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  • Mein Kampf bis ans Ende
  • Erwachet! 1984
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Erwachet! 1984
g84 8. 11. S. 22-25

Mein Kampf bis ans Ende

Millionen von Menschen standen schon vor ernsten Problemen. Vielleicht haben sie eine chronische Krankheit gehabt, die nicht auf baldige Besserung hoffen ließ und einen wahren Kampf bis ans Ende erforderte. Ich hoffe, meine Erfahrung wird diejenigen, die mit Problemen belastet sind, ermutigen, nicht die Hoffnung zu verlieren, sondern weiterzukämpfen. (Ein Bericht von Monika Siebert)

ICH wuchs in Norddeutschland auf und wurde schon sehr früh in der biblischen Wahrheit unterwiesen. Zwar wurde ich nur von meiner Mutter erzogen — mein Vater starb, als ich noch sehr klein war —, doch sonst verlief meine Kindheit ganz normal. Ich wuchs zu einem sorglosen, unbekümmerten Rotschopf voller Sommersprossen heran, hatte ein fröhliches Gemüt und war immer zum Spielen aufgelegt. Später nahm ich den Vollzeitdienst als Pionierverkündiger auf.

Vor 16 Jahren, an einem Mittwoch im Monat Mai, gingen Walter, der siebenjährige Sohn einer Glaubensschwester, und ich am Rhein entlang. Wir wollten in einem kleinen Dorf in den Predigtdienst gehen. Plötzlich sagte der kleine Walter: „Monika, warum stolperst du immer? Paß auf, daß du nicht hinfällst!“ Ich lachte: „Hab nur keine Angst. Mir wird schon nichts passieren.“ Doch mit mir stimmte etwas nicht, wie ich bald erfahren sollte.

Einige Wochen später spielten mir meine Augen einen Streich. Ich hatte Schleierbildung vor den Augen und sah alles doppelt. Aber ich versuchte, mich selbst zu beruhigen, und sagte mir: „Sicherlich habe ich zuviel gelesen, und meine Augen sind überanstrengt. Vielleicht brauche ich eine Brille.“

So suchte ich einen Augenarzt auf mit dem Gedanken, mir eine Brille verordnen zu lassen. Aber zu meiner Überraschung sagte er: „Nein, eine Brille wird Ihnen nicht helfen. Ich gebe Ihnen eine Überweisung zu einem Neurologen, damit er Sie untersucht.“ Das fand ich höchst merkwürdig, aber ich beschloß, seiner Anregung zu folgen. Allerdings hatten Hannelore, meine Partnerin, und ich gerade Besuch, und so verschob ich den Arztbesuch.

Eine schwere Krankheit

Einige Tage später, als wir abends mit unseren Bekannten von einer christlichen Zusammenkunft heimfuhren, traf mich ein heftiger Kopfschmerz wie ein elektrischer Schlag. Es war, als bohrte mir jemand im Kopf herum. Die Erschütterungen durch das fahrende Auto waren fast unerträglich. Sobald wir zu Hause ankamen, riefen wir den Arzt, und ich wurde ins Krankenhaus eingewiesen. Das Datum werde ich nicht so schnell vergessen: 5. Juli 1968.

Zunächst wußte man nicht, was mir fehlte. Zumindest war ich durch Medikamente vorübergehend von meinen Schmerzen befreit. Es wurde der Verdacht auf einen Gehirntumor geäußert. Um sicherzugehen, waren umfassendere Untersuchungen notwendig, so daß ich in die Universitätsklinik in Bonn verlegt wurde.

In dieser schwierigen Zeit wurde ich sehr gestärkt durch die Liebe einer weltweiten Bruderschaft, einer Bruderschaft, der ich selbst angehören darf. Die dortigen Zeugen, die ich nie zuvor gesehen hatte, besuchten mich, und viele brachten sogar Geschenke mit. Keine Krankheit — ungeachtet ihrer Schwere — könnte mich je dieser liebevollen Gemeinschaft berauben!

Nach Tagen qualvoller Ungewißheit wurde ich in das Krankenhaus an meinem Wohnort zurückverlegt, wo man mir den wahren Sachverhalt so schonend wie möglich beibrachte. Ich hatte eine Krankheit, von der ich noch nie etwas gehört hatte: multiple Sklerose. Zunächst konnte ich die volle Tragweite nicht erfassen. Dann enthüllte man mir die Wahrheit: Es handelt sich um eine Krankheit, die Lähmungen verursacht und bisher unheilbar ist.

Sich Depressionen hingeben oder etwas unternehmen?

Ich erfuhr, daß die multiple Sklerose eine Erkrankung des Gehirns und des Rückenmarks ist. Das Myelin, die fettreiche Eiweißsubstanz, die die Nervenbahnen umhüllt, wird zerstört, was dazu führt, daß die Fortleitung von Nervenimpulsen, die vom Gehirn ausgehen, um die Muskeln zu aktivieren, blockiert wird. Die Folge sind partielle Lähmungen mit einem Schwinden des Gefühls in den Gliedern. Es ist eine schwer zu behandelnde Krankheit, die bei jedem Opfer etwas anders verläuft. Außerdem ist sie höchst unberechenbar; oft wird der Patient zu dem Gedanken verleitet, er sei geheilt, doch dann tritt völlig unerwartet ein neuer Schub auf. Diese Ungewißheit, diese Unberechenbarkeit, wirkt sich auf das Gefühlsleben verheerend aus.

Natürlich war ich deprimiert. Meine Zukunftspläne lagen nun im ungewissen. Es kostete Zeit, mich damit abzufinden. Aber ich war entschlossen, weder in Selbstmitleid zu verfallen noch anderen zu gestatten, mich zu bemitleiden. Ich stand vor der Entscheidung, mich mit der Behinderung abzufinden oder zu kämpfen. Ich beschloß zu kämpfen.

Es gab so vieles, wofür ich dankbar sein konnte. Ich war am Leben. Mein Sinn war tätig. Und ich konnte meine Hände noch gebrauchen. Das tat ich auch, indem ich Briefe schrieb, um anderen von der wunderbaren Hoffnung auf Gottes Königreich zu erzählen. Ich durfte den Vollzeitdienst fortsetzen, obwohl sich meine Predigtmethode nun völlig geändert hatte. Das gab mir Kraft, nicht nachzulassen, sondern weiterzukämpfen.

Meine Mutter hatte mich so erzogen — auszuharren. Sie wurde eine Zeugin Jehovas, als ich noch sehr klein war, und so wurde ich von Kindesbeinen an gründlich in den Wegen Jehovas unterwiesen. Als ich sieben Jahre alt war, begann ich, sie regelmäßig im Predigtdienst von Tür zu Tür zu begleiten. Das war eine gute Schulung und bereitete mir wirklich Freude. Ihr beispielhafter Eifer für die Königreichsinteressen weckte in mir schon in jungen Jahren den Wunsch, Jehova mit meiner ganzen Kraft zu dienen. Mit 18 Jahren, nachdem ich die Schule beendet und einen Beruf erlernt hatte, nahm ich den Vollzeitdienst auf.

Hätte ich dieses wunderbare Dienstvorrecht durch meine Krankheit verloren, so hätte ich mich gefühlt, als wäre mir der Boden unter den Füßen weggezogen worden. Meine Kräfte ließen zwar mehr und mehr nach, doch ich konnte das, was mir blieb, immer noch für die Anbetung Jehovas einsetzen und diente ihm so mit meiner ganzen Kraft. Das war ein Trost für mich.

Meine Briefe waren nicht vergeblich. Da war zum Beispiel Claudia, ein 16jähriges Mädchen, das zu Hause nicht die Bibel studieren durfte, weil ihre Eltern dagegen waren. So führten wir ein briefliches Bibelstudium durch. Sie machte gute Fortschritte, wurde eine Zeugin Jehovas und steht nun ebenfalls im Vollzeitdienst.

In der Zwischenzeit gaben sich die Ärzte alle Mühe, mir zu helfen. Man versuchte es mit Bädern, Massagen, verschiedenen Medikamenten und sogar mit galvanischem Strom. Doch nichts brachte eine echte Besserung.

Eine neue Behandlung — erschreckende Methoden

Die Ärzte waren entschlossen, gegen die sich verschlimmernden Auswirkungen meiner Krankheit anzukämpfen. Als sich eines Tages mehrere Ärzte um mein Bett versammelt hatten, sagte der Chefarzt: „Wir haben beschlossen, einen Blutaustausch vorzunehmen. Dadurch ist schon so manchem geholfen worden.“

Dieser Vorschlag kam so überraschend, daß ich nur ein lautes „NEIN!“ von mir geben konnte. Dann erklärte ich die religiösen Gründe für meine Weigerung (Apostelgeschichte 15:28, 29). Der Chefarzt nahm meine Entscheidung hin, doch nicht so der Oberarzt. Mindestens zweimal am Tag versuchte er, mich zu bewegen, die Sache noch einmal zu überdenken, und er argumentierte, meine Weigerung werde eine Verkürzung meines Lebens bedeuten. Aber ich blieb unnachgiebig.

Eine der Krankenschwestern wandte eine raffiniertere Methode an. Ich lag in einem Einzelzimmer, aber mein Bett wurde ans Fenster geschoben, um für eine weitere Person Platz zu schaffen. Man behauptete, nur in diesem Raum sei ein Sauerstoffgerät eingebaut. (Später erfuhr ich, daß dies nicht stimmte.) Todkranke Patienten wurden in das Zimmer gebracht und erhielten Sauerstoff. Dadurch war ich gezwungen, ihren Todeskampf mitzuerleben. Als zwei gestorben waren, führte mir die Krankenschwester vor Augen, wie es mir ergehen würde, wenn ich die vorgeschlagene Behandlungsmethode weiterhin ablehnen würde. So ging es einige Tage lang, bis eine freundliche Bademeisterin eingriff.

Zur selben Zeit steckte mir ein älterer Arzt heimlich eine Ärztezeitschrift und ein Ärztebuch zu, in denen Abhandlungen über das Verfahren mit Bluttransfusionen enthalten waren, das mir die Ärzte so ausdrücklich empfahlen. Darin wurde es aber nicht als ein Heilverfahren, sondern lediglich als ein Versuch beschrieben. Diese Erkenntnis bestärkte mich noch mehr in dem Entschluß, standhaft zu bleiben.

Schließlich wurde das Vorhaben fallengelassen, und ich war plötzlich das Gesprächsthema Nr. 1. Auf den Fluren hörte man Geflüster. Man sprach von dem „starken Glauben des Mädchens in Zimmer 327“. Wie dankbar war ich, daß mein Verhältnis zu Jehova durch Gebet und Bibelstudium so stark geworden war, daß ich meine Liebe zu ihm nicht nur „mit Worten“, durch meine Briefe, sondern nun auch durch die „Tat“ beweisen konnte! (1. Johannes 3:18).

Entschlossen, wieder zu laufen

Wiederholt versuchte ich zu stehen, doch meine Beine gaben immer wieder nach. Zu Hause kroch ich auf allen vieren und versuchte natürlich auch zu gehen, allerdings ohne Erfolg. Dann gelang es mir eines Tages, tatsächlich zu stehen. Ich konnte den nächsten Arztbesuch kaum abwarten. Als die Ärztin kam, zog ich mich langsam aus dem Bett, stellte mich auf die Beine — und schon lag ich am Boden wie ein Häufchen Elend. Meine Willenskraft war stark, aber meine Krankheit war stärker. Hatte es einen Sinn, den Kampf fortzusetzen?

Ich ging in eine andere Klinik, wo man Nachdruck auf Bewegungsübungen legte. In meinen Armen hatte ich noch Kraft, und so brachte man mir bei, mich an einer Kletterwand hochzuziehen, bis ich stand. Später ließ man mich durch einen Barren gehen, wobei ich mich mit den Händen festhielt. Es sah so einfach aus, doch zuerst schaffte ich nur zwei oder drei Schritte, dann vier, dann fünf — langsam, aber sicher.

Ich blieb optimistisch, obwohl die Ärzte mir sagten, daß ich zwar laufen lernen, aber nie ohne Rollstuhl auskommen würde. Zu meiner Freude irrten sie sich. Ich verließ die Klinik im Juni 1970 und habe seither meinen Rollstuhl nicht mehr gebraucht. Doch da die Krankheit von Fall zu Fall verschieden ist, haben sicher nicht alle soviel Glück wie ich.

Was wird die Zukunft bringen?

Seit den ersten stolpernden Schritten am Rhein sind nun 16 Jahre vergangen. Heute, im Jahre 1984, gehe ich immer noch ohne Krücken. Wenn meine Freunde auch sagen, ich hätte mir mein sonniges Gemüt bewahrt und sei so fröhlich wie immer, so ist dies zum Teil ein Versuch meinerseits, kein Mitleid aufkommen zu lassen. Meine engsten Freunde wissen, daß die Tränen manchmal unaufhaltsam fließen. Meine Krankheit ist noch unheilbar, und es ist gut möglich, daß es dabei bleibt, bis Gottes neues System der Dinge alles neu macht.

Doch bis dahin sieht nicht alles düster aus. Zwar gibt es Enttäuschungen, doch sie werden durch zahlreiche freudige Erfahrungen wieder aufgewogen. Ich kenne viele treue und liebe Brüder, deren Ermunterung für mich von großem Wert ist. Ich habe gelernt, mit meinen Kräften hauszuhalten, indem ich meine Lebensweise der neuen Situation angeglichen habe. Ich habe gelernt, geduldig zu sein und mich selbst über das kleinste Anzeichen eines Fortschritts zu freuen. Mein persönliches Verhältnis zu Jehova ist stärker geworden, da ich gesehen habe, wie hilflos der Mensch im Kampf gegen die Krankheit ist. Nur Jehova kann völlige Heilung bringen. Er hat es verheißen. (Siehe Jesaja 33:24; Offenbarung 21:4.)

Der Vollzeitdienst stärkt mich weiterhin, ebenso die Worte aus Jesaja 41:10, 13: „‚Fürchte dich nicht, denn ich bin mit dir. Blicke nicht gespannt umher, denn ich bin dein Gott. Ich will dich stärken. Ich will dir wirklich helfen. Ja, ich will dich festhalten mit meiner Rechten der Gerechtigkeit.‘ Denn ich, Jehova, dein Gott, ergreife deine Rechte, der Eine, der zu dir spricht: ‚Fürchte dich nicht. Ich selbst will dir helfen.‘“

Jeder Christ muß „den vortrefflichen Kampf des Glaubens“ kämpfen, jeder in seiner eigenen Lebenslage (1. Timotheus 6:12). Doch der Kampf ist der gleiche. Und eines Tages wird er zu Ende gekämpft sein! Ich denke oft darüber nach, was diese Änderung für mich persönlich bedeuten wird, denn in Gottes Wort wird verheißen: „Dann können die Blinden wieder sehen, und die Tauben können wieder hören. Dann springt der Gelähmte wie ein Hirsch, und der Stumme jubelt vor Freude“ (Jesaja 35:5, 6, Die Bibel in heutigem Deutsch; Kursivschrift von uns).

Eines kann ich dir versichern: Wenn Jehova mich in seinem neuen System der Gerechtigkeit mit ewigem Leben segnet, dann muß schon ein außerordentlich flinker Hirsch kommen, um höher zu springen als ich!

[Herausgestellter Text auf Seite 23]

„Ich stand vor der Entscheidung, mich mit der Behinderung abzufinden oder zu kämpfen. Ich beschloß zu kämpfen.“

[Herausgestellter Text auf Seite 24]

„Meine engsten Freunde wissen, daß die Tränen manchmal unaufhaltsam fließen“

[Herausgestellter Text auf Seite 25]

„Mein persönliches Verhältnis zu Jehova ist stärker geworden, da ich gesehen habe, wie hilflos der Mensch ... ist. Nur Jehova kann völlige Heilung bringen.“

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