Junge Leute fragen sich:
Sehe ich zuviel fern?
„Ich dachte, ich müßte sterben!“ sagte ein Jugendlicher. Was für eine schreckliche Qual hatte er durchgemacht? Eine Woche ohne Fernsehen.
FÜR viele Jugendliche ist das Fernsehen möglicherweise zu einer gefährlichen Sucht geworden. Sucht? Vielleicht. Marie Winn erklärt in ihrem Buch Die Droge im Wohnzimmer: „Einem Süchtigen geht es nicht bloß um eine lustbetonte Erfahrung ... Er ist gezwungen, diese ständig zu wiederholen.“
Die Autorin führt aus: „Eine ernste Sucht unterscheidet sich von einem harmlosen Wunsch nach Vergnügen schließlich durch ihre ausgesprochen destruktiven Aspekte. So führt beispielsweise ein Heroinabhängiger ein reduziertes Leben: Sein wachsendes Verlangen nach Heroin in immer größeren Dosen hindert ihn daran zu arbeiten, Beziehungen aufrechtzuerhalten und sich als Mensch weiterzuentwickeln. In ähnlicher Weise verengt und enthumanisiert sich das Leben eines Trinkers durch seine Abhängigkeit von Alkohol.“
Wie steht es aber mit einem „Fernsehsüchtigen“? Könnte er ebenfalls ein „reduziertes Leben“ führen? Bevor diese Frage beantwortet wird, solltest du dir über folgendes Gedanken machen:
„Bin ich fernsehsüchtig?“
Rufe dir das erste Anzeichen für eine Sucht ins Gedächtnis zurück: das Verlangen, etwas wiederholt zu genießen. Nimm dir einige Minuten Zeit, und rechne auf einem Blatt Papier aus, wie viele Stunden du in der Woche fernsiehst. Oder versuche, eine Woche lang über die Stunden Buch zu führen, die du vor dem Fernsehgerät verbringst. Schaltest du es an, sobald du zu Hause bist? Wann stellst du es ab? Wie viele Sendungen pro Woche „mußt du einfach gesehen haben“? Das Ergebnis wird dich vielleicht erschrecken.
Umfragen haben ergeben, daß ein amerikanischer Jugendlicher im Alter von 18 Jahren im Durchschnitt 15 000 Stunden vor dem Fernsehgerät verbracht hat. Das bedeutet, daß Jugendliche im schulpflichtigen Alter täglich weit mehr als drei Stunden fernsehen. Diese Sucht beginnt anscheinend schon sehr früh, denn Kinder im Vorschulalter sitzen täglich oft über vier Stunden vor dem Bildschirm.
Aber woher nehmen Jugendliche all die Zeit zum Fernsehen? Der Autor Vance Packard bemerkt: „Am größten ist die Zahl der kleinen Zuschauer in der Stunde zwischen acht und neun Uhr abends — vermutlich der Hauptgrund dafür, daß die TV-Anstalten zu dieser Tageszeit gern und oft Sendungen von recht kindlichem Niveau ins Programm nehmen. ... Ungefähr 1 Million amerikanischer Kinder sitzen noch zwischen Mitternacht und 1 Uhr morgens vor dem Bildschirm, wenn die allermeisten erwachsenen Amerikaner schon längst schlafen.“
Sicher müssen viele Jugendliche zugeben, fernsehsüchtig zu sein. Wie steht es nun mit dem Schaden, den diese Sucht zwangsläufig mit sich bringt? Im folgenden werden nur einige Probleme erwähnt, die durch übermäßiges Fernsehen entstehen können:
● SCHLECHTERE NOTEN: Das US-Institut für Psychohygiene berichtet, daß zwischen einem niedrigeren IQ, geringerer Phantasie, mangelnder Kreativität und übermäßigem Fernsehen wohl ein Zusammenhang besteht. In dem Bericht heißt es weiter: „Das Ergebnis fast aller Untersuchungen war, daß Kinder ab der vierten Klasse, die viel fernsehen, im allgemeinen geringere schulische Leistungen bringen, und zwar besonders beim Lesen.“ Dafür könnte es verschiedene Gründe geben.
Ein Jugendlicher namens Richard sagt: „Ich denke, das Fernsehen hat mir mehr geschadet als genützt, denn anstatt meine Zeit für das Lernen zu verwenden, habe ich sie vor dem Fernseher vertan.“ Andere meinen hingegen, das Medium an sich sei dem Lernen hinderlich. Paul Copperman behauptet in seinem Buch The Literacy Hoax: „Die Wirkung des Fernsehens auf Kinder besteht darin, daß bei ihnen die Erwartung entsteht, Lernen sei leicht, passiv und unterhaltsam.“ Ein Fernsehsüchtiger empfindet daher das Lernen womöglich als eine Qual.
● MAN LIEST WENIGER: Wann hast du das letzte Mal ein Buch zur Hand genommen und es von vorn bis hinten durchgelesen? Ein Sprecher der Buchhändlervereinigung in der Bundesrepublik Deutschland klagte: „Wir sind zu einer Nation von Menschen geworden, die nach der Arbeit nach Hause gehen und vor dem Fernsehgerät einschlafen. Wir lesen immer weniger.“ Warum? „Es ist einfacher, auf den Bildschirm zu starren und passiv zu lernen, als zu lesen, und gerade daran gewöhnen sich die Schüler.“ Ein Bericht aus Australien ist ebenfalls beunruhigend. „Im Durchschnitt kommen auf jede Stunde“, so behauptete ein Autor, „die ein australisches Kind dem Lesen widmet, sieben Stunden Fernsehen.“
„Aber kann man durch das Fernsehen nicht ebensoviel lernen?“ fragst du vielleicht. Zweifellos ist das Fernsehen in seiner Fähigkeit, dem Auge und dem Ohr Informationen rasch zu übermitteln, kaum zu übertreffen. Dennoch ist Fernsehen passiv. Lesen erfordert dagegen komplizierte geistige Vorgänge, denn Auge und Gehirn wirken zusammen, um geschriebene Symbole in Wörter umzuwandeln und Wörter in Gedanken. Lesen strengt den Geist an, während übermäßiges Fernsehen den Geist träge macht.
Bei christlichen Jugendlichen, die nicht lesen, sind die Folgen allerdings noch schwerwiegender. Die Bibel gebietet ihnen, „Tag und Nacht mit gedämpfter Stimme“ in Gottes Wort zu lesen (Josua 1:8). Alles, was dieser Gewohnheit abträglich ist, gefährdet ihr Verhältnis zu Gott.
● FAMILIENLEBEN BEEINTRÄCHTIGT: Eine Christin schreibt: „Übermäßiges Fernsehen ... hat mich einsam gemacht, und ich fühlte mich isoliert. Meine Angehörigen waren mir fremd geworden.“ Kommt es dir auch so vor, als würdest du wegen des Fernsehens weniger Zeit mit deiner Familie verbringen?
● FAULHEIT: Einige denken, die Passivität des Fernsehens „kann dazu führen, daß ... [ein Jugendlicher] die Erwartung hegt, ... [seine] Bedürfnisse würden ohne eigene Anstrengungen erfüllt werden, und daß er eine passive Haltung zum Leben einnimmt“.
Zweifellos kann dir zuviel Fernsehen zum Schaden sein. Doch wie es bei einer Sucht meistens der Fall ist, zögert man, sein Problem zuzugeben. Betrachte einmal die Erfahrung eines jungen Mannes namens Wyant, der offen zugibt:
„Ich war fernsehsüchtig“
Awake!: Wie alt waren Sie, als Sie vom Fernsehen abhängig wurden?
Wyant: Ungefähr zehn Jahre. Sobald ich von der Schule nach Hause kam,
schaltete ich den Fernseher an. Zuerst schaute ich mir die
Zeichentrickfilme und die Kindersendungen an. Dann kamen Nachrichten,
worauf ich nicht gerade versessen war. Also ging ich in die Küche und
suchte mir etwas zu essen. Danach setzte ich mich wieder vor den
Fernseher und schaute, bis ich müde war und schlafen ging.
Awake!: Mußten Sie nicht bei der Hausarbeit mithelfen?
Wyant: Meine Eltern waren nicht streng. Sie arbeiteten beide, und wenn meine
Mutter nach Hause kam, war sie zu müde, um irgend etwas zu tun. Sie
überließ das Kochen meinen Schwestern. Und mein Vater kam manchmal
erst gegen neun oder zehn Uhr abends nach Hause.
Awake!: Aber wann hatten Sie Zeit für Ihre Freunde?
Wyant: Der Fernseher war mein Freund.
Awake!: Hatten Sie nie Zeit zum Spielen oder für den Sport?
Wyant: [Lachend] Ich bin kein Athlet. Da ich die ganze Zeit vor dem Fernseher
saß, konnte ich nie einer werden. Ich bin ein miserabler
Basketballspieler. Und im Turnen war ich immer der letzte, der gewählt
wurde. Es wäre aber besser gewesen, ich hätte mich ein wenig mehr
sportlich betätigt — nicht um mich großzutun, sondern einfach, um ein
bißchen Spaß zu haben.
Awake!: Wie stand es mit Ihren Noten?
Wyant: In den unteren Klassen kam ich einigermaßen zurecht. Ich blieb lange
auf und machte meine Hausaufgaben in der letzten Minute. Aber in der
High-School wurde es schwieriger, weil ich es nicht gewohnt war zu
lernen.
Awake!: Hat sich all das Fernsehen auch anderweitig auf Sie ausgewirkt?
Wyant: Ja. Wenn ich unter Menschen bin, stelle ich manchmal fest, daß ich sie
nur betrachte — so, als ob ich mir eine Talk-Show im Fernsehen
anschauen würde —, anstatt mich an der Unterhaltung zu beteiligen. Ich
wünschte, ich könnte mich anderen besser mitteilen.
Awake!: In diesem Gespräch haben Sie gute Gedanken geäußert. Offensichtlich
haben Sie diese Sucht überwunden.
Wie Wyant und andere dies fertigbrachten, wird in einem demnächst erscheinenden Artikel behandelt werden. Denke in der Zwischenzeit ernsthaft darüber nach, wie oft du fernsiehst. Das Fernsehen mag, wenn es im Rahmen gehalten wird, seine Berechtigung haben. Aber wer nach biblischen Grundsätzen leben möchte, erkennt, wie gefährlich es ist, zuviel fernzusehen. Was das betrifft, solltest du die Einstellung des Apostels Paulus haben, der sagte: „Ich will in keine Art von Abhängigkeit geraten“ (Kursivschrift von uns) (1. Korinther 6:12, Pfäfflin).
[Bilder auf Seite 23]
Ähnlich wie ein Alkoholiker die Kontrolle über das Trinken verliert, verlieren einige die Kontrolle über die Zeit, die sie vor dem Fernseher verbringen