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Erwachet! 1972
g72 22. 9. S. 9-12

Die Entwicklung der religiösen Lage in Chile

Vom „Awake!“-Korrespondenten in Chile

IN Chile besteht schon seit langem Religionsfreiheit. Diese Freiheit ist in der Verfassung verankert und wird vom chilenischen Volk sorgsam gehütet.

Chile gehört zu den wenigen südamerikanischen Ländern, in denen eine Trennung von Kirche und Staat besteht. Diese Trennung ist im Jahre 1925 vorgenommen und bis heute sorgfältig beibehalten worden.

Alle Religionsgemeinschaften können sich somit frei betätigen, aber keine hat Mitspracherecht in der Regierung. Als Salvador Allende im Jahre 1970 zum Präsidenten von Chile gewählt wurde, gab er öffentlich bekannt, daß seine Regierung die von der Verfassung gewährleistete Religionsfreiheit weiterhin respektiere.

So haben die Regierungen die Religionsfreiheit gehütet und die Trennung von Kirche und Staat aufrechterhalten, doch in welchem Zustand befindet sich heute die Kirche? Wie ist die Bevölkerung jetzt der Religion gegenüber eingestellt?

Wachsende Gleichgültigkeit

Chile wird als katholisches Land angesehen, da der größte Teil der Bevölkerung von Geburt an als katholisch gilt. Aber wenn man die katholische Bevölkerung dieses Landes beobachtet, stellt man fest, daß die Mehrzahl nur dem Namen nach katholisch ist.

In Santiago, der Hauptstadt von Chile, besuchen durchschnittlich weniger als 13 Prozent der Katholiken sonntags die Messe. Und in gewissen Stadtteilen geht sonntags nur etwa 1 Prozent zur Kirche.

Interessant sind auch einige Zahlen in Verbindung mit der männlichen Bevölkerung. Von den Knaben im Alter von 7 bis 10 Jahren besuchen etwa 16 Prozent die Messe, doch dann sinkt diese Zahl rapid. Von den Männern im Alter von 31 bis 40 Jahren besuchen nur noch 5 Prozent regelmäßig die Messe. Und von denen, die zur Kirche gehen, kommunizieren höchstens 12 Prozent!

Ein Grund dafür sind die sozialen Verhältnisse. Jahrhundertelang sind die Zustände in Chile, obschon es in diesem Land schon verschiedene Regierungsformen gegeben hat, für den Durchschnittsbürger fast unverändert geblieben. Es herrschte große Armut. Die Bevölkerung sah, daß die Kirche gewöhnlich mit den Reichen Hand in Hand arbeitete. Da die Kirche Regierungen unterstützte, die wenig für das Volk taten, wurden viele Chilenen antiklerikal.

Das hatte zur Folge, daß sich viele Chilenen Ideologien zuwandten, die radikale Lösungen für ihre Probleme boten. So konnte man vor kurzem in der Zeitschrift Ercilla lesen: „Wer Chile von weitem beobachtet hat und dieses Land dann selbst besucht, wird zu seinem Erstaunen feststellen, daß die Mehrzahl der Arbeiter sowohl christlich als auch links orientiert ist. Sie haben ein eigenes Christentum, denn obschon Chile als katholisches Land gilt, spielt der Katholizismus weder in seiner Verfassung noch im Leben seiner Bürger eine Rolle, sagen sie doch: ,Wir sind zwar katholisch, aber wir gehen nicht zur Messe, und wir mögen auch die Priester nicht.‘“

Eine gespaltene Kirche

Das Vertrauen der Bevölkerung zur Kirche schwindet noch mehr, wenn sie sieht, daß die Kirche in politischer Hinsicht völlig uneins ist. Unter den Geistlichen gibt es Vertreter der verschiedensten politischen Auffassungen, angefangen von ganz links stehenden bis zu ganz rechts stehenden Priestern. Kardinal Raúl Silva Henriquez wird sogar als der „Rote Kardinal“ bezeichnet.

Einige Geistliche haben selbst am Papst heftige Kritik geübt. Als sich im April 1971 achtzig Priester dafür aussprachen, daß die katholische Kirche den Sozialismus fördern sollte, sagte Gonzalo Arroyo über Papst Paul VI.: „Seine päpstliche Geste vermag diejenigen nicht zu befriedigen, die für eine moderne Kirche sind, für eine Kirche, die gelobt hat, die Mißstände als Folge des Kapitalismus und der bürgerlichen Gesellschaft zu bekämpfen. Paul VI. ist es nicht gelungen, die Verbindung zum europäischen Kapitalismus zu lösen, und er verurteilt Krieg und Hunger immer nur in abstrakten Worten, ohne den Schuldigen beim Namen zu nennen, den amerikanischen Imperialismus. Ich glaube, ihm fehlt der Mut, solche weltlichen Bindungen der Kirche zu lösen.“

Auch der Priester Roberto Lebegue, der in Frankreich ordiniert wurde, vor wenigen Jahren aber das chilenische Bürgerrecht erwarb, äußerte sich ähnlich. Er erklärte, viele Priester, die unter der Arbeiterbevölkerung tätig seien, hätten die Auffassung, daß sich die Arbeiter aller Länder vereinigen sollten, um „der Herrschaft des Bürgertums ein Ende zu machen“.

Über Papst Paul VI. sagte Lebegue: „Ich glaube, daß er allen, denen ich diene, völlig unbekannt ist. Sie kennen nicht einmal seinen Namen. Vielleicht mögen sich einige wegen seiner Reisen an ihn erinnern oder wegen der Pillenfrage.“

Über die im Jahre 1968 vom Papst herausgegebene Enzyklika „Humanae Vitae“, die das Verbot aller künstlichen Mittel zur Geburtenregelung bestätigte, erklärte Lebegue: „Die Irrtümer in dieser Enzyklika — darin werden reiche und arme Frauen, kranke und gesunde, Frauen mit wenigen und mit vielen Kindern gleichgestellt — sind zu einem großen Teil auf die Tatsache zurückzuführen, daß er [der Papst] abgeschirmt im Pomp und Reichtum des Vatikans lebt, ein Gefangener eines Systems, aus dem er nicht vermocht hat auszubrechen ... Der Papst sollte so leben, wie Jesus Christus gelebt hat — als armer Mann.“

Geistliche scheiden aus

Ein weiterer Grund, warum viele Katholiken der Kirche gegenüber immer gleichgültiger werden, ist die Tatsache, daß eine wachsende Zahl Geistlicher aus dem Amt ausscheidet. Diese Katholiken sagen sich, wenn die Priester nicht mehr im Amt bleiben wollten, müsse mit der Kirche etwas nicht stimmen.

In einigen Ländern wird behauptet, die meisten Geistlichen, die ihren Beruf aufgäben, seien an der Zölibatsfrage gescheitert. Das mag in Chile auch eine Rolle spielen, aber es ist nicht der Hauptgrund. In der Schrift El Mercurio konnte man lesen: „In Chile verlassen so viele Priester ihr Amt, weil sie im Glauben schwach geworden sind und weil es an Spiritualität fehlt ... und nicht wegen des Zölibates.“ Können die Gemeindeglieder, die zur Kirche gehen, im Glauben erstarken, wenn die Geistlichen glaubensschwach sind?

Wie ernst ist das Problem des Priesterschwundes? El Mercurio berichtete: „Daß sich der chilenische Klerus in einer großen Krise befindet, zeigt die Tatsache, daß in den vergangenen paar Jahren rund 200 Priester ihr Amt niedergelegt haben und daß immer weniger Studenten in die Seminare eintreten.“ Die Amtsniederlegung so vieler Priester und der Rückgang der Zahl neueintretender Seminaristen ist in einem solch kleinen Land ein doppeltes Unglück für die Kirche.

In einem Buch, in dem die Situation in Santiago geschildert wird, kann man lesen, daß „es im Jahre 1967 für die ganze Diözese Santiago insgesamt nur 33 Theologiestudenten gab, also einen auf 100 000 Einwohner. Fünfzig Prozent der in Chile tätigen Priester sind Ausländer: Europäer, Amerikaner und Kanadier. Doch darf man nicht mehr lange damit rechnen, daß das Ausland Priester schickt, weil auch dort immer weniger geneigt sind, sich für einen geistlichen Beruf zu entscheiden.“

Wohin führt diese Entwicklung?

Aus diesen und anderen Gründen — auch wegen der unsittlichen Lebensweise einiger Geistlicher — wächst die Zahl der Chilenen, die von der Kirche enttäuscht sind. Jetzt hört man oft, wenn das Thema Religion zur Sprache kommt, daß die Leute sagen: „Ich gehe nicht mehr zur Messe, und ich kann die Priester nicht leiden.“

Das zeigt ohne Zweifel, daß der Einfluß der Kirche auf das Volk immer mehr schwindet. Wie in anderen Ländern, so treten selbst in Chile immer mehr Personen, auch Geistliche, aus der Kirche aus. Und dieser Zustand scheint anzuhalten, ja man erwartet sogar, daß die Zahl der Austritte noch wachsen wird.

Gleichzeitig macht das biblische Erziehungswerk der Zeugen Jehovas in Chile wie überall auf der Erde gute Fortschritte. Das hat zur Folge, daß Tausende von Chilenen die in der Bibel enthaltenen Wahrheiten über Gottes Vorhaben kennenlernen. Diese Wahrheiten helfen ihnen, zu verstehen, warum solch schlimme Verhältnisse in der Welt herrschen und warum die Kirchen in immer größere Schwierigkeiten kommen. Sie erfahren auch, daß Gott eine neue Ordnung, in der Gerechtigkeit herrschen wird, verheißen hat und daß diese Ordnung bald Wirklichkeit werden und sie von allen Nöten der heutigen Zeit befreien wird. — 2. Petr. 3:13; Offb. 21:4.

Da das Werk der Zeugen Jehovas nicht politisch ist und Jehovas Zeugen durch ihre Tätigkeit der Bevölkerung helfen, mit ihren täglichen Problemen fertig zu werden, und ihr Trost und Hoffnung für die Zukunft vermitteln, können sie sie heute ungehindert durchführen. In einem Viertel von Santiago hatten die Armen gewisse Gebiete besetzt und gestatteten niemandem, sie ohne Erlaubnis zu betreten. Sie hatten um dieses Gebiet Tag und Nacht Wachen aufgestellt. Eine dieser Wachen sagte jedoch: „Jehovas Zeugen dürfen hierherkommen und mit der Bevölkerung über die Bibel sprechen, weil sie die Menschen trösten.“

Sie haben eine Antwort auf ihre Fragen gefunden

Tausende von Chilenen haben in den letzten Jahren kennengelernt, was die Bibel, Gottes Wort, wirklich lehrt, und das hat sie mit Zufriedenheit erfüllt. So schreibt zum Beispiel ein Mann aus Punta Arenas:

„Ich war als Katholik sehr rührig und stand in enger Verbindung mit den Jesuiten, denn ich war in einer ihrer Schulen ausgebildet worden. Unter ihrer Leitung gründete ich in Concepción die Pfadfinder. Ich war auch mit der Legion der katholischen Arbeiter verbunden und lernte, wie man mit Protestanten diskutiert. Fünfzehn Jahre lang war ich Leiter der Blaskapelle der Konfessionsschulen San Jose und San Juan Bosco, Schulen, die vom Salesianerorden geleitet wurden.

Aber obwohl ich in kirchlichen Dingen so gut ausgebildet worden war, verstand ich vieles nicht. Ich fragte zum Beispiel den Priester, der die Schule Don Bosco leitete, mehrmals unter vier Augen, ob er die Dreifaltigkeitslehre vernünftig finde. Er entgegnete immer dasselbe. Er sagte jeweils: ,Bist du katholisch?‘ Darauf erwiderte ich: ‚Ja.‘ ,Hast du Glauben?‘ fragte er dann stets. ,Ja‘, gab ich zur Antwort. Darauf erklärte er: ,Dann laß die Dinge so, wie sie sind, denn das ist ein Geheimnis, das nicht einmal wir verstehen.‘

Als meine Frau begann, mit Jehovas Zeugen die Bibel zu studieren, hielt ich ihr immer vor, was sie lerne, sei falsch. Aber sie konnte das, was sie glaubte, mit der Bibel begründen. Schließlich erkannte ich, daß das, was sie sagte, wirklich den Lehren der Bibel entsprach. Darauf begann ich, mich selbst mit der Bibel intensiv zu befassen, um mehr darüber zu lernen. Im Laufe der Zeit lernte ich die Wahrheiten der Bibel kennen, und darauf trat ich aus der katholischen Kirche aus.

Später ließ mich der Priester von Don Bosco in sein Büro rufen. Er wollte wissen, warum ein solch prominentes und nützliches Glied seiner ,Herde‘ aus der Kirche ausgetreten war. Ich erwiderte ihm, daß ich zwar dankbar dafür sei, Lesen und Schreiben gelernt zu haben sowie Bühnenstücke zu inszenieren, doch über biblische Dinge habe die Kirche mich nicht belehrt. Durch mein Bibelstudium dagegen hätte ich vieles aus der Bibel verstehen gelernt, auch die Tatsache, daß Gott kein Gott in drei Personen sei und daß Jesus Christus nicht Gott sei, sondern von Gott erschaffen worden wäre.

Während dieses Gesprächs dachte ich bei mir: ,Wenn der Priester wirklich an mir interessiert ist, warum hat er mich dann nicht aufgesucht, sondern mich zu sich bestellt? Jehovas Zeugen haben anders gehandelt. Sie haben sich die Zeit genommen, mich zu besuchen, und haben für ihre Besuche kein Geld verlangt.‘ Aber die Bibel sagt ja, daß wahre Christen das tun sollten. Ich bin dankbar, daß ich die Wahrheit kennenlernen durfte und jetzt anderen helfen kann, das, was ich aus Gottes Wort gelernt habe, zu verstehen.“

Abgestoßen durch die Handlungsweise

Ein anderer Mann hat die gleichen Erfahrungen gemacht wie viele Katholiken in Chile. Aus Valparaiso schreibt er:

„Ich war von Haus aus katholisch, ging regelmäßig zur Kommunion und wurde in dem katholischen Internat San Vincente de Paul erzogen. Im Alter von dreizehn Jahren war ich von einer Gruppe von zwölf Schülern, die in der Kirche der Zwölf Apostel darauf vorbereitet wurden, ein Jesuitenseminar zu besuchen, der beste.

Aber dann gab ich das Studium auf. Warum? Ein Grund war das schändliche Treiben, das ich beobachtete. Man muß wirklich dort gewesen sein, um das zu verstehen. Ein gewisser Priester beteiligte sich zum Beispiel an Orgien, die junge Leute in der Kapelle feierten. Ein anderer Priester, ein Jesuit, verging sich an Kindern und schenkte ihnen dafür Kupferstiche, auf denen ,Heilige‘ dargestellt waren.

Eine weitere Enttäuschung erlebte ich, als ich eine schwere Sünde beichtete und dann vom Beichtvater die Worte hörte: ,Das ist nicht schlimm, mein Kind.‘ Als mich dann aber einmal ein Priester zufällig beim Lesen der katholischen Torres-Amat-Bibel überraschte, wurde er wütend und bezeichnete es als Skandal, daß ich in der Bibel lese!

Ferner sah ich täglich, wie die Geistlichen in ziemlichem Luxus lebten, gut aßen, Wein tranken und Zigaretten rauchten, während das Volk bitter arm war.

Diese und andere Dinge veranlaßten mich schließlich, mich von einer Religionsgemeinschaft abzuwenden, deren Führer solche Dinge duldeten. Das alles erleichterte es mir, die wahre Religion, die Religion, die in der Bibel gelehrt wird, anzunehmen.“

Die Erfahrung einer Nonne

Unter den vielen in Chile, die ihren geistlichen Beruf aufgegeben haben, befindet sich eine Nonne, die folgendes erfahren hat:

„Da ich sah, daß die Welt voller Heuchelei und Falschheit war, suchte ich im Kloster Zuflucht. Ich glaubte, dort Gott ohne Einschränkung und ohne unter Heuchelei und Falschheit leiden zu müssen, dienen zu können. Ich ging daher ins Kloster, wo ich insgesamt sieben Jahre zubrachte, fünf Jahre in einem Kloster in Argentinien und zwei Jahre in einem Kloster in Chile. Aber habe ich dort eine Atmosphäre der Liebe vorgefunden, einen Geist der Opferwilligkeit oder des aufrichtigen Interesses daran, Gott anzubeten und den Mitmenschen zu helfen?

Ich möchte kurz berichten, was man alle Novizinnen lehrte. Den größten Nachdruck legte man auf die ,Heilige Dreifaltigkeit‘. Gleich danach kam die Verehrung der Heiligen und der Oberinnen. Die Oberinnen forderten absoluten Gehorsam. Das kam in Wirklichkeit einer Verehrung gleich, denn sie sagten, Gott habe sie in dieses Amt eingesetzt und deshalb seien alle verpflichtet, ihnen unbedingt zu gehorchen.

Wie gelang ihnen das? Mit Hilfe der Gelübde, die die Nonnen ablegen mußten. Eines war das Gelübde des Gehorsams, das die Voraussetzung für eine Verehrung der Oberinnen bildete. Der Gehorsam, den sie forderten, schloß auch ein, daß man sich vor ihnen niederbeugte und niemals etwas anzweifelte, was sie taten.

Die Oberinnen sprachen ständig von Wohltätigkeit und Demut, aber es waren stets nur Ratschläge für andere — sie selbst handelten nie nach dem, was sie von anderen forderten. Sie waren immer neidisch und strebten nach einem höheren Amt und nach Titeln. Wenn sie das erreicht hatten, suchten sie andere davon zu überzeugen, daß Gott sie in dieses Amt eingesetzt habe und daß man nun noch mehr verpflichtet sei, ihnen zu gehorchen und ihnen ergeben zu sein. So wurden sie sehr mächtig.

Warum waren die übrigen Nonnen, mit denen ich zusammen arbeitete, ins Kloster eingetreten? Hatte ihr Glaube und ihre Liebe zu Gott sie dazu getrieben? Einige waren aus diesem Beweggrund Nonne geworden, aber die Mehrzahl war aus materiellen Gründen ins Kloster gegangen — um versorgt zu sein. Es fehlte an Liebe und Hilfsbereitschaft. Nicht selten kam es vor, daß die Klosterfrauen einander etwas zuleide taten, wodurch ihre Heuchelei offenbar wurde.

Lernte ich denn wenigstens die Bibel verstehen? Nein, denn man sagte uns, daß nur, wer die Messe lese, eine Bibel bekomme, für die übrigen sei es eine Sünde die Bibel zu lesen. Man lehrte uns nie, über religiöse Dinge nachzudenken oder die Lehren der Bibel auf unser Leben anzuwenden.

Nachdem ich sieben Jahre im Kloster zugebracht hatte, trat ich aus. Ich fühlte mich betrogen und war enttäuscht, daß es dort soviel Ungerechtigkeit und Falschheit gab. Das Kloster war alles andere als ein Ort, wo jeder eine auf das Göttliche gerichtete Sinnesart besaß. Aber obwohl ich den Glauben an die Kirche und ihre Vertreter verlor, blieb mein Glaube an Gott unerschüttert. Wie glücklich war ich, als ich dann später begann, unter der Anleitung der Zeugen Jehovas die Bibel zu lesen! Ich stellte fest, daß sie so vernünftig, so anders, so wahrhaftig war. Ich bin jetzt kein Sklave eines heuchlerischen Religionssystems mehr. Ich empfinde aber tiefe Befriedigung darin, Jehova zu dienen, einem liebevollen Gott mit einem Vorhaben.“

Wenn man diese Erfahrungen um ein Vielfaches multipliziert, erhält man annähernd ein Bild von dem, was heute in Chile vorgeht. In diesem Land gibt es auf dem Gebiet der Religion zweierlei Tendenzen oder Entwicklungsrichtungen: Die „christlichen“ Kirchen sind in großer Not und verfallen immer mehr; die wahre, von Gott in seinem Wort, der Bibel, geoffenbarte Religion aber blüht und gedeiht. Aus den Prophezeiungen der Bibel geht indessen hervor, daß das geschehen würde, ehe das böse System der Dinge sein Ende fände. — Jes. 2:2, 3.

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