Rindfleischgerichte
Ein interessanter Brief von einem Koch, der sein Leben lang in großen Restaurants als Küchenchef gearbeitet hat
Meine Liebe!
Nun möchte ich Deinen Brief beantworten, in dem Du mich um einige Tips für Deine Küche gebeten hast, insbesondere für das Zubereiten von Rindfleischgerichten.
Da es viele verschiedene Gerichte aus Rindfleisch gibt, solltest Du beim Fleischeinkauf ein Stück wählen, das sich für das Gericht, das Du zubereiten möchtest, gut eignet. Beabsichtigst Du zum Beispiel, ein saftiges Steak auf den Tisch zu bringen, dann benötigst Du ein Filetstück (Lendenstück) von einem Jungstier. Solches Fleisch sieht hellrot aus. Außen sollte es mit einer weißen Fettschicht überzogen sein, und auch zwischen den Fleischfasern sollte Fett eingelagert sein, so daß es an der Schnittfläche ein marmoriertes Aussehen hat. Es muß auch richtig abgehangen sein, denn schlachtfrisches Fleisch bleibt zäh. Dasselbe gilt für einen zarten, saftigen Rostbraten, sei es ein Stück von der Rippe, von der Lende oder von der Keule. Auch dieses Fleisch wird durch das Lagern mürbe. Diese Stücke sind von allen Fleischteilen am teuersten, weil sie den kleinsten Teil des Gesamtfleischgewichts vom Rind ausmachen.
Möchtest Du dagegen Schmorbraten servieren oder Siedefleisch oder gedünstetes Fleisch, kannst Du billigere Stücke kaufen, denn diese sind genauso nahrhaft. Für Schmorbraten kannst Du ein Kammstück, Halsstück, Keulenstück oder Schulterstück nehmen. Als Siedefleisch eignet sich Brust, Flachrippe, Flanke, Zunge oder Herz. Zum Dünsten eignet sich Fleisch vom Bein, vom Hals, von der Flanke oder von der Keule. Kaufst Du gehacktes Fleisch, dann achte darauf, daß es frisch ist. Es darf nicht grau aussehen und nicht zuviel Fett, Knorpel und Sehnen enthalten.
Nachdem Du das richtige Fleisch für das Gericht, das Du auf den Tisch bringen möchtest, eingekauft hast, mußt Du es nun auch richtig zubereiten. Wie Du ja weißt, kann man STEAKS auf verschiedene Weise zubereiten, je nach Geschmack und je nach den Geräten, die einem zur Verfügung stehen. Du kannst sie im Backofen Deines Kochherds, auf dem Elektrogrill oder im Freien über einem Holzkohlenfeuer braten. Ofen oder Grill müssen aber auf 230 °C vorgeheizt werden. Reibe die Fleischstücke auf beiden Seiten mit etwas Öl ein, und brate sie dann schnell. Salze sie erst nachher, damit der Fleischsaft nicht ausläuft, denn das würde verhindern, daß sie braun werden. Serviere die Steaks sofort, denn sie müssen ganz heiß auf den Tisch kommen.
Ein anderes zartes Stück Rindfleisch das sich besonders gut für ein Mittagessen eignet, ist der ROSTBRATEN aus der hohen Rippe oder aus der Lende. Bei einem Rippenrostbraten mußt Du darauf achten, daß die Wirbelknochen herausgeschnitten sind, so daß Du das Fleisch ohne Schwierigkeiten tranchieren kannst; laß die Rippen aber im Fleisch. Auf der Außenseite des Fleisches sollte auch eine etwa 1 cm dicke Fettschicht sein, die verhindert, daß der Braten im Ofen trocken und hart wird.
Wenn die Temperatur im Ofen etwa 230 ° beträgt, kannst Du den Braten in einer offenen Bratpfanne mit der Fettseite nach unten hineinstellen; würze ihn mit Pfeffer und etwas Knoblauch. Brate ihn an, bräune ihn zwanzig Minuten lang, schalte dann auf 160 ° zurück, und laß ihn fünfzehn bis zwanzig Minuten je Pfund Fleisch garen. Während dieses Vorgangs wird das Fleisch immer fester. Stich nicht mit einer Gabel hinein, um zu sehen, ob es gar ist, denn dann würde der Saft ausfließen. Laß ein zartes Stück Fleisch auch nicht zu lange im Ofen, weil es sonst zäh und trocken wird. Vergiß nicht, die Wärme zurückzuschalten, sobald das Fleisch braun ist, sonst schrumpft es zusammen und verbrennt. Manche Leute schneiden den Braten gleich, nachdem sie ihn aus dem Ofen genommen haben, in Scheiben. Das ist ein Fehler. Man sollte ihn erst nach etwa 15 Minuten tranchieren. Schneidet man ihn nämlich auf, wenn er noch ganz heiß ist, rollen sich die Stücke zusammen und verlieren den Saft.
Das Fleisch, das man für SCHMORBRATEN verwendet, ist weniger zart und saftig, aber wenn man es im eigenen Saft dünstet, wird es weich. Es ist genauso nahrhaft wie teurere Stücke. Die gehaltvolle, nahrhafte Soße schmeckt vorzüglich mit Gemüse und Kartoffeln, die man im Römertopf oder in einer Bratpfanne zusammen mit dem Fleisch garen kann. Bräune das Fleisch auf allen Seiten, indem Du es in wenig Fett anbrätst. Würze es mit etwas Salz und Pfeffer sowie mit einem Lorbeerblatt, und gib etwas Wasser oder Tomatensaft dazu. Decke es dann zu, und laß es langsam dünsten. Wenn es halb gar ist, kannst Du kleine Möhren, Zwiebeln und Kartoffeln um das Fleisch legen und es dann fertig garen lassen.
Eine Abart davon ist der SAUERBRATEN. Das Fleisch wird in eine Beize gelegt, die aus Wasser und Obstessig, Salz und Pfeffer, Wacholderbeeren, Zwiebelscheiben, Möhren und Knoblauch besteht. Nach vier bis fünf Tagen nimmt man das Fleisch heraus und brät es. Vergiß nicht, den gewonnenen Saft zur Soße hinzuzufügen, denn das verleiht ihr den würzigen Geschmack. Zu Sauerbraten gibt man gewöhnlich Kartoffeln oder Klöße und Gemüse.
Zur Abwechslung kannst Du Deiner Familie auch einmal SIEDEFLEISCH vorsetzen. Dazu eignet sich ein Stück von der Brust, von der Flachrippe, der Flanke, vom Herzen oder von der Zunge. Gib das Fleisch in kochendes Salzwasser. Den Schaum, der sich auf dem Wasser bildet, hebt man ab, und man würzt mit Lorbeerblättern und Pfeffer. Koche das Fleisch, bis es weich ist, und laß es darauf in der Brühe abkühlen; es wird dann nicht trocken und dunkel. Bereite in der Zwischenzeit eine Soße, indem Du Butter in einer Pfanne zergehen läßt und etwas Mehl dazugibst. Fülle dann ganz langsam mit der heißen Brühe auf, bis die Soße die richtige Dicke hat. Während des Auffüllens, das bei ganz kleinem Feuer zu geschehen hat, mußt Du fortwährend rühren. Diese Soße kannst Du mit Meerrettich, feingehackter Petersilie, Dill, gedünsteten Zwiebelscheiben, Senf, Curry oder Kapern würzen. Wenn Du das Fleisch quer zum Faserverlauf in Stücke geschnitten hast, legst Du es auf eine Platte und gießt die Soße darüber. Serviere dazu Kartoffeln oder Klöße. Die Brühe, die übrigbleibt, kannst Du für eine Suppe verwenden. Eine Variation dieses Gerichts ist Corned beef mit Kohl oder einem Wurzelgemüse.
Gut und doch billig sind auch EINTOPFGERICHTE mit Rindfleisch. Das Fleisch, das man zum Kochen verwendet, ist stärker mit Sehnen durchsetzt, aber diese werden weich, wenn man das Fleisch langsam kocht, und die Gallerte, die dabei frei wird, ist sehr nahrhaft. Es gibt so viele verschiedene Eintopfgerichte, daß jeder Geschmack befriedigt werden kann.
Für braunen Rindfleischeintopf mit Gemüse schneidet man das Fleisch in etwa 4 cm große Würfel und bräunt es in etwas Fett; dann bestäubt man es mit Mehl und würzt mit Salz, Pfeffer, Knoblauch und Lorbeer. Nun füllt man auf mit Wasser, Fleischbrühe oder Tomatensaft und läßt es halb gar werden. Dann gibt man das gewürfelte Gemüse — Möhren, Zwiebeln, Sellerie, weiße Rüben — und die Kartoffeln dazu und läßt alles zusammen garen. Zu diesem würzig schmeckenden Gericht passen sehr gut Mehlklöße, die man auf den Eintopf legen und so im gleichen Topf dämpfen kann.
Für GULASCH STROGANOFF wird das in kleine Würfel geschnittene Fleisch in brauner Butter rasch gebraten, dann fügt man feingeschnittene Zwiebeln, Knoblauch, Petersilie und Pilze hinzu und zum Schluß saure Sahne. Für BURGUNDER GULASCH fügt man gehackte Zwiebeln, Knoblauch, etwas Mehl und Burgunderwein dazu und dünstet so lange, bis das Fleisch gar ist. Für WIENER RINDSGULASCH werden feingeschnittene Zwiebeln (halb soviel wie Fleisch) in reichlich Fett gelb angeschwitzt. Dann wird mit Paprika bestreut (der einen Augenblick mitgeröstet wird) und mit kaltem Wasser abgeschreckt. Nun fügt man das Fleisch hinzu, salzt, deckt zu und läßt es so garen. Inzwischen hackt man eine Zehe Knoblauch, Majoran und Kümmel sehr fein, und fügt hiervon eine Messerspitze dem Fleisch bei. Nach einiger Zeit deckt man das Fleisch ab, läßt den Saft eindämpfen, stäubt etwas Mehl darauf, füllt mit guter Fleischbrühe nach und läßt so alles gar werden. Zu diesen drei Gerichten kann man Kartoffeln, Reis, Nudeln oder Klöße reichen.
Du kannst auch Frikassee zubereiten, indem Du in Würfel geschnittenes Fleisch in kochendes Salzwasser gibst, es nochmals zum Kochen bringst und den Schaum abnimmst. Nachdem Du es gewürzt hast, läßt Du es langsam kochen, bis es halb gar ist. Dann gibst Du Gemüse, wie Spargel, oder Pilze dazu. Wenn alles gar ist, verdickst Du die Soße mit etwas Mehl, bis sie cremeartig ist; zum Schluß kannst Du noch ein mit Sahne verquirltes Eigelb in die nicht mehr kochende Soße geben. Würze mit etwas Zitronensaft und Worcestersoße. Dieses Fleischgericht schmeckt vorzüglich mit Reis.
Gehacktes Rindfleisch kann man vielseitig verwenden, und Hackfleischgerichte sind leicht zuzubereiten. Wenn Du solches Fleisch einkaufst, dann achte darauf, daß es gutes Fleisch ist. Du kannst z. B. einen HACKBRATEN davon machen. Mit etwa 500 Gramm Fleisch mischt man ein vorher in Wasser getauchtes und zerdrücktes Brötchen, ein Ei, gehackte Zwiebeln, Salz, Pfeffer, etwas Knoblauchpulver (oder vielleicht auch etwas Muskatnuß oder verschiedene Kräuter). Ist die Hackfleischmischung zu trocken, gibt man etwas Wasser oder Tomatensaft dazu. Nun formt man daraus einen Laib und brät ihn (bei 180 °) eine dreiviertel Stunde in der Backröhre. Man kann ihn aber auch in einer Bratpfanne braten. Vielleicht denkst Du, man gebe Brot dazu, um das Fleisch zu strecken, aber dem ist nicht so. Das Brot saugt den Saft, den das Fleisch abgibt, auf, was bewirkt, daß der Geschmack erhalten bleibt und der Hackbraten lockerer wird.
Aus der gleichen Masse kannst Du kleine Fleischlaibe (Salisbury Steaks) oder -bällchen formen, sie anbraten, in Tomatensoße gar dünsten und dann mit Spaghetti zusammen servieren. Oder Du kannst solches Hackfleisch für einen köstlichen Nudelauflauf verwenden.
Eßt Ihr vielleicht gern Gehacktes mit Paprika und dazu Bohnen und Reis, oder eßt Ihr es gern auf zwei Semmelhälften, was manchmal „sloppy Joe’s“ genannt wird? Wenn ja, dann brate das Hackfleisch in etwas Fett kurz an, und gib gehackte Zwiebeln und Knoblauch dazu. Füge eine Prise Paprika und Tomatensoße bei, und dünste alles zusammen. Hackfleisch, das auf diese Weise zubereitet wird, kann man auch als Füllung verwenden: für Kohlrouladen, gefüllte Tomaten, gefüllten Kürbis, gefüllte Auberginen oder gefüllte Paprikaschoten. Du kannst dem Fleisch auch etwas gekochten Reis hinzufügen, es mit Kräutern würzen und in halbgare Kohlblätter wickeln oder anderes Gemüse damit füllen und in einer Pfanne backen.
RINDFLEISCHRESTE, die auf eine der erwähnten Arten zubereitet werden, eignen sich für viele verschiedene billige Gerichte, zu denen man andere Speisen reichen kann wie Kartoffeln, Bohnen, Reis oder Teigwaren, und zwar warm oder kalt. Rindfleischreste können zum Beispiel für Haschee verwendet werden, für Rindfleisch mit weißer Soße auf Toast oder für Kroketten (Krusteln), oder es kann in Soße aufgewärmt oder kalt serviert oder in Salat geschnitten werden.
Wenn Du beim Einkaufen und Zubereiten von Fleisch an diese Dinge denkst, wirst Du mehr als eine Mahlzeit aus einem Stück Fleisch zubereiten können. Auf diese Weise sparst Du Geld und auch Zeit. Vor allem aber wird der Speiseplan abwechslungsreicher werden.
Bringst Du Rindfleisch auf den Tisch, so versorgst Du Deine Familie mit wichtigem Eiweiß, das der Körper benötigt, um Gewebe aufzubauen und zu erneuern. Besonders Leber, Herz und Nieren sind vorzügliche Eisenlieferanten; und wie wir wissen, ist Eisen für den Aufbau des Blutes wichtig. Richtig zubereitet, hat auch dieses Fleisch einen guten Geschmack, der die Absonderung der Verdauungssäfte anregt und so dazu beiträgt, daß man die Mahlzeit genießt.
Jetzt habe ich hauptsächlich darüber geschrieben, wie man Rindfleisch zubereiten und servieren kann. Doch möchte ich nicht unerwähnt lassen, wie wichtig es ist, Fleischgerichte mit Salat, Gemüse und Obst zu ergänzen. Solche Mahlzeiten sind gesund für Dich und Deine Familie.
Und vergiß auch nie, wenn Du diese köstlichen Speisen genießt, Jehova, dem Urheber der vielen Speisen, die uns so gut schmecken, dafür zu danken. (Eingesandt.)
„Jedes sich regende Tier, das am Leben ist, möge euch zur Speise dienen. Wie im Falle der grünen Pflanzen gebe ich euch gewiß das alles. Nur Fleisch mit seiner Seele — seinem Blut — sollt ihr nicht essen“ (1. Mose 9:3, 4).