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Erwachet! 1982
g82 8. 6. S. 8-11

Wie der Protestantismus die Achtung vor der Bibel untergräbt

VIELE aufrichtige Katholiken glaubten, die Bibel sei ein „protestantisches Buch“, weil die katholische Kirche jahrhundertelang nicht erlaubte, daß Laien sie in der Volkssprache lasen. Und die Protestanten sind natürlich davon überzeugt, daß ihr Glaube ganz und gar auf der Bibel beruht. So heißt es in einem maßgeblichen Werk: „Es darf immer noch mit Recht gesagt werden, daß die Bibel, die das Wort Gottes enthält, die eigentliche Grundlage des Protestantismus bildet und daß sie das Buch der Kirche, der Familie und des einzelnen ist, das Buch, zu dem der Protestant greift, wenn er Rat in sittlichen und sozialen Fragen und Aufschluß über den Menschen, seine Natur, sein Geschick und sein Verhältnis zu Gott haben möchte.“a

In einer gelehrten Abhandlung über die Geschichte des Protestantismus wird unter dem Untertitel „Die Rolle der Bibel“ ausgeführt: „Die gemeinsame Grundlage des Protestantismus ist seine Anerkennung der Bibel als alleinige Autorität; die Überzeugung, daß kirchliche Ämter oder Hierarchien im Licht der Bibel als dem Worte Gottes geprüft werden müssen; die Lehre, daß alles zur Rettung Erforderliche in der Heiligen Schrift zu finden ist“ (Encyclopædia Britannica, 1979).

Deshalb hat der Durchschnittsprotestant im allgemeinen eine engere Beziehung zur Bibel als der Durchschnittskatholik, von dem, wie er weiß, erwartet wird, daß er seinen Glauben sowohl auf die kirchlichen Traditionen als auch auf die Heilige Schrift stützt. Stimmt es, daß die Bibel die „eigentliche Grundlage“ der protestantischen Lehren ist und daß der Durchschnittsprotestant (Geistlicher oder Laie) immer noch zur Bibel greift, „wenn er Rat in sittlichen ... Fragen“ haben möchte?

Die Bibel nicht unbedingt als Autorität anerkannt

Die Tatsachen zeigen, daß sich der Protestantismus von Anfang an nicht in allem streng an die Bibel gehalten hat. Luthers Name ist untrennbar mit seiner Bibelübersetzung verbunden, aber in seiner Theologie bewertete er das individuelle Verständnis höher als das, was in der Bibel deutlich geschrieben steht. In seinem Bemühen, die „Rechtfertigung allein aus Glauben“ zu beweisen, wertete er Bibelbücher wie Römer und Galater auf und kanonische Bücher wie Hebräer, Jakobus, Judas und Offenbarung ab und schuf so, was als „Kanon innerhalb des Kanons“ bezeichnet wurde.

Auch Johannes Calvin gab nur vor, das Wort Gottes als die alleinige Autorität anzuerkennen, denn in seinem großen Werk Institutio religionis christianae (Christlicher Glaubensunterricht) erläutert er unbiblische Lehren wie die Dreieinigkeit (Buch I), daß der Mensch nicht mit freiem Willen geboren wurde (Buch II), die absolute Vorherbestimmung (Buch III) und die Kindertaufe (Buch IV). Er war auch mitverantwortlich dafür, daß Michel Servet, spanischer Arzt, Jurist und Religionsphilosoph, der die Ansicht Calvins über die Dreieinigkeit nicht teilte, verhaftet und anschließend verbrannt wurde. Hat Calvin die Bibel als alleinige Autorität anerkannt, wo sie doch in Römer 12:17-21 Christen den Rat gibt, sich nicht selbst zu rächen? Kaum!

Ferner erkannten die Reformatoren und die durch sie entstandenen protestantischen Kirchen weiterhin die Glaubensbekenntnisse an, die von früheren ökumenischen Konzilien der katholischen Kirche formuliert worden waren, zum Beispiel das Nizäische und das Athanasianische Glaubensbekenntnis. Diese Bekenntnisse verraten ein deutliches Festhalten an unbiblischen Lehren wie der Lehre von der Dreieinigkeit und der ewigen Verdammnis. Der Protestantismus hat selbst noch eine Reihe eigener Bekenntnisse formuliert, zum Beispiel das Augsburger Bekenntnis der Lutheraner, die 2. Helvetische Konfession der reformierten Kirchen und die Neununddreißig Artikel der Kirche von England sowie der Episkopalkirche. In allen diesen Bekenntnissen wird der Glaube an unbiblische Lehren wie die Lehre von der Dreieinigkeit gefordert. Ein weiteres Beispiel aus neuerer Zeit ist der Ökumenische Rat der Kirchen, der als Grundlage der Mitgliedschaft die Anerkennung eines bestimmten Satzes verlangt, in dem es u. a. heißt, daß Jesus Christus „als Gott“ bekannt werden müsse. Das alles zeigt, daß der Protestantismus seit seiner Entstehung das Wort Gottes nicht unbedingt als alleinige Autorität anerkennt. (Siehe Johannes 17:3, 1. Korinther 8:6, Apostelgeschichte 3:23 und Psalm 146:4, wo deutlich gezeigt wird, daß nicht Jesus, sondern sein Vater ‘der allein wahre Gott’ ist und daß die Seele beim Tod des Menschen nicht weiterlebt.)

Protestantismus und historisch-literarische Kritik

Der Protestantismus, der durch Auflehnung gegen die Tradition und gegen die Autorität des Papstes zu Rom entstand, war seinem Wesen nach anfälliger für den Rationalismus und die negativen Aspekte der Bibelkritik als die katholische Kirche. Es mag nützlich sein, kurz zu erklären, was mit dem Ausdruck „Bibelkritik“ gemeint ist. Man unterscheidet dabei die Textkritik (auch niedere Kritik genannt) und die historisch-literarische Kritik (auch höhere Kritik genannt). Die Textkritik untersucht Bibelhandschriften, ihren Ursprung, ihre Überlieferung und ihren Wert im Vergleich zum nicht mehr vorhandenen Original. Die historisch-literarische Kritik dagegen beschäftigt sich mit der Urheberschaft, der Zeit der Niederschrift und der historischen Genauigkeit der Bibel im Licht der Archäologie und der Geschichte.

Die Textkritik hat einen großen Beitrag zur Bibelforschung geleistet, indem sie Textfehler ausgemerzt und zuverlässige Texte geschaffen hat, die als Grundlagen für bessere Bibelübersetzungen dienen können. Die historisch-literarische Kritik dagegen hat pseudogelehrten Arbeiten Tür und Tor geöffnet, und die Folge davon war, daß das Vertrauen der Menschen zur Bibel erschüttert wurde.

In dem Werk Encyclopædia Britannica (1979) heißt es über die Anfälligkeit des Protestantismus für den Rationalismus und die glaubenzerstörende historisch-literarische Kritik:

„Die Frage der Bibelkritik wurde zuerst an den deutschen Universitäten gestellt; d. h., ob man ein Christ und sogar ein guter Christ sein kann, auch wenn man Teile der Bibel nicht als Wahrheit ansieht. Das wurde im 19. Jahrhundert die große Frage für den Protestantismus, wenn nicht für die ganze Christenheit. ... Der deutsche Protestantismus offenbarte schließlich eine Anpassungsfähigkeit oder Aufgeschlossenheit angesichts der neuen Erkenntnisse, die einen ebenso großen Einfluß auf die Entwicklung der christlichen Kirchen ausübten wie die ursprünglichen Erkenntnisse der Reformation. Die bedeutenderen der protestantischen Kirchen — Lutheraner, Reformierte, Anglikaner, Kongregationalisten, Methodisten und viele der Baptisten — paßten sich teilweise zufolge des deutschen Beispiels verhältnismäßig leicht (vom intellektuellen Standpunkt aus gesehen) den wissenschaftlichen Fortschritten, der Abstammungslehre sowie dem Fortschritt in der Anthropologie und der vergleichenden Religionsgeschichte an.“

Viele protestantische Geistliche haben die ganze Bibel zweifelhaft erscheinen lassen, weil sie gewisse Teile davon als Mythen bezeichnet haben. In der Einleitung der protestantischen 12bändigen Interpreter’s Bible heißt es unter der Überschrift „Die Bibel: ihre Bedeutung und ihre Autorität“: „Diese kurze Untersuchung hat gezeigt, daß es keineswegs gegen die Schrift an sich, sondern im Einklang damit wäre und daß es auch nicht im Gegensatz zu etwas Wichtigem im christlichen Glauben wäre, wenn wir aufhören würden, die Schrift als das Wort Gottes zu bezeichnen.“

Solche Äußerungen wirken sich viel negativer auf den Einfluß aus, den die Bibel auf das Leben der Menschen hat, als eine päpstliche Bulle, die das Bibellesen verbietet.

Fundamentalisten — keine echten Freunde der Bibel

Doch ein Zweig des Protestantismus hat dem Angriff der historisch-literarischen Kritik widerstanden. Es ist der sogenannte Fundamentalismus. Dabei handelt es sich um eine gegen Ende des 19. Jahrhunderts entstandene Bewegung des amerikanischen Protestantismus zur Abwehr des Liberalismus; sie geht mit Entschiedenheit davon aus, daß die Bibel unmittelbares Wort Gottes (gewissermaßen wörtlich diktiert: „inspiriert“) und aus diesem Grund irrtums- und widerspruchsfrei sei.

Die Fundamentalisten sind im Recht, wenn sie sagen, die Bibel sei von Gott inspiriert, und ihr Kampf gegen die glaubenzerstörende historisch-literarische Kritik sowie gegen pseudowissenschaftliche Theorien wie die Abstammungslehre ist anerkennenswert. Vermag ihre Lehre, daß alles, was in der Bibel geschrieben sei, wörtlich verstanden werden müsse, jedoch bei vernünftig denkenden Menschen Achtung vor der Bibel hervorzurufen? Dient es der Bibel zum Vorteil, wenn sie sagen, die Erde sei in sechs Tagen von je 24 Stunden erschaffen worden, während in der Bibel mit dem Wort „Tag“ verschieden lange Zeitperioden bezeichnet werden? (Vergleiche 1. Mose 1 mit 1. Mose 2:4 und 5:1, ferner mit 2. Petrus 3:8.)

Erweisen sich die Fundamentalisten als echte Freunde der Bibel, wenn sie behaupten, sich streng an die Schrift zu halten, aber unbiblische Lehren vertreten wie die Lehre von der Dreieinigkeit (vergleiche 5. Mose 6:4; Johannes 14:28), von der Unsterblichkeit der Seele (Hes. 18:4) und von einer Feuerhölle (Jer. 7:31; Röm. 6:23)? Durch ihre buchstäbliche Auslegung der Bibel und das Festhalten an gottentehrenden Lehren untergraben die Fundamentalisten den Einfluß der Bibel auf das Denken vieler Menschen.

Protestantismus und Weltlichkeit

Jesus sagte zu seinen Jüngern: „Wenn ihr aus der Welt wäret, würde die Welt euch als ihr Eigentum lieben; aber weil ihr nicht aus der Welt seid, sondern weil ich euch aus der Welt erwählt habe, haßt euch die Welt“ (Joh. 15:19, Einheitsübersetzung). Dabei ist es eine offenkundige Tatsache, daß sich die bedeutenden protestantischen Kirchen aktiv politisch betätigen, einige von ihnen sind sogar „Staatskirchen“. In einem Nachschlagewerk heißt es: „Man darf von einem Beitrag des Protestantismus zum modernen Nationalismus sprechen. ... Alle außer den Radikalen neigten dazu, ihre Untertanentreue zum bestehenden Staat zur Schau zu stellen, und die Protestanten lieferten häufig eine ideologische Grundlage für jeden neuen Staat, der sich selbständig machte — zum Beispiel in Preußen oder in den Vereinigten Staaten“ (Encyclopædia Britannica).

Am Anfang dieses Artikels zitierten wir die Worte eines protestantischen Buchautors: „Die Bibel ... [ist] das Buch, zu dem der Protestant greift, wenn er Rat in sittlichen ... Fragen ... haben möchte.“ Kann das immer noch als wahr gelten, wenn ein Geistlicher der großen protestantischen Kirchen nach dem anderen erklärt, voreheliche Beziehungen könnten geduldet werden, ebenso Ehebruch, Homosexualität und Abtreibung? In der französischen Tageszeitung Le Monde erschien ein Artikel, der überschrieben war „Viele Kirchen machen kein Geheimnis aus ihrer Homosexuellen-Kartei“, und gestützt auf einen vom Ökumenischen Rat der Kirchen in Genf veröffentlichten Bericht, wird gezeigt, daß mehrere der großen protestantischen Kirchen homosexuelle Geistliche tolerieren. In der Bibel heißt es aber: „Betrügt euch nicht selbst. Menschen, die Unzucht treiben, Götzenanbeter, Ehebrecher, Homosexuelle ... — ihnen gibt Gott sein Reich nicht“ (1. Kor. 6:9, 10, Gute Nachricht für Sie).

Während also der Protestantismus die Bibel und alle, die dieses Buch in der Landessprache gelesen haben, nicht haßte, wie das die katholische Kirche früher getan hat, ist er doch wegen der unbiblischen Lehren, die er vertritt, wegen seiner Annahme der historisch-literarischen Kritik und pseudowissenschaftlicher Theorien, wegen seiner Weltlichkeit und wegen der laxen Moral, die er duldet, schuld daran, daß die Bibel auf das Leben von Millionen Menschen keinen Einfluß mehr ausübt.

Obwohl der Katholizismus dem Volk jahrhundertelang nicht erlaubt hat, die Bibel zu lesen, und der Protestantismus auf eine mehr unauffällige, aber dennoch folgenschwere Art die Achtung vor Gottes Wort, der Bibel, untergraben hat, ist sie immer noch ein Buch, das selten jemanden gleichgültig läßt. Entweder er liebt es, oder er haßt es. Warum das so ist und wie es jeden einzelnen berührt, wird im letzten Artikel dieser Serie untersucht.

[Fußnote]

a Histoire du Protestantisme, J. Boisset; Seite 6.

[Bild auf Seite 9]

Um seine Lehre zu stützen, wertete Luther gewisse Bibelbücher auf und andere ab.

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