Er rechnet von links nach rechts
„Wieviel ist 48 241 mal 35 482?“
„1 711 687 162“, antwortete ein junger Mann, der an einem Ende der Bühne saß, bevor die Frau am anderen Ende überhaupt alle Ziffern in einen elektronischen Rechner tippen konnte. Als der Rechner schließlich zu demselben Ergebnis kam, applaudierte die Zuhörerschaft.
„569 733 geteilt durch 832?“
„684,77524, und der Rest beträgt 0,00032.“ Wieder kam der junge Mann als erster zum Ergebnis, indem er lediglich seine Finger verwendete, und der Rechner bestätigte es.
Das war eine Szene aus einem Rechenwettbewerb an der chinesischen Universität für Wissenschaft und Technik im Mai 1978, und das mathematische Genie war der 24jährige Shi Fengshou aus der Provinz Shaanxi (China). „Die Anwesenden stellten eine Aufgabe nach der andern“, berichtet die Veröffentlichung „China Reconstructs“, „und der Mathematiker gewann den Wettbewerb.“
Shi Fengshou entwickelte sein erstaunliches Können durch harte Arbeit und dank seiner Erfindungsgabe. Während er noch die Dorfschule besuchte, wunderte er sich oft darüber, warum man Zahlen von links nach rechts liest, aber von rechts nach links rechnet. Wäre es nicht viel einfacher, man würde alles in derselben Richtung machen? Das führte ihn auf den Weg zu einem besonderen Verfahren für schnelles Kopfrechnen.
Dadurch, daß Shi von links nach rechts rechnete, konnte er die Lösung sofort ansagen, sobald er eine Stelle errechnet hatte — ein großer Vorteil beim Kopfrechnen. Aber der Schlüssel zum Erfolg bestand in seiner genialen Handhabung des Übertrags. Wenn du zum Beispiel im Kopf von links nach rechts 36 mit 2 multiplizierst, wirst du feststellen, daß die erste Stelle der Lösungszahl nicht 6 (2 × 3), sondern 7 lautet, weil vom nächsten Rechenvorgang (2 × 6 = 12) eine 1 übertragen werden muß. Somit lautet die Lösung 72. Shi leitete daraus ab, daß jedesmal, wenn eine Zahl mit 2 multipliziert wird, an der ersten Stelle das Produkt um eins vermehrt werden muß, sofern die Ziffer der nächsten Stelle gleich 5 oder größer ist. Dann arbeitete er noch Regeln für die Ziffern von 3 bis 9 aus, und bald wurden alle Rechenaufgaben für ihn zum Kinderspiel. Als er die Dorfschule besuchte, konnte er bereits Aufgaben mit mehrstelligen Zahlen — wie zum Beispiel solche, die beim Rechenwettbewerb vorkamen — im Kopf rechnen.
Später entwickelte Shi Methoden für Potenz- und Wurzelrechnungen und sogar für logarithmische und trigonometrische Funktionen. Man erzählt, er würde die Zahlen von Kfz-Kennzeichen quadrieren, also mit sich selbst multiplizieren. In China sind die Kfz-Nummern siebenstellig. Könntest du dir vorstellen, am Straßenrand zu stehen und eine siebenstellige Zahl zu quadrieren? Bei den ersten Malen war das Auto längst verschwunden, bevor er die Lösung hatte. Aber nach etwas Übung hatte er das Ergebnis bereits, während das Auto vorbeifuhr.
Es dauerte nicht lange, und er erregte die Aufmerksamkeit von Experten. Schließlich wurde seine Methode in einem Buch über Schnellrechnen veröffentlicht, das in ganz China sehr populär wurde.
Genies wie Shi sind selten, aber sie lassen erahnen, über welch enormes Potential das menschliche Gehirn verfügt. Gewiß ist nicht jeder von uns daran interessiert, eine „menschliche Rechenmaschine“ wie Shi Fengshou zu werden, aber stelle dir einmal vor, was wir später erlernen und genießen können, wenn wir unbegrenzte Zeit, die Ewigkeit, zur Verfügung haben — eine Zukunft, die die Bibel denjenigen verheißt, die den wahren Gott lieben.
[Bild auf Seite 11]
Shi Fengshou erklärt seine Methode.