Psychotherapeuten ersetzen Seelsorger — Warum?
IN VIELEN Ländern lichten sich die Reihen der Geistlichen immer mehr, und außerdem verlieren sie ständig an Einfluß. Im Gegensatz dazu wächst Zahl und Ansehen der Psychologen und Psychotherapeuten.
In den Vereinigten Staaten gibt es zum Beispiel jetzt siebenmal mehr Fachleute auf dem Gebiet der Psychotherapeutik als vor 25 Jahren. In der gleichen Zeit ist die Zahl der Geistlichen jedoch um 20 Prozent gesunken, obschon die Bevölkerung um 40 Prozent zugenommen hat.
Besteht irgendeine Beziehung zwischen diesen beiden Angaben? Ganz gewiß. Immer weniger Leute fragen ihren Seelsorger um Rat. Ein katholischer Geistlicher, der sich als Psychoanalytiker betätigt, erklärte, daß im Jahre 1963 ungefähr 70 Prozent der Menschen, die Probleme hatten, ihren Seelsorger um Rat fragten; zehn Jahre später hätten das weniger als 40 Prozent noch getan.
Diese Entwicklung ist auch daran zu erkennen, daß die Zahl der Kirchgänger immer mehr zurückgeht, während Bücher und Zeitschriften sowie Rundfunk- und Fernsehprogramme von Psychologen und Psychotherapeuten immer populärer werden, durch die die Menschen erfahren können, wie sie ihr inneres Gleichgewicht finden und glücklich werden können, wie sie ihren Ehegefährten, ihre Eltern oder ihre Kinder behandeln und wie sie Abtreibung, Ehebruch und Homosexualität betrachten sollen.
Warum diese gegensätzliche Entwicklung? Als erster Grund sei erwähnt, daß die Geistlichkeit ihre Autorität eingebüßt hat, weil sie die Bibel nicht mehr als das Wort Gottes und als unfehlbare Norm, nach der sich der Mensch richten sollte, anerkennt (Ps. 119:105). Das erinnert an folgende Worte des Propheten Jeremia: „Sie haben sogar das Wort Jehovas verworfen, und welche Weisheit haben sie?“ (Jer. 8:9). In einem Bericht konnte man folgendes lesen: „Heute gibt es viel weniger Geistliche, die sagen: ,Die Bibel sagt das und das. Sie sollten daher so handeln.‘ Früher, wenn die Leute zu ihrem Seelsorger kamen und fragten: ,Warum lebe ich?‘, antwortete er schlicht und einfach: ,Du lebst, weil es Gottes Wille ist. Der Sinn des Lebens besteht darin, den Willen Gottes zu tun, ein gutes Leben zu führen und den Schöpfer zu verherrlichen.‘“ Heute ist das anders. Die Pfarrer besitzen keine Zuversicht mehr, daher können sie die Leute, die zu ihnen kommen, nicht zufriedenstellen.
Ferner gehen auch immer mehr Leute zum Psychotherapeuten oder Psychologen, weil ihnen mehr an dem liegt, was ihnen lohnend erscheint, als an dem, was recht ist. Im großen und ganzen verzichten Psychologen und Psychotherapeuten darauf, ein Werturteil abzugeben. Für sie ist eine Handlung nicht recht oder unrecht, sondern der geistigen und psychischen Gesundheit förderlich oder abträglich.
Nützt es aber den Leuten etwas, daß sie anstatt zum Seelsorger zum Psychotherapeuten gehen? Nein, im Gegenteil, sie kommen vom Regen in die Traufe. Es ergeht ihnen übler als vorher, denn der Mensch benötigt, wie die Zeitschrift The National Observer treffend schrieb, einen „religiösen Grund für sein Dasein, den Grund, der ihm die Kraft gibt, weiterzuleben, auch wenn ihn ein Unglück getroffen hat“. Die Tatsache, daß das Verbrechen, die Unmoral, die Spielsucht, die Drogensucht, der Alkoholismus usw. überhandnehmen, bezeugt, wie töricht es ist, nicht an Gott zu glauben und nicht zu glauben, daß die Bibel sein inspiriertes Wort ist.
Psychotherapeuten und Psychologen können Fragen wie „Warum lebe ich?“, „Was ist der Sinn des Lebens?“, „Was ist meine Bestimmung?“, „Warum gibt es so viel Böses und so viel Ungerechtigkeit?“ nicht beantworten, außer sie stützen sich bei ihrer Antwort auf die Religion. Daß man sich eigentlich nicht an sie wenden sollte, wenn man mit seinen Problemen nicht mehr fertig wird, zeigt die Tatsache, daß die Zahl der Selbstmorde unter ihnen doppelt so hoch ist wie unter der Bevölkerung im allgemeinen.
Wie blind, selbstgefällig und unverständig viele dieser Fachleute sind, geht aus einer Umfrage hervor, die 1970 in den USA durchgeführt wurde. Sie ergab, daß 55 Prozent der befragten Psychoanalytiker Freud zustimmen, der sagte, der Glaube an Gott sei „so offenkundig infantil, so unvereinbar mit der Realität, daß ... der Gedanke, die große Mehrheit der Menschen werde diese Lebensauffassung nie überwinden, schmerzlich“ sei.
Blind, selbstgefällig und unverständig? Ja, denn dieser Standpunkt widerspricht sowohl der Vernunft als auch den Tatsachen. Wir lesen zum Beispiel: „Die meisten Verfasser einer Geschichte der Naturwissenschaft wären sofort bereit, zu erklären, daß Isaac Newton der größte Wissenschaftler aller Zeiten war“ (Dr. Isaac Asimov). Betrachtete er den Glauben an Gott als infantil? Ganz und gar nicht. Im Gegenteil, er schrieb sogar an einen Freund, daß er bei der Abfassung seines Werkes Principia besonderen Wert auf die Prinzipien gelegt habe, die einen Menschen veranlassen würden, an das Dasein Gottes zu glauben. In jenem Meisterwerk schreibt Newton: „Aus seiner zuverlässigen Herrschaft ergibt sich, daß der wahre Gott ein lebendiges, intelligentes und mächtiges Wesen ist; und aus seinen übrigen vortrefflichen Eigenschaften, daß er hoch erhaben oder absolut vollkommen ist. Er ist ewig und unendlich, allmächtig und allwissend.“
In der Bibel wird an mehreren Stellen gezeigt, daß dem Menschen ein „religiöser Grund für sein Dasein“ hilft, in Zeiten des Unglücks nicht zu verzweifeln. Das zeigt besonders deutlich der Bericht über Hiob. Weil Hiob an Gott glaubte, verzweifelte er in seinem Unglück nicht. Und welch schmerzliche Verluste er erlitt! Er verlor plötzlich alle seine Kinder und auch seinen ganzen materiellen Besitz. Dann wurde er von einer widerlichen und schmerzhaften Krankheit befallen, die sich von Kopf bis Fuß durch bösartige Beulen äußerte. Seine engsten Freunde wandten sich gegen ihn, und seine Frau forderte ihn auf, seinem Leben ein Ende zu machen, indem sie zu ihm sagte: „Fluche Gott und stirb!“ Aber weil Hiob an Gott glaubte, war es ihm möglich, alles das zu ertragen und als Sieger daraus hervorzugehen (Hiob, Kapitel 1, 2, 42).
Die Bibel enthält viele vernünftige Grundsätze und gute Ratschläge, die dem Leser zeigen, wie er mit seinen Angehörigen und den übrigen seiner Mitmenschen auskommen kann. Sie legt die Pflichten dar, die ein Ehemann, eine Ehefrau, Eltern, Kinder, Diener und Herren (Arbeitnehmer und Arbeitgeber) haben. Sie warnt vor den Folgen eines lockeren Lebenswandels: „Was immer ein Mensch sät, das wird er auch ernten; denn wer im Hinblick auf sein Fleisch sät, wird von seinem Fleisch Verderben ernten, wer aber im Hinblick auf den Geist sät, wird vom Geist ewiges Leben ernten.“ Alle, die unzüchtige Dinge treiben, werden „an sich selbst die volle Vergeltung“ empfangen, „die ihnen für ihre Verirrung“ gebührt (Gal. 6:7, 8; Röm. 1:27).
Sie warnt auch vor Habsucht. „Die aber, die entschlossen sind, reich zu werden, fallen in Versuchung und in eine Schlinge und in viele unsinnige und schädliche Begierden, die die Menschen in Vernichtung und Verderben stürzen. Denn die Geldliebe ist eine Wurzel von schädlichen Dingen aller Arten“ (1. Tim. 6:9, 10).
Alle gerechtigkeitsliebenden Personen, die nicht mehr daran denken, ihren Seelsorger (der höchstwahrscheinlich nicht glaubt, daß die Bibel das inspirierte Wort Gottes ist) um Rat zu fragen, sollten sich, anstatt zu einem Psychotherapeuten oder Psychologen zu gehen (viele von diesen Fachleuten glauben ebenfalls nicht, daß die Bibel das inspirierte Wort Gottes ist), der Bibel zuwenden, um Rat und Trost zu erhalten. Die christlichen Zeugen Jehovas sind gern bereit, solch gerechtigkeitsliebenden Menschen zu helfen.