Der Nobelpreis
Vom „Awake!“-Korrespondenten in Schweden
VIELE Personen in aller Welt sehen einen Nobelpreis als die größte und ehrenvollste Auszeichnung an, die jemand erlangen kann. Die Geschichte dieses weltbekannten Preises geht auf Alfred Bernhard Nobel zurück, der 1833 in Schweden geboren wurde.
Alfred Nobel erwarb aufgrund bahnbrechender Erfindungen auf dem Gebiet der Sprengstoffe ein großes Vermögen. Er befaßte sich besonders mit dem empfindlichen hochexplosiven Nitroglyzerin und entdeckte, daß es ungefährlicher zu handhaben war, wenn es mit einer anderen Substanz gemischt wurde. Im Jahre 1867 ließ Nobel eine solche Mischung, die er Dynamit nannte, patentieren.
Viele weitere Erfindungen auf dem Gebiet der Sprengstofftechnik sowie auf anderen Gebieten der Chemie brachten Nobel großen Reichtum ein. Er war schließlich Inhaber von 355 Patenten und baute eine weltweite Industrie auf, zu der 80 Firmen in 20 Ländern auf 5 Kontinenten gehörten. Wenige kannten ihn persönlich zu seinen Lebzeiten. Doch was seinen Namen betrifft, so ist Nobel wahrscheinlich der bekannteste Schwede, der je lebte. Er starb am 10. Dezember 1896 in San Remo (Italien).
Was ist jedoch der Ursprung der Nobelpreise? Der berühmte schwedische Erfinder traf dafür in seinem Testament Vorkehrung, in dem er schrieb: „Mit dem ganzen Rest meines realisierbaren Vermögens ist folgendermaßen zu verfahren: das von den Nachlaßpflegern in sicheren Wertpapieren anzulegende Kapital soll einen Fonds bilden, dessen Zinsen alljährlich als Preise unter diejenigen zu verteilen sind, die im verflossenen Jahre der Menschheit zum größten Nutzen gereicht haben“ (Alfred Nobel — Nobelstiftung, Nobelpreise, Ernst Meier, 1954).
Nobel setzte fest, daß es fünf Preise in gleicher Höhe geben sollte, je einen für jedes der fünf folgenden Gebiete. Physik, Chemie, Physiologie oder Medizin, Literatur und Verbrüderung der Völker. Der letztere Preis wurde schließlich als Friedensnobelpreis bekannt.
Interessant ist der Kommentar des schwedischen Biographen Åke Ohlmark über den Grund, der Nobel veranlaßte, diese Preise in seinem Testament vorzusehen: „Er wußte, daß viele seiner bahnbrechendsten Erfindungen Werkzeuge der Gewalttätigkeit und des Krieges sein würden. ... Die Nobelpreise sind ein Ausdruck der Gewissensbisse eines großen Forschers und Organisators. Er wollte, daß die Preise und Institutionen, die durch sie ins Dasein gerufen würden, in gewissem Maße den Schaden wiedergutmachten, der mit seinen Erfindungen angerichtet würde“ (Nobelpristagarna [Nobelpreisträger]).
Die Verleihung der Nobelpreise begann im Jahre 1901. In den vergangenen 76 Jahren sind 330 Preise verliehen worden. Die anderen wurden nicht ausgegeben, meistens in Ermangelung geeigneter Kandidaten, besonders für den Friedenspreis. Jeder Preis besteht aus einem Diplom, einer Goldmedaille und einem Scheck, die im Jahre 1976 zusammen einem Wert von 163 300 Dollar entsprachen.
Die Auswahl der Kandidaten
Wer kommt für einen Nobelpreis in Frage? Die Nominierung von „Nobellaureaten“, das heißt von Personen, die besonderer Ehren auf den fünf bezeichneten Gebieten würdig geachtet werden, wird von vier Institutionen vorgenommen, von denen drei in Schweden ansässig sind. In Nobels Testament hieß es diesbezüglich: „Die Preise für Physik und Chemie sind von der Königlichen Akademie der Wissenschaften, die für physiologische oder medizinische Werke von dem Karolinischen Institut zu Stockholm, die für Literatur von der Schwedischen Akademie zu Stockholm und die an Vorkämpfer der Friedensfrage von einem durch das Norwegische Storting [Parlament] zu wählenden Ausschuß von fünf Personen zu vergeben.“
Jede dieser Institutionen hat einen besonderen Ausschuß von fünf Mitgliedern, der die Vorbereitungen für die Auswahl der Kandidaten trifft. Jedes Jahr schicken diese Ausschüsse ein Schreiben an Hunderte von Wissenschaftlern, an Mitglieder von Akademien und an Gelehrte von Universitäten in der ganzen Welt. Darin werden sie aufgefordert, Vorschläge für Personen einzureichen, von denen sie denken, sie kämen für die Preise in Frage, die im nächsten Jahr verliehen werden sollen. Die Vorschläge müssen bis zum 1. Februar des Jahres eingereicht sein, in dem der Preis verliehen wird.
Anfang Herbst unterbreiten dann die Ausschüsse aufgrund ihrer Nachforschungen geheime Berichte an die preisverleihenden Institutionen. Darauf findet eine Abstimmung für die endgültige Auswahl statt, die bis Oktober oder November geheimgehalten wird. Die Entscheidungen sind endgültig und können nicht angefochten werden.
Einige Probleme bei der Preisverleihung
Das Verleihen von Nobelpreisen ist im Laufe der Jahre mit einigen Problemen verbunden gewesen. Nobel schrieb in seinem Testament: „Es ist mein ausdrücklicher Wille, daß bei der Preisverteilung keinerlei Rücksicht auf die Nationalität genommen werden darf, so daß also nur der Würdigste den Preis erhält, er sei ein Skandinavier oder nicht.“ Doch angesichts des weltweiten Ausmaßes der Nobelpreisverleihung ist es gar nicht so leicht, die „Würdigsten“ zu finden.
Die Auswahl der Friedensnobelpreisträger ist in den letzten Jahren kritisiert worden und hat zu vielen Streitigkeiten geführt, meistens aus politischen Gründen. Im Jahre 1973 beispielsweise wurden die beiden Hauptunterhändler der Pariser Vietnam-Konferenz ausgewählt, sich den Friedenspreis zu teilen. In der ganzen Welt wurden Proteste laut. Zwei Mitglieder des Friedenskomitees in Oslo gaben ihren Rücktritt bekannt, und einer der beiden für den Preis Ausersehenen lehnte ihn ab. Als der andere annahm, sammelten Anhänger einer Protestbewegung in Norwegen 1,5 Millionen norwegische Kronen (270 750 Dollar) für einen „Volksfriedenspreis“, den sie einer Person ihrer eigenen Wahl verliehen. Leider hat kein Friedensnobelpreisträger die Menschheit dem Weltfrieden wirklich einen Schritt nähergebracht.
In ähnlicher Weise war der Literaturpreis mit stürmischen Begleitumständen verbunden. Gelehrte haben dagegen protestiert, daß manchmal verhältnismäßig unbekannte, wenig gelesene Schriftsteller ausgewählt wurden, während andere, weltberühmte Schriftsteller ignoriert wurden. Als Leo Tolstoi im Jahre 1901 nicht gewählt wurde, protestierten zweiundvierzig schwedische Schriftsteller, indem sie einen Entschuldigungsbrief an Tolstoi sandten.
Bei der Verleihung von Preisen auf den Gebieten der Wissenschaft besteht die Schwierigkeit, daß heute die Forschung mehr in Teamarbeit als von Einzelpersonen durchgeführt wird, und das erschwert die Auswahl der Preisträger. Und da die wissenschaftlichen Entwicklungen in den letzten Jahren so rapide vorangehen, müssen sich die Preisverleiher besonders bemühen, mit den neuesten Errungenschaften auf dem laufenden zu bleiben.
Alfred Nobel war offensichtlich daran interessiert, der Menschheit zu helfen. Die Tatsache, daß seit 1901 Hunderte von Personen als Nobelpreisträger ausersehen wurden, zeigt, daß viele andere das gleiche Anliegen haben. Es ist jedoch klar, daß es den Menschen trotz größter Anstrengung nicht gelungen ist, wirklich gute Zustände für die ganze Menschheit herbeizuführen. Das wird erst dann geschehen, wenn Gott eingreift, um „die zu verderben, die die Erde verderben“ (Offb. 11:18). Gemäß den Prophezeiungen der Bibel können wir dies in naher Zukunft erwarten.