wo sich Noomi und Ruth in den Abendstunden angeregt unterhielten. Wir hören Noomi sagen:

      3 „Wo hast du heute aufgelesen, und wo hast du gearbeitet?“ Die große Menge Gerste und die Speise, die Ruth nach Hause gebracht hat, veranlassen Noomi zu dieser Frage. Offensichtlich hat jemand die Moabiterin besonders gut behandelt. „Gesegnet werde der, der dich beachtet hat“, sagt die ältere Frau. Doch beiden steht noch eine erfreuliche Überraschung bevor. „Der Name des Mannes, bei dem ich heute gearbeitet habe, ist Boas“, erwidert Ruth. Sehr gut! Das läßt zweifellos Gottes lenkende Hand erkennen. „Gesegnet sei er von Jehova, der von seiner liebenden Güte gegenüber den Lebenden und den Toten nicht abgelassen hat“, ruft Noomi aus. „Der Mann ist mit uns verwandt. Er ist einer unserer Rückkäufer“ (Ruth 2:19, 20).

      4. Was war beim Volk Israel unter einem „Rückkäufer“ zu verstehen?

      4 Das gibt den beiden neuen Mut. Sie wissen, daß ein Rückkäufer (hebräisch: go’él) ein Verwandter (ein Bruder oder ein anderer Blutsverwandter) ist, der das Recht hat, einen nahen Verwandten oder dessen Eigentum oder Erbe auszulösen, zu erlösen, zurückzukaufen oder loszukaufen. Er kann zum Beispiel ein Stück Land, das ein Erbbesitz ist, kaufen, bevor es öffentlich zum Verkauf angeboten wird, und kann so bewirken, daß es in der Familie bleibt. Und nun stelle man sich vor: Ruth gerät durch Zufall auf das Feld, das Boas gehört, der ein Rückkäufer ist, ein Angehöriger der Familie Elimelechs!

      5. Welches Beispiel gibt Ruth im Gegensatz zu Jakobs Tochter Dina in bezug auf ihren Umgang?

      5 Außerdem wünscht Boas, daß sich Ruth an seine jungen Leute hält, bis die ganze Ernte eingebracht ist. Noomi ist einverstanden. Sie sagt: „Es ist besser, meine Tochter, daß du mit seinen jungen Frauen ausziehst, damit man dir auf einem anderen Felde nicht lästig werde.“ Die Moabiterin wird also noch etwa zwei bis drei Monate auf dem Feld des Boas Ähren lesen, bis die Gerstenernte und die Weizenernte beendet sein werden. Im Gegensatz zu Jakobs Tochter Dina, die mit kanaanitischen Mädchen verkehrte und dadurch Unglück über sich brachte und ihren Angehörigen Leid und Kummer bereitete, wohnt Ruth weiterhin bei ihrer Schwiegermutter, und sie achtet auch sehr auf ihren Umgang. Ein vortreffliches Beispiel! (Ruth 2:22, 23; 1. Mose 34:1-31; 1. Kor. 15:33).

      EINE HANDLUNGSWEISE, DIE DEMUT VERRÄT

      6. Wie beweist Noomi, daß sie in uneigennütziger Weise auf Ruths Wohl bedacht ist?

      6 Die Wochen vergehen, und die Ernte ist bald eingebracht. Noomi fragt Ruth: „Meine Tochter, sollte ich dir nicht einen Ruheort suchen, damit es dir gut ergehe?“ (Ruth 3:1). Die bejahrte Witwe ist nicht selbstsüchtig darauf bedacht, die junge Moabiterin bei sich zu behalten, sondern möchte, daß Ruth die Ruhe, den Trost, den Herzensfrieden und die Geborgenheit findet, die ihr im Heim eines guten, liebevollen Ehemannes zuteil würden. Noomi ist aber auch daran interessiert, daß der Name ihres Mannes Elimelech in Israel erhalten bleibt (5. Mose 25:7). Sie hat sich deshalb einen besonderen Plan ausgedacht, und ihre demütige Schwiegertochter freut sich, ihren Teil zu dessen Verwirklichung beizutragen. Sie badet sich, reibt sich mit Öl ein, legt ihren Mantel oder ihr äußeres Kleid um und macht sich auf den Weg, um ihre edle Mission zu erfüllen.

      7. Was tut Boas, nachdem er Gerste geworfelt hat?

      7 Mittlerweile hat Boas — ein wohlhabender Mann, der aber auch hart arbeitet — die Kühle des Abends ausgenutzt, um auf der Dreschtenne Gerste zu worfeln. Durch das Dreschen sind die Getreidekörner von den Ähren entfernt und die Halme zerkleinert worden. Beim Worfeln wird nun alles mit einer großen Gabel oder Worfschaufel in die Luft geworfen, und zwar gegen den Wind. Der Wind bläst die Spreu weg und weht das Stroh zur Seite, während die Körner auf den Boden der Dreschtenne fallen. Das ist stets ein fröhlicher Anlaß, und nach getaner Arbeit gibt es etwas Gutes zu essen. Boas ißt und trinkt, und sein Herz ist „guter Dinge“, aber nichts deutet darauf hin, daß er unmäßig gewesen wäre (Ps. 104:15). Dann legt er sich „am äußersten Ende des Getreidehaufens“ nieder und schläft unter dem mit Sternen übersäten Himmel bald ein (Ruth 3:1-7).

      8. Was tut Ruth bei Boas auf der Dreschtenne, und ist sie in unmoralischer Absicht gekommen?

      8 Die Stille wird von keinem Laut unterbrochen. Doch dann nähert sich mit leisen, vorsichtigen Schritten heimlich eine schattenhafte Gestalt. Es ist eine Frau. Sie deckt dem schlafenden Boas die Füße auf und legt sich dort in den Kleidern nieder. Um Mitternacht beginnt Boas zu zittern, beugt sich vor und sieht zu seinem Erstaunen eine Frau (wahrscheinlich quer) zu seinen Füßen liegen. Da er sie in der Dunkelheit nicht erkennt, fragt er: „Wer bist du?“ und hört, wie sie sagt: „Ich bin Ruth, deine Sklavin.“ Schnell fügt sie aber noch die Worte hinzu: „Und du sollst deinen Rocksaum über deine Sklavin ausbreiten, denn du bist ein Rückkäufer“ (3. Mose 25:25). Boas ist zwar überrascht, aber weder peinlich berührt noch ungehalten. Die Moabiterin ist auch nicht in unmoralischer Absicht gekommen. Durch diese symbolische Handlung und durch ihre Worte ist sie lediglich demütig den Anweisungen Noomis nachgekommen. Sie hat den bejahrten Judäer auf seine Verpflichtung aufmerksam gemacht, die er als Rückkäufer und Verwandter Machlons, ihres verstorbenen Mannes, und Elimelechs, dessen Vaters, hat. Noomi war überzeugt, daß dieses Unternehmen erfolgreich ausgehen würde, und Ruth hatte offensichtlich das Vertrauen, daß er sie anständig behandeln würde (Ruth 3:4, 7-9). Doch wie wird er nun reagieren?

      9. (a) Inwiefern hat Ruth, wie Boas sagt, „im ersten Fall“ und „im letzten Fall“ liebende Güte zum Ausdruck gebracht? (b) Was ist der Grund, weshalb Ruth als „eine tüchtige Frau“ bezeichnet wird — Reichtum, Haartracht oder kostspielige Kleider?

      9 Boas segnet und lobt die demütige und loyalgesinnte Moabiterin mit den Worten: „Gesegnet seist du von Jehova, meine Tochter: Du hast deine liebende Güte im letzten Fall noch besser zum Ausdruck gebracht als im ersten Fall, indem du nicht den jungen Männern, ob niedrig oder reich, nachgegangen bist.“ Im ersten Fall hat Ruth ihre loyale Liebe zu Noomi bewiesen, und statt jetzt die Freundschaft heiratsfähiger junger Männer zu suchen, ist sie bereit, einen viel älteren Mann zu heiraten, um den Namen Machlons, ihres verstorbenen Mannes, und den ihrer Schwiegermutter, Elimelechs betagter Witwe, zu erhalten. Doch wie denkt Boas darüber? Beruhigend sagt er: „Und nun, meine Tochter, fürchte dich nicht. Alles, was du sagst, werde ich für dich tun, denn jeder im Tore meines Volkes weiß, daß du eine tüchtige Frau bist.“ Ruth hat von ihren Tugenden kein Aufheben gemacht, und bestimmt sind nicht Reichtum, Haartracht und kostspielige Kleider der Grund, weshalb sie bewundert wird, sondern ihre Gottesfurcht, ihre guten Werke, ihr stiller und milder Geist, ihre loyale Liebe und ihr Fleiß sowie andere gute Eigenschaften haben die Leute veranlaßt, in ihr „eine tüchtige Frau“ zu sehen. Welche gottesfürchtige Frau würde sich nicht wünschen, in einem solch guten Ruf zu stehen? (Ruth 3:10, 11; vergleiche Sprüche 31:28-31; 1. Timotheus 2:9, 10; 1. Petrus 3:3, 4).

      10. Warum wird Ruth nicht sogleich die Frau des Boas?

      10 Wird Boas Ruth sofort zur Frau nehmen? Nein, denn es gibt noch einen näheren Verwandten Elimelechs und Machlons. „Aber wenn er kein Gefallen daran findet, dich zurückzukaufen, dann will ich dich zurückkaufen“, sagt Boas und fügt noch den Schwur hinzu: „So wahr Jehova lebt.“ Er will sich der Sache am Morgen annehmen (Ruth 3:13).

      11. Was veranlaßt Boas, Ruth sechs Maß Gerste zu geben?

      11 Da es schon spät ist, fordert Boas Ruth auf, bis zum frühen Morgen zu bleiben. Es geschieht aber nichts Unschickliches. Sie stehen auf, während es noch dunkel ist, um zu vermeiden, daß unangenehme und unbegründete Gerüchte aufkommen. Bevor die Moabiterin weggeht, füllt Boas ihr den Mantel noch mit sechs Maß Gerste, möglicherweise um zu versinnbildlichen, daß, so wie nach sechs Arbeitstagen ein Ruhetag folgt, für sie nun der Ruhetag bevorsteht, weil er dafür sorgen will, daß sie einen „Ruheort“ findet, ein Heim und einen Ehemann (Ruth 1:9; 3:1). Der großzügige Boas will nicht, daß Ruth mit leeren Händen zu ihrer Schwiegermutter zurückkehrt.

      12. Warum fragt Noomi: „Wer bist du, meine Tochter?“?

      12 Schließlich kommt die Moabiterin nach Hause, und Noomi ruft: „Wer bist du, meine Tochter?“ Vielleicht erkennt sie wegen der Dunkelheit nicht, wer Einlaß begehrt. Nachdem Noomi erfahren hat, was in der vergangenen Nacht geschah, ist sie davon überzeugt, daß Boas sein Wort halten und schnell handeln wird. „Bleib sitzen, meine Tochter, bis du weißt, wie die Sache ausgeht“, sagt sie zu Ruth, und als kluge Frau, die Verständnis für die menschliche Natur hat, fügt sie noch hinzu: „Denn der Mann wird keine Ruhe haben, bis er die Sache heute zu Ende gebracht hat“ (Ruth 3:12-18).

      13. Wieso mag es für uns gut sein, über Noomis und Ruths Glauben nachzudenken?

      13 Während diese beiden armen Witwen in ihrem bescheidenen Heim den rechten Augenblick abwarten, wäre es vielleicht gut, etwas über ihren Glauben nachzudenken. Haben wir persönlich wie Noomi Vertrauen zu unseren treuen Glaubensbrüdern? Sind wir wie Ruth bereit, uns in kritischen Zeiten auf Jehova zu verlassen, in der Gewißheit, daß seine Anordnungen und seine Vorkehrungen die besten sind? (Ps. 37:3-5; 138:8). Denken wir an Ruth! Sie weiß noch nicht einmal, wer der Verwandte ist, dem in dieser Sache als erstem das Recht zusteht; sie kennt sein Temperament nicht, und dennoch ist sie bereit, Jehovas Gesetz über die Schwagerehe zu erfüllen. Sie muß davon überzeugt sein, daß Gott alles zum Guten lenken wird. Haben wir persönlich ebenso das Vertrauen, daß Jehova „alle seine Werke zum Guten derer mitwirken läßt, die Gott lieben“? (Röm. 8:28; 1. Petr. 5:6, 7).

      BOAS HANDELT ENTSCHIEDEN

      14, 15. (a) Wer ist der Rückkäufer, der mit Elimelech näher verwandt ist als Boas? (b) Was muß Noomi wahrscheinlich wegen ihrer Armut tun, und wozu ist daher der nähere Verwandte oder Boas verpflichtet?

      14 Das Licht eines neuen Tages dämmert über Bethlehem. Die Straßen beleben sich immer mehr; Händler legen ihre Ware aus; auf dem freien Platz vor dem Stadttor unterhalten sich die Leute in kleinen Gruppen, und Bauern begeben sich zur Arbeit auf die umliegenden Felder. Am Eingang des Tores sitzt Boas. Mit prüfendem Blick betrachtet er die Vorübergehenden. Plötzlich ruft er aus: „Biege doch ab, setze dich doch hier, Soundso“ (Ruth 4:1). Dieser nicht namentlich erwähnte Mann ist kein anderer als der Rückkäufer, der mit Elimelech näher verwandt ist als Boas. Er könnte ein leiblicher Bruder des verstorbenen Elimelech sein.

      15 Am Stadttor werden üblicherweise Geschäfte abgeschlossen, und die Ältesten halten Gericht. Da Boas im Begriff ist, die beiden Frauen, Noomi und Ruth, in bezug auf den Rückkauf und die Schwagerehe zu vertreten, läßt er zehn von den Ältesten Bethlehems zum Tor kommen (5. Mose 16:18; 22:15; 25:7, 8). Dann sagt Boas zu dem näher verwandten Rückkäufer: „Das Feldstück, das unserem Bruder [oder Verwandten] Elimelech gehört hat, muß Noomi ... verkaufen“ — wahrscheinlich weil sie so arm geworden ist (Ruth 4:3). Wenn ein verarmter Israelit das Land seiner Familie verkaufen muß, hat der Rückkäufer das Recht, es loszukaufen, indem er einen Preis bezahlt, der sich nach der Zahl der bis zum Jubeljahr noch verbleibenden Jahre richtet, denn im Jubeljahr wird ein solcher Erbbesitz an den ursprünglichen Besitzer zurückgegeben (3. Mose 25:23-28). Statt zu versuchen, den näheren Verwandten zu übergehen und das Land heimlich zu kaufen, legt der rechtschaffene Boas die Tatsachen in aller Ehrlichkeit öffentlich dar. Wenn der nähere Verwandte das Land kaufen will, gut; andernfalls kauft es Boas.

      16, 17. Was muß der ungenannte Verwandte noch tun, wenn er das Feld von Noomi kaufen möchte? Wie reagiert er darauf?

      16 „Ich werde es zurückkaufen“, sagt der nähere Verwandte. Anscheinend freut er sich, das Land zu bekommen und so seinen Grundbesitz zu vergrößern. Es steht ihm jedoch noch eine Überraschung bevor, denn Boas fährt fort mit den Worten: „An dem Tage, wo du das Feld aus Noomis Hand kaufst, sollst du es auch von Ruth, der Moabiterin, der Frau des Verstorbenen [Elimelechs Sohn Machlon], kaufen, um den Namen des Verstorbenen auf seinem Erbe erstehen zu lassen“ (Ruth 4:4, 5). Wenn dieser Verwandte das Feld haben möchte, muß er auch Ruth heiraten und für seinen Verwandten einen Nachkommen hervorbringen, einen Sohn, der dieses Landstück erben wird.

      17 Das ist natürlich etwas ganz anderes. „Ich vermag es nicht für mich zurückzukaufen“, sagt der ungenannte Verwandte, „damit ich nicht mein eigenes Erbe verderbe. Kaufe du es mit meinem Rückkaufsrecht für dich zurück, denn ich vermag es nicht zurückzukaufen“ (Ruth 4:6). Wie er dadurch ‘sein eigenes Erbe verderben würde’, sagt er nicht. Er würde aber für das Land Geld bezahlen müssen, und dadurch würde sich sein Vermögen entsprechend verringern. Auch würde dann Ruths Sohn, keiner seiner Söhne, das Feld bekommen. Das ist für den selbstsüchtigen Soundso nichts! „Kaufe es für dich“, sagt er daher zu Boas.

      18, 19. Durch welche Handlung verzichtet dieser nähere Verwandte in diesem Fall auf sein Rückkaufsrecht, und was tut Boas daher?

      18 Daraufhin handelt der ungenannte Verwandte gemäß dem Brauch, der „hinsichtlich des Rückkaufsrechts und hinsichtlich des Tausches“ in Israel besteht. Er zieht eine seiner Sandalen aus und gibt sie Boas. Dadurch verzichtet er vor Zeugen auf sein Rückkaufsrecht in dieser Sache. Ohne Zweifel ist seine selbstsüchtige Handlungsweise der Grund, warum er nicht mit Namen genannt wird. Jetzt ist Boas der rechtmäßige Rückkäufer (Ruth 4:7, 8; 5. Mose 25:7-10).

      19 Ohne Zögern kauft Boas von Noomi alles, was Elimelech und seinen Söhnen Kiljon und Machlon gehörte. Auch Ruth erkauft er sich „zur Frau, um den Namen des Verstorbenen [Machlon] auf seinem Erbe erstehen zu lassen“, so daß „der Name des Verstorbenen von den Reihen seiner Brüder und vom Tore seines Ortes nicht abgeschnitten werde“. Ja, das Volk und die Ältesten, die sich künftig am Tore Bethlehems versammeln werden, werden sich an Machlons Namen und daher auch an den Namen seines Vaters Elimelech erinnern. „Ihr seid heute Zeugen“, sagt Boas. Zur Bestätigung rufen das ganze Volk und die Ältesten: „Zeugen!“ (Ruth 4:9-11).

      JEHOVA GEWÄHRT RUTH EINEN „VOLLKOMMENEN LOHN“

      20. Was soll Jehova gemäß dem Wunsch der Zeugen der Frau, die in das Haus des Boas kommt, gewähren, und wem schreiben sie die Ehre für den voraussichtlichen Sohn Ruths zu?

      20 Es ist ergreifend, diese Zeugen auch noch die Worte sagen zu hören: „Möge Jehova der Frau, die in dein Haus kommt, gewähren, wie Rahel und wie Lea zu sein, die beide das Haus Israel erbaut haben [denn sie hatten viele Nachkommen]; und du, beweise deine Würdigkeit in Ephratha, und mache dir einen beachtenswerten Namen in Bethlehem. Und möge dein Haus wie das [sehr zahlreiche] Haus des Perez werden, den Tamar dem Juda gebar, von der Nachkommenschaft, die Jehova dir von dieser jungen Frau geben wird“ (Ruth 4:11, 12). Ja, diese Zeugen geben schon jetzt Jehova die Ehre für den voraussichtlichen Sohn Ruths, der loyalgesinnten Moabiterin.

      21, 22. Warum sagen die Nachbarinnen: „Ein Sohn ist der Noomi geboren worden.“?

      21 So nimmt Boas Ruth zur Frau und hat Beziehungen mit ihr. Jehova läßt sie schwanger werden, und sie gebiert einen Sohn. Welche Freude! Die Frauen von Bethlehem sagen zu Noomi, der glücklichen Großmutter: „Gesegnet sei Jehova, der es dir heute nicht an einem Rückkäufer hat fehlen lassen, daß sein Name ausgerufen werde in Israel. Und er ist ein Wiederhersteller deiner Seele und ein Ernährer deines Alters geworden, denn deine Schwiegertochter, die dich wirklich liebt, die für dich besser ist als sieben [eigene] Söhne, hat ihn geboren.“ Beglückt legt Noomi das Kind an ihren Busen und wird seine Wärterin oder Betreuerin (Ruth 4:13-16).

      22 „Ein Sohn ist der Noomi geboren worden“, sagen die Nachbarinnen. Sie betrachten das Kind als den Sohn Elimelechs und seiner Witwe. Und warum auch nicht? Ruth ist im Interesse der betagten Noomi die Frau des Boas geworden und hat so dem Gesetz über die Schwagerehe entsprochen. Boas und Ruth haben Jehova einen Dienst geleistet, und es ist bemerkenswert, daß die Nachbarinnen das Kind Obed nennen, was „Diener“ oder „Dienender“ bedeutet. Der Kleine ist der rechtmäßige Erbe des judäischen Hauses Elimelechs (Ruth 4:17).

      23. Auf welche Weise ist Ruth durch Boas der Segen zuteil geworden, den er ihr gewünscht hatte?

      23 Einige Monate sind vergangen, seitdem Boas zu Ruth sagte: „Möge Jehova deine Handlungsweise belohnen, und möge dir ein vollkommener Lohn von Jehova, dem Gott Israels, zuteil werden“ (Ruth 2:12). Dadurch, daß Boas nun der Vater Obeds geworden ist, hat die junge Moabiterin den Segen empfangen, den er ihr gewünscht hatte. Eines Tages wird Obed — ein Nachkomme Judas durch Perez, Chezron, Ram, Amminadab, Nachschon, Salmon und Boas — einen Sohn namens Isai haben, der der Vater Davids, des zweiten Königs Israels, werden wird (Ruth 4:18-22).

      24. (a) In welcher Hinsicht läßt dieser dramatische Bericht Gottes lenkende Hand erkennen? (b) Worin bestand also der „vollkommene Lohn“, den Jehova Ruth gewährte?

      24 Dieser dramatische Bericht zeigt, daß Gott bestimmte Personen auswählte, um die wichtigste menschliche Abstammungslinie, die Linie, die zu Jesus Christus, dem Messias, führte, aufrechtzuerhalten. Israelitinnen, die mit Männern aus dem Stamm Juda verheiratet waren, hatten die Aussicht, einen Beitrag zur Weiterführung der irdischen Abstammungslinie des Messias zu leisten (1. Mose 49:10). Daß aber eine Moabiterin dieses Vorrecht erhielt, entspricht dem Grundsatz, daß ‘es nicht von dem abhängt, der wünscht, noch von dem, der läuft, sondern von Gott, der barmherzig ist’ (Röm. 9:16). Ruth hatte Jehova als ihren Gott erwählt, und in seiner großen Barmherzigkeit gewährte er dieser demütigen Frau einen „vollkommenen Lohn“, indem er sie ein Glied in der Abstammungslinie des Messias werden ließ (Matth. 1:3-6, 16; Luk. 3:23, 31-33).

      25. Was sollte eine Betrachtung des „vollkommenen Lohns“ den Gott Ruth gewährte, bei uns bewirken?

      25 Der „vollkommene Lohn“, den Jehova der loyalgesinnten Ruth gewährte, sollte denkende Menschen veranlassen, sich Gott in dem unerschütterlichen Glauben und in dem Vertrauen zu nahen, daß er existiert und daß er „denen, die ihn ernstlich suchen, ein Belohner wird“ (Hebr. 11:6). Ja, das Buch Ruth stellt Jehova als einen Gott der Liebe dar, als einen Gott, der sich um die ihm Ergebenen kümmert. Es beweist ferner, daß Gottes Vorsätze nicht vereitelt werden können. Deshalb sollten wir genauso eingestellt sein wie David, der sagte: „Wir wollen jubeln wegen deiner Rettung, und im Namen unseres Gottes werden wir unsere Banner erheben. Jehova erfülle alle deine Bitten. Jetzt weiß ich, daß Jehova seinen Gesalbten bestimmt rettet. Er antwortet ihm aus seinen heiligen Himmeln mit den rettenden Machttaten seiner Rechten“ (Ps. 20:5, 6).

      [Bild auf Seite 23]

      „Wer bist du?“ fragt Boas. „Ich bin Ruth, deine Sklavin.“

  • Bist du gerne allein?
    Der Wachtturm 1978 | 15. Mai
    • Bist du gerne allein?

      ER WAR ein junger Mann, der gern allein war. Nicht daß er als Einsiedler lebte oder sich in ein Kloster zurückgezogen hatte, nein, er trat an die Öffentlichkeit. Fast täglich kam er mit vielen Menschen in Berührung. Er war ein Lehrer. Die Berichte, die wir über ihn haben, stimmen darin überein, daß er der größte Lehrer aller Zeiten war. Er verausgabte sich völlig für andere. Doch gleichzeitig war er sorgsam darauf bedacht, etwas Zeit für sich zu haben.

      Er wußte, daß man, um tiefgründig zu sein und sich selbst zu genügen, Zeit für sich benötigt, Zeit, um zu überlegen und nachzusinnen. Da er außerdem ein sehr religiöser Mann war, kannte und verspürte er das Bedürfnis zu beten. Sich von seinen Mitmenschen eine Zeitlang zurückzuziehen gab ihm Gelegenheit, sich in der Gegenwart seines Gottes bis in die tiefsten Winkel seines Seins zu erforschen und sich seinem himmlischen Vater zu nahen.

      Seine inneren Reichtümer, seine vollkommene Bibelkenntnis eingeschlossen, hätten es ihm ermöglicht, sogar dann seine Ausgeglichenheit zu bewahren und sich in geistiger Hinsicht selbst zu genügen, wenn er längere Zeit in Einzelhaft gewesen wäre. Verschiedene Übersetzungena des Berichts über ihn besagen, daß er

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