Falsche Auffassungen über Jehovas Zeugen ausgeräumt
ZWEI Zeugen Jehovas trafen beim Predigen von Haus zu Haus einen Mann an, der ihnen sagte, er sei nicht interessiert. Die Zeugen verabschiedeten sich ruhig, merkten beim Weitergehen aber, daß der Mann ihnen folgte. „Einen Moment bitte!“ rief er. „Ich möchte mich entschuldigen. Eigentlich weiß ich gar nichts über Jehovas Zeugen, und meiner Meinung nach sind viele Leute falsch über Sie unterrichtet.“
Dann stellte er sich als Renan Dominguez vor, Programmvorsitzender des Rotary Club für den südlichen Bereich von San Francisco (Kalifornien). Er fragte, ob jemand in den Klub kommen und über den Glauben und die Tätigkeit der Zeugen Jehovas berichten könne. Es wurde ein Termin ausgemacht. Der Zeuge Jehovas sollte eine 30minütige Ansprache halten und sich dann den Fragen der Zuhörerschaft stellen. Ernest Garrett, der seit vielen Jahren in der Gegend von San Francisco als Zeuge Jehovas tätig ist, wurde gebeten, am 17. August 1995 zu den Mitgliedern des Rotary Club zu sprechen. Hier sein Bericht:
„Ich machte mir unter Gebet Gedanken, was ich den Mitgliedern des Rotary Club sagen könnte, der sich ja aus führenden Persönlichkeiten der Geschäftswelt und des öffentlichen Lebens wie Bankiers, Anwälten und Ärzten zusammensetzt. Wie ich durch einige Nachforschungen herausfand, besteht das öffentlich verkündete Ziel des Rotary Club darin, das Gemeinwesen zu festigen. Daher legte ich die Informationen von Seite 23 der Broschüre Jehovas Zeugen im zwanzigsten Jahrhunderta dar, überschrieben: ‚Der praktische Nutzen der guten Botschaft für die Allgemeinheit‘.
Ich erklärte, daß Jehovas Zeugen in dieser Hinsicht wirken. Tag für Tag seien sie unterwegs, um an den Türen in ihrer Gemeinde vorzusprechen. Es sei ihr Wunsch, in ihrer Nachbarschaft den Zusammenhalt der Familie zu fördern, denn das sei für ein gefestigtes Gemeinwesen ausschlaggebend. Je mehr Einzelpersonen und Familien sich von Jehovas Zeugen beeinflussen ließen, nach christlichen Grundsätzen zu leben, desto weniger Pflichtvergessenheit, Unmoral und Kriminalität gäbe es. Die Informationen fanden guten Widerhall, weil sie den Zielen des Rotary Club entgegenkamen.“
„Warum engagieren Sie sich nicht in der Politik ...?“
„Als Fragen gestellt werden durften, wollte gleich jemand wissen: ‚Warum engagieren Sie sich nicht in der Politik und in der Regierung?‘ Der Herr, der das gefragt hatte, fügte noch hinzu: ‚Sie wissen doch, daß die Bibel sagt: „Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört.“‘ Ich erwiderte, daß wir dieser Aussage aus vollster Überzeugung beipflichten, daß aber die meisten Leute, von denen ich dieses Bibelzitat gehört habe, nicht die zweite Hälfte zitieren: ‚... und Gott, was Gott gehört!‘ (Matthäus 22:21). Aus diesen Worten sei zu schließen, daß nicht alles dem Kaiser gehöre. Einiges gehöre Gott. Es liege an uns, herauszufinden, was dem Kaiser zustehe und was Gott.
Ich erklärte ihm, daß Jesus auf die Frage ‚Ist es erlaubt, dem Kaiser Steuer zu zahlen, oder nicht?‘ weder mit Ja noch mit Nein antwortete, sondern daß er sagte: ‚Zeigt mir die Münze, mit der ihr eure Steuern bezahlt!‘ — ein römischer Denar — und dann fragte: ‚Wessen Bild und Aufschrift ist das?‘, worauf sie antworteten: ‚Des Kaisers.‘ Darauf sagte Jesus: ‚Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört‘ (Matthäus 22:17-20). Mit anderen Worten: Zahlt dem Kaiser Steuern, weil er euch bestimmte Dienste leistet und dafür zu Recht Steuern erhebt. Ich erläuterte, daß Jehovas Zeugen ihre Steuern zahlen und die Regierung nicht um etwas betrügen, was ihr rechtmäßig zusteht.
Weiter führte ich aus: ‚Jehovas Zeugen sind nicht der Meinung, sie seien dem Staat ihr Leben schuldig. Sie glauben, daß sie Gott Anbetung schuldig sind, und diese geben sie ihm auch zu Recht. Eine solche Haltung ist kein Ausdruck mangelnden Respekts gegenüber dem Staat. Wir befolgen alle Gesetze des Staates, doch wenn ein Konflikt entsteht, entscheiden wir uns respektvoll dafür, Gott, dem Herrscher, mehr zu gehorchen als Menschen.‘ Der Mann, der die Frage aufgeworfen hatte, sagte vor der ganzen Gruppe: ‚Dem habe ich nichts entgegenzuhalten.‘
Wir konnten auch viele Fragen zu unserer Predigttätigkeit beantworten. Etliche Klubmitglieder kamen nach dem Treffen auf uns zu, gaben uns die Hand und meinten, sie würden voll und ganz mit uns darin einiggehen, daß die Familie das Rückgrat eines starken Gemeinwesens sei. Wir überreichten jedem Mitglied die Broschüre Jehovas Zeugen im zwanzigsten Jahrhundert.
Später rief mich der Programmvorsitzende, Herr Dominguez, an und bat mich, in sein Büro zu kommen, weil er noch mehr Fragen zu unseren Glaubensansichten habe. Wir unterhielten uns angeregt über mehrere Bibelstellen. Vor allem wollte er Näheres über unseren Standpunkt zur Verwendung von Blut wissen. Er sagte von sich aus, er selbst würde keine Bluttransfusion akzeptieren, und war von den Informationen aus der Broschüre Wie kann Blut dein Leben retten? so beeindruckt, daß er mich einlud, vor den Klubmitgliedern unsere Ansicht über Blut darzulegen. Ich bat Don Dahl, ebenfalls ein Zeuge Jehovas, mich zu begleiten. Er geht öfter in Krankenhäuser, um mit den Ärzten über dieses Thema zu sprechen, wenn Mitgläubige vor einer Operation stehen. Gemeinsam schilderten wir eingehend, wie Jehovas Zeugen vor Ärzten und Krankenhausverwaltungen ihren biblischen Standpunkt darlegen und wirksame Alternativen zu Bluttransfusionen unterbreiten (3. Mose 17:10-12; Apostelgeschichte 15:19-21, 28, 29).“
„Würden Sie denn Ihren Sohn sterben lassen ...?“
„Nach dem Treffen fragte mich ein Herr unter vier Augen: ‚Würden Sie denn Ihren Sohn sterben lassen, wenn er einen Unfall hätte und mit starken Blutungen in die Notaufnahme käme?‘ Ich versicherte ihm, daß ich seine Sorge nachvollziehen könne, und erwähnte, daß ich 1988 einen Sohn durch die Flugzeugexplosion über Lockerbie in Schottland verloren hatte. Als Antwort auf seine Frage erklärte ich als erstes, ich würde nicht wollen, daß mein Sohn stirbt.
Ich sagte: ‚Wir haben nichts gegen Ärzte, gegen die Medizin oder gegen Krankenhäuser. Wir sind auch keine Geistheiler. Vielmehr sind wir auf die Dienste der Medizin angewiesen. Wir vertrauen auf Gott und darauf, daß seine Anweisungen in bezug auf Blut zu unserem bleibenden Wohl sind. Die Bibel sagt von Gott, daß er uns zu unserem Nutzen lehrt und uns auf den Weg treten läßt, auf dem wir wandeln sollten [Jesaja 48:17]. Er hat seinen Sohn in die Lage versetzt, die Toten aufzuerwecken.‘ Ich zitierte die Worte Jesu: ‚Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer Glauben an mich ausübt, wird zum Leben kommen, auch wenn er stirbt; und jeder, der lebt und Glauben an mich ausübt, wird überhaupt nie sterben. Glaubst du das?‘ (Johannes 11:25, 26).
Dann fuhr ich fort: ‚Wir bitten die Ärzte einzig und allein um Verständnis dafür, daß unsere Haltung eine Gewissensangelegenheit ist, über die nicht verhandelt werden kann. Genausowenig kann man an Gottes Gesetz in bezug auf Ehebruch rütteln. Wir können nicht mit Gott verhandeln und fragen: „Gott, gibt es nicht irgendwelche Umstände, unter denen ich Ehebruch begehen könnte?“‘ Darauf sagte ich zu dem Herrn: ‚Sie haben mich gefragt, ob ich meinen Sohn durch die Verweigerung einer Bluttransfusion sterben lassen würde. Mit allem Respekt möchte ich Sie nun fragen, ob Sie zulassen würden, daß Ihr Sohn umkommt, während er im Heer eines Staates dient.‘ Sofort erwiderte er mit Nachdruck: ‚Ja, das ist seine Pflicht!‘ Ich sagte: ‚Sie würden Ihren Sohn also für eine Sache sterben lassen, an die Sie glauben. Gestatten Sie mir das bitte auch bei meinem Sohn.‘
Interessant ist noch, daß der Programmvorsitzende, Herr Dominguez, meine Frau und mich zum Abendessen einlud. Er meinte, seine Frau sei falsch informiert worden und habe verkehrte Auffassungen über Jehovas Zeugen. Er hatte recht. Sie war falsch unterrichtet. Wir verbrachten einen angenehmen Abend miteinander, und seine Frau stellte viele Fragen über uns und unser Werk, die wir ausführlich beantworten konnten. Tags darauf rief er an und sagte, seine Frau habe sich überaus gefreut, meine Frau und mich kennenzulernen, und halte uns für sehr nette Menschen.
Ich besuche Herrn Dominguez regelmäßig und habe bei ihm ein starkes Interesse an der Bibel festgestellt. Er hat tatsächlich zu mir gesagt: ‚Ich würde Ihnen ohne weiteres nahelegen, mit den Programmvorsitzenden aller Rotary Clubs im Großraum San Francisco Bay Kontakt aufzunehmen und ihnen anzubieten, eine ähnliche Ansprache wie in unserem Klub zu halten. Sie dürfen sich ruhig auf mich berufen, und falls mich jemand anspricht, werde ich Sie wärmstens als Gastredner empfehlen.‘
Rotary Clubs gibt es in vielen Ländern. Könnte es sein, daß weitere Klubs in den Vereinigten Staaten oder in anderen Ländern Zeugen Jehovas einladen und zu Wort kommen lassen?“
[Fußnote]
a Herausgegeben von der Wachtturm-Gesellschaft, 1989.
[Bild auf Seite 18]
Herr Renan Dominguez (links) und Bruder Ernest Garrett