Malawi — Was geht jetzt in diesem Land vor?
WENN jetzt irgendwo in der Welt von Malawi gesprochen wird, kommt es häufig vor, daß jemand fragt: „Wie ergeht es eigentlich den Zeugen Jehovas dort?“ Diese Frage wird immer wieder gestellt, weil Jehovas Zeugen in Malawi in den letzten Jahren grausam verfolgt worden sind. In dem von „Amnesty International“a im Jahre 1973 veröffentlichten Bericht Report on Torture wird gesagt:
„Nach gut fundierten Berichten haben die Jungen Pioniere [die Jugend der Malawi Congress Party] und ihre Helfershelfer sowohl im Jahre 1967 als auch im Jahre 1972 Jehovas Zeugen mißhandelt, indem sie sie vergewaltigt, geschlagen, mit den Scherben zerbrochener Flaschen gepeinigt und angezündet haben. Im Herbst 1972 sind eine ganze Reihe an den Folgen dieser Quälereien gestorben, und rund 21 000 Zeugen Jehovas sind nach Sambia geflohen, wo zufolge menschenunwürdiger Verhältnisse im Flüchtlingslager nochmals einige hundert umgekommen sind.“
Im Dezember 1972 hat man sie aus dem Lager in Sambia abtransportiert und nach Malawi zurückgebracht. Dort wurden sie erneut mißhandelt. Schließlich errichtete man in Moçambique Flüchtlingslager. Dort lebten vom Anfang des Jahres 1973 bis zum August 1975 weit über 20 000 Zeugen Jehovas. Dann änderten sich die Verhältnisse wieder, wie aus einem jüngeren Bericht von „Amnesty International“ hervorgeht:
„Im Juni 1975 kam in Moçambique die FRELIMO-Regierung an die Macht, und kurz danach begann eine Anzahl hochgestellter Regierungsbeamter Jehovas Zeugen anzugreifen ... Anscheinend als Folge davon wurden im August die Flüchtlingslager im Gebiet von Vila Coutinho/Mlangeni aufgelöst. ,Amnesty International‘ weiß von neutraler Seite, daß viele Zeugen Jehovas, die als Flüchtlinge in jenem Land gewesen waren, in der zweiten Augusthälfte [1975] an der Grenze zwischen Malawi und Moçambique gesehen wurden; offensichtlich waren sie sich unschlüssig darüber, wohin sie nun gehen sollten.“
Im vergangenen Jahr wurden an den Zeugen Jehovas, die gezwungen worden waren, nach Malawi zurückzukehren, entsetzliche Greuel verübt. In der ganzen Welt begann die Presse darüber zu berichten. Beamte der Regierung von Malawi bestritten die Wahrhaftigkeit dieser Berichte oder behaupteten, sie seien übertrieben. Wie sehen jedoch die Tatsachen aus?
Überzeugende Beweise
Tatsächlich sind sehr viele dieser Greueltaten gut dokumentiert. Sowohl die Namen der mißhandelten Zeugen als auch die Namen derer, die sie mißhandelten, sowie der Ort, wo diese Dinge geschahen, sind festgehalten wordenb. R. E. S. Cook schrieb aufgrund eines Leitartikels, der im London Observer erschienen war:
„Der von Colin Legum verfaßte Artikel über die an Jehovas Zeugen in Malawi verübten Greuel, der letzte Woche erschien, überraschte mich nicht. Ähnliche Berichte erhielt die britische Presse schon vor einigen Jahren. Damals arbeitete ich in Malawi. Das, was ich in jener Zeit erlebte, läßt in mir nicht den geringsten Zweifel aufkommen, daß die gegenwärtigen Berichte im wesentlichen stimmen und daß auch jetzt — so wie früher — von Amts wegen nichts unternommen werden wird, um diesen völlig ungefährlichen und wehrlosen Menschen zu helfen.
Daß sie verfolgt wurden, konnte ich in den Akten des malawischen Staatsarchivs nachprüfen (monatliche Berichte der Bezirkskommissare an das Büro des Präsidenten). Daß nichts von amtlicher Seite unternommen werden würde, um den Zeugen beizustehen, ließen die größtenteils bedeutungslosen Sitzungsberichte der ,Commonwealth Parliamentary Association‘, die ihre Jahreskonferenz damals in Malawi abhielt, deutlich erkennen. Ich nahm als interessierter Beobachter daran teil und hatte mehrmals die Gelegenheit, mit Delegierten zu sprechen. Im privaten Kreis bildete die Verfolgung der Zeugen Jehovas ein wichtiges Gesprächsthema, aber öffentlich, im Konferenzsaal, wurde sie nie erwähnt“ (14. Dezember 1975).
Theodore C. Pinney war Anfang der 1970er Jahre Rektor der Landwirtschaftlichen Hochschule in Malawi. Er sah mit eigenen Augen, wie Jehovas Zeugen ins Gefängnis abgeführt wurden. Mit einigen von ihnen war er persönlich befreundet. Im November 1972 wurde er eines Morgens aufgefordert, einen Platz hinter seinem Wohnhaus auf dem Schulgelände zu besichtigen. Dort lagen die Leichen von sechs Männern und einer Frau — alle entsetzlich verstümmelt. Mitglieder der „Malawi Congress Party“ sagten ihm, es handle sich dabei um Zeugen Jehovas.
Das war ihm zuviel. Er protestierte wegen dieser Greuel persönlich bei dem Regierungschef von Malawi, Dr. Banda, und zwar mehr als einmal. Das hatte zur Folge, daß er im Dezember 1972 ausgewiesen wurde. In einem Brief, den Pinney in diesem Frühjahr schrieb, erklärte er:
„Wenn die Verfolgung zur offiziellen Regierungspolitik wird, wenn man vom Amt des regionalen Ministers angewiesen wird, alle Angestellten, die Zeugen Jehovas sind, zu entlassen und alle Studenten, die dieser Glaubensgemeinschaft angehören, von der Schule zu verweisen, und wenn auf dem Schulgelände Blut vergossen wird, weil man der Anweisung nicht sogleich Folge geleistet hat, kann man nicht mehr schweigen.“
Jehovas Zeugen werden immer noch verfolgt und gequält, wobei die „Malawi Congress Party“ und Regierungsbeamte Beihilfe leisten. Am 20. Februar 1976 schrieb Paul E. Tsongas, Kongreßabgeordneter aus Massachusetts, einem Wähler: „Ich wandte mich an die Abteilung für afrikanische Fragen im Außenministerium und bat um einen Bericht. Meine Bitte wurde erfüllt, und was man mir schrieb, kommt einer Bestätigung der Pressemeldungen und der Artikel in den Wachtturm-Publikationen gleich.“
Die südafrikanische Zeitung Rand Daily Mail vom 26. Mai 1976 schrieb: „Die Verfolgung der Zeugen Jehovas in Malawi ist wahrscheinlich das traurigste Kapitel der Regierung Bandas. Schon seit fast neun Jahren werden sie ihres Glaubens wegen grausam verfolgt. Es liegen gut dokumentierte Berichte über Hunderte von Fällen vor, in denen Mitglieder der Jungen Pioniere Angehörige dieser Gruppe sadistisch gequält, geschlagen oder sich an ihnen vergangen haben.“
In einem Brief an Arthur Dritz in New York, datiert vom 14. Juni 1976, schrieb Bruno Kroker vom Referat für Information des Ökumenischen Rates der Kirchen (Weltkirchenrat):
„Wir haben wegen der Berichte über die Verfolgung der Zeugen Jehovas in Malawi Nachforschungen angestellt. Sie werden verstehen, daß der Ökumenische Rat der Kirchen nicht unmittelbar aufgrund von Veröffentlichungen oder mündlichen Berichten handeln kann, ohne alles durch seine eigenen Gewährsleute nachgeprüft zu haben.
Die Auskunft, die wir nach längerer Zeit auf unsere Anfrage erhalten haben, ist in der Tat höchst beunruhigend, und der Generalsekretär, Dr. Philip A. Potter, hat persönlich an Dr. H. Kamuzu Banda, Präsident von Malawi, geschrieben.“ (Siehe die Seiten 8 und 9 in dieser Zeitschrift.)
Warum die Verfolgung?
Aber warum werden Jehovas Zeugen in Malawi schon seit Jahren verfolgt?
Jehovas Zeugen werden in diesem Land verfolgt, weil sie keine Mitgliedskarte der „Malawi Congress Party“ kaufen. Durch den Kauf einer solchen Karte würden sie Mitglied der Regierungspartei von Malawi. Durch den Beitritt zu einer politischen Partei würden aber Jehovas Zeugen das, was sie glauben und wofür sie eintreten, verleugnen.
Jesus Christus sagte von seinen Nachfolgern: „Sie sind kein Teil der Welt.“ Und einem politischen Regenten des ersten Jahrhunderts erklärte er: „Mein Königreich ist kein Teil dieser Welt“ (Joh. 17:16; 18:36). Jehovas Zeugen sind daher der Überzeugung, daß sie sich schuldig machten, wenn sie einer politischen Partei beiträten. Sie sind keineswegs halsstarrig oder unvernünftig. Sie wären ohne weiteres bereit, einen Personalausweis zu kaufen oder eine Karte, aus der hervorgehen würde, daß sie steuerzahlende Bürger des Landes sind.
Bist du der Meinung, die malawischen Parteifunktionäre handelten richtig, die mit brutaler Gewalt Menschen zwingen wollen, einer politischen Partei beizutreten und dadurch ihr biblisch geschultes Gewissen zu verletzen? Handelte der römische Staat richtig, der die ersten Christen hinrichtete, weil sie sich weigerten, dem Kaiser eine Prise Weihrauch zu opfern? Staaten, die Glaubensfreiheit gewähren, handeln nicht so. Aber in Malawi, das angeblich seinen Bürgern Glaubensfreiheit zubilligt, werden an Jehovas Zeugen furchtbare Greuel verübt, um sie zu zwingen, sich an der Politik zu beteiligen.
Die Verfolgung geht weiter
Das Gefängnis, in dem die Zeugen Jehovas nach ihrer Rückkehr aus Moçambique eingesperrt wurden, heißt Dzaleka. Es liegt bei Dowa, nördlich von Lilongwe. Aus Informationen, die aus diesem Gefängnis herausgeschmuggelt werden konnten, geht hervor, daß die Zeugen darin furchtbar leiden müssen.
„Auch Kranke werden gezwungen zu arbeiten“, schrieb ein Zeuge, der in Dzaleka eingesperrt ist, auf ein Stück Toilettenpapier, das einzige verfügbare Schreibmaterial. „Kranke Kinder werden in das Krankenhaus in Dowa gebracht. ... In diesem Krankenhaus kümmert man sich aber nicht um Patienten, die Zeugen Jehovas sind. Wir nennen das Krankenhaus in Dowa ,Schlachthaus für Jehovas Volk‘. Kranke, die eine Parteimitgliedskarte besitzen, werden einwandfrei behandelt.“
Im April dieses Jahres konnte eine weitere Information auf einem Fetzen eines Zementsackes aus dem Gefängnis geschmuggelt werden. Darauf hieß es, daß von den Zeugen in Dzaleka 70 gestorben sind, 65 Kinder und 5 Erwachsene. Auf dem Fetzen stand aber auch geschrieben: „Erfreuliche Nachrichten: Obschon die Brüder und Schwestern verfolgt werden und Steine schleppen müssen [was offenbar zu ihrer Zwangsarbeit gehört], sehen sie glücklich aus.“
Trotz der schwierigen Verhältnisse halten die Zeugen im Gefängnis ihre christlichen Zusammenkünfte ab. Ein Zeuge schreibt: „Jetzt sind alle stark im Glauben. Wir führen jede Woche drei Zusammenkünfte durch, und zwar in den Männerzellen. Wir haben Schwester ,X‘ beauftragt, die Verantwortung für die [Zusammenkünfte der] Schwestern zu übernehmen.“
Sogar die Feier zum Gedächtnis an den Tod Christi ist in Dzaleka in kleinen Gruppen begangen worden. Ein Zeuge berichtet: „Vor der Ansprache und nach der Zusammenkunft ist fast in jeder Zelle gesungen worden. ... Es wird Euch sicherlich freuen zu hören, daß bei der Zusammenkunft an unserem schönen Tag, dem 14. April, 1 601 Personen anwesend waren und daß über 13 von den Symbolen nahmen.“
Offensichtlich ist die Mehrzahl der Zeugen in Malawi nicht im Gefängnis. Viele sind in andere Länder geflohen, wo ihnen ihre christlichen Brüder liebevoll geholfen haben. Auch Bruder „Y“ ist geflohen. Er gehörte vor seiner Flucht nach Moçambique im Jahre 1972 zu einer Versammlung der Zeugen Jehovas in Monkey Bay (Malawi). Aus einem südafrikanischen Land, in das er geflohen ist, schreibt er in einem Brief, datiert vom 6. Juni 1976:
„Im Jahre 1975 wurden wir von der malawischen Regierung gezwungen, Moçambique zu verlassen und nach Malawi zurückzukehren. Dort begann man wieder, uns zu verfolgen. Mir geschah jedoch nichts, weil der Dorfhäuptling mich nicht an die Verfolger verriet. Es nützte aber nichts, denn ich konnte weder einkaufen noch Wasser holen gehen; daher beschloß ich, das Land zu verlassen.“
Es scheint jedoch, daß die Zeugen in etlichen Gebieten Malawis einigermaßen normal leben können. „Viele Polizisten haben Mitleid mit uns, weil man uns so schlecht behandelt“, schreibt ein Zeuge Jehovas. Aber die Funktionäre der „Malawi Congress Party“ haben es gewöhnlich darauf angelegt, die Zeugen Jehovas ausfindig zu machen, sie zu mißhandeln und einzusperren. Dadurch wird das Leben gefährlich.
Mit Informationen aus Chinteche (Malawi) gelang es einem Zeugen, der sich im „Busch“ versteckt hielt, einen Brief ins Ausland zu schicken. Darin zählt er Zeugen mit Namen auf, die „auf dem Munkhokwe-Feld so lange geschlagen wurden, bis sie ohnmächtig zusammenbrachen“. Aus einem ganz neuen Bericht geht indessen hervor, daß insofern eine gewisse Besserung eingetreten ist, als die Zeugen nicht mehr im Busch leben müssen.
Aus Nkhata Bay (Malawi) schreibt ein Zeuge: „Der Häuptling Timbiri fragte die Brüder, ob sie willens seien, sich an Politik zu beteiligen, indem sie eine Karte kaufen würden. Doch alle lehnten ab. Darauf sprang er von seinem Stuhl auf, stürzte auf die Brüder zu und begann sie zu schlagen. Er ergriff einen Bruder und seine Frau und schlug ihre Köpfe zusammen. Zwei Brüder und ihre Frauen waren nachher blutüberströmt.“
Zusammenfassend schrieb ein Berichterstatter der Zeugen Jehovas aus einem angrenzenden afrikanischen Land: „Der Feind versucht alles mögliche, um die Brüder und Schwestern zu schwächen. In einigen Gebieten verhaften sie Brüder und Schwestern, in anderen nur Brüder, besonders Älteste und Personen, von denen sie wissen, daß sie besondere Verantwortung tragen. Manchmal nehmen Mitglieder der Ortsgruppe der Partei die Brüder gefangen und bringen sie zur Polizei. Auch in bezug auf die Behandlung der Säuglinge ist es ganz verschieden. Zuerst wurden sie den Eltern jeweils weggenommen. Dann konnten die Eltern — wie die Berichte aus Dzaleka zeigen, aus denen hervorgeht, daß Säuglinge dort gestorben sind — ihre Kinder mit ins Gefängnis nehmen. Man unternimmt alles, um die Brüder zu entmutigen.“
Wie denkst du über die Behandlung, die den Zeugen Jehovas in Malawi widerfährt? Möchtest du etwas zugunsten dieser unschuldigen Menschen, die so leiden müssen, tun? Ist dir bekannt, daß viele Leute, auch hochstehende Persönlichkeiten in der ganzen Welt, das bereits getan haben?
[Fußnoten]
a Eine rein humanitäre Organisation, die für die Menschenrechte eintritt. Sie hat bei den Vereinten Nationen, bei der UNESCO und beim Europarat beratenden Status.
b Siehe Erwachet! vom 8. Februar 1976 und vom 8. Juni 1976.
[Herausgestellter Text auf Seite 4]
„Daß sie verfolgt wurden, konnte ich in den Akten des malawischen Staatsarchivs nachprüfen.“
[Herausgestellter Text auf Seite 4]
„Wenn die Verfolgung zur offiziellen Regierungspolitik wird, ... kann man nicht mehr schweigen.“
[Herausgestellter Text auf Seite 5]
„Ich konnte weder einkaufen noch Wasser holen gehen.“