Einelternfamilien — Ein steigender Trend
VON UNSEREM KORRESPONDENTEN IN GROSSBRITANNIEN
„IM Vereinigten Königreich gibt es mehr Einelternfamilien als in irgendeinem anderen europäischen Land“, berichtete die Londoner Times. „Alleinerziehende Väter oder Mütter ... sind im Vereinigten Königreich praktisch in jeder fünften Familie, in der es Kinder unter 18 Jahren gibt, das Familienoberhaupt; im Vergleich dazu betrifft das in Dänemark jede siebte, in Deutschland und Frankreich jede achte Familie.“
Neun von zehn alleinstehenden Eltern in Großbritannien sind Frauen. Die traditionelle Familie, die sogenannte Kernfamilie, die aus dem Vater, der Mutter und den Kindern besteht, ist heute anscheinend nur eine der gängigen „Familienformen“. Aber wieso gibt es heute mehr Einelternfamilien als früher?
Scheidung und Trennung führen die Liste der Ursachen an. In dieser Hinsicht folgt Großbritannien dem Trend in den Vereinigten Staaten, wo etwa die Hälfte aller Ehen mit Scheidung endet. Auch die Erwartungen der Leute an die Ehe haben sich geändert. Nach Aussage von Zelda West-Meads von der Eheberatungsorganisation Relate war vor 20 oder 30 Jahren „die Rollenverteilung viel klarer umrissen; der Mann verdiente die Brötchen, die Frau kümmerte sich um den Haushalt“. Doch wie sieht es heute aus? „Das moderne Eheleben ist vielleicht anregender und amüsanter, aber es kann auch komplizierter sein. Frauen erwarten heute mehr von der Ehe als ihre Mütter und Großmütter. Sie wollen Gleichheit, einen guten Geliebten, einen guten Freund, Karrierechancen — und auch Kinder.“
Dadurch, daß in der Unterhaltungswelt überwiegend Sex ohne feste Bindung herausgestellt wird, macht sich eine geringschätzige Einstellung zum traditionellen Familienleben breit. Jugendliche, die sehr früh sexuelle Erfahrungen machen, sind sich der möglichen Konsequenzen oft nicht bewußt. Für sie ist die Ehe gleichbedeutend mit Härten, mit der Beschneidung ihrer persönlichen Freiheit und mit einer unnötigen Verkomplizierung des Lebens.
Manche Eltern sind aus freien Stücken alleinstehend, andere umständehalber. Viele Personen, die verheiratet waren und nun gezwungen sind, ihre Kinder allein zu erziehen, sind über ihre neue Selbständigkeit nicht glücklich. Dazu zählen solche, die glücklich verheiratet waren und ihren Partner durch den Tod verloren haben.
Dann wiederum gibt es Personen, die in ihrer Ehe nur erbitterte Feindschaft erlebt haben. Für sie ist es eine Erlösung, wenn sie ihre Kinder allein erziehen können. Viele dieser Eltern sagen, sie hätten zu ihren Kindern ein enges Verhältnis entwickelt.
Für den steigenden Trend hin zu Einelternfamilien gibt es zahlreiche Gründe, doch was die Verpflichtungen und Herausforderungen im Alltag betrifft, lasten auf alleinerziehenden Eltern ganz spezielle Sorgen. Worin bestehen sie? Und wie können alleinstehende Eltern ihren Verpflichtungen erfolgreich nachkommen?