Wachtturm ONLINE-BIBLIOTHEK
Wachtturm
ONLINE-BIBLIOTHEK
Deutsch
  • BIBEL
  • PUBLIKATIONEN
  • ZUSAMMENKÜNFTE
  • g84 8. 11. S. 6-11
  • Sind diese Eltern liebevoll oder herzlos?

Kein Video für diese Auswahl verfügbar.

Beim Laden des Videos ist ein Fehler aufgetreten.

  • Sind diese Eltern liebevoll oder herzlos?
  • Erwachet! 1984
  • Zwischentitel
  • Ähnliches Material
  • Eine verhängnisvolle Krankheit
  • Warum tituliert man liebevolle Eltern als „Mörder“?
  • Wie kam es zur Verurteilung wegen Mordes?
  • Der Kassationshof
  • Eine dramatische Wende der Ereignisse
  • Endlich wieder zusammen!
  • Eine empörende Ungerechtigkeit!
    Erwachet! 1983
  • Dein Recht, Risiko und Nutzen gegeneinander abzuwägen
    Erwachet! 1984
  • Wem gehört dein Körper?
    Erwachet! 1972
  • Wir kämpfen für unser Recht auf freie Religionsausübung
    Gottes Königreich regiert!
Hier mehr
Erwachet! 1984
g84 8. 11. S. 6-11

Sind diese Eltern liebevoll oder herzlos?

DIE Frage, wie weit die Rechte der Eltern hinsichtlich der Wahl einer medizinischen Behandlung für ihre Kinder gehen, ist in verschiedenen Ländern aufgeworfen worden, dennoch verdient ein spezieller Fall deine Aufmerksamkeit. Es handelt sich um den von Giuseppe und Consiglia Oneda, einem Ehepaar aus der kleinen Stadt Sarroch, die in der Nähe von Cagliari, einer größeren Stadt auf Sardinien, liegt.

Dir mag einiges von ihren traurigen Erlebnissen bereits gut bekannt sein, da in der ganzen Welt davon berichtet wurde. Die Zeitschrift Erwachet!a und die Massenmedien in verschiedenen Ländern haben sich ausgiebig damit befaßt.

Eine verhängnisvolle Krankheit

Isabella, das kleine Mädchen der Onedas, litt an Thalassämie major, einer erblichen Blutkrankheit, die bis heute nicht heilbar ist. Die Krankheit verläuft tödlich. Zwar kann der Tod in einigen Fällen durch die Gabe von Bluttransfusionen eine Anzahl Jahre hinausgezögert werden, aber man räumt von ärztlicher Seite ein, daß es keine Heilung gibt. In Harrisons Werk Principles of Internal Medicine (Ausgabe 1980) wird folgendes erwähnt: „Patienten, die an β-Thalassämie major leiden, haben eine kurze Lebenserwartung. Bei der schwersten Form dieser Krankheit erreicht der Patient gewöhnlich nicht das Erwachsenenalter.“ In ernsten Fällen, wie bei Isabella, tritt der Tod häufig während der ersten zwei oder drei Lebensjahre ein. Was hättest du getan, wenn dein Kind von der gleichen Krankheit wie Isabella heimgesucht worden wäre?

Obwohl Giuseppe und Consiglia wußten, daß Isabella sterben würde, brachten sie sie regelmäßig in ein Krankenhaus in Cagliari. Dort erhielt sie wiederholt Bluttransfusionen, die ihr zwar vorübergehend Erleichterung verschafften, aber auch Schwierigkeiten mit sich brachten. Warum? Weil Transfusionen zu einer Eisenüberladung führen. In Clinical Hematology von Wintrobe (1981) wird gesagt, daß „die meisten Patienten mit Thalassämie major“, die regelmäßig Transfusionen erhalten, „aufgrund von Komplikationen sterben, die infolge der Eisenüberladung eintreten“. In diesem medizinischen Lehrbuch wird zugegeben, daß „viele der beschriebenen therapeutischen Strategien sich für ein breites Anwendungsfeld als unpraktisch erwiesen haben. Die gegenwärtigen Kosten [der wirksamsten Methode] belaufen sich für einen einzigen Patienten auf ungefähr 5 000 Dollar pro Jahr.“

Von einigen Ärzten wird die Aussicht auf eine Verlängerung des Lebens thalassämischer Kinder überbewertet. Dies ist nicht verwunderlich, denn niemand gibt gern zu, daß es keine Hoffnung mehr gibt, besonders Ärzte nicht, an die sich die Kranken hoffnungsvoll wenden. Uns allen ist indes bekannt, daß einige Krankheiten unheilbar sind. Die Mittelmeeranämie (Thalassämie major) muß in diese Kategorie eingeordnet werden. Daher ist man sich noch nicht darüber einig, welches die beste Therapie ist oder zu welchen Ergebnissen die verschiedenen Behandlungsmethoden führen. Keine führt jedoch zu einer echten Heilung.

Ferner kann von medizinischer Seite nicht garantiert werden, daß ein Kind, das ernsthaft erkrankt ist wie die kleine Isabella, viele Jahre leben wird, selbst dann nicht, wenn eine Transfusionstherapie angewandt wird. Die Statistiken über Thalassämie major offenbaren die unabänderliche Wirklichkeit, Statistiken, die nicht zu widerlegen sind. In der Zeitschrift Minerva Medica (72, 1981, Seite 662—670) wurden Daten veröffentlicht, die vom ISTAT (Zentrales Institut für Statistik in Italien) zusammengestellt worden waren und aus denen hervorging, daß bei 23,8 Prozent von 147 Kindern, die 1976 an dieser Krankheit starben, der Tod innerhalb der ersten vier Lebensjahre eintrat.

Warum tituliert man liebevolle Eltern als „Mörder“?

Im vorausgehenden Artikel war die Rede von einem italienischen Ehepaar, dem es gelang, sein Familienleben glücklicher zu gestalten, weil es mit Jehovas Zeugen die Bibel studierte. Giuseppe und Consiglia Oneda machten eine ähnliche Erfahrung, die noch an Bedeutung gewann, als sie die Verheißung Jesu kennenlernten, daß ein Mensch, der die Anerkennung Gottes genießt, ‘zum Leben kommen wird, auch wenn er stirbt’ (Johannes 11:25). Wenn auch die Ärzte nicht in der Lage waren, Isabella ein angemessenes Maß an Gesundheit und Leben zuzusichern, so konnte es doch der Sohn Gottes.

Als die Onedas im Sommer 1979 beschlossen, Zeugen Jehovas zu werden, setzten sie die Ärzte der II. Kinderklinik von Cagliari davon in Kenntnis, daß sie mit den Bluttransfusionen, die Isabella erhielt, nicht mehr einverstanden waren. Sie hatten aus der Bibel das Gebot Gottes kennengelernt, gemäß dem sich die Apostel und alle loyalen Christen ‘des Blutes enthalten’ sollten (Apostelgeschichte 15:28, 29; vergleiche 1. Mose 9:3, 4). Aufgrund dessen wandten sich die Ärzte an das Jugendgericht. Das Gericht verfügte, daß die Eltern die Transfusionen bei ihrer Tochter zulassen mußten, und betraute die Ärzte in dieser Sache mit der Verantwortung, Schritte einzuleiten, damit regelmäßig Bluttransfusionen verabreicht würden.

In dem Bemühen, eine alternative Behandlungsmethode zu finden, konsultierten die Onedas andere Ärzte. In der Zwischenzeit wurde Isabella zu Blutübertragungen abgeholt. Dennoch nahm die Krankheit ihren Verlauf. Die lebenswichtigen Organe Isabellas ließen in ihrer Funktion immer mehr nach. Im März 1980 setzten die Ärzte die Transfusionstherapie ab. Einige Monate lang ließen sie Isabella nicht mehr zu Transfusionen abholen. Warum kamen sie der ihnen vom Gericht auferlegten Verpflichtung nicht nach? Dieses Rätsel haben die Behörden bis auf den heutigen Tag noch nicht zu lösen versucht.

In den folgenden Monaten taten die Onedas für ihre geliebte Tochter alles, was sie tun konnten, indem sie für Medizin sorgten, die zu Hause verabreicht werden konnte, und indem sie ihr trotz begrenzter finanzieller Möglichkeiten die beste Nahrung zukommen ließen, die sie ausfindig machen konnten. Sie gaben ihre Hoffnung nie auf, sondern schrieben sogar Spezialisten in Deutschland, Frankreich und der Schweiz an.

Ende Juni verschlechterte sich Isabellas Zustand plötzlich, vielleicht aufgrund einer Bronchitis, die sich bei Kindern, die an Thalassämie major leiden, verhängnisvoll auswirken kann. In diesem späten Stadium erschien die Polizei erneut und brachte Isabella in die Klinik, wo sie während einer zwangsweise vorgenommenen Bluttransfusion starb.

Kannst du dir vorstellen, welche Traurigkeit die Onedas befiel und welchen Verlust sie an jenem 2. Juni empfanden, obwohl sie gewußt hatten, daß ihr zweieinhalbjähriges Kind an einer zum Tode führenden Krankheit litt? Ihr Kummer sollte aber noch vergrößert werden. Am 5. Juli 1980, etwa um 17 Uhr, wurden die Onedas von zwei Karabinieri verhaftet, während sie sich im Haus eines Freundes aufhielten. Sie hatten gerade noch genug Zeit, ihr zweites Kind, die erst drei Monate alte Ester, Freunden anzuvertrauen.

Sie wurden in das örtliche Gefängnis von Cagliari gebracht, das (welche Ironie!) „Der Rechte Weg“ genannt wird und eines der miserabelsten Gefängnisse Italiens ist. Dort wurden sie in Zellen eingesperrt, die sich in voneinander getrennten Abteilungen des Gefängnisses befanden.

Wie kam es zur Verurteilung wegen Mordes?

Zwanzig Monate wurde dieses demütige Ehepaar in Haft gehalten. Schließlich kam es zu einer Gerichtsverhandlung, und am 10. März 1982 verkündete das Schwurgericht von Cagliari (Corte d’Assise) sein schockierendes Urteil: Giuseppe und Consiglia Oneda wurden des vorsätzlichen Mordes für schuldig befunden. Wie lautete das Strafmaß? Vierzehn Jahre Gefängnis — das ist mehr, als viele Terroristen erhalten!

Es ist nur zu verständlich, warum dieses Urteil in ganz Italien Aufsehen erregte und von vielen Juristen kritisiert wurde. Zwar wurde ein Berufungsverfahren eingeleitet, aber das Berufungsgericht in Cagliari (Corte d’Assise d’Appello) bestätigte das erste Urteil. Das Strafmaß wurde lediglich auf neun Jahre herabgesetzt mit der Begründung, den Onedas müßten mildernde Umstände zugebilligt werden, da „sie aus Motiven von besonderem moralischen Wert“ gehandelt hätten.

Die einzige Möglichkeit, die noch übrigblieb, um der Gerechtigkeit zum Sieg zu verhelfen, war eine Revision beim Kassationshof. Am 8. Juli 1983 wurde Giuseppe Oneda unter Vorbehalt aus der Haft entlassen, weil sein Gesundheitszustand durch seinen dreijährigen Gefängnisaufenthalt ein gefährliches Stadium erreicht hatte. Consiglia wurde aber weiterhin gefangengehalten.

Der Kassationshof

Dieses Gericht in Rom ist die höchste Instanz der italienischen Justiz. Es beurteilt Fragen hinsichtlich der korrekten Anwendung und Auslegung von Gesetzen und überprüft Urteile, die in unteren Instanzen gefällt wurden, wenn gegen diese Revision eingelegt worden ist. Falls der Kassationshof feststellt, daß das Gesetz nicht richtig beachtet oder falsch angewandt worden ist, hat er das Recht, das ursprüngliche Urteil aufzuheben und ein anderes Gericht mit der erneuten Verhandlung des Falles zu beauftragen. Am 13. Dezember 1983 befaßte sich der Kassationshof mit dem Fall Oneda.

Nur selten werden Urteile, die dem Kassationshof vorgelegt werden, aufgehoben. Die zwei ursprünglichen nachteiligen Urteile würden beträchtlich ins Gewicht fallen. Gab es irgendeine Hoffnung, daß man die Onedas gerechterweise als liebevolle, fürsorgliche Eltern betrachten würde?

Eine dramatische Wende der Ereignisse

Wir wollen nun beschreiben, was sich an jenem Tag im Gericht abspielte:

Nachdem einer der fünf Richter, der als Berichterstatter amtete, in der Einführung die maßgeblichen Punkte des Falles dargelegt hatte, erhielt der Staatsanwalt das Wort.

Der Staatsanwalt gilt bei der Verteidigung als besonders gefürchtet, weil seine Anträge schwer zu entkräften sind. In diesem besonderen Fall handelte es sich bei dem Staatsanwalt um einen sehr erfahrenen Juristen, der dieses Amt in einer Reihe berühmter Fälle übernommen hatte. Was würde er zu sagen haben?

Überraschenderweise fragte er: „Kann gemäß den Tatsachen, die während dieses Verfahrens offenbar wurden, gesagt werden, daß die Mutter oder der Vater zu irgendeiner Zeit den Tod des Kindes herbeiwünschte? Ist das Gericht in Cagliari dieser Frage gründlich nachgegangen?“ Er fuhr fort: „Das Jugendgericht hat das Kind in der Obhut des Vaters und der Mutter gelassen, da es sie für liebevolle Eltern hielt und die Umgebung in der Familie das Beste für das Kind war.“ Darauf erwähnte er, daß „die beteiligten Richter, Fachleute und Soziologen sehr gut in der Lage waren, zu entscheiden, daß die Eltern es verdienten, das Kind in ihrer Obhut zu haben“.

Wie verhält es sich mit der Anschuldigung, die Onedas hätten den Tod ihres Kindes aus niedrigen Beweggründen verursacht? Der Staatsanwalt fuhr fort: „Es existieren keine Tatbestände oder anderen Teilbeweise, die stark genug wären, uns zu erlauben, mit ruhigem Gewissen von niedrigen Beweggründen zu sprechen. ... Aus diesem Grund sind wir der Ansicht, daß die Richter [von Cagliari] auf diese Fragen keine zufriedenstellende Antwort gegeben haben.“

Der Anklagevertreter unterbreitete dann folgenden überraschenden Antrag: „Ich fordere daher das Gericht auf, das Urteil aufgrund von nicht erwiesenen niederen Beweggründen aufzuheben.“

Kein Beweis für niedrige Beweggründe! Das bedeutete, daß die Onedas keine vorsätzlichen Mörder waren! Außerdem beantragte der Anklagevertreter die Annullierung des ursprünglichen Urteils!

Als nächstes hörte das Gericht die Vertreter der Verteidigung. Alle waren als Rechtsanwälte landesweit bekannt. Sie machten auf die Inkonsistenz der früheren Gerichtsverfahren und die Absurdität der gerichtlichen Entscheidungen aufmerksam.

Darauf zog sich das Gericht für eine gewisse Zeit zurück. Schließlich verlas der vorsitzende Richter die Entscheidung des Gerichts: Das ursprüngliche Urteil wurde aufgehoben, und der Fall wurde zur erneuten Verhandlung an das Berufungsgericht in Rom zurückverwiesen.

Im Verlauf der Urteilsbegründung brachte das Gericht u. a. Fehler zur Sprache, die von seiten der Kinderklinik und anderer öffentlicher Institutionen begangen worden waren. Es hieß: „Zweifellos ... wies das Vorgehen der öffentlichen Institutionen ernste Mängel auf; im Anschluß an ihre ersten Bemühungen ... zeigten sie sich völlig desinteressiert, obgleich sie ausdrücklich ersucht worden waren, Schritte zu unternehmen, die zu einer eindeutigen und dauerhaften Lösung des Problems der ideologischen Ansichten der Angeklagten führen sollten.“ (Urteil des Kassationshofes, Seite 30.)

Endlich wieder zusammen!

Consiglia Oneda ist nun freigelassen worden, weil die Zeit ihrer Untersuchungshaft ablief. Nach einer harten Zeit von dreieinhalb Jahren sind die Onedas endlich wieder zusammen. Giuseppe und Consiglia erfreuen sich ihres Zusammenseins und schenken ihre liebevolle Aufmerksamkeit der kleinen Ester. Lassen wir uns ihre Erlebnisse von ihnen selbst erzählen:

Giuseppe:„Wir heirateten 1976, und ein Jahr später wurde Isabella geboren. Wir hatten ihrer Geburt erwartungsvoll entgegengesehen, aber bald danach merkten wir, daß irgend etwas nicht in Ordnung war. Sie sah sehr blaß und kränklich aus. Als sie sechs Monate alt war, stellten die Ärzte bei ihr die schreckliche, zum Tode führende Krankheit fest. Man kann sich vorstellen, welche Traurigkeit diese verhängnisvolle Diagnose bei uns hervorrief.“

Consiglia:„Natürlich hingen wir jetzt noch mehr an unserem Kind. Ich denke, daß alle Eltern so reagieren würden, wenn ihr hilfloses Kind an einer tödlichen Krankheit leiden würde. Sofort brachten wir Isabella zur Behandlung in die Kinderklinik, wo man Bluttransfusionen verordnete. Ungeachtet dessen verschlimmerte sich ihr Zustand weiter. Ich erinnere mich, daß ihr Unterleib gewaltig angeschwollen war, nachdem die Transfusionstherapie ein Jahr lang durchgeführt worden war; die Leber und die Milz hatten sich vergrößert. Was sie doch alles aushalten mußte, als ihr die Transfusionen gegeben wurden! Einmal dauerte es eine Stunde, bis die Ärzte eine Vene fanden; die ganze Zeit schrie meine kleine Tochter vor Schmerz.“

Giuseppe: „Während jener traurigen Zeit fanden wir wirklich Trost in unserem Bibelstudium. Besonders tief beeindruckte uns die Verheißung aus Offenbarung 21:4, die besagt, daß Gott bald alle durch Schmerz verursachten Tränen von den Augen derer abwischen wird, die leiden, und daß der Tod nicht mehr sein wird.“

Consiglia: „Für uns bedeutete das, daß wir Isabella in der Auferstehung gesund wiedersehen könnten, selbst wenn sie sterben sollte, was unglücklicherweise unabwendbar schien. Dann erfuhren wir aus der Bibel von dem Gebot Gottes, ‘sich des Blutes zu enthalten’ [Apostelgeschichte 15:20; 21:25], und wir entschieden uns ...“

Giuseppe: „... die Grundsätze der Bibel zu beachten. Für uns war dies die einzige Möglichkeit, daß wir hoffen konnten, Isabella an dem Tag gesund zurückzuerhalten, an dem Gott sie von den Toten wieder auferwecken würde. Wir konnten beobachten, daß Transfusionen die Krankheit nicht aufhielten, und wir wußten, daß viele Kinder auf Sardinien in frühem Alter an derselben Krankheit sterben, obwohl sie Transfusionen erhalten. Außerdem hatten wir von vielen Eltern gehört, daß sie sich‚ als nach monatelanger Transfusionsbehandlung keine Besserung eintrat, dafür entschieden, für ihre Kinder zu Hause zu sorgen, um ihnen weitere Schmerzen und Schrecken zu ersparen.“

Consiglia: „Wie hätten wir die einzige Aussicht, Isabella gesund zurückzuerhalten, die Aussicht, die sich auf die Verheißung des Wortes Gottes stützte, zurückweisen können? Was wir über die Ergebnisse dieser Behandlung gelesen hatten, ließ uns erkennen, daß Bluttransfusionen nicht gut sind. Wir erfuhren, daß sie oft zu verhängnisvollen Schäden an lebenswichtigen Organen führen.“

Giuseppe: „Wir gaben den Ärzten unsere Entscheidung bekannt, und damit fing unsere nun gut bekannte Geschichte an.“

Consiglia: „Isabella war sehr empfindsam, liebebedürftig und intelligent.“

Giuseppe: „Sie war zwar nur etwas über zwei Jahre alt, doch sie kannte bereits viele Einzelheiten aus dem Buch Mein Buch mit biblischen Geschichten. Sie kannte Gottes Namen, Jehova. Sie hatte ein gutes Auffassungsvermögen und konnte uns von Personen in den Bildern erzählen.“

Consiglia: „Für eine Mutter ist es etwas Schreckliches, wenn sie weiß, daß es ihr nicht möglich war, ihrem Kind einen Körper zu geben, der gesund genug ist, um lebensfähig zu sein. Meine Tochter Ester erinnert mich sehr an Isabella. Nun habe ich den Wunsch, diesem gesunden Kind die Liebe zu geben, die ich Isabella gern weiterhin gegeben hätte. Ich bin glücklich, wieder bei meiner Familie und bei den christlichen Brüdern zu sein, die so liebevoll zu uns sind. Dennoch werde ich niemals die dreieinhalb Jahre vergessen, die ich im Gefängnis verbracht habe, besonders nicht den Tag, an dem meine Zellengenossin aus Verzweiflung versuchte, Selbstmord zu begehen. Obwohl ich sie retten konnte, war das eine schreckliche Erfahrung. Doch es half mir, noch mehr auf Jehova zu vertrauen.“

Giuseppe: „Meine Zellengenossen versuchten alles, um meine christliche Lauterkeit zu brechen — Gewalt, homosexuelle Praktiken und andere verderbliche Handlungen. Meine größte Sorge war, daß ich meine Lauterkeit aufgeben und die Möglichkeit verlieren würde, in Gottes neuem System der Dinge zu leben. Zuweilen war ich verzweifelt, zum Beispiel als das Berufungsgericht das Urteil bestätigte; manchmal wünschte ich, ich wäre nie geboren worden. Doch immer wieder fand ich Trost, wenn ich inbrünstig zu Jehova betete. Ich bin auch sehr dankbar dafür, daß er für das Bibelbuch Hiob gesorgt hat, weil ich denke, daß es viele Ähnlichkeiten zwischen der Erfahrung Hiobs und der meinen gibt. Natürlich antwortete Gott Hiob, indem er ihm Kraft gab, die Prüfung zu ertragen, und ihm half, den ‚Ausweg‘ zu finden [1. Korinther 10:13].

Selbst wenn mir der Aufenthalt im Gefängnis zeitweilig wie ein Alptraum vorkam, wandte ich mich stets an Jehova [1. Johannes 1:5]. Sehr ermuntert wurde ich auch durch die zahllosen Briefe, die meine christlichen Mitbrüder mir aus den verschiedensten Ländern sandten. Ihr liebevolles Interesse war für mich eine Bestätigung, daß Gott uns nicht im Stich läßt. Schriftstellen wie Römer 1:12 und Markus 13:13 halfen mir durchzuhalten. Als ich aus dem Gefängnis kam, war ich, wie der Apostel Paulus sagt, ‚niedergeworfen, doch nicht vernichtet‘ [2. Korinther 4:9].“

Consiglia: „Ich weiß nicht, ob Giuseppe und ich im abschließenden Gerichtsverfahren vollständig freigesprochen werden. Doch wir sind all denen dankbar, die uns geholfen haben und noch helfen, die Falschanklage, daß wir unsere Tochter ermordet hätten, rückgängig zu machen. Es ist die schrecklichste Anschuldigung, die man gegen Eltern erheben kann.“

Giuseppe: „Wir sind glücklich, alles überstanden zu haben, ohne daß sich in uns gegenüber irgend jemandem ein Haß entwickelt hat. Die Liebe zu Gott und zum Nächsten wird uns gewiß helfen, unsere vielen Segnungen zu schätzen. Wir haben unsere Familie, unsere geistigen Brüder, unseren Glauben und unsere Hoffnung.“

Wahrscheinlich bist du auch der Meinung, daß dieses demütige Ehepaar aus Sarroch ungerechterweise angeklagt worden ist, und du magst angesichts dessen, was es durchmachte, von Mitleid bewegt sein. Dir mögen aber auch einige Aspekte hinsichtlich der Verantwortung der Eltern, sich um die Gesundheit ihrer Kinder zu kümmern, fraglich erscheinen. Ja, es handelt sich um eine Streitfrage, mit der du oder deine Verwandten und Freunde direkt in Berührung kommen können.

[Fußnote]

a Erwachet! vom 22. Januar 1983 und italienische Ausgabe vom 22. Mai 1983.

[Kasten auf Seite 10]

Baby Jane Doe — Wie werden sich Eltern entscheiden?

Liebevolle Eltern sehen sich gelegentlich vor schwerwiegende Entscheidungen gestellt. Was würdest du tun, wenn Baby Jane Doe dein Kind wäre? The New York Times (1. November 1983) berichtete:

„Vor drei Wochen wurde einem Ehepaar auf Long Island ein Mädchen geboren, das nicht gesund war. Baby Jane Doe litt an Spina bifida, hatte einen abnorm kleinen Schädel, einen Wasserkopf, d. h. zuviel Gehirnwasser, und weitere Mißbildungen. Selbst wenn sie operiert würde, würde sie in ihrer Entwicklung sehr zurückbleiben und ihr Leben lang ans Bett gefesselt sein — in ihrem Fall ungefähr 20 Jahre. Nachdem die Eltern Ärzte, Sozialarbeiter und Geistliche konsultiert hatten, trafen sie eine schmerzliche Entscheidung: Sie nahmen von der Operation Abstand und ließen der Natur ihren Lauf.“

Einige Außenstehende waren damit nicht einverstanden und brachten die Sache vor Gericht. Als der Fall dem Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten vorgelegt wurde, weigerte sich das Gericht, ihn zu behandeln. Der Fall von Baby Jane Doe veranschaulicht die herzzerreißenden Probleme, vor die sich selbst liebevolle Eltern gestellt sehen mögen.

[Bild auf Seite 9]

Consiglia Oneda bei ihrer Entlassung aus dem Gefängnis zusammen mit ihrer Tochter Ester

    Deutsche Publikationen (1950-2025)
    Abmelden
    Anmelden
    • Deutsch
    • Teilen
    • Einstellungen
    • Copyright © 2025 Watch Tower Bible and Tract Society of Pennsylvania
    • Nutzungsbedingungen
    • Datenschutzerklärung
    • Datenschutzeinstellungen
    • JW.ORG
    • Anmelden
    Teilen