„Eine Reise durch alle Städte“
ALS Christus Jesus auf der Erde lebte, begab er sich „auf eine Reise durch alle Städte und Dörfer, lehrte in ihren Synagogen und predigte die gute Botschaft vom Königreich“ (Matthäus 9:35). Seine Fußstapfennachfolger wurden aufgefordert, in den Städten der Welt zu predigen. Dort würden sie auf die Probleme stoßen, die den Städten eigen sind, und würden damit fertig werden müssen.
Eine Reise in die Geschichte der Städte liefert ein Bild der Hochs und Tiefs von Tausenden von Jahren Menschheitsgeschichte sowie der Freuden und Sorgen derjenigen, die danach gestrebt haben, das Glück zu erlangen. Bei einer ehrlichen Betrachtung der Städte kommt man nicht umhin festzustellen, daß die gesamte Menschheit eine einzige Familie ist, in der es überall dieselben Probleme gibt. Es sollte daher keinen Platz für Nationalstolz oder rassistische Vorurteile geben.
So traurig es ist, viele Leute wissen nicht viel über Städte, oft nicht einmal, wo sie liegen. Als Mitte der 80er Jahre amerikanische Studenten gefragt wurden, wo bestimmte Städte liegen, verlegte eine ganze Anzahl von ihnen Dublin (Irland) in die Vereinigten Staaten und Lima (Peru) nach Italien.
Bei einem Test, der ein paar Jahre weiter zurückliegt, war fast die Hälfte der damals befragten Studenten nicht in der Lage, London auf einer Weltkarte auszumachen. Einige verlegten es nach Island, andere nach Kontinentaleuropa. Der Professor, der den Test hatte durchführen lassen, klagte, 42 Prozent der Studenten hätten London völlig „verloren“. Und noch peinlicher: 8 Prozent hatten die amerikanische Stadt „verloren“, in welcher der Test stattfand.
Doch offensichtlich sind nicht nur Amerikaner schwach in Geographie. Ende der 80er Jahre schnitten bei einem Test unter Studenten aus zehn Nationen die Schweden am besten ab, während die Amerikaner den sechsten Platz belegten. Wie eine Erhebung der Akademie der Wissenschaften der ehemaligen Sowjetunion ergab, waren 13 Prozent der befragten sowjetischen Studenten nicht einmal in der Lage, ihr eigenes Land auf einer Weltkarte zu finden. Wladimir Andrijenkow, Mitglied der Akademie, sagte peinlich berührt: „Die Ergebnisse sind unglaublich.“
Wie sieht es mit uns persönlich aus? Wie gut sind wir in Geographie im allgemeinen, und was wissen wir über die Städte der Welt? Warum nicht einmal einen kleinen Test wie den auf Seite 10 machen? Durch eine nähere Betrachtung einiger Städte läßt sich so manches Interessante lernen.
In der nächsten Ausgabe von Erwachet! werden wir einmal fünf Städte näher betrachten. Sie gehören zu einer besonderen Art von Städten, die über Jahrtausende hinweg völlig unbekannt war. Doch zum Ende des Jahrhunderts wird es gemäß Schätzungen mindestens 20 dieser Städte geben, mehr als die Hälfte davon in Asien. Um welche Art von Städten handelt es sich wohl dabei?
[Kasten auf Seite 10, 11]
Welche Stadt ist es?
Ordne die folgenden Beschreibungen der entsprechenden Stadt zu.
1. Die höchstgelegene Hauptstadt der Welt.
2. Die größte Stadt im bevölkerungsreichsten Land der Welt.
3. Ihr offizieller, aber selten verwandter Name besteht aus 27 Wörtern, wobei der erste Teil eine ähnliche Bedeutung wie Los Angeles hat; sie liegt im Herzen einer Reisanbauregion. In dieser Stadt gibt es über 400 buddhistische Tempel.
4. Ihre Bevölkerungsdichte ist mindestens doppelt so hoch wie die aller anderen Städte der Welt, von vier Ausnahmen einmal abgesehen.
5. Fast eine viertel Million Einwohner kamen 1976 bei einer Katastrophe ums Leben.
6. Als Zentrum der Textilregion des Landes spielte sie eine wichtige Rolle bei der industriellen Revolution.
7. Einst galt sie als die schmutzigste Stadt Europas; heute ist sie in der ganzen Welt für eine duftende Flüssigkeit bekannt, der sie ihren Namen gab.
8. Fast 60 Sprachen werden in dieser asiatischen Hafenstadt gesprochen. Von 1833 bis 1912 war sie die Hauptstadt des Landes.
9. Die lange geplante, maßgeschneiderte Hauptstadt wurde 1960 Realität.
10. Sie liegt am Ende eines 100 Kilometer langen Fjords und ist flächenmäßig eine der größten Städte der Welt.
11. Sie wurde 1755 von einem Erdbeben fast völlig zerstört und hat heute die niedrigsten Lebenshaltungskosten aller Hauptstädte der Europäischen Gemeinschaft.
12. Offiziell wurde sie 1873 gegründet, als die Gemeinden auf beiden Seiten der Donau sich zusammenschlossen und ihre Namen zusammenlegten.
13. Portugiesische Entdecker hielten die Bucht irrtümlich für die Mündung eines Flusses; so kam die Stadt zu ihrem heutigen Namen.
14. Sie wurde 1788 als Häftlingskolonie gegründet; heute ist sie eine der südlichsten Städte dieser Größe.
15. Die Stadt, die starke religiöse Wurzeln hat, wurde berühmt für eine ungewöhnliche politische „Teegesellschaft“, die dort stattfand.
16. König Kamehameha III. deklarierte sie 1850 zur Hauptstadt seines Königreiches; ihr Name bedeutet „geschützte Bucht“, und ihr ganzjähriges mildes Klima macht sie zu einem Traumziel für Touristen.
17. Manchmal wird sie die windige Stadt genannt; einmal wurde sie durch Feuer beinahe zerstört; heute rühmt sie sich des höchsten Gebäudes der Welt.
18. Vor 1966 hieß sie Léopoldville.
19. Die Stadt, die so alt ist wie einer der ruhmreichsten griechischen Herrscher, ist Erforschern der Bibel als der Ort bekannt, an dem eine berühmte griechische Übersetzung der Hebräischen Schriften angefertigt wurde.
20. Ihr schnelles Wachstum verdankte sie dem Gold, das in der Nähe entdeckt worden war; einzigartig an ihr ist, daß sie in der ganzen Welt die einzige Stadt dieser Größe ist, die weder an einer Küste noch an einem See oder Fluß liegt.
Alexandria, Ägypten
Bangkok, Thailand
Boston, Vereinigte Staaten
Brasília, Brasilien
Budapest, Ungarn
Chicago, Vereinigte Staaten
Hongkong
Honolulu, Hawaii (Vereinigte Staaten)
Johannesburg, Südafrika
Kalkutta, Indien
Kinshasa, Zaire
Köln, Deutschland
La Paz, Bolivien
Lissabon, Portugal
Manchester, England
Oslo, Norwegen
Rio de Janeiro, Brasilien
Schanghai, China
Sydney, Australien
Tangshan, China
[Kasten auf Seite 11, 12]
Auflösung:
1. La Paz, 3 250 bis 4 100 Meter über dem Meeresspiegel gelegen, wurde 1548 von den Spaniern gegründet.
2. „Schanghai“ bedeutet „oberhalb des Meeres“, und neben seiner Stellung als Hafenstadt mit einem der größten Häfen der Welt ist es Chinas Zentrum der akademischen Bildung und der wissenschaftlichen Forschung.
3. Der erste Teil des offiziellen Namens von Bangkok lautet Krung Thep, was „Stadt der Engel“ bedeutet; der spanische Name „Los Angeles“ bedeutet „die Engel“. Im Zuge des Autobahnausbaus wurden die meisten der berühmten Kanäle verfüllt.
4. Hongkong hat 96 000 Einwohner pro Quadratkilometer, gefolgt von Lagos (Nigeria) mit 55 000, Dhaka (Bangladesch) mit 53 000, Jakarta (Indonesien) mit 50 000 und Bombay (Indien) mit 49 000 Einwohnern pro Quadratkilometer.
5. Im Jahr 1976 wurde China von einem der schlimmsten Erdbeben der neuzeitlichen Geschichte heimgesucht; es erreichte eine Stärke von 7,8 auf der Richter-Skala. Tangshan wurde dabei fast dem Erdboden gleichgemacht; mindestens 240 000 Menschen verloren ihr Leben.
6. Manchester, das etwa 250 Kilometer nördlich von London liegt, wurde mit einer solchen Geschwindigkeit zu einem Industriezentrum, daß zwischen 1821 und 1831 die Bevölkerungszahl um 45 Prozent wuchs.
7. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts soll Köln eine der drei dreckigsten Städte der Welt (Kalkutta, Konstantinopel und Köln) gewesen sein; „gegen den Uringestank, der die Stadt wie eine Käseglocke überdeckte, schützten sich ... [die französischen Soldaten] mit Taschentücher, die man in ‚Kölnisch Wasser‘ getaucht hatte“ (Kölner Stadt-Anzeiger).
8. Kalkutta ist Indiens drittgrößte Stadt und wurde von Neu-Delhi als Hauptstadt ersetzt.
9. Die Idee, eine Hauptstadt im Innern Brasiliens zu haben, wurde 1789 geäußert und in die Verfassung von 1891 aufgenommen; 1960 wurde sie in Gestalt von Brasília Wirklichkeit. Da die Stadt aus dem Boden gestampft wurde, bot sich die seltene Gelegenheit, „eine geordnete Gesamtstadtplanung in der Anlage der Stadt, in der Architektur und im Wohnungswesen vollständig umzusetzen“ (Encyclopædia Britannica).
10. Oslo, die Hauptstadt Norwegens, hat eine Fläche von 453 Quadratkilometern, wovon ein Großteil von Seen und bewaldeten Hügeln bedeckt ist.
11. Am Morgen des 1. November 1755, zu Allerheiligen, waren die Kirchen bis zum Bersten gefüllt, als Lissabon von einem der stärksten Erdbeben der Geschichte heimgesucht wurde, einem Beben, bei dem etwa 30 000 Menschen umkamen.
12. Im Jahr 1873 schloß sich die Stadt Pest auf der Ostseite der Donau mit dem am Westufer gelegenen Buda und Óbuda sowie der Margareteninsel offiziell zu Budapest zusammen, zu einer der reizvollsten Städte Europas, die einst die Königin der Donau genannt wurde.
13. Die portugiesischen Wörter für „Fluß“ und „Januar“ (die Entdecker kamen am 1. Januar 1502) wurden zu dem Namen Rio de Janeiro verbunden.
14. Im Januar 1788 kamen aus Großbritannien etwa 750 Verurteilte, die den Anfang einer Sträflingskolonie bildeten; heute ist Sydney die älteste und größte Stadt Australiens.
15. Fast drei Jahrhunderte lang übten nur wenige Städte einen größeren Einfluß auf das Leben in den Vereinigten Staaten aus als Boston, das Puritaner gegründet hatten, die vor religiöser Verfolgung aus Europa geflohen waren. 1773 waren Bostoner Bürger maßgeblich am Ausbruch der Revolution gegen das britische Mutterland beteiligt, als sie, verkleidet als Indianer, im Bostoner Hafen drei Schiffsladungen Tee ins Wasser warfen, um so dagegen zu protestieren, daß sie an Großbritannien zwar Steuern zahlen mußten, aber kein Mitspracherecht hatten.
16. Honolulu, das ursprünglich ein Stützpunkt für Sandelholzhändler und Walfänger war, wurde nacheinander von den Russen, Briten und Franzosen besetzt und schließlich an König Kamehameha III. zurückgegeben. 1850 erklärte er Honolulu zur Hauptstadt seines Königreiches. Hawaii wurde 1900 zu einem Territorium der Vereinigten Staaten und erlangte 1959 den Status eines Bundesstaates.
17. Einige bezeichnen Chicago als die typische amerikanische Stadt mit allen guten wie auch schlechten Seiten des Landes. Die Innenstadt wurde 1871 von einer Feuersbrunst zerstört, nachdem, so der Bericht, Frau O’Learys Kuh eine Laterne in einer Scheune umgestoßen hatte. Ungefähr 250 Menschen starben, und 90 000 verloren das Dach über dem Kopf. Chicagos Sears Tower ist mit 443 Metern das höchste Gebäude der Welt.
18. Léopoldville, benannt nach dem belgischen König Leopold II., wurde 1960 nach der Entlassung von Belgisch-Kongo in die Unabhängigkeit die Hauptstadt der Demokratischen Republik Kongo. 1971 wurde der Name des Landes auf Zaire geändert; 1966 benannte man die Hauptstadt in Kinshasa um.
19. Alexandria verdankt seinen Namen Alexander dem Großen, der 332 v. u. Z. den Bau angeordnet hatte. Keine hundert Jahre später — wahrscheinlich während der Herrschaft von Ptolemaios II. Philadelphos (285—246 v. u. Z.) — begannen ansässige Juden mit der Übersetzung der Hebräischen Schriften ins Griechische und schufen so die Septuaginta.
20. Johannesburg, das weder an einer Küste noch an einem See oder Fluß liegt, verdankt seine Stellung als Großstadt der Entdeckung von Gold im Jahr 1886. Die Stadt wuchs von 2 000 Einwohnern im Jahr 1887 auf 120 000 im Jahr 1899 an; heute leben dort 1,7 Millionen.
[Karte auf Seite 8, 9]
(Genaue Textanordnung in der gedruckten Ausgabe)
[Bild auf Seite 8]
Rio de Janeiro, Brasilien
[Bild auf Seite 9]
Bangkok, Thailand
[Bildnachweis]
Thailändische Fremdenverkehrsbehörde
[Bilder auf Seite 10]
Links: Sydney, Australien
Unten: La Paz, Bolivien
[Bild auf Seite 11]
Schanghai, China
[Bilder auf Seite 12]
Links: Honolulu, Hawaii
Rechts: Hongkong