Junge Leute fragen sich:
Wie kann ich verhindern, daß mich meine Mitschüler hänseln?
Schon am Gang konnte man mit tödlicher Sicherheit erkennen, daß der Junge nervös und unsicher war, daß die neue Umgebung ihn verwirrte. Die älteren Schüler merkten sofort, daß er in der Schule neu war. Bald wurde er von einer Schar Mädchen umringt, die ihren „Initiationsritus“ durchführten, indem sie ihn mit Obszönitäten überschütteten. Mit hochrotem Kopf flüchtete er in das nächstbeste Versteck — die Toiletten. Die Mauern hallten von Gelächter wider.
DIESER Vorfall ist charakteristisch für viele Schulen. Ein brutaler Zeitvertreib mancher Jugendlicher besteht darin, andere zu belästigen, zu hänseln oder zu beleidigen. Ein Jugendlicher sagte: „Sobald die Mitschüler mich sehen, fangen sie an zu lachen, und dann möchte ich am liebsten in den Erdboden versinken.“
Salomo sagte einmal: „Da ist einer, der gedankenlos redet wie mit Schwertstichen“ (Sprüche 12:18). Wenn man von Gleichaltrigen beleidigt wird, mag das Selbstvertrauen in die Brüche gehen. Und das kann sich sogar noch später im Leben negativ auswirken. Ein Mann wurde in der Schule oft ausgelacht, weil er einen Sprachfehler hatte. „Ich wurde unsicher und fürchtete mich davor, vor fremden Leuten zu sprechen.“ Daß er als Kind verlacht wurde, macht sich bei ihm heute noch bemerkbar.
„Was muß ich tun, damit man mich in Ruhe läßt?“ mag ein Jugendlicher fragen. Vielleicht ist es nützlich, sich zuerst mit der Frage zu beschäftigen, warum einige andere hänseln.
Warum sie es tun
„Auch beim Lachen kann das Herz Schmerz empfinden“, heißt es in Sprüche 14:13. Jugendliche, denen es gelingt, einen anderen zu ärgern, lachen dann meist schallend. Aber sie lachen nicht „zufolge des guten Herzenszustandes“ (Jesaja 65:14). Häufig wird nur gelacht, um die innere Unsicherheit zu tarnen. In Wirklichkeit mögen sich diese Maulhelden selbst nicht leiden, glauben aber, sie würden sich besser fühlen, wenn sie andere lächerlich machten.
Der Lehrer Edward C. Martin erinnerte sich an folgenden Fall: „Zwei Wochen lang belästigte eine Gruppe Mädchen eine Mitschülerin, und zwar sowohl im Klassenzimmer als auch nach der Schule.“ Das Opfer „hatte große Angst“. Lehrer Martin meinte: „Die Mädchen, die ihre Mitschülerin belästigten, fühlten sich durch ihr Tun geeint und durch eine gewisse Kameradschaftlichkeit miteinander verbunden. Sie genossen es, das Mädchen zu ärgern und zu hänseln. Diejenigen, denen etwas besonders Aufregendes einfiel, um ihre Feindin zu verspotten, bildeten sich noch etwas darauf ein und wurden von den anderen sogar gelobt.“ Ein Mädchen namens Shelley, das sich ebenfalls an diesen Hänseleien beteiligt hatte, sagte: „In unseren Augen war das ‚in‘ ... Es vermittelte uns das Gefühl, miteinander vertraut zu sein, zueinander zu gehören.“
Auch Eifersucht kann zu aggressivem Verhalten Anlaß geben. In der Bibel wird von einem Jugendlichen namens Joseph berichtet, dessen Brüder erbost waren über ihn, weil er der Liebling des Vaters war. Heftige Eifersucht veranlaßte die Brüder nicht nur, Joseph zu beleidigen, sondern sie beabsichtigten sogar, ihn umzubringen (1. Mose 37:4, 11, 20). Ähnliches kann heutzutage auch passieren: Ein Schüler, der sehr intelligent oder bei den Lehrern beliebt ist, mag von den Mitschülern beneidet werden. Durch Beleidigungen versuchen sie dann, ihn „zurechtzustutzen“.
Der Grund, warum einige Schüler andere auslachen, ist somit in vielen Fällen ihre eigene Unsicherheit sowie Eifersucht und geringe Selbstachtung. Warum also zulassen, daß du deine Selbstachtung verlierst, nur weil andere, verunsicherte Jugendliche sie verloren haben?
Was tun, damit die Belästigungen aufhören?
„Glücklich ist der Mann, der ... nicht auf dem Sitz der Spötter gesessen hat“, heißt es in den Psalmen (Psalm 1:1). Wenn man in dasselbe Horn bläst, nur um die Aufmerksamkeit von sich abzulenken, nehmen die Beleidigungen kein Ende.
Salomo gibt jedoch nützliche Anregungen. „Sei nicht eilig in deinem Geiste, gekränkt zu werden, denn sich gekränkt zu fühlen ruht im Busen der Unvernünftigen“ (Prediger 7:9).
Ja, warum solltest du Hänseleien ernst nehmen? Häufig steckt keine böse Absicht dahinter. Warum solltest du es dir also zu Herzen nehmen, wenn dich jemand neckt — oder auch richtig hänselt — und dabei eine empfindliche Stelle trifft? Wenn das, was gesagt wird, nicht obszön ist, dann nimm es mit Humor auf. Es gibt „eine Zeit zum Lachen“, und wer beleidigt ist, weil man ihn neckt, reagiert übertrieben (Prediger 3:4).
Was aber, wenn es mehr als Neckerei ist? Beim Turnen oder im Umkleideraum mag dich jemand wegen deiner Figur auf die Schippe nehmen. Oder ein Mädchen, das an Akne leidet, mag deshalb gehänselt werden. Der Rat, so etwas humoristisch aufzunehmen, ist allerdings leichter gegeben als befolgt, denn es ist ganz natürlich, daß man sich zur Wehr setzt, wenn man angegriffen wird. Dr. Manuel J. Smith sagte deshalb: „Ich empfehle immer, Kritik nicht abzulehnen (man würde dann lediglich mit gleicher Münze zahlen), sich nicht zu verteidigen und keinen Gegenangriff zu starten.“ Die Spötter wollen sich nur an deiner Reaktion ergötzen, möchten sich freuen, wenn du dich ärgerst. Schlägst du zurück, wehrst du dich oder brichst du in Tränen aus, so fühlen sie sich vermutlich angespornt weiterzumachen.
Die Autorin Kathleen McCoy berichtete von einem Mädchen namens Carol, das ständig gehänselt wurde, weil es besonders groß war und Übergewicht hatte. Carols Mutter stellte ihr die Frage: „Was könntest du, da du ja das Verhalten anderer nicht ändern kannst, tun, um dir die Leute vom Hals zu halten?“ Sie antwortete: „Ihnen nicht die Genugtuung bereiten, zu sehen, daß mich das, was sie sagen, aufregt.“ Auch andere Jugendliche sind mit Beleidigungen fertig geworden, indem sie sie ignoriert haben.
König Salomo sagte: „Gib nicht dein Herz all den Worten hin, die die Menschen reden mögen [„Kümmere dich nicht um all das Gerede, das umgeht“, Einheitsübersetzung, 1975], damit du deinen Knecht nicht Übles auf dich herabrufen hörest. Denn dein eigenes Herz weiß wohl, sogar von vielen Malen, daß du, ja du, Übles auf andere herabgerufen hast“ (Prediger 7:21, 22). Wenn du dich ‘um all das Gerede’ derer kümmern würdest, die über dich spotten, würde das heißen, daß dir übertrieben viel an ihrem Urteil gelegen wäre. Urteilen sie denn richtig? Als der Apostel Paulus zu Unrecht von eifersüchtigen Glaubensbrüdern angegriffen wurde, antwortete er: „Für mich nun ist es etwas sehr Geringfügiges, daß ich von euch oder von einem menschlichen Gerichtshof beurteilt werde. ... der mich aber beurteilt, ist Jehova“ (1. Korinther 4:3, 4). Paulus hatte ein ausgezeichnetes Verhältnis zu Gott und besaß demzufolge so viel Selbstvertrauen und Selbstachtung, daß ihm die unfaire Kritik nichts anhaben konnte.
Das Erdulden von „Widerspruch“
Es mag vorkommen, daß du verspottet wirst, weil du einen christlichen Lebenswandel führst. Auch Jesus Christus hatte solchen „Widerspruch“ zu erdulden (Hebräer 12:3). Obschon dieser heftige und demütigende Beschimpfungen einschloß, zahlte Jesus nie mit gleicher Münze heim (1. Petrus 2:22, 23). Er handelte nach dem Rat, den er selbst in der Bergpredigt gegeben hatte, nämlich dem Beleidiger ‘auch die andere Wange zuzuwenden’ (Matthäus 5:38-42).
Vielleicht macht man sich auch über dich lustig; dann ignoriere das einfach. Hüte dich jedoch davor, die Gegnerschaft deiner Mitschüler heraufzubeschwören, indem du sie ständig kritisierst oder den Eindruck erweckst, du würdest dir überlegen vorkommen. Wenn du Gelegenheit hast, mit anderen über deinen Glauben zu sprechen, so tue es „mit Milde und tiefem Respekt“ (1. Petrus 3:15). Während der Schulzeit mag dein vorzüglicher Wandel der beste Schutz sein. Deine Zivilcourage ist einigen vielleicht ein Dorn im Auge, dennoch mögen sie dich insgeheim beneiden und respektieren.
Eine junge Christin namens Vanessa wurde von einer Schar Mädchen belästigt. Sie schlugen sie, stießen sie umher und zerrten ihr die Bücher aus der Hand, nur um sie zu provozieren. Einmal schütteten sie ihr sogar ein Kakaogetränk über den Kopf und über ihr sauberes weißes Kleid. Dennoch ließ sie sich nie provozieren. Monate später traf Vanessa die Rädelsführerin auf einem Kongreß der Zeugen Jehovas. „Ich haßte dich wie die Pest“, sagte diese. „Ich wollte erleben, daß du wenigstens einmal deine Beherrschung verlierst.“ Weil es sie dann wunderte, wieso Vanessa ihre Fassung so zu bewahren vermochte, willigte sie in ein Bibelstudium mit Jehovas Zeugen ein. „Was ich lernte, ging mir zu Herzen“, fuhr sie fort, „und morgen möchte ich getauft werden.“
Laß dich daher durch „Widerspruch“ nicht entmutigen. Nimm, wenn es angebracht ist, die Sache mit Humor auf. Vergelte Böses mit Gutem. Laß dich nicht verleiten, einen Streit zu schüren; mit der Zeit werden die Quälgeister dann keine Freude mehr daran finden, sich über dich lustig zu machen. Denn „wo es kein Holz gibt, geht das Feuer aus“ (Sprüche 26:20).
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Die Spötter wollen sich an deiner Reaktion ergötzen. Wenn du dich wehrst oder in Tränen ausbrichst, mögen sie dich nur noch mehr verspotten.
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In vielen Fällen ist es am besten, das beleidigende Gerede zu ignorieren