Mit Taifunen leben
Vom „Awake!“-Korrespondenten auf den Philippinen
IM Dezember 1969 kam in Quezon City (Philippinen) eine internationale Gruppe von Fachleuten zusammen, um sich wichtiger Angelegenheiten anzunehmen. Im ganzen pazifischen Raum war man sehr daran interessiert. Es handelte sich nicht um einen politischen Gesprächsgegenstand. Nein, denn dies war die zweite Jahresversammlung des Taifun-Komitees der Internationalen Meteorologischen Organisation und der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Asien und den Fernen Osten.
Die Bevölkerung des westlichen Pazifiks interessiert sich nicht nur aus Neugier für Taifune als Gesprächsgegenstand. Viele dieser Menschen haben tatsächlich schon einen heftig wütenden Taifun erlebt. Sie haben gesehen, wie Hausdächer davongetragen wurden. Sie haben gesehen, wie ganze Häuser zertrümmert wurden, als wären sie aus Papier und Zündhölzern. Sie haben erlebt, wie schrecklich es ist, wenn schlammiges Wasser um das Haus strudelt — Wasser, das im Verlauf des Sturmes in Strömen herabregnete. Sie haben sich niedergekauert und hilflos gewartet, während Winde mit einer Geschwindigkeit von hundertsechzig Kilometern in der Stunde das ganze Land peitschten.
Daher überrascht es einen nicht, daß den einwöchigen Beratungen dieser Kommission Delegierte von Taiwan, aus Hongkong, Korea, Laos, Vietnam, Thailand und von den Philippinen beiwohnten. Durch Beobachter vertreten waren weitere an der Angelegenheit interessierte Länder wie Australien, Frankreich, die Niederlande, Rußland, Großbritannien und die Vereinigten Staaten. Allen ging es darum, was man tun könnte, um diesen launenhaften Riesen, den Taifun, wenn er tobt, zu bändigen.
Einige Tatsachen über Taifune
Was ist ein Taifun? Dieses Wort beschreibt eine Erscheinung des Wetters, bei der der Wind um ein Tiefdruckgebiet herum weht. Zur selben Familie wie die Taifune gehören Wirbelwinde, Tornados und Wasserhosen. Aber der Taifun hat die größte Breite, Höhe und Windgeschwindigkeit. Ja, wenn die Windgeschwindigkeit hundertzwanzig Kilometer in der Stunde übersteigt, ist das ein Taifun. Ähnliche Stürme werden im karibischen Raum und im östlichen Teil der Vereinigten Staaten „Hurrikane“ genannt.
Wenn man bedenkt, welch eine gewaltige Energie durch einen Taifun frei wird, fragt man sich unwillkürlich, woher sie kommt. Die Antwort lautet, daß sie aus Wasserdampf entsteht. Aber wie? Stelle es dir wie folgt vor: Es ist viel Hitze erforderlich, um einen Kessel Wasser auf einem Ofen vollständig verdampfen zu lassen. Diese ganze Hitze ist dann sozusagen im Wasserdampf eingefangen. Die während der Verdampfung absorbierte Energie könnte nun frei werden, wenn wir dieselbe Menge Wasserdampf wieder verflüssigten.
Derselbe Vorgang bewirkt, daß die Energie eines durchschnittlichen Taifuns derjenigen von 40 000 Wasserstoffbomben entspricht. Dies hilft uns erkennen, daß eine fortwährende Wasserzufuhr vorhanden sein muß, damit ein Taifun seine Stärke beibehält. Und es ist die Erklärung dafür, daß der Taifun dazu neigt, über dem Lande schneller zu werden und an Stärke abzunehmen, aber über dem Wasser langsamer zu werden und an Stärke zuzunehmen.
Unter welchen Voraussetzungen entsteht ein Taifun? Bisher haben die Forscher keine vollständige Antwort geben können. Einige der mitwirkenden Faktoren sind jedoch bekannt. Drei davon sind folgende: 1. eine warme Meeroberfläche mit einer Meerestemperatur von mindestens 26 °C; 2. eine dicke Schicht feuchter Luft, die eine Höhe von drei Kilometern oder noch mehr erreicht; 3. eine bestimmte geographische Breite, da Tropenstürme nicht am Äquator entstehen können und selten innerhalb von fünf Breitengraden vom Äquator aus entstehen. Das Hauptentstehungsgebiet von Taifunen, die Südostasien heimsuchen, ist die Gegend südlich von Guam, aber nördlich des Äquators im Pazifischen Ozean. Ein zweiter Raum ist das Chinesische Meer.
Die Notwendigkeit verbesserter Warnungssysteme
Etwas von dem Wichtigsten, was bei dieser Tagung des Taifun-Komitees betrachtet wurde, waren Möglichkeiten zur Verbesserung der Warnungssysteme, damit die Menschen genügend Zeit haben, sich und ihr Eigentum zu schützen. Wenn man die gewaltige Ausdehnung des Ozeans betrachtet, der das Hauptentstehungsgebiet von Taifunen bildet, kann man leicht verstehen, wie schwer es ist, Wetterwarten einzurichten. Jetzt sind Wetterämter auf Radarmeßergebnisse, Satellitenbilder und frühere Wetterkarten angewiesen, um festzustellen, wo Stürme entstehen.
Wenn festgestellt worden ist, wo solche Stürme entstehen, werden Flugzeuge entsandt, damit sie der Weiterentwicklung dieser Stürme nachgehen und sie kartographisch erfassen. Es werden Aufzeichnungen vom Luftdruck sowie von der Windgeschwindigkeit und anderen Faktoren gemacht, die dazu beitragen können, die Dauer, Geschwindigkeit, Richtung und Entfernung des Sturmes festzustellen. Aufgrund dieser Berichte werden Karten angefertigt, und durch die Nachrichtenmittel ergehen Warnungen an die Öffentlichkeit.
Man sieht, daß die Vorhersagen um so genauer sind, je größer die Zahl der im Entstehungsgebiet oder an dessen Rand verbreiteten Wetterwarten ist. Im Jahre 1969 wurden unter der Mitarbeit der Taifun-Kommission auf Taiwan, in Hongkong und Korea weitere Einrichtungen in Betrieb genommen. Man bemüht sich, bessere Verbindungen zwischen den verschiedenen betroffenen Ländern herzustellen, damit man bessere Warnungen ergehen lassen kann.
Man denkt auch an Wetterschiffe. Sowohl Rußland als auch die Vereinigten Staaten haben sich dafür interessiert, im Pazifischen Ozean, in der Nähe von Guam, ein Wetterschiff zu stationieren. Sein Zweck wäre, die Möglichkeit eines Sturmes festzustellen und Einzelheiten über das Wetter in jenem Gebiet aufzuzeichnen. Da diese schwimmende Wetterwarte an Ort und Stelle wäre, könnte sie die frühesten Anzeichen eines gefährlichen Sturmes beobachten.
Bemühungen, Schäden zu vermindern
Es sind verschiedene Experimente gemacht worden, um die von Taifunen verursachten Schäden zu vermindern. Da die Energiequelle des Taifuns der Wasserdampf ist, müßte, wenn der Dampf kondensiert würde, die Energie frei werden, wodurch der Taifun an Kraft verlieren würde, ehe er das Land erreichen könnte. Deshalb beschäftigt man sich so sehr damit, Chemikalien auf die Wolken auszustreuen, damit diese ihr Wasser verlieren, während sie noch über dem Meere sind. Obwohl bisher nicht viel erreicht worden ist, hofft man, diese Methode noch so weit zu entwickeln, daß man damit Erfolg hat.
Große Schäden verursachen Taifune durch die schrecklichen Überschwemmungen, die durch die heftigen Regenfälle über dem Land entstehen. Deiche und Dämme werden geplant und gebaut, um zu große Wassermengen in der Gewalt zu behalten. Gegenwärtig werden solche Vorhaben im Flußbecken des Tansui auf Taiwan und in dem tiefgelegenen Gebiet des Pampanga auf den Philippinen verwirklicht.
Man erkennt jetzt natürlich, daß eine der Hauptursachen für die Überschwemmungen darin besteht, daß der Mensch das Land mißbraucht hat. Durch wahlloses Holzfällen hat das Land einen natürlichen Schutz vor Überschwemmungen verloren. Der heftige Regen, den Taifune mit sich bringen, ist wirklich nützlich, wenn ihn das Land aufsaugen kann. Wenn jedoch Wälder beseitigt werden und das Land ohne Rücksicht auf die Bodenerhaltung bebaut wird, fließt viel von diesem Regen einfach auf der Oberfläche ab, wodurch oft schwere Erosionen entstehen. Man sucht Gesetze zu erlassen, durch die die Holzfällerei kontrolliert wird, und es wird angeregt, daß die Bauern Deckfrüchte anbauen und das Land entlang den Höhenlinien bewirtschaften.
Was man selbst tun kann
Obwohl bereits viel im voraus vor nahenden Taifunen gewarnt wird, neigen viele Menschen dazu, die Warnung außer acht zu lassen oder nicht so ernst zu nehmen. Vielleicht haben sie frühere Stürme überlebt und glauben, es gebe keinen Grund zur Beunruhigung. Oder sie sind dadurch, daß seit jenem letzten Taifun viel Zeit vergangen ist, vielleicht gegenüber Gefahren abgestumpft. Diese Einstellung ist sehr unvernünftig. Am besten ist es, sich auf das Schlimmste vorzubereiten, die Sturmwarnungen des Wetteramtes zu beachten und sich mit der Bedeutung der öffentlichen Sturmsignale, in welcher Form sie auch gegeben werden, vertraut zu machen. Du solltest praktische Vorsichtsmaßnahmen kennen und es nicht versäumen, sie anzuwenden, wenn der Taifun näher kommt.
Es ist eine Hilfe, wenn man weiß, woran man einen nahenden Taifun erkennen kann: charakteristische Merkmale des Windes und der Wellen, ihr Verhalten im allgemeinen. Meistens bewegen sich Taifune in Südostasien in nordwestlicher Richtung.
Laß dich nicht unnötig durch Gerüchte beunruhigen. Schenke jedoch Wetterberichten im Rundfunk, im Fernsehen oder in der Zeitung sorgfältig Beachtung. Wenn ein gefährliches Gebiet geräumt werden soll, so tu es unverzüglich. Wenn du glaubst, du könntest in deiner Wohnung bleiben, so berücksichtige unbedingt, was du alles benötigst. Denke daran, daß der Strom vorübergehend ausfallen kann. Die Wasserversorgung mag zum Stillstand kommen, oder das Wasser mag verseucht sein. Daher wirst du Nahrungsmittel vorziehen wollen, die wenig oder gar nicht gekocht zu werden brauchen, und du benötigst unbedingt einen Vorrat gutes Trinkwasser. Die weitere Notausrüstung sollte überprüft werden, damit du weißt, wo sie sich befindet und ob sie verwendbar ist.
Gewöhnlich hält man gut gebaute Häuser für recht sicher. Doch ist es vernünftig, sich nicht allzu sicher zu fühlen. Bei Winden mit einer Geschwindigkeit bis zu 300 Kilometern in der Stunde mögen diese Häuser nicht sicher sein, besonders nicht, wenn sie sich in der Nähe der Küste oder an einem ungeschützten Ort befinden. Fragen, die man im voraus erwägen sollte, sind: Könnten schwere Zweige oder Bäume auf das Haus fallen? Ist das Dach fest? In welchem Ausmaß wird eine Gefahr durch Überschwemmung bestehen?
In großen Teilen Südostasiens sind die Häuser nicht haltbar. Bambus, Blätter und Holzerzeugnisse dienen als Baustoffe. Was kann man tun, wenn eine Taifunwarnung durchgegeben wird? Um den Bau zu verstärken, stellt man Pfosten schräg gegen das Haus auf und gräbt sie ein. Auch werden Spanndrähte vom Haus zum Erdboden gezogen. Da der Wind während eines Taifuns dreht, bringt man auf allen Seiten des Hauses Pfosten und Drähte an. Ungeachtet, von welcher Seite der Bau einer Belastung ausgesetzt wird, ist also ein Ausgleich vorhanden.
Auch muß man berücksichtigen, wie sich ein Taifun auf die Mittel für den Lebensunterhalt auswirkt. In vielen Gegenden Südostasiens und der pazifischen Inseln bilden Kokospalmen die Haupteinnahmequelle. Obwohl diese Bäume gewöhnlich durch den Taifun nicht entwurzelt werden, werden sie doch ziemlich stark beschädigt, hauptsächlich durch den Schaden, den die Blätter davontragen. Die Blätter scheinen die Feuchtigkeit für die Versorgung der Früchte aufzusaugen, und sie enthalten das Chlorophyll, das erforderlich ist, um Sonnenlicht für die Ernährung der Pflanzen umzuwandeln. Selbst wenn der Baum nach dem großen Sturm weiterhin Früchte trägt, ist es mehr als wahrscheinlich, daß die Kokosnüsse leer sind und somit keinen Verkaufswert haben.
Es sieht nicht so aus, als ob man etwas tun könnte, um Taifune zu verhindern, aber man könnte einige Anregungen berücksichtigen, wie man etwas von dem wirtschaftlichen Verlust aufwiegen kann. Bauern werden zum Beispiel ermuntert, Hülsenfrüchtler wie Erdnüsse oder aber Mangobäume und Bananen unter den Kokospalmen anzubauen. In vielen Fällen, in denen diese Anregung befolgt wurde, haben die Bauern nicht nur eine zweite Einnahmequelle gewonnen, sondern der Ertrag der Kokospalmen hat sich bis um 69 Prozent erhöht. Und wenn die Kokospalmen tatsächlich durch einen Sturm beschädigt werden, wachsen diese zusätzlich angebauten Pflanzen viel schneller, so daß der Bauer nicht ohne Einnahmen oder Nahrungsmittel dasteht.
In dieser Gegend ist Reis ein weiteres wichtiges Erzeugnis. Aber zufolge wiederholter Taifune sind einige Gebiete wertlos, soweit es um eine gute Reisernte geht. Zu diesen Gegenden gehört die Provinz Batanes weit im Norden der Philippinen. Statt dessen wird Wurzelgemüse angebaut, Pflanzen, bei denen der Schaden nicht so groß ist wie bei Reis, vielleicht der camote oder die Süßkartoffel. Dies könnte in vielen anderen Gegenden, in denen Verluste durch Taifune gewöhnlich hoch sind, eine zusätzliche Ernte ergeben.
Nutzen des Taifuns
Angesichts dieser Ausführungen über die Gefahren des Taifuns würde es einen nicht überraschen, wenn die Menschen den Eindruck bekämen, daß Taifune nichts Positives mit sich brächten. Das entspräche aber nicht der Wahrheit. Taifune bewirken auch viel Gutes. Sie tragen zum Beispiel dazu bei, daß Millionen Liter Salzwasser entsalzt und weit über das ausgetrocknete Land verteilt werden. Wenn der Mensch solche großen Mengen entsalzen wollte, wären dazu teure Anlagen und viele Jahre erforderlich.
Bringen die starken Winde des Taifuns dem Menschen und seinem Heim möglicherweise noch weiteren Nutzen? Auch in diesem Fall kennt der Mensch nicht alle Antworten. In seiner Unwissenheit leidet der Mensch unter den schädlichen Auswirkungen des Taifuns, und dies erscheint ihm von großer Bedeutung. Das Studium all des Nutzens, den der Taifun für den Menschen, für die Luft, die wir atmen, und für den Boden, aus dem unsere Nahrung stammt, mit sich bringt, ist noch im Anfangsstadium.
Wir können sicher sein, daß unser Schöpfer, Jehova Gott, im kommenden neuen System der Dinge nicht die Zerstörung und Verwüstung und den Verlust an Menschenleben zulassen wird, die jetzt mit Taifunen in Verbindung stehen. Er wird seine eigene großzügige Verheißung guter Dinge für gehorsame Geschöpfe auf Erden buchstäblich verwirklichen, wie es in Hesekiel 34:27 aufgezeichnet ist: „Der Baum des Feldes wird seine Frucht geben, und das Land wird seinen Ertrag geben; und sie werden in ihrem Lande sicher sein.“ Statt daß man unter Gefahren mit Taifunen lebt, wird man darauf vertrauen, daß der Schöpfer des Windes, des Ozeans und aller Dinge die Macht hat, Schäden zu verhüten und uns zu schützen.