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Erwachet! 1986
g86 22. 5. S. 25-27

Die Große Mauer — Monument für den Traum eines Kaisers

EINES Tages war es soweit. Ein Mann ordnete an, das Grundstück seines Hauses durch eine Mauer zu schützen. Der Mann war ein Kaiser. Und sein Grundstück? Ganz China! Wer war dieser Monarch? Und warum machte er sein ganzes Reich mobil, um einen solchen Wall zu errichten?

Die Antworten auf diese Fragen erfordern einen Rückblick in eine Periode der chinesischen Geschichte, die als die Zeit der „Streitenden Reiche“ bezeichnet wird (403 bis 222 v. u. Z.). Dabei ist im Sinn zu behalten, daß historische Tatsachen und Legende zuweilen schwer zu unterscheiden sind. China war in viele kleine Reiche oder Staaten zersplittert, die ständig miteinander im Kampf lagen. Verschlimmert wurde die verworrene Lage noch dadurch, daß wiederholt Horden grausamer „Barbaren“ von Norden her eindrangen, um die Ernte des fruchtbaren Südens zu plündern. Viele Staaten entschlossen sich zu ihrem Schutz zum Bau von Befestigungsanlagen.

Durch die Wirren dieser politischen Machtkämpfe blieb es anfangs unbemerkt, daß sich ein unscheinbarer chinesischer Staat mit dem Namen Ch’in immer mehr ausdehnte. Doch dieser angriffslustige, von den chinesischen Feudalherren verachtete Staat überwand ein Land nach dem andern bis auf sechs der miteinander im Streit liegenden Reiche.

Dann, im Jahre 246 v. u. Z., kam in Ch’in der 13jährige Prinz Cheng an die Macht. Ihm schwebte vor, mit eisernem Zepter ein Imperium zu errichten, und er zauderte nicht, gegen die anderen Reiche auszuziehen. Um das Jahr 221 v. u. Z. unterlag der letzte chinesische König dem Heer Ch’ins. Letztlich hatte der König von Ch’in erreicht, wovon die chinesischen Könige vor ihm nicht zu träumen gewagt hatten. Er war Herrscher von China — von ganz China! Der siegreiche Cheng nahm einen neuen Titel an: Ch’in Shih Huang Ti oder Erhabener Kaiser des Anfangs der Ch’indynastie.

Shih Huang Ti wurde von dem Ehrgeiz getrieben, sein Reich zu einigen, und er war von einem egozentrischen Unsterblichkeitswahn besessen. Einerseits pries man ihn wegen seiner staatsmännischen Genialität. Er zentralisierte die Regierung, vereinheitlichte die chinesische Schrift und Sprache, reformierte das Zahlungswesen und baute von seiner Hauptstadt Sienyang aus sternförmig breite Straßen ins Land.

Andererseits enthüllt die Geschichte auch eine Schattenseite dieses Mannes. Shih Huang Ti fürchtete sich vor dem Tod. Mehrere Mordanschläge auf ihn steigerten seine Furcht bis zur Hysterie. Darum ordnete er den Bau zahlreicher kaiserlicher Residenzen an — schließlich gab es in der Umgebung der Hauptstadt allein 270 davon. Alle waren durch Geheimgänge miteinander verbunden, damit sich der ruhelose Kaiser, der jede Nacht woanders schlief, unbeobachtet bewegen konnte.

Traum eines Herrschers, Alptraum eines Reiches

Gemäß der offiziellen chinesischen Geschichte kam Ch’in Shih Huang Ti 214 v. u. Z. auf die Idee, die gesamte Nordgrenze seines Reiches abzuriegeln. Man stelle sich vor, wie der Kaiser seinen Hofbaumeistern aufgeregt ein glänzendes Bild seiner jüngsten Phantasie vor Augen führte. „Wir bauen eine Mauer!“ hat er angeblich verkündet. Der Verteidigungswall sollte an zahlreichen Abschnitten bis zu 7,2 Meter hoch werden, und oben sollte er so breit sein, daß acht Soldaten nebeneinander marschieren könnten. Diese unvorstellbar schwere Aufgabe fiel dem tüchtigen Meng T’ien zu, einem der hervorragendsten Generäle Ch’ins. Er mobilisierte seine Armee und trieb die Massen an, den Traum seines Gebieters wahr werden zu lassen.

Da die Mauer vorgeblich als Verteidigungswall gegen die gefürchteten Eindringlinge aus dem Norden dienen sollte, wurden Wachttürme benötigt, um die Feindbewegungen über die ganze Länge zu überwachen. Daher ging Meng T’ien daran, große Türme zu bauen, deren Querschnitt sich von 12 Metern im Quadrat am Fuß auf 9 Meter im Quadrat nach oben verjüngte. Sie waren gerade so weit voneinander entfernt, daß Bogenschützen von den Türmen aus jeden Zentimeter der Mauer verteidigen konnten. Insgesamt 25 000 Türme ragten in die Höhe, bergauf, bergab über die ganze Breite des Landes.

Wo es möglich war, bezog Meng T’ien die Befestigungsanlagen früherer Staaten mit ein und verband diese zu einer Befestigungsanlage, die die Chinesen später Wan Li Ch’ang Ch’eng oder Mauer der 10 000 Li nannten (ein chinesisches Li ist rund 500 Meter lang). Die Mauer an sich ist aber nicht 5 000 Kilometer, sondern nur rund 3 000 Kilometer lang. Spätere Generationen verlängerten den sich schlängelnden Wall in viele Richtungen und bauten Zweigmauern. Neueste Erkundungen der chinesischen Regierung, „bei denen Mauerreste in abgelegenen Gebirgsgegenden aufgespürt wurden, haben ergeben, daß die tatsächliche Länge ungefähr 10 000 Kilometer betrug“, heißt es in der Zeitschrift China Reconstructs.

Allem Anschein nach hatten Teilstücke der Mauer Fundamente aus riesigen Granitblöcken von 4,2 Meter Länge und 1,2 Meter Breite. Darauf standen 60 Zentimeter bis 2,5 Meter dicke Seitenwände, ähnlich der Bauweise, die im 16. Jahrhundert unter der Mingdynastie angewandt wurde. Den Raum zwischen den Seitenwänden stampfte man mit Erdreich zu, und die Krone, die als Weg diente, pflasterte man mit Ziegelsteinen. Westwärts durchzog die Mauer eine weiträumige, fruchtbare Ebene, in der kaum Steine zu finden waren. Den Bauleuten blieb nichts anderes übrig, als das vorhandene Baumaterial zu verwenden — den feinen gelben Boden oder Lößboden. Manche Abschnitte wurden gebaut, indem man angefeuchteten Lößboden in Fachwerkrahmen füllte. Andere Teile der Mauer schuf man einfach dadurch, daß man mit dem Lößboden einen Erdwall aufschüttete. Davon sind heute nur noch kärgliche Reste übrig.

Die Große Mauer schlängelte sich auf die höchsten Bergrücken Chinas hinauf, fiel jäh in die tiefsten Täler und zog sich durch heiße Wüstenebenen. Im Osten machten eisige Winde und dichte Schneestürme die Arbeit zur Qual. Im Westen brannte die Wüstensonne gnadenlos auf die Arbeiter nieder, und schneidende Sandstürme fegten über sie hinweg. Das Bauwerk ist ein stummer Zeuge der Qual Hunderttausender Zwangsarbeiter, die sich bis zur Erschöpfung abplagten. Wer von ihnen zu langsam arbeitete, wurde zusammen mit den Leichnamen derer, die vor Hunger oder vor Entkräftung gestorben waren, lebendig in einen der Gräben geworfen, die man für die Fundamente ausgehoben hatte. Mit den ungefähr 400 000 Toten, die der Bau der Mauer gefordert hat, brachte sie es als „der längste Friedhof der Welt“ zu einer traurigen Berühmtheit.

Unter den Opfern waren viele chinesische Intellektuelle, die als Bedrohung für die politische Stabilität des Imperiums gebrandmarkt wurden. Ihr feudalistisches Gedankengut und ihre Kritik an den durchgreifenden Reformen des Kaisers führten 213 v. u. Z. zu der berüchtigten Bücherverbrennung und Hinrichtung von Literaten. All das bewirkte, daß Ch’in Shih Huang Ti mit einem schlechten Ruf in die Geschichte einging. Bis auf den heutigen Tag werden in Balladen die Toten, die der Bau der Mauer forderte, beklagt. Wirklich ein Alptraum!

Eine Dynastie zerfällt

Eine Frage ist aber noch unbeantwortet. Warum setzte ein Kaiser alle Kräfte seines Reiches für ein solches Projekt ein? Oberflächlich betrachtet, war der Schutz vor Feinden der Grund. Und tatsächlich konnten Nomaden mit Erfolg ferngehalten werden, wenigstens eine Zeitlang. Man halte aber einen Augenblick inne und rufe sich ins Gedächtnis zurück, wie das Reich Ch’ins zu seiner Blütezeit aussah: Ein mächtiges, siegreiches Militär hatte alles in seiner Reichweite Liegende erobert. Wie sollte das militärische Potential jetzt eingesetzt werden? Womöglich fürchtete sich der Kaiser mehr vor seiner riesigen Armee und deren Tatendrang als vor den Nomaden.

Der Bau der Mauer erwies sich alles in allem als Todesstreich für das Reich. Südlich der Mauer begannen sich rebellische Heere zu formieren. Aufgrund der erdrückenden Steuerlasten, die zur Finanzierung des ausgefallenen kaiserlichen Projekts den Bauern aufgebürdet wurden, brachen Aufstände aus. Der Mann, der so sehr um Unsterblichkeit bemüht war, starb im Jahre 210 v. u. Z. Die folgenden Machtkämpfe hinterließen ein zerfallenes Reich. Die mächtige Ch’indynastie regierte nur 14 Jahre, von 221 bis 207 v. u. Z. Doch in dieser kurzen Herrschaftszeit spielten sich einige der wichtigsten Ereignisse in China ab.

Ch’in konnte dem größten Feind des Menschen, dem Tod, nicht entrinnen. Auch von seiner Mauer blieb nicht viel übrig, einem Bauwerk, das für die Millionen Zwangsarbeiter, die den Traum eines Kaisers Wirklichkeit werden ließen, ein Denkmal hätte sein können. Die eindrucksvollen Mauerabschnitte, die Touristen heute bestaunen, wurden erst im 16. Jahrhundert von Wan Li, einem Kaiser der Mingdynastie, erbaut.

[Kasten auf Seite 27]

Wie groß war die Große Mauer?

◻ Die ursprüngliche Mauer würde vom Pazifischen Ozean über die Rocky Mountains hinweg bis hin zum Mississippi reichen oder von der äußersten Spitze der Bretagne in Frankreich quer durch Europa bis nach Moskau.

◻ Die Große Mauer bestand aus so viel Material, daß man damit eine 2,40 Meter hohe, 90 Zentimeter dicke Mauer bauen könnte, die den Äquator umgürten würde — eine Länge von 40 000 Kilometern.

[Karte auf Seite 26]

(Genaue Textanordnung in der gedruckten Ausgabe)

MONGOLEI

CHINA

Jiayuguan

Lintao

Yanmenguan

Shanhaiguan

KOREA

■ — Die Große Mauer während der Herrschaft von Ch’in Shih Huang Ti

● — Die Große Mauer der Mingdynastie

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