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Erwachet! 1978
g78 8. 9. S. 8-11

Existenzkampf im Kaktusland Nordostbrasiliens

Vom „Awake!“-Korrespondenten in Brasilien

DER dunkle Flecken auf der Skizze stellt ein Gebiet dar, das in Wirklichkeit 1 500 000 Quadratkilometer groß ist: Brasiliens Nordosten, bekannt für sengende Hitze, Trockenperioden und einen außergewöhnlichen Existenzkampf. Kein Wunder, denn in der Trockenperiode hat der Kampf ums bloße Überleben etwas Dramatisches an sich!

Wollen wir es uns näher ansehen. Die schönen Palmenstrände im Norden und Osten dieses Gebiets werden vom Atlantischen Ozean bespült und fast das ganze Jahr hindurch von der heißen Sonne beschienen. Sie verdienen somit den vielsagenden Namen Costa do Sol (Sonnenküste). An der Küste lebt auch der Großteil der Bevölkerung. Das Aussehen dieser Bewohner verrät, daß sie Mischlinge (Indianer — Weiße) sind. Sie sind gastfreundlich, geschickt und erfinderisch. Aber wir wollen die Küste verlassen und das Hinterland erforschen.

Catinga — von der Trockenheit heimgesuchtes Kaktusland

Auf der Fahrt landeinwärts beobachten wir einen allmählichen Wandel der Vegetation. Die Bäume werden spärlicher und sehen verkümmert aus. Plötzlich gelangen wir in eine Catinga, d. h. in einen „weißen Wald“ oder in ein lichtes Gehölz. Diesen Namen haben die Einheimischen dieser typischen Landschaft gegeben, die von der Trockenperiode am härtesten und längsten betroffen wird. Es gibt viele Catingas. Sie bilden kein zusammenhängendes Trockengebiet, sondern sind kleinere oder größere im Nordosten verstreut liegende Hochlandgebiete. Die Trockenheit kann hier lebensgefährlich werden.

Wenn du den Pflanzenwuchs betrachtest, wirst du beim ersten Hinsehen wahrscheinlich nicht so urteilen, vor allem in der Regenperiode, wenn das Land grün und üppig aussieht. Der Säulenkaktus mandacaru (Cereus jamacaru) mit seinen aufrechten stachligen Stämmen beherrscht das Bild. Er erreicht eine Höhe von drei Metern. Eine andere ähnliche Pflanze ist der Kopfkaktus xique-xique (Pilocereus gounellei). Er ist nur kleiner und sieht manchmal wie ein Armleuchter aus. Dann gibt es noch den stachligen Mesquitbaum, einen Baum, dessen winzige Blätter einen undurchdringlichen Schirm bilden, unter dem im feuchten Schatten Pflanzen wachsen können. Die Jujube hat eine große immergrüne Krone in einer Höhe von 10 bis 15 Metern. Am häufigsten findet man die Röhrenkassie (Cassia fistula), so genannt wegen der Form ihrer Samenkapseln. Im Frühjahr bereichern große gelbe Blüten das dichte Blätterwerk um eine unbeschreibliche Farben- und Duftorgie. Man sieht auch zahlreiche blühende Mimosen. Der paubranco (Auxemma glazioviana, Ordnung der Polemoniales) mit seinen duftenden weißen Blüten sieht wie ein riesiger Brautschleier aus. Er lockt Schwärme wilder Bienen an.

So zahlreich und unterschiedlich die Pflanzen auch sind, eines haben sie gemeinsam: In der Regenperiode sind sie farbenprächtig, und in der Trockenperiode überdauern sie monatelang die ungünstigsten Bedingungen. Vielleicht verlieren sie die Blätter und sind scheinbar tot, doch sobald die Regenperiode wieder einsetzt, erwachen sie spontan zum Leben und zeigen sich in den prächtigsten tropischen Farben.

Dieses Land mit seinen unzähligen Bäumen und Sträuchern wird noch durch eine Vielfalt wilder Tiere belebt. Hier sind beispielsweise der schlaue Fuchs und der diebische Jaguar vertreten. Über uns kreist der gefürchtete Falke (caracara), und dicht über dem Boden tummeln sich unzählige Wildtauben.

Wie können sich denn die Menschen in einem zeitweise so unwirtlichen Land ernähren? Durch Viehzucht. Große Rinderranches nützen in der Regenperiode die Weidegründe gut aus. Allerdings reicht der Regen, der in der Zeit von Januar bis März fällt, nicht aus, um gutes Weideland entstehen zu lassen. Er fördert lediglich das Wachstum der Kakteen und der Sträucher, doch diese sind bald vom hungernden Vieh aufgefressen oder in der glühenden Hitze verdorrt.

In der Trockenperiode überleben

Schon im Mai oder Juni sind die Weidemöglichkeiten in den Catingas mager. Der Viehzüchter kämpft jetzt mit den ersten Schwierigkeiten. Er hat sich bereits mit dem uralten Problem abgefunden, daß er seine Tiere nicht füttern kann und daher gezwungen ist, „hinter ihnen die Tore zu schließen“. Was bedeutet das? Es bedeutet, daß die Pferche geschlossen und die Tiere freigelassen werden, damit sie sich selbst durchschlagen können.

Da die Tiere praktisch auf sich selbst gestellt sind, müssen sie verzweifelt ums Überleben kämpfen. Zuerst kauen sie an den niedrigen Zweigen. Dann fallen sie über die Rinde kleiner Bäume her, und letztlich gibt es fast nichts mehr, was ihren Hunger stillen kann. Unter einer glühenden Sonne, schön und schrecklich zugleich, werfen die Pflanzen die Blätter ab, wandern die Vögel aus, führen ein karges Dasein oder sterben. Die kleinen Flüsse und Flüßchen trocknen aus. Die gesamte Vegetation verwandelt sich in ein häßliches Grau. Zurück bleibt eine Wildnis mit stachligen Zweigen. Die Sträucher und Bäume, die wie nach oben gedrehte Wurzeln aussehen, sind durchschnittlich drei Meter hoch und bilden ein fast undurchdringliches Geflecht. So weit das Auge reicht, bietet sich überall das gleiche trostlose Bild. Die Tiere verlieren rapide an Gewicht. Bei der Suche nach Wasser stoßen sie nur auf winzige, seichte Wasserlachen, übriggeblieben vom letzten Regenfall und verdeckt durch das Dickicht.

Der Vaqueiro — williger Helfer in der Not

Der vaqueiro (Viehhüter oder Cowboy) ist gelassen, wortkarg, schmächtig und etwas gebeugt. Er wirkt lustlos, ganz ohne Initiative. Da die Trockenheit näher rückt, bereitet er sich auf den schwierigsten Teil seiner Aufgabe vor. Von jetzt an wird er seine fremdartig aussehende Kleidung tragen. Über den knochigen Schultern hängt eine Lederjacke. Vom Hals bis zum Gürtel reicht ein Brustschutz, meist aus Jaguarfell. Eine robuste Lederhose schützt seine Beine. Rauhes, sandalenähnliches Schuhwerk bedeckt seine Füße. Vervollständigt wird die Ausrüstung durch dicke Lederfäustlinge und einen konischen Lederhut mit hochgebogener Krempe.

Nur mit einer solchen Kleidung kann sich der vaqueiro in die gestrüppreiche Catinga wagen. Er sucht nach kranken, verletzten, verhungernden oder gehunfähigen Tieren. Wie ein Hirte bringt er sie zeitweise in die Pferche. Als letzten Ausweg bekommen die Tiere Zweige von einem nahen Mesquitbaum. Sie können auch wasserhaltige Kakteen kauen, wie z. B. mandacaru oder xique-xique. Der Cowboy muß sie erst versengen, damit die Stacheln abbrennen. Bei extremer Trockenheit hat schon so mancher Cowboy selbst zu dieser mageren Nahrung Zuflucht genommen.

Rinder einfangen

Ungefähr im Dezember kehrt die Regenperiode wieder und damit auch die willkommene Erlösung vom Schrecken der Trockenheit. Der Boden und die Bäume erleben ein wunderbares Erwachen. Jetzt ist es an der Zeit, in dem blühenden Gestrüpp die älteren Tiere einzufangen und zur Ranch zu bringen. Einige werden schon für das Schlachthaus reif sein. Die anderen läßt man noch ein Jahr oder länger laufen.

Gut in seiner Lederrüstung verpackt, die ihm mehr das Aussehen eines mittelalterlichen Ritters als eines Cowboys verleiht, macht sich der vaqueiro mit dem Pferd auf den Weg. Er ist geschickt und aufmerksam. Er weiß aus Erfahrung, daß wahrscheinlich die meisten Tiere überlebt haben. Zweifellos ist das auch der indianischen Mischrasse zu verdanken, die hier als „roughbred“ bezeichnet wird.

So ein Tier einzufangen ist wirklich ein Schauspiel. Sieh nur, dort ist ein Bulle! Ja, das Pferd hat ihn auch schon gesichtet. Der Cowboy weiß, was sein Reittier als nächstes tun wird, und bereitet sich darauf vor, indem er seinen Kopf in der Mähne des Pferdes versteckt. Das verrückte Rennen kann beginnen! Der Bulle ist an die Freiheit gewöhnt und will daher nicht so leicht aufgeben. Das Pferd folgt ihm dicht auf den Fersen, immer dichter in das Gestrüpp, ohne auf den Reiter zu achten, der sich fest in der Mähne verschanzt und versucht, den unzähligen Zweigen auszuweichen, die gegen seine Lederrüstung peitschen. Das Pferd ist wie besessen von seinem Ziel, den Bullen einzufangen.

Sie rasen auf ein Stück offenes Land zu — die Chance, das fliehende Tier einzufangen. Ein unerwarteter Spurt, und der Cowboy und sein Pferd sind mit dem Ausreißer auf gleicher Höhe. Mit dem rechten Fuß im Steigbügel, die eine Hand in der Mähne des Pferdes vergraben, beugt sich der Cowboy nach rechts und ergreift den Bullen am Schwanz. Ein genau berechneter und plötzlicher Ruck zur Seite, und der Bulle strauchelt, fällt dröhnend zu Boden.

Während der Bulle fällt, springt der Cowboy auf ihn. Er dreht den Kopf des Bullen zur Seite, so daß sich die Hörner im Boden festgraben. Unerklärlicherweise ist diese Bewegung für den Bullen das Signal, daß er den Kampf verloren hat. Der Widerstand ist gebrochen. Um dem Stier die Augen zu verbinden, zieht der Cowboy aus seiner Tasche eine Ledermaske, außerdem Fesseln (ein paar kleine ausgehöhlte Holzstücke), mit denen er die Vorderfüße des Tieres fesselt. Der Bulle bleibt dann regungslos liegen, bis er in den Pferch getrieben wird.

Der Cowboy greift nun wieder in seine Tasche und nimmt ein Stück braunen Würfelzucker heraus. Damit stillt er seinen Hunger und seinen Durst, während er den Blick auf die Catinga gerichtet hält. Der vaqueiro wird so lange in diesem Gestrüppland bleiben, bis er eine Herde zusammengetrieben hat. Erst dann wird er zu seiner einfachen, strohgedeckten Hütte und seiner Familie zurückkehren.

Rodeo und Volkslieder

Am Ende der Regenperiode wird das für den brasilianischen Nordosten typische Rodeo veranstaltet. Obwohl es spanischen Ursprungs ist, hat es heute eine einheimische Prägung. Bei diesem Fest wird praktisch die Arbeit des vaqueiro wiederholt, doch diesmal in einem festlichen Rahmen und mit dem Applaus der Zuschauer.

Aus allen Richtungen dieses Gebiets kommen Rinderhirten hoch zu Roß. Sie haben polierte Sättel, sauberes Geschirr und gebürstete Lederjacken und wiederholen die Kunststücke, die sie normalerweise in der Wildnis vollführen.

Mit den Cowboys kommen die Sänger, geistreiche Versdichter aus dem Hinterland, die sich selbst auf der Gitarre begleiten. Sie tragen zum Frohsinn der Leute bei und bilden bei Festen und Rodeos eine beliebte Attraktion. Außerdem ist der feuilletonist da, ein Erzähler aus dem Hinterland; er lobt sein neuestes Werk, das in der Sprache des Hinterlandes verfaßt ist, und erzählt eine Reihe unmöglicher Geschichten. Das hilft allen, für eine Weile das harte Leben zu vergessen.

Cowboys und Religion

Obwohl die Bevölkerung in diesem Gebiet vorwiegend römisch-katholisch ist, bildet die volkstümliche Religion eigentlich eine Mischung aus Mystik und Aberglauben. Siehst du auf der Straße die eigenartige Figur im Büßergewand? Das ist nichts Ungewöhnliches hier. Obwohl der Mann wie ein Mönch gekleidet ist, gilt sein Gelübde nur für eine bestimmte Zeit. Oft kann man beobachten, wie ein Mann kilometerweit zur Kirche geht und dabei ein schweres Kreuz trägt. Oder man sieht einen Pilger, der religiöse Lieder singt und Gebete aufsagt. Einige stellen die „Kreuzigung“ dar, indem sie sich an ein großes hölzernes Kreuz vor der Kirche oder Kapelle binden lassen.

Einmal im Jahr kommen Hunderte von Cowboys zusammen, um im Gedenken an einen ermordeten Kollegen die „Totenmesse des Cowboys“ zu zelebrieren. Vor einem improvisierten Feldaltar hören sie zuerst einem Cowboypriester zu. Dann reiten sie in Reih und Glied am Altar vorbei, um ihre Gaben abzulegen. Bei der Kommunion sitzen sie alle am Boden und nehmen die übliche Mahlzeit ein: getrocknetes Fleisch, Würfelzucker und Maniokmehl.

Quellen geistigen Wassers erschlossen

In dem von Trockenheit geplagten Nordosten Brasiliens ist der Lebenskampf nicht leicht. Aber die wirtschaftlichen Verhältnisse im Hinterland ändern sich allmählich. In den Städten geht es mit den Arbeitsbedingungen bergauf. In den vergangenen Jahren sind Hunderte von Regenwasserreservoiren gebaut worden, zum Beispiel das eine in Oros mit einer Kapazität von mehr als zwei Milliarden Kubikmeter Wasser. Durch den Damm im São Francisco ist ein Stausee von 34 Milliarden Kubikmeter Wasser entstanden.

Noch wichtiger dagegen ist, daß in diesem Gebiet die Verkündigung des Wortes Gottes Riesenfortschritte macht. Sogar in den Gebieten, die von den Trockenzeiten am härtesten betroffen werden, sprudelt das Wasser der göttlichen Wahrheit, das den Durst nach einer Erkenntnis Gottes zu stillen vermag, reichlich hervor. Viele Zeugen Jehovas besuchten abgelegene Gemeinden und einsame Gehöfte mit der guten Botschaft von Gottes Königreich (Matth. 24:14; Offb. 22:17).

Trotz Analphabetentums und Aberglaubens ist die Zahl derer, die ihren geistigen Durst stillen möchten, groß. Mehrere christliche Versammlungen beteiligen sich eifrig an dem Verkündigungswerk, damit andere erfahren, daß die Zeit nahe ist, wo in der Wüste „Wasserquellen“ hervorbrechen werden (Jes. 35:6, 7). Dann werden die faszinierenden, aber unter Niederschlagsarmut leidenden Catingas im Nordosten Brasiliens ebenfalls ein Teil des erdenweiten Paradieses werden, und kein Existenzkampf wird mehr nötig sein.

[Karte/Bild auf Seite 8]

(Genaue Textanordnung in der gedruckten Ausgabe)

BRASILIEN

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