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Erwachet! 1977
g77 8. 12. S. 22-24

Eine Stadt auf Pfählen

Vom „Awake!“-Korrespondenten in den Niederlanden

„OPA, der Boden zittert ja! Ist das ein Erdbeben?“ Opa lächelt und erklärt seinem zehnjährigen Enkel, der seine Ferien in Amsterdam verbringt: „Nein, Frank, das ist kein Erdbeben. Der Boden hat gezittert, weil gerade ein Lastwagen vorbeigefahren ist. Der Untergrund dieser Stadt ist so unbeständig, daß eine plötzliche Gewichtsveränderung die Umgebung erschüttert.“

Frank atmet erleichtert auf: „Ich habe so etwas noch nie erlebt. Ich war richtig erschrocken.“

„Die Stadtväter haben ebenfalls Grund zur Sorge, Frank. Der rege Verkehr, der in dieser alten Stadt herrscht, verursacht Erschütterungen. Dadurch entsteht viel Schaden an jahrhundertealten Gebäuden, die einfach nicht für diese Art von Belastung ausgelegt sind.“

Nachdem die beiden ein Stück weitergegangen sind, fragt Frank: „Eins kann ich nicht verstehen: Wie können die alten Häuser denn senkrecht stehenbleiben, wenn die Erde so schlammig und weich ist?“

„Pfähle, Frank.“

„Pfähle?“

„Ja, Pfähle. Möchtest du gern über diese Baumethode etwas wissen?“

„Natürlich, Opa.“

„Dann setzen wir uns auf diese Bank. Jetzt versuche einmal, dir alle Häuser, Türme, Straßen, Brücken — also alles — wegzudenken. Was siehst du dann?“

Frank schließt seine Augen und versucht sich vorzustellen, daß nichts da ist. „Ja, ich ... ich sehe gar nichts.“

„Richtig! So hat alles angefangen — eine sumpfige Gegend an einer Flußmündung. Im Laufe der Zeit ließ sich hier eine Gruppe von Leuten nieder, einige Bauern und ein oder zwei Kaufleute. Um sich vor der Flut zu schützen, bauten sie an der Mündung des Flusses Amestelle (heute ,Amstel‘) einen Damm. Die Häuser, Frank, die in diesem Gebiet gebaut wurden, glichen in keiner Weise den heute bestehenden. Die Leute waren mit sehr wenig zufrieden. Man setzte die Holzwände auf ein einfaches Fundament aus Schilfrohr und kleinen Ästen. Oben wurden sie mit einem Dach aus Schilfrohr bedeckt, das man durch eine Schicht aus Tonschlamm vor Feuer schützte. Diese Häuser hatten ein sehr geringes Gewicht. Fing eins davon Feuer, bauten die Nachbarn schnell ihr Haus ab und schafften es an eine sichere Stelle.

Die ständige Gefahr des Feuers erforderte im Laufe der Zeit festere Gebäude. Im fünfzehnten Jahrhundert wurde das alte ,Amestelledamme‘ von zwei größeren Feuersbrünsten verwüstet. Die Feuersbrunst des Jahres 1452 zerstörte mehr als die Hälfte aller Häuser, deren Zahl damals schon in die Hunderte ging. Daher verboten es die Stadträte, die Wände aus Holz herzustellen, und verlangten, daß die Häuser aus Ziegeln gebaut wurden. Dadurch entstand für die Bürger ein neues Problem. Frank, ich glaube, daß du leicht erkennen kannst, welches Problem sich dadurch ergab.“

„Ich nehme an, daß die alten Fundamente aus Schilfrohr und Ästen die Ziegelmauern nicht tragen konnten.“

„Richtig, man brauchte bessere Fundamente. Der erste Schritt bestand darin, daß man Holzpfeiler oder Pfosten in den nassen Boden trieb. Das waren anfangs nur kurze Pfosten mit einer Länge von nur 1 bis 1,5 Metern. Als man größere Häuser zu bauen begann, verwendete man Pfeiler, die bis zu 7,5 Meter lang waren.

Trotzdem waren Amsterdams Häuser noch ziemlich primitiv. Für mehrere Häuser war jeweils nur eine Toilette da. Kaufverträge enthielten Bestimmungen, in denen festgelegt wurde, wer für das Entleeren der Toilettenbehälter verantwortlich war und durch wessen Haus die Abfälle getragen wurden. Erst 1528 beschlossen die Stadtväter, daß kein Haus ohne eigene Toiletteneinrichtungen gebaut werden durfte. Schließlich entwickelte sich die Stadt zu einem verkehrsreichen Handelshafen, und die Forderung nach stabileren Gebäuden wurde immer dringlicher. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts entdeckte man unter dem Schlammboden der Stadt in ungefähr elf Meter Tiefe eine dicke kompakte Sandschicht. Seit dieser Zeit verlangen die Stadtbeamten, daß die Pfeiler bis zu dieser Schicht reichen.“

„Das ist sehr interessant, Opa“, meint Frank, „aber wie haben sie es geschafft, diese langen Pfeiler in den Boden zu rammen?“

„Lange Zeit wurden die Pfeiler von Hand in den Boden getrieben. Anfangs verwendete man einen einfachen Schlegel. Später bediente man sich eines schweren Hammers, der auf beiden Seiten Griffe hatte und von zwei Mann hochgehoben und fallen gelassen wurde. Danach ließ man dann die Hämmer zwischen zwei aufrechten Führungspfeilern auf und ab fahren. Sie wurden mittels eines Taues hochgezogen, das über ein Rad lief. Es waren vier starke Männer nötig, um den Hammer hochzuheben und fallen zu lassen.“

„Wie konnten so viele Männer an einem Tau ziehen, ohne sich gegenseitig zu behindern?“

„Das ist eine gute Frage. Doch diese Amsterdamer hatten schon ihre Lösung. Sie befestigten an der Hauptleine viele dünnere Seile, so daß jeder einzelne an seinem eigenen Seil ziehen konnte. Natürlich war das eine monotone Arbeit. Um die Eintönigkeit zu unterbrechen, wurden zum Rhythmus des Hammers Lieder gesungen, die man sich eigens dazu ausgedacht hatte. Der Vorarbeiter sang jeweils das Lied, und die Arbeiter sorgten für den Rhythmus. Um den Rhythmus und den Gesang zu beschleunigen, wurden oft starke Getränke serviert. Allerdings artete das auch gewöhnlich aus; und Gewalttätigkeit und Verletzung der Baugesetze waren die Folge.

Hunderte von Jahren verwendete man lediglich Holzpfeiler. Da ein einzelner nur 8 bis 12 Tonnen tragen kann, brauchte man für ein Gebäude größeren Ausmaßes sehr viele davon. Kannst du dich an den Königspalast erinnern, den du kürzlich gesehen hast? Er steht auf 13 659 Holzpfeilern.“

„Aber, Opa, zerfallen diese Holzpfeiler nicht eines Tages? Müssen sie nicht durch neue ersetzt werden?“

„Das möchte man fast meinen, Frank. Doch wenn das obere Ende der Pfeiler unter den Wasserspiegel getrieben wird, halten die Pfeiler Hunderte von Jahren lang.“

„Verwendet man immer noch Holzpfeiler?“

„Hin und wieder für kleinere Gebäude. Im Normalfall nimmt man aber Stahlbetonpfeiler. Man muß sie nicht unter den Wasserspiegel rammen, und sie können viel schwerere Lasten tragen als die hölzernen. Um auf deine Frage zurückzukommen, ob man beschädigte Pfeiler ersetzen muß: Die Pfeiler, die man als Ersatz verwendet, bestehen aus ca. ein Meter langen Einzelteilen. Diese Einzelteile sind innen hohl und sind so gebaut, daß sie genau übereinanderpassen, so daß man dann einen vollständigen Pfeiler hat. Die Pfeiler werden hydraulisch in den Boden gepreßt. Während ein Einzelteil hineingepreßt wird, wird die Erde im Hohlraum entfernt. Befindet sich ein Einzelteil ganz im Boden, werden Stück für Stück die anderen nachgedrückt, bis man den harten Untergrund erreicht hat. Anschließend wird der Hohlraum mit Beton gefüllt, wodurch der zusammengesetzte Pfeiler verstärkt wird und eine breite Auflagefläche mit großer Tragfähigkeit bildet. Dieser Methode bedient man sich auch in der Umgebung von Gebäuden, die durch die traditionelle Hammermethode beschädigt werden würden, oder in der Umgebung von Krankenhäusern und öffentlichen Ämtern, in denen Personen unter dem Lärm der Hammerschläge zu leiden hätten.“

„Vielen Dank, Opa, daß du mir alles erklärt hast. Wenn ich wieder nach Hause komme, kann ich meinen Freunden allerhand über meine Ferien in den Niederlanden erzählen.“

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