Leserbriefe — „Kindesmißbrauch“
DIE Ausgabe der Zeitschrift Erwachet! vom 8. August 1985 (englisch: 22. Januar 1985) enthielt eine dreiteilige Artikelserie, betitelt „Kindesmißbrauch — Man kann sein Kind schützen“. In der Welt von heute sollten sich Eltern mit diesem unangenehmen Thema beschäftigen, und viele unserer Leser haben auch in Briefen ihre Dankbarkeit für den dargebotenen Aufschluß zum Ausdruck gebracht. Wir möchten einen Teil dessen, was sie uns geschrieben haben, allen Lesern mitteilen.
„Die Vorschläge waren sehr hilfreich“
Hier ist ein Auszug aus dem Brief einer Leserin aus den USA: „Vielen Dank für den Aufschluß über Kindesmißbrauch. Als Kinder sind meine Schwester und ich von einem Cousin belästigt worden. Heute haben wir selbst Kinder und möchten alles daransetzen, um sie zu schützen. Wir werden den guten Rat, der in diesen Artikeln gegeben wurde, bestimmt beherzigen.“
Ebenfalls aus den USA: „Ihre Artikelserie über ‚Kindesmißbrauch — Man kann sein Kind schützen‘ schätze ich wirklich sehr. Die Vorschläge waren sehr hilfreich und einfach anzuwenden. Ich habe meinerseits einige Empfehlungen, die ich an Sie weitergeben möchte: Für Kinder kann es eine Gefahr sein, wenn ihr Name auf ihrem T-Shirt steht. Sie werden eher mit einem Fremden mitgehen, der ihren Namen kennt. Eltern drohen oft auch ihren Sprößlingen, wenn diese unartig sind, mit den Worten: ‚Sei artig, sonst holt dich die Polizei!‘ Dadurch bekommen die Kinder Angst vor der Polizei und sind nicht bereit, sich an sie zu wenden, falls sie jemals Hilfe benötigen.“
Ebenfalls aus den USA: „Nachdem ich die Ausgabe der Zeitschrift Erwachet!, in der das Thema ‚Kindesmißbrauch‘ behandelt wurde, zum zweiten Mal gelesen habe, möchte ich Sie wissen lassen, daß diese eine der besten Ausgaben ist, die ich je gelesen habe. Natürlich hätte ich die Informationen gern schon vor einigen Jahren gehabt, bevor meine zwei hübschen Enkelinnen so schrecklich und unbarmherzig mißbraucht wurden. Es würde mich freuen, wenn diese Artikel verhindern würden, daß andere Kinder so wie sie leiden müssen.“
„Ich war selbst ein Opfer“
In vielen Briefen wurde bestätigt, welch ungeheurer Schaden durch Kindesmißbrauch angerichtet wird. Hier ist zum Beispiel ein Brief aus England: „Vielen Dank für die unlängst erschienenen Artikel über das Thema ‚Kindesmißbrauch‘. Ich war selbst ein Opfer des Kindesmißbrauchs und empfand ähnlich wie diejenigen, von denen in Ihren Artikeln berichtet worden ist. Selbst heute, nach so vielen Jahren, muß ich meine Gefühle beherrschen, weil es mich innerlich sehr aufwühlt, wenn ich etwas darüber lese oder höre, was Kindern in dieser Hinsicht angetan wird.“
In einem anderen Brief aus England heißt es: „Von meinem fünften Lebensjahr an wurde ich jahrelang blutschänderisch mißbraucht. Der Täter war mein Stiefvater. Was er mir antat, wirkte sich auf mein kindliches Gemüt so traumatisch aus, daß vieles davon bis vor einigen Monaten im Unterbewußtsein blieb. Als die Erinnerungen aber wachgerufen wurden, trat alles wie ein Alptraum hervor.
Möglicherweise werden manche Ihre Artikel als eine Überreaktion werten und darüber entsetzt sein, daß sie ihre Kleinen belehren sollten, was sie zu tun hätten, wenn jemand — selbst ein naher Verwandter — ihre intimen Körperteile berühren sollte oder sie aufforderte, sich die ihrigen anzusehen oder anzufassen. Solchen Personen habe ich zu sagen: ‚Der Rat in den Artikeln ist ausgezeichnet.‘“
„Wer würde dir schon glauben!“
Einige Briefe bringen die Taktiken der Sexualtäter ans Licht. Eine Leserin aus England schreibt: „Als Kind wurde ich von einem älteren Herrn mißbraucht, den ich damals sehr respektierte. Wie aus Ihrem Artikel hervorging, wurde das unsittliche Streicheln (dabei blieb es bei mir) als Spielen oder Kitzeln getarnt. Ich behielt starke Schuld- und Schamgefühle zurück.“
Eine Leserin aus den USA macht darauf aufmerksam, daß Kinder nicht nur von Erwachsenen mißbraucht werden. Sie schreibt: „Ich warnte meine Kinder vor Erwachsenen, aber es wäre mir nie in den Sinn gekommen, daß ein neuneinhalbjähriges Mädchen meine vierjährige Tochter unsittlich berühren könnte.“
Eine andere Leserin aus England berichtet: „Mein Stiefvater war Richter; deshalb dachte ich nicht daran, daß irgend etwas verkehrt sein könnte, als er anfing, mich zu mißbrauchen. Als ich zwölf Jahre alt war, wurde mir bewußt, daß es verkehrt war, aber ich war nicht imstande, mit jemandem darüber zu sprechen, weil er mir eingetrichtert hatte: ‚Wer würde dir schon glauben! Und sei nicht undankbar. Denk daran, was du alles von mir bekommen hast.‘ Später wurde ich auch von meinen Brüdern und von einem meiner Onkel mißbraucht. Ab meinem 14. Lebensjahr nahm ich Drogen, da ich das für den einzigen Weg zum Glück hielt. Als Heranwachsende führte ich einen äußerst promiskuitiven Lebenswandel, da ich mir nur dadurch Rauschgift leisten konnte. Ich möchte Ihnen nochmals für die Artikel danken. Jetzt kann ich dafür sorgen, daß mein Sohn niemals das durchmachen muß, was ich zu ertragen hatte.“
Aus den USA schreibt eine Leserin: „Ich habe gerade die Artikel über ‚Kindesmißbrauch‘ in der Zeitschrift Erwachet! gelesen. Ich konnte meine Tränen nicht zurückhalten, da ich selbst mißbraucht worden bin. Damals war ich fünf Jahre alt. Der Schuldige war der Freund meiner Mutter. Wenn sie nicht zu Hause war und meine Brüder draußen spielten, nahm sich dieser Mann mir gegenüber sexuelle Freiheiten heraus. Ich habe versucht, alles zu verdrängen, es einfach aus meinem Sinn auszulöschen, mir einzubilden, es sei ein böser Traum gewesen, aber es war kein Traum. Es war Wirklichkeit, und bis heute (ich bin jetzt 27 Jahre alt) habe ich niemandem davon erzählt. Vielen Dank für die Artikel über Kindesmißbrauch. Sie machten mir Mut, diesen Brief zu schreiben.“
Das ist nur ein Teil der Briefe, die wir erhalten haben. Sie lassen das erschreckende Ausmaß des Problems erkennen. Wir leben wirklich in dekadenten Zeiten (2. Timotheus 3:1, 3). Es gab sogar in christlichen Familien einige Fälle, mit denen sich die Versammlungsältesten befassen mußten! Man sollte nie vergessen: Kindesmißbrauch ist zwar ein Verbrechen, das gewöhnlich von Erwachsenen verübt wird, doch es sind die Kinder, die dadurch belastet werden. Es ist tragisch, daß so viele Kinder von hemmungslosen Erwachsenen ihrer unbeschwerten Kindheit beraubt werden. Die seelischen Wunden, die diesen jungen Menschen zugefügt werden, mögen ein Leben lang nicht heilen.
[Kasten auf Seite 27]
Vorbeugungsmaßnahmen mit Erwachet! in Oregon
Als die Erwachet!-Ausgabe vom 22. Januar 1985 (deutsch: 8. August 1985) in Oregon (USA) eintraf, machte sich Joy, eine Zeugin Jehovas, mit einer Bekannten auf den Weg, um die Artikel über Kindesmißbrauch dem Polizeibeamten zu zeigen, der am Ort für die Verbrechensverhütung zuständig war. Dieser erklärte, daß er sich gerade zu einer höheren Schule aufmachen wollte, um ein Seminar über Kindesmißbrauch zu leiten. Daher nahm er eine Ausgabe der Zeitschrift mit. Am Nachmittag jenes Tages setzte er sich mit Joy in Verbindung und sagte ihr, er würde gern die Zeitschrift in dem Seminar verwenden. Joy machte ihn noch auf die Erwachet!-Ausgabe vom 22. April 1984 (deutsch: 22. Juli 1984) aufmerksam, die eine Artikelserie über das Thema „Mein Kind ist verschwunden!“ enthielt. Der Beamte bestellte je 200 Exemplare von beiden Ausgaben der Zeitschrift, um sie den Seminarteilnehmern auszuhändigen.
Später erhöhte er seine Bestellung auf 250 Exemplare je Ausgabe, damit diese auch der örtlichen Polizei für Hilfsprogramme zur Verfügung standen. Er empfahl Joy, das Jugendamt aufzusuchen. Sie befolgte seinen Rat und konnte vor einer Gruppe von 20 Beratern sprechen, die an einem Fortbildungsseminar teilnahmen. Die Berater nahmen alle noch übrigen Exemplare dieser beiden Erwachet!-Ausgaben entgegen.