Teleskope und Mikroskope — Bis heute gewonnene Erkenntnisse
DIE Teleskope der astronomischen Observatorien von heute sind Riesen im Vergleich zu Galileis 4,4-Zentimeter-Fernrohren. Seine einfachen Geräte waren Linsenfernrohre (Refraktoren). Eine große Konvexlinse auf der einen Seite des Rohrs entwarf das Bild, und eine kleine Konkavlinse am anderen Ende — später auf eine Konvexlinse abgeändert — vergrößerte es. Bemerkenswert ist, daß sein Fernrohr entfernte Gegenstände dreiunddreißigmal größer erscheinen ließ. Daher konnte er die vier Jupitermonde sehen und die Lichtphasen der Venus erkennen.
Die heutigen Spiegelteleskope (Reflektoren) haben riesige Hohlspiegel (Spiegelöffnung bis sechs Meter), die das Licht von fernen Himmelskörpern sammeln. Auf diese Weise werden Objekte sichtbar, die zehnmillionenmal lichtschwächer sind als die, die wir mit dem bloßen Auge wahrnehmen können. Es wird sogar behauptet, daß man mit einem in Australien aufgestellten Teleskop eine 1 600 Kilometer davon entfernte Kerzenflamme sehen könne.
Interessanterweise stehen die heutigen Astronomen immer noch vor dem gleichen Problem, mit dem sich Galilei auseinandersetzen mußte. Er bemerkte, daß er durch das Fernrohr zwar mehr Sterne sah, ihre Größe jedoch unverändert blieb. Galilei war der Meinung, daß die Sterne unendlich weit weg sein mußten, weil sie trotz Vergrößerung nur Lichtpunkte blieben. Obwohl die heutigen Astronomen offenbar wissen, wie weit diese Himmelskörper entfernt sind, erscheinen sie ihnen trotz aller Präzisionslinsen und polierten Spiegel nur wie Lichtpünktchen. In The Observer’s Book of Astronomy heißt es daher: „Die Sterne sind so weit entfernt, daß sie durch jedes bis heute gebaute Fernrohr nur als Lichtpunkte erscheinen.“
Dennoch versuchen die Wissenschaftler, ein genaues Bild von den Sternen zu erhalten. Zum Beispiel soll die NASA (Nationale Luft- und Raumfahrtbehörde der USA) beabsichtigen, im Jahre 1986 ein großes Weltraumteleskop in eine Erdumlaufbahn oberhalb der Atmosphäre zu bringen. Wissenschaftler nehmen an, daß damit Objekte gesehen werden können, die fünfzigmal lichtschwächer sind als die, die mit Teleskopen auf der Erde ausgemacht werden können.
Es gibt aber auch noch andere Möglichkeiten, das Weltall zu erforschen. Vor einiger Zeit hat man entdeckt, daß bestimmte Himmelskörper Radiowellen aussenden. Wenn diese Signale die Erde erreichen, sind sie schwächer als ein billionstel Watt. Man hat deshalb große Radioteleskope konstruiert, um solche Signale aufzufangen und zu verstärken. Auf diese Weise haben die Astronomen Quasare, Pulsare und andere faszinierende Phänomene entdeckt.
Jetzt sitzen die Sternforscher nicht mehr stundenlang mit einem zugekniffenen Auge am Fernrohr wie Galilei. Die Encyclopædia Britannica schreibt: „In der astronomischen Forschung haben fotografische Methoden die visuelle Beobachtung weitgehend verdrängt ... Objekte können fotografiert werden, die um ein Vielfaches lichtschwächer sind als Objekte, die durch das Okular wahrgenommen werden. Auf einer Fotoplatte mögen ungeheuer viele Objekte abgebildet sein — 1 000 000 Sterne und 100 000 Galaxien.“
Solche fotografischen Verfahren leisten den Wissenschaftlern bemerkenswerte Dienste. In der Zeitschrift Sky and Telescope wurde einmal über ein Verfahren berichtet, die Speckle-Interferometrie, durch das gewisse rote Überriesen als Scheibchen sichtbar gemacht werden können, während die übrigen Sterne — selbst die nächsten — nur als Lichtpunkte zu sehen sind.
Der unserer Sonne am nächsten stehende Fixstern erweist sich, wenn man ihn durch ein Teleskop betrachtet, als Dreigestirn. Der eine ist der Proxima Centauri. Die anderen beiden sind ein Doppelstern und umkreisen einander einmal in achtzig Jahren. Sie sind als Alpha Centauri bekannt. Abgesehen von der Sonne sind diese drei Sterne unsere nächsten Nachbarn; dennoch sind sie 4,3 Lichtjahre entfernt — vierzig Billionen Kilometer! In dem Buch Astronomy wird gesagt: „Würde die Sonne auf die Größe eines Punktes auf dieser Seite verkleinert, so wären ihre nächsten Nachbarn, der Doppelstern Alpha Centauri, zwei sechzehn Kilometer davon entfernte Pünktchen.“
In der Nähe des südlichen Himmelspols sieht man zwei Gebilde, die wie zwei Wolken erscheinen. Im 15. Jahrhundert erhielten sie von portugiesischen Seefahrern den Namen „Kapwolken“. Später wurden sie nach dem berühmten Seefahrer Fernão de Magalhães Magellansche Wolken genannt. Die Teleskope lassen erkennen, daß es sich bei den beiden Wolken um riesige extragalaktische Sternsysteme handelt. Allein die Große Magellansche Wolke zählt schätzungsweise fünf Milliarden Sterne.
Das alles hat zur Folge, daß es dem modernen Menschen ergeht wie dem Menschen des Altertums. Obschon er durch seine Teleskope die abergläubischen Vorstellungen vom Weltall widerlegt hat, blickt auch er wieder voller Ehrfurcht und Staunen zum Himmel auf.
Eine unsichtbare Welt wird sichtbar
Doch die Welt der mikroskopisch kleinen Dinge ist ebenfalls faszinierend. Von einem unersättlichen Wissensdurst angetrieben, betrachtete Leeuwenhoek unter dem Mikroskop alles mögliche. Einmal untersuchte er etwas Speichel. Dabei machte er die überraschende Entdeckung, daß sich darin „viele winzig kleine Lebewesen ganz schön schnell fortbewegten“. Im Jahre 1683 sandte er eine Beschreibung sowie eine Zeichnung dieser Mundbakterien an die Königliche Gesellschaft der Wissenschaften in London. „Was, wenn jemand sagen würde“, sagte Leeuwenhoek später, „daß im Zahnbelag eines Menschen mehr Tiere leben als Menschen in einem ganzen Königreich?“ Heute schätzt man, daß es in der Mundhöhle eines Menschen Milliarden von Mikroorganismen gibt.
Die Wissenschaftler, die bemüht sind, diese unsichtbare Welt zu erforschen, haben Entdeckungen gemacht, über die selbst Leeuwenhoek nicht wenig staunen würde. Zum Beispiel können sie jetzt sehen, daß ein einziger Blutstropfen rund 35 Millionen rote Blutkörperchen enthalten kann. Jedes dieser Blutkörperchen wiederum besteht aus über 280 Millionen Hämoglobinmolekülen. „Was für eine Riesenarbeit es doch wäre, ein Modell von den 10 000 Atomen eines einzigen Hämoglobinmoleküls zu zeichnen“, schrieb Dr. Coppedge in seinem Buch Evolution: Possible or Impossible?
Mikroorganismen — nützlich oder schädlich?
Viele von uns überläuft es schon kalt bei dem bloßen Gedanken an Mikroben. Es ist zwar zutreffend, daß gewisse Mikroorganismen Krankheiten hervorrufen, darunter auch tödliche. Doch das ist offenbar eher die Ausnahme als die Regel.
Ein Beispiel: Schmeckt dir frische Milch? Damit die Kuh ihre Nahrung verdauen und Milch produzieren kann, müssen Billionen von Mikroorganismen tätig sein. Auch im menschlichen Darm leben nützliche Mikroben. In dem Lehrbuch Elements of Microbiology heißt es: „Viele Darmbakterien können die wichtigsten B-Vitamine sowie die Vitamine E und K synthetisieren. Die von diesen Bakterien gebildeten Vitamine decken einen bedeutenden Teil des Vitaminbedarfs ihres Wirtes.“
Winzige Mikroorganismen sind auch mit der Abfallbeseitigung beschäftigt. „Würden die organischen Abfälle nicht von Mikroben zersetzt“, schreibt L. J. Ludovici, „so würden sie sich so anhäufen, daß wir aus Platzmangel umkämen. Es ist keine Übertreibung, zu sagen, daß unsere Existenz von Mikroben abhängig ist, von unsichtbaren Lebewesen, die wir nur mit Hilfe des Mikroskops zu Gesicht bekommen.“
Mit verbesserten Instrumenten ist es Biologen möglich, die Mikroorganismen genau zu untersuchen. Es sind erstaunlich komplizierte Lebewesen. Einige verfügen über eine sogenannte Geißel, auch Flagellum genannt (ein fadenförmiges, bewegliches Organell zur Fortbewegung). Es ist faszinierend, einen Wassertropfen durch das Mikroskop zu betrachten und darin diese Einzeller umherschießen zu sehen. Eine Bakterie (Spirillum serpens) besitzt Geißelbüschel, die wie ein Ventilator rotieren. (Man hat ermittelt, daß sie 2 400 Umdrehungen pro Minute machen können.) Und wenn dieses Mini-U-Boot den Kurs ändern muß, setzt es lediglich das Geißelbüschel am entgegengesetzten Ende in Bewegung.
Der heutige Stand der Mikroskopie
Leeuwenhoeks selbstgefertigte Geräte vergrößerten auf das Zweihundertfünfzigfache der natürlichen Größe. Die heutigen Lichtmikroskope vergrößern dagegen auf etwa das Tausendfache. „Würde man eine Stubenfliege um so viel vergrößern, erschiene sie über neun Meter lang“, heißt es in dem Buch Elements of Microbiology.
Seit dem Jahre 1931 gibt es das Elektronenmikroskop. Indem ein Elektronenstrahl auf ein Objekt gerichtet wird, kann ein Abbild erzeugt werden, das das Objekt etwa eine-Million-mal größer zeigt. Es hat nur den großen Nachteil, daß damit keine lebenden Proben untersucht werden können. Eine Neuentwicklung jedoch, die das Lichtmikroskop mit Fernsehkameras und einem Computerspeicher verbindet, ermöglicht es jetzt den Wissenschaftlern, die biologischen Vorgänge in lebenden Zellen zu beobachten. Die New York Times berichtete: „Man sieht, wie in Kanälchen oder Mikrofäden mit einem Durchmesser von 25 millionstel Millimeter Nähr- und Abfallstoffe gleichzeitig in entgegengesetzten Richtungen transportiert werden.“
Teleskope und Mikroskope sind somit wertvolle Werkzeuge. Sie haben dem Menschen Einblicke in die Welt vermittelt, in der er lebt. Erübrigt sich durch diese neuen Erkenntnisse der Glaube, oder ist er jetzt erst recht erforderlich?
[Herausgestellter Text auf Seite 4]
Die Zahl der Kugelsternhaufen, die zu unserem Milchstraßensystem gehören, wird auf zweihundert geschätzt, und jeder enthält Tausende bis Hunderttausende von Sternen
[Bild auf Seite 5]
Teleskope haben dem Menschen die Erkenntnis vermittelt, daß es im Weltall Milliarden von Galaxien gibt, die ihrerseits wiederum aus Milliarden von Sternen bestehen
[Bilder auf Seite 6]
Ein kleiner Blutstropfen enthält Millionen rote Blutkörperchen, und jedes dieser Blutkörperchen besteht aus Millionen von Hämoglobinmolekülen, die sich ihrerseits aus je 10 000 Atomen zusammensetzen
Ein Kaffeelöffel voll Humus enthält Milliarden von Mikrolebewesen
[Bild auf Seite 7]
Die Geißeln dieser Bakterie rotieren wie ein Ventilator. Man hat ermittelt, daß sie 2 400 Umdrehungen pro Minute machen können.