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  • Der Feldzug der Sowjetunion zur Vernichtung der Religion
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Erwachet! 1973
g73 8. 9. S. 5-8

Der Feldzug der Sowjetunion zur Vernichtung der Religion

ALS die Kommunisten die Macht über Rußland erlangten, verloren sie keine Zeit, ihr Vorhaben in bezug auf die Religion bekanntzumachen. Es bestand darin, die Religion aus dem Dasein auszulöschen und das Land in einen atheistischen Staat umzuwandeln.

Zwar hatte Lenin Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts geschrieben, es solle religiöse Duldsamkeit geben. Aber nachdem die Bolschewiken einmal die Macht ergriffen hatten, war es klar, daß die Regierung die Religion als Feind betrachten und versuchen würde, sie in Vergessenheit zu bringen. In seiner Abhandlung Das Verhältnis der Arbeiterpartei zur Religion sagte Lenin:

„‚Religion ist Opium für das Volk‘ — diese Erklärung von Marx ist der Eckstein der gesamten Weltanschauung des Marxismus in bezug auf Religion. Der Marxismus betrachtet alle heutigen Religionen und Kirchen, jede einzelne Religionsorganisation, immer als Organe der [feindlichen] reaktionären Kräfte der Bourgeoisie.“

Der Angriff beginnt

Gleich nach der Machtergreifung im November 1917 erließ die neue Regierung eine Verordnung, die besagte, daß alle Ländereien, einschließlich des Kircheneigentums, nun das Eigentum des Volkes (in Wirklichkeit der Regierung) seien. Diese Entscheidung ebnete den Weg für die spätere Konfiskation kirchlichen Eigentums.

Eine andere Verordnung besagte, alle Bürger seien gleich, ungeachtet zu welcher Religion sie sich bekennen würden oder selbst wenn sie sich zu keiner Religion bekennen würden. Die praktische Auswirkung dieser Verordnung bestand darin, daß der Atheismus zugelassen und gefördert werden konnte.

Anfang 1918 verkündete dann die Regierung die vollständige Trennung der russisch-orthodoxen Kirche vom Staat. Gleichzeitig wurde sämtliches Kircheneigentum von den Kommunisten übernommen. Auch wurde Religionsunterricht in den Schulen verboten. Außerdem wurden alle Zahlungen der Regierung an die Kirchen eingestellt.

Diese Schritte waren nur ein Teil des Angriffs. Es sollte noch viel mehr kommen. Vom Standpunkt der Regierung aus war es jetzt wichtig, zu ermitteln, was getan werden mußte, um den Sinn der Menschen, besonders der Jugend, zu beeinflussen. In der ersten Verfassung, die im Jahre 1918 angenommen wurde, hieß es: „Allen Bürgern wird das Recht auf religiöse und antireligiöse Propaganda zugestanden.“ Aber die Verfassung wurde 1929 ergänzt, und das „Recht auf religiöse Propaganda“ wurde widerrufen. Während das „Recht auf antireligiöse Propaganda“ aufrechterhalten wurde, wurde den Sowjetbürgern nur das „Recht, sich zu einer Religionsgemeinschaft zu bekennen“, eingeräumt.

Die Entscheidung vom Jahre 1929 war für die Religion sehr nachteilig. Dadurch wurde allen Religionen verboten, irgendein soziales, erzieherisches oder wohltätiges Werk zu verrichten. Religiöse Gruppen mußten sich daher auf die Gebäude beschränken, die ihnen von den Behörden zugewiesen wurden. Sie konnten nichts tun, um ihre Religion zu verbreiten. Und da den Kindern in den Schulen nun der Atheismus gelehrt wurde, waren die Aussichten für die Religion, auf lange Sicht gesehen, sehr schlecht.

Die Auswirkungen

All diese gesetzlichen Schritte und die feindliche Einstellung der Regierung verfehlten ihre Wirkung nicht. Von den ersten Wochen der Revolution an wurden die Kirchen im ganzen Land angegriffen. Kirchengebäude wurden ausgeplündert, abgerissen oder in Fabriken, Warenhäuser, Versammlungssäle oder Museen umgebaut.

Nicht nur die orthodoxe Kirche wurde davon betroffen. Auch andere Religionen wurden angegriffen. Zum Beispiel wurden römisch-katholische Geistliche ins Gefängnis gesteckt, das Kircheneigentum wurde beschlagnahmt, und der katholische Schulunterricht wurde eingeschränkt. Es war allgemein üblich, daß die Kommunisten Priestervereinigungen gründeten, die nur Moskau treu waren, so daß die Autorität des Papstes untergraben wurde.

Unter dem schweren Druck verschwanden einige Religionen völlig von der Bildfläche. Eine davon war die unierte Kirche. Diese Kirche war aus einer Verbindung des Katholizismus mit der orthodoxen Kirche hervorgegangen. Sie hatte besonders unter den Ukrainern viele Anhänger. Aber die Geistlichen, die dem Kommunismus widerstanden, wurden eingesperrt oder verbannt. Andere Geistliche sagten sich vom Papst los, verließen ihre Religion und unterstellten sich dem orthodoxen Patriarchen von Moskau.

Hand in Hand mit der Beschlagnahme von Kircheneigentum, der Inhaftierung oder Verbannung widerstandleistender Geistlicher und dem Schließen von Kirchen ging ein großangelegter Erziehungsfeldzug, für den Presse, Radio, Filme und die Schulen gebraucht wurden. Besonders verheerend war die antireligiöse Atmosphäre in den Schulen. Typisch für die Belehrung war ein Schulbuch für Neunjährige, das in der Sowjetunion veröffentlicht wurde und in dem es hieß:

„Das Studium der Gesetze, die bei der Entwicklung der organischen Welt eine Rolle spielten, hilft uns bei der Erarbeitung der materialistischen Idee ...

Außerdem wappnet uns diese Lehre für den antireligiösen Kampf, indem sie uns die materialistische Erklärung für das Vorhandensein eines Zweckes in der organischen Welt gibt und gleichzeitig beweist, daß der Mensch von niederen Tieren abstammt.“

Die Kinder waren in der Gewalt ihrer atheistischen Lehrer. Und die Eltern, die Kirchgänger waren, waren im allgemeinen nicht in der Lage, diesem Einfluß entgegenzuwirken. Die meisten dieser Eltern wußten wenig oder gar nichts über die Gründe für die Lehren und Bräuche ihrer eigenen Religion. Daher waren sie sehr schlecht ausgerüstet, gegen diese Flut anzukämpfen.

Außerdem wurden große Organisationen für die Jugend gegründet. Da waren die „Jungen Pioniere“ für Kinder und die „Union der kommunistischen Jugend“ für die Sechzehn- bis Dreiundzwanzigjährigen. Diese Organisationen waren von Marx’ und Lenins Ideen geprägt. Es war zwar nicht obligatorisch, diesen Organisationen beizutreten, aber der soziale Druck, sich anzupassen, war ungeheuer groß. Der natürliche Wunsch junger Menschen, ein Teil dessen zu sein, was populär ist, hatte seine Folgen.

Als die Kommunisten einmal an der Macht waren, machten sie es sich daher zur Aufgabe, die traditionelle Religion auszurotten. Und von 1917 an kämpften sie ein Vierteljahrhundert lang mehr oder weniger heftig gegen die Religion.

Warum so antireligiös?

Viele Menschen in anderen Ländern waren über diese Angriffe entsetzt, nicht aber das gesamte russische Volk. Ein großer Teil des russischen Volkes sah die Geschehnisse als eine Vergeltung für die Verbrechen an, die die Kirchen begangen hatten.

Wenn man verstehen will, was viele Russen empfanden, muß man daran denken, daß die Kirchen, besonders die orthodoxe Kirche, bei der Bedrückung des Volkes durch die Zaren eine wesentliche Rolle gespielt hatten. Um ihres eigenen selbstsüchtigen Vorteils willen hatte die Geistlichkeit jahrhundertelang die Herrscher umschmeichelt, die Bedürfnisse des Volkes ignoriert und es in Unwissenheit gehalten. Die Mehrheit des Volkes wurde von den Herrschern und den begüterten Klassen praktisch in Sklaverei gehalten. Die Geistlichkeit sorgte dafür, daß das so blieb. Viele Geistliche waren habgierig, unmoralisch und machthungrig.

Historiker anerkennen, daß insbesondere die orthodoxe Kirche sehr korrupt war. In dem Buch House Without a Roof schreibt Maurice Hindus:

„Der Batüschka [Priester] des Dorfes war oft selbst ein ungebildeter Mann, er war dem Wodka ergeben und nicht abgeneigt, eine attraktive Frau aus seiner Gemeinde zu verführen. ...

Der Muschik [Bauer] ... lernte aus den Geschichten und Balladen wandernder Bettler und Pilger mehr über Gut und Böse als vom Gemeindepriester. ...

Die verhängnisvolle Schuld der russischen Kirche bestand in ihrer völligen Unterordnung unter den zaristischen Staat und in ihrer Unterwürfigkeit ihm gegenüber, wodurch, nach den Worten Miljukows, ,alle Keime der Religion erstickt wurden‘.“

Dieser Autor führte auch die Worte des russischen Literaturkritikers Wissarion Belinski an, der schrieb: „Ist der Priester in den Augen aller Russen nicht das lebendige Symbol der Schlemmerei, des Geizes, der Speichelleckerei und der Schamlosigkeit?“

Der verstorbene russische Philosoph N. Berdjajew nahm in dem Buch The Origin of Russian Communism [Der Ursprung des russischen Kommunismus] darauf Bezug, daß die orthodoxe Kirche die Streitmacht der Zaren dazu gebrauchte, ihre eigenen Interessen zu fördern, und schrieb:

„Kann der Klerus solche antichristliche ,Politik‘ rechtfertigen? Warum wendet er Gewalt an, statt Taten der Liebe zu verrichten? ... Wir beobachten mit Verwunderung den Zusammenschluß von Kirche und Staat in diesem hassenswerten Werk. Gerade diese Unterwürfigkeit der Kirche gegenüber dem Staat hat dazu geführt, daß so viele Menschen ihren Glauben verloren haben.“

Daß die Sünden der Religion zu einem großen Teil für das verantwortlich sind, was in Rußland geschehen ist, wird sogar von religiösen Führern selbst zugegeben. Ein Theologe in einem kommunistischen Land sagte in einem Bericht, der von der Zeitschrift Harper’s gedruckt wurde:

„Ich bin kein Kommunist, ich bin Christ. Aber ich weiß, daß wir Christen allein für den Kommunismus verantwortlich sind. Wir hatten in der Welt einen Auftrag zu erledigen, und Jesus Christus ließ uns nicht im Zweifel darüber, worin er bestand. Wir haben versagt. Wir ,redeten wohl, aber handelten nicht entsprechend‘. ... Man sollte daran denken, daß die Kommunisten einmal Christen waren. Wessen Fehler ist es, wenn sie nicht an einen gerechten Gott glauben?“

Zweifellos hat die Korruption der Kirchen in Rußland viele Menschen Gott, der Bibel und dem Christentum entfremdet. Sie folgerten: „Wenn dies die Religion Gottes ist, dann glauben wir lieber, daß es keinen Gott gibt.“

Es gab also Gründe für den erbitterten Widerstand der Führer der Sowjetunion gegen die Religion. Aber unglücklicherweise machten sie keinen Unterschied zwischen dem wahren Glauben an Gott und heuchlerischer Religion. In ihrer Erbitterung beschlossen sie, die gesamte Religion auszumerzen.

Die Geistlichkeit schließt Kompromisse

Zuerst widerstanden viele Geistliche den Angriffen der Kommunisten auf die Religion. Aber im Laufe der Zeit schlossen immer mehr Geistliche Kompromisse und wurden Werkzeuge der kommunistischen Regierung. Aber da die Regierung entschlossen war, die Religion zu beerdigen, halfen diese kompromißbereiten Geistlichen in Wirklichkeit bei ihrer eigenen Beerdigung!

Ein Beispiel dafür war der Patriarch Tichon. Im Gegensatz zu Jesus Christus, der lieber sterben wollte, als Kompromisse zu schließen, ging Tichon einen Kompromiß ein. Nachdem er 1923 aus dem Gefängnis entlassen worden war, unterzeichnete er eine Erklärung, in der er versprach, nichts zu unternehmen, was den Interessen des Staates schaden könnte. Kurz vor seinem Tod, im Jahre 1925, rief er alle Russen auf, „aufrichtig für die Sowjetmacht einzustehen, für das Gemeinwohl zu arbeiten und jegliche offene oder geheime Agitation gegen die neue Staatsordnung zu verurteilen“.

Nach seinem Tod wurde es der Kirche nicht erlaubt, einen neuen Patriarchen zu wählen. Aber andere hohe Würdenträger folgten im allgemeinen seinem Beispiel. Das wurde 1927 offensichtlich, als Sergei, ein Metropolit (der nächste im Rang nach einem Patriarchen), eine Erklärung veröffentlichte. Das Buch The First Fifty Years [Die ersten fünfzig Jahre] erwähnt, daß Sergei darin „die Unterstützung und politische Zusammenarbeit der Kirche und ihrer Anhänger“ versprach. Er rief die Geistlichen auf, ihre Loyalität gegenüber der Sowjetregierung schriftlich zu garantieren, sonst würden sie aus der Kirche ausgestoßen.

Trotz aller Kompromisse, die die Geistlichkeit einging, setzten die Kommunisten ihren vielseitigen Feldzug gegen die Religion fort. Besonders während der politischen Säuberungsaktionen in den Jahren 1936 bis 1938 wurden die Kirchen heftig angegriffen. Während Sergei 1930 behauptet hatte, er habe die loyale Unterstützung von 163 Bischöfen, waren im Jahre 1939 weniger als 12 übriggeblieben. Es hieß, 40 Bischöfe seien erschossen worden. Und schätzungsweise 10 000 Kirchen waren geschlossen. Es war so, wie es das Buch The First Fifty Years sagt: „Die Kirche stand 1939 kurz vor dem Zusammenbruch.“

Aber 1939 ereignete sich etwas, was einen Wechsel bringen sollte. Der Zweite Weltkrieg brach aus. Er berührte das Verhältnis zwischen der Sowjetregierung und der Religion.

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