Wie wirkt sich die Wissenschaft auf dein Leben aus?
MANCHE Menschen sind überzeugt, daß die Wissenschaft den Schlüssel dazu besitze, die Menschheit von vielen ihrer großen Feinde zu befreien. Sie glauben, daß mit Hilfe der Wissenschaft eines Tages Hunger, Armut, Krankheit und vielleicht sogar der Tod besiegt werden können. Die Reise des Menschen zum Mond hat sie in dieser Überzeugung noch bestärkt.
Viele andere sind jetzt jedoch dem gegenüber, was die Wissenschaft bewirkt, skeptisch. Sie fragen sich, ob sie auf die Dauer mehr Schaden als Gutes bewirke. In der in Melbourne erscheinenden Zeitung Herald hieß es: „Vizeadmiral Hyman Rickover, dessen Entwicklungsarbeit ihn als Vater des amerikanischen Atom-Unterseebootes bekannt werden ließ, hat die Menschen davor gewarnt ..., daß die uneingeschränkte Anwendung der Technologie ,ein Ungeheuer werden kann, das seinen Schöpfer zugrunde richtet‘.“
Es besteht kein Zweifel daran, daß die Wissenschaft viel Gutes zum Nutzen des Menschen hervorgebracht hat. In der westlichen Welt hat die Wissenschaft das Leben fast aller durch die Herstellung nützlicher Dinge beeinflußt. Wenn du dich in deiner Wohnung umschaust, findest du wahrscheinlich etwas, wofür die Wissenschaft wenigstens teilweise verantwortlich ist: Rundfunk, Fernsehen, Waschmaschine, elektrisches Bügeleisen, verschiedene Gewebe, elektrische Beleuchtung und eine Menge anderer Dinge.
Richtig überwacht, können die Erzeugnisse der Wissenschaft dem Menschen eine Hilfe sein. Aber viele stellen jetzt die Frage, ob man die Wissenschaft nicht mehr in der Gewalt habe. Sie sehen, daß die Wissenschaft Dinge hervorgebracht hat, die die Menschheit quälen. Sie fragen sich, ob die schlechten Auswirkungen schließlich die Vorteile überwiegen werden.
Auswirkungen von Chemikalien
Wegen ihrer Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit werden viele Chemikalien jetzt von Regierungen und anderen Stellen genau geprüft. Dies gilt besonders für Chemikalien, die in der Landwirtschaft und in der Nahrungsmittelindustrie verwendet werden.
Ein chemischer Zusatz nach dem anderen durfte nicht mehr verwendet werden. Beispiele dafür sind die „Buttergelb“-Farbstoffe und die Zyklamate zum Süßen von Speisen. Selbst das Mononatriumglutaminat, das zur Geschmacksverbesserung dient, wird für bedenklich gehalten. Einige Chemikalien haben bei Versuchstieren schwere Schäden hervorgerufen.
DDT und andere Schädlingsbekämpfungsmittel wurden anfangs als „Retter“ ausgerufen, die die Menschen von gefürchteten Krankheiten wie Malaria und Gelbfieber befreien würden. Diese Schädlingsbekämpfungsmittel führten zunächst auch zu größeren Ernteerträgen, indem sie Insekten vernichteten. Aber jetzt haben sich viele Regierungen entschlossen, die Verwendung einiger dieser Chemikalien nach und nach einzustellen.
Warum? Weil man festgestellt hat, daß sie viel tierisches Leben vernichten, so daß einige Tierarten in Gefahr stehen auszusterben. Die Verseuchung mit DDT hat sich über die ganze Erde ausgebreitet. Sogar in Tieren der Antarktis sind Spuren davon gefunden worden. Ja, es heißt, es gebe kein Gewässer und keinen Landstrich noch irgendeine Art Leben, worauf sich DDT nicht ausgewirkt hätte. Dazu gehört auch der Mensch. Und Versuche haben ergeben, daß große Mengen Schädlingsbekämpfungsmittel bei Tieren schwere Schäden hervorrufen.
Diese schlimmen Folgen dessen, wovon man dachte, es nütze dem Menschen, haben die Behörden beunruhigt. Was kann daher von den wissenschaftlichen Erfindungen des Menschen gesagt werden, die absichtlich zu dem Zweck gemacht werden, menschliches Leben auszurotten? Man hat chemische Waffen entwickelt, die so tödlich sind, daß schon ein winziges Tröpfchen auf der Haut den Tod herbeiführt. Und einige Bakterienarten, die die Wissenschaft gezüchtet hat, können die gesamte Bevölkerung eines Gebietes vernichten.
Schädliche Folgen des Maschinenzeitalters
Obwohl unser wissenschaftliches Maschinenzeitalter Dinge hervorgebracht hat, die zum Guten des Menschen dienen, hat es auch schädliche Folgen für den Menschen herbeigeführt. Erstens waren große Fabriken erforderlich, um die Erzeugnisse herzustellen, die dem Menschen helfen sollten. Dies hat zu Ballungen in großen Städten geführt. Die traurigen Folgen des Stadtlebens, die Übervölkerung und Enttäuschung, treten jedes Jahr mehr zutage.
Des weiteren haben sich viele der Erzeugnisse, die zum Nutzen des Menschen geschaffen wurden, als Vernichtungsmittel erwiesen. Allein in den Vereinigten Staaten kommen jährlich 50 000 Personen durch Verkehrsunfälle ums Leben, und Millionen werden verletzt!
Auch schaden die großen Komplexe von Industriebetrieben der Umwelt des Menschen. Sie verbrauchen große Mengen reine Luft und reines Wasser. Diese Luft wird dann oft durch giftige Gase und feste Stoffe verschmutzt, die in die Atmosphäre ausgestoßen werden. Viel reines Wasser wird verunreinigt und ergießt sich in die Wasserläufe und Seen, so daß diese oft für Mensch und Tier unbrauchbar werden.
Das Problem wird noch schlimmer, weil viele Maschinen, die in den Fabriken hergestellt werden, selbst zur Verschmutzung beitragen. Die Hauptschuld tragt unter anderem das Auto. In Tokio kommen die Verkehrspolizisten regelmäßig auf die Polizeiwache zurück, um Sauerstoff zu inhalieren. Fußgänger können in Geschäften und Passagen für etwa 23 Cent kleine Mengen Sauerstoff aus Sauerstoffautomaten einatmen. Und wie William Steif, Journalist des Zeitungsunternehmens Scripps-Howard, berichtet, „gelangen in den 10 am dichtesten bevölkerten Gegenden der Vereinigten Staaten jährlich etwa 23 Millionen Tonnen Kohlenmonoxyd von Kraftfahrzeugen in die Luft“. Allein in der Stadt New York speien Fahrzeuge jährlich mehr als viereinhalb Millionen Tonnen aus!
Es heißt, wenn jemand mehr als acht Stunden lang Luft einatme, die zu 80 von einer Million Teilen Kohlenmonoxyd enthalte, so wirke sich das auf das Hämoglobin seines Körpers aus. Hämoglobin befördert Sauerstoff in die Gewebe des Körpers und entfernt Schlackenstoffe. Die 80 Teile Kohlenmonoxyd sollen ein Sechstel des Hämoglobins im Körper vorübergehend nutzlos machen. Dies entspricht dem Verlust von etwa einem halben Liter Blut.
Doch Kohlenmonoxyd ist nur einer von vielen verunreinigenden Stoffen, die durch die wissenschaftlichen Erfindungen des Menschen in die Atmosphäre gelangen. Die Zeitschrift Time vom 12. Januar 1970 berichtete: „Der Mensch füllt die Luft jährlich mit mehr als 725 Millionen Tonnen verunreinigenden Stoffen.“ Daher haben Wissenschaftler vom Zentrum für atmosphärische Forschung in New York gesagt, bis etwa 1980 würden zufolge der Umweltverschmutzung ungefähr 10 000 Menschen in einem Großstadtgebiet sterben. Die in New Haven erscheinende Zeitung Register vom 21. Dezember 1969 berichtet, diese Wissenschaftler hätten folgendes vorhergesagt: „In 10 bis 15 Jahren wird jeder Mann, jede Frau und jedes Kind unserer Hemisphäre eine Gasmaske tragen müssen, um außerhalb des Hauses am Leben zu bleiben. Die Straßen werden zum größten Teil verlassen sein. Die meisten Tiere und ein großer Teil der Pflanzenwelt werden sterben.“
Es gibt noch eine weitere schädliche Folge des Maschinenzeitalters: die Lärmseuche. Nervenaufreibende Geräusche werden von Motor-Rasenmähern, Düsenmotoren und allem möglichen verursacht. Dieser Lärmpegel soll sich etwa alle zehn Jahre verdoppeln. Er erreicht jetzt so schreckliche Ausmaße, daß er als Gefahr für das Wohlergehen aller angesehen wird, die diesem Lärm ausgesetzt sind. Wie Dr. Lester Sontag vom Fes-Forschungsinstitut in Ohio erklärte, schadet die Lärmseuche sogar ungeborenen Babys.
Wenn diese unbeabsichtigten Folgen des Maschinenzeitalters so schädlich und erschreckend sind, was sollen wir dann von solchen Werkzeugen sagen, die die Wissenschaft zur Ausrottung des Lebens ersonnen hat? Wie steht es mit den Atom- und Wasserstoffbomben, den Fernlenkgeschossen, Tanks, Bombenflugzeugen, Unterseebooten und einer Menge anderer Waffen, die schon dazu benutzt worden sind, Millionen das Leben zu nehmen? Hat die Wissenschaft ebenso viele Menschenleben gerettet?
Enttäuschungen auf dem Gebiet der Medizin
Enttäuschung ist jetzt auch auf dem Gebiet der Medizin zu beobachten. Das, was sich die Menschen von Herztransplantationen und dergleichen erhofft haben, erfüllt sich nicht.
Mit der Vervollkommnung komplizierter Instrumente ist es zu einer weiteren schädlichen Begleiterscheinung gekommen: dem Tod durch elektrischen Strom. Auf einer Tagung des amerikanischen Krankenhausverbandes in Chicago erklärte Dr. Carl W. Walter, daß in Krankenhäusern jährlich 1 200 Menschen durch elektrischen Strom ums Leben kommen. Er wies auf die Ironie der Situation hin, die darin besteht, daß das Krankenhauspersonal „so sehr daran interessiert ist, das Leben eines einzelnen Patienten zu retten, daß es das Labyrinth der Drähte, das in den meisten hochwirksamen (elektrischen) Anlagen besteht, nie entwirrt“.
Durch Bluttransfusionen, von denen man einst sehr viel hielt, werden, wie man jetzt feststellt, Krankheiten übertragen, und auch sind sie eine Todesursache. Dr. M. Simon von Poughkeepsie (New York) erklärte: „Die jährliche Todesrate zufolge von Bluttransfusionen ist jetzt, wie man berechnet hat, höher als diejenige für viele gewöhnliche chirurgische Krankheiten [Zustände, die eine Operation erfordern], wie zum Beispiel Darmkrebs, Blinddarmentzündung oder Darmverschluß.“
Zunehmende Enttäuschung
In zunehmender Zahl fangen Wissenschaftler selbst an, die Fähigkeit des Menschen zu bezweifeln, seine riesigen Probleme mit Hilfe der Wissenschaft zu lösen. In den letzten Monaten sind in wissenschaftlichen Zeitschriften viele Artikel erschienen, in denen dieses Problem behandelt wird.
Die Öffentlichkeit bezweifelt die Rolle der Wissenschaft sogar noch mehr. In zunehmender Zahl sehen die Menschen in der Wissenschaft eine Bedrohung für die Gesundheit und für das Leben. Sie sehen die entsetzlichen Erfindungen wie Atomwaffen, Schädlingsbekämpfungsmittel, durch die das Wild auszusterben droht und die die Gesundheit des Menschen gefährden, Chemikalien, wie zum Beispiel Thalidomide, die eine Hilfe sein sollten, aber zu Verkrüppelungen führten, chemische Nahrungsmittelzusätze, die sich als schädlich erwiesen haben, und die durch die Industrie bewirkte Verschmutzung, die die Luft, die wir atmen, das Wasser, das wir trinken, und die Nahrung, die wir essen, vergiftet.
Dr. Harvey Brooks, Dekan der Fakultät für Technik und angewandte Physik an der Harvarduniversität, wies darauf hin, daß die Öffentlichkeit in zunehmendem Maße von der Wissenschaft enttäuscht ist. Er erklärte: „Diese Feindseligkeit hat sich in unserer Zeit von einer kleinen Schriftstellerelite auf einen großen Teil der gebildeten Öffentlichkeit ausgebreitet, besonders unter einigen unserer gebildetsten Jugendlichen.“
Somit sieht sich die Wissenschaft bei all dem Guten, das sie bewirkt hat, jetzt der harten Wirklichkeit gegenüber, daß sich viele ihrer Erfindungen schädlich auf die Umwelt auswirken und menschliches und tierisches Leben bedrohen. Wie deutlich geht daraus doch hervor, daß der Mensch, wie gut er es auch meint und wie intelligent er auch ist, seine Probleme nicht allein lösen kann.