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Erwachet! 1985
g85 22. 3. S. 18-21

Eine lang erhoffte Familienzusammenführung

Erzählt von In-Bok Kim aus Korea

„ES IST, als würde man einen Verstorbenen willkommen heißen.“ Dieser Gedanke schoß mir durch den Sinn, als ich In-Soon, meine jüngere Schwester, die ich mehr als 30 Jahre lang für tot gehalten hatte, in die Arme schloß. Von unseren Gefühlen überwältigt, weinten wir wie kleine Kinder, als wir uns endlich wiedersahen.

Unsere Wiedervereinigung war das Ergebnis einer vom koreanischen Fernsehen unterstützten Aktion, durch die über 11 000 Personen auf dramatische Weise wieder zusammengeführt wurden. Bevor ich aber erzähle, wie meine Schwester und ich uns wiederfanden, möchte ich einen Rückblick auf die tragischen Ereignisse halten, die uns und Millionen andere Koreaner voneinander trennten.

Frühe Erinnerungen

Ich wurde 1936 in der Hafenstadt Inchon (Korea) als zweites von drei Kindern geboren und hatte eine glückliche Kindheit. Doch plötzlich traf uns ein Unglück nach dem anderen. Als ich 9 Jahre alt war, starb unsere Mutter. Ein Jahr darauf starb auch noch unser Vater. Ganz plötzlich waren wir Waisen geworden. Unsere ältere Schwester hatte zu jener Zeit gerade geheiratet. Daher wurde entschieden, daß In-Soon und ich bei ihr und ihrem Mann leben sollten. Wir zogen zu ihnen und begannen uns auf ein neues Leben so gut wie möglich einzustellen.

Als ich eines Tages von der Schule nach Hause kam, wurde mir eröffnet, daß In-Soon zu Verwandten meines Schwagers geschickt worden war, die in einer Stadt in Mittelkorea wohnten. Mir, einem 13jährigen Jungen, war zumute, als hätte man mir einen furchtbaren Schlag versetzt. Erst waren mir meine Eltern genommen worden und jetzt auch noch In-Soon. Meine ältere Schwester tröstete mich, indem sie mir versprach, daß ich sie besuchen könnte, sobald sich gewisse Dinge geklärt hätten. Von jenem Tag an wartete ich auf den Augenblick, wo ich wieder mit meiner Schwester zusammensein würde. Aber bis dahin dauerte es wirklich sehr lange — genau 33 Jahre. Denn nur ein paar Monate später, im Juni 1950, brach der Koreakrieg aus.

Die Zerstörungen durch die Kriegsereignisse

Der Krieg forderte einen furchtbaren Tribut. Die hin und her wogenden Kämpfe zwischen dem Norden und dem Süden verwüsteten das ganze Land. Allein in Südkorea wurden etwa eine Million Zivilisten getötet — ein beträchtlicher Verlust angesichts der damals nur etwa 20 Millionen Einwohner. Städte und Dörfer wurden zerstört. Familien wurden entwurzelt. Männer, Frauen, Eltern, Kinder, Brüder und Schwestern wurden in alle Winde zerstreut. Unser gesamtes Gesellschaftssystem wurde auseinandergerissen.

Die Auswirkungen des Krieges gingen auch an unserer Familie nicht spurlos vorüber. Von Verwandten erhielten wir die Nachricht, daß In-Soon und die ganze Familie, bei der sie gelebt hatte, getötet worden seien. Wie ich später erfuhr, hatte einer unserer Nachbarn, der aus unserer Gegend geflohen war, wiederum meiner Schwester erzählt, ich sei getötet worden, als unser Flüchtlingsboot explodierte. So war 33 Jahre lang jeder vom Tod des anderen überzeugt.

Veränderungen nach dem Krieg

Im Juli 1953 endete der Krieg, ohne daß er einer Seite Vorteile gebracht hätte. Das Land versuchte, sich wieder aus den Trümmern zu erheben. Nachdem ich etwa eineinhalb Jahre in einem Waisenhaus verbracht hatte, nahm mich ein reicher Geschäftsmann zu sich. Er wollte mich aufziehen und ausbilden, damit ich einmal sein Geschäft übernehmen könnte. Ich war ein guter Schüler, und meine Zukunft sah vielversprechend aus. Allerdings quälten mich immer noch viele Fragen. „Warum gibt es soviel Leid auf der Welt?“ dachte ich oft. „Wenn es einen Gott gibt, warum läßt er Kriege und all die anderen furchtbaren Dinge zu? Was bedeutet das alles?“

Ich ging noch zur Schule, als ich eines Tages mit Jehovas Zeugen in Berührung kam und die Bibel zu studieren begann. Es war, als hätte ein Lichtstrahl meinen Sinn erhellt. Endlich hatte ich die Antworten auf meine Fragen gefunden! Aus der Bibel erkannte ich den Grund für Kriege und Leiden und auch die Lösung, die jetzt nahe herbeigekommen ist. All das machte meinen Plänen, eine Karriere im Geschäftsleben anzustreben, ein Ende. Ich war jetzt fest entschlossen, Jehova, dem Gott des Trostes, zu dienen. Wegen meiner schnellen Fortschritte konnte ich mich schon bald Gott hingeben und mich taufen lassen. Gerade 20 Jahre alt, wurde ich von der Wachtturm-Gesellschaft zum Sonderpionier (Vollzeitprediger) ernannt.

Meine erste Zuteilung war jene Gegend, wo meine Schwester gelebt hatte, als der Krieg ausbrach. Ich forschte unermüdlich nach ihr, aber niemand wußte irgend etwas von der Familie. Ich gewann mehr und mehr die Überzeugung, daß In-Soon wirklich tot war. So viele andere hatten ihre Angehörigen im Krieg verloren. Auch ich mußte mich mit der Realität abfinden.

Buchstäblich Millionen Koreaner haben dieselbe Erfahrung gemacht wie ich. Jahrelang haben sie ohne großen Erfolg auf verschiedene Weise versucht, vermißte Familienangehörige ausfindig zu machen. Annoncen in Zeitungen oder Bekanntmachungen über Rundfunk erwiesen sich als wirkungslos. Einer der Gründe dafür waren die durch den Krieg lahmgelegten Kommunikations- und Transportsysteme der Nation. Erst vor kurzem sind sie wiederhergestellt worden. Ein weiterer Grund ist der Umstand, daß es in Südkorea, das inzwischen eine Bevölkerung von über 40 Millionen hat, nur 258 Familiennamen gibt. Mehr als die Hälfte aller Einwohner tragen einen der fünf häufigsten Familiennamen — Kim, Lee, Park, Choi und Chung —, und viele haben auch noch denselben Vornamen.

Ein einzigartiges Fernsehprogramm

Vor kurzem wurde allerdings etwas Neues begonnen — eine Suchaktion mit Hilfe des Fernsehens und der Computertechnik. Das Ganze begann mit einer Dokumentarsendung des koreanischen Fernsehens über den Koreakrieg. Ein zweistündiger Programmteil über auseinandergerissene Familien bewirkte eine solche Flut von Zuschaueranfragen, daß die Sendung am ersten Tag bereits 20 Stunden dauerte. In der folgenden Woche lief das Programm täglich 14 Stunden, und schließlich wurde es fünf Monate lang einmal wöchentlich zur Hauptsendezeit ausgestrahlt.

Personen, die nach vermißten Verwandten suchten, setzten sich mit der Fernsehanstalt in Verbindung. Ihnen wurde dann eine Nummer zugeteilt, und sie erhielten einen Termin, wann sie im Fernsehen erscheinen würden. Zuvor wurden jedoch ihre Namen und andere Details in einen Computer eingegeben, um herauszufinden, ob ihre Daten mit den Daten anderer übereinstimmten, die ebenfalls nach ihren verschollenen Verwandten suchten. Wenn sich diese Methode als erfolglos erwies, kamen sie in die Sendung. Jeder einzelne erschien im Fernsehen mit einem Plakat in der Hand, auf dem die zugeteilte Nummer und sein Name standen sowie die Namen von vermißten Personen, ihr Heimatort, die Namen der Eltern und weitere Einzelheiten, an die er sich erinnern konnte.

Die Sendungen wurden landesweit ausgestrahlt. Jeder Zuschauer, der eine der Personen erkannte oder gewisse Hinweise geben konnte, konnte sich mit der Fernsehanstalt in Verbindung setzen. Direkt im Studio erfolgte dann die Zusammenführung. Die ganze Nation erlebte die Wiedersehensfreude mit — die Tränen, das Weinen, die Umarmungen und alles, was sich sonst noch abspielte. Wenn die betreffenden Personen in verschiedenen Teilen des Landes lebten, konnten sie sich auf einem Monitor sehen. Gemäß der koreanischen Zeitung Choong Ang Ilbo wurden durch die Aktion 11 089 der 53 535 Personen, die um Hilfe gebeten hatten, wieder mit ihren Angehörigen vereint.

Die Korea Times vom 16. August 1983 berichtete: „Nie zuvor in der Geschichte haben die Menschen in Korea spontan und gleichzeitig so viele Freudentränen vergossen. Noch nie in der 5 000jährigen Geschichte Koreas hat sich die gesamte Bevölkerung auf so rührende Weise völlig vereint gefühlt wie jetzt, wo Tausende ihrer Brüder unter Tränen mit ihren Verwandten wieder zusammengeführt worden sind.“

Ein unverhofftes Wiedersehen

Als ich die rührenden und glücklichen Familienzusammenführungen im Fernsehen sah, bei denen häufig schon totgeglaubte Angehörige zu sehen waren, wurden auch in mir alte Erinnerungen wach. Wäre es vielleicht doch möglich, daß In-Soon noch lebte? Ich mußte einfach noch einmal versuchen, sie zu finden. Ich ging zum Fernsehsender und ließ unsere Namen und andere Einzelheiten in den Computer eingeben. Ich erhielt einen Termin für die Sendung, die einen Monat später ausgestrahlt werden sollte. Dann ging ich nach Hause — und wartete.

Fünf Tage bevor ich im Fernsehen erscheinen sollte, erhielt ich von der Fernsehanstalt eine Nachricht. Man erklärte mir, daß meine Schwester ausfindig gemacht worden sei und daß ich ins Studio kommen solle, um sie dort zu treffen. So unglaublich es klingen mag: Sie war am selben Tag wie ich zum Fernsehsender gegangen, um ihren Namen in den Computer eingeben zu lassen!

Auf dem Weg zum Fernsehstudio wurden die Erinnerungen in mir wach. Ich war ganz durcheinander. Ich konnte mich nur noch an ein Mädchen von elf Jahren erinnern. Würde ich In-Soon wiedererkennen? Wie könnte ich mit Sicherheit wissen, ob es wirklich meine Schwester ist? Wenn sie es nicht wäre, hätte ich all die vergessenen Sorgen und leidvollen Erinnerungen umsonst wachgerufen.

In-Soon erkannte mich sofort, als sie uns zusammenbrachten. Aber ich hatte noch Bedenken und war nervös. Einem geliebten Menschen gegenüberzustehen, von dessen Tod man 33 Jahre lang überzeugt war, ist, gelinde gesagt, nichts Einfaches. War es wirklich In-Soon? Wie konnte ich sicher sein? Nachdem wir uns eine Weile unterhalten hatten, beschlossen wir, unsere etwa 40 km entfernte Heimatstadt Inchon zu besuchen, wo auch meine ältere Schwester wohnte.

Auf dem Weg dorthin dachten wir an unsere Kindheit zurück. Wir unterhielten uns über unser Haus in Hwapyung Dong, einem Stadtteil von Inchon. Wir erinnerten uns, daß es ein schwarzes Zinkblechdach hatte. Wenn es nachts regnete, hatte uns das trommelnde Geräusch der auf das Dach fallenden Regentropfen immer so sehr erschreckt, daß wir aufsprangen, beide unter eine Bettdecke krochen und uns versteckten. Auch erinnerten wir uns daran, daß unser Nachbar, dessen Haus ebenfalls ein Zinkblechdach hatte, und zwar ein rot gestrichenes, zufolge einer Typhuserkrankung alle Haare verloren hatte und daß kurz danach auch unsere Mutter an dieser Krankheit gestorben war.

Diese gemeinsamen Erinnerungen überzeugten mich, daß es wirklich meine Schwester war, nach der ich so lange gesucht hatte. Tränen der Freude stiegen uns in die Augen. Wir konnten sie nicht länger zurückhalten. Gemeinsam weinten wir über unsere glückliche Wiedervereinigung.

Größere Freude liegt noch vor uns

Meine Freude hat sich seit jenem Tag aber noch vergrößert. In-Soon hat inzwischen begonnen, die Bibel zu studieren. Auch sie wird erfahren, warum es in der Welt soviel Leid gibt und was sie tun muß, um die Verwirklichung des großartigen Vorsatzes zu erleben, den Jehova für diejenigen gefaßt hat, die ihn lieben und ihm gehorchen.

Obwohl schon Tausende die unaussprechliche Freude erlebt haben, mit ihren Angehörigen, die lange Zeit vermißt waren, wieder vereint zu sein, gibt es doch immer noch Millionen, die darauf warten. Man sagt, durch die Grenze zwischen Nord- und Südkorea seien zehn Millionen Menschen von ihren Angehörigen getrennt worden. Da keine Verbindung über diese Grenze hinweg zugelassen wird, wissen viele nicht einmal, ob ihre Verwandten auf der anderen Seite der Grenze überhaupt noch leben.

Aber auch für sie und für viele andere, die unter den gleichen Verhältnissen leben, gibt es jedoch eine Hoffnung. Aus der Bibel erfahren wir, daß Gottes Königreich in den Händen Jesu Christi schon bald alle Grenzen beseitigen wird, die die Menschheitsfamilie heute noch trennen (Daniel 2:44). Dann wird sich auch die Prophezeiung Jesu aus Johannes 5:28, 29 erfüllen: „Wundert euch nicht darüber, denn die Stunde kommt, in der alle, die in den Gedächtnisgrüften sind, seine Stimme hören und herauskommen werden.“ Welch eine Zeit der Freude das doch sein wird! Dann wird schließlich das geschehen, worauf Millionen lange gewartet haben: die Zusammenführung der ganzen Menschheit zu einer einzigen Familie.

[Herausgestellter Text auf Seite 19]

Dreiunddreißig Jahre lang dachte jeder vom anderen, er sei tot

[Bild auf Seite 20]

So wurden im Fernsehen Personen gezeigt, die nach vermißten Verwandten suchten

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