Hochwasser und Dürre — Von Gott?
„MIR wird schwindlig, und mein Leib fühlt sich kalt an.“ So versuchte die Afrikanerin einem Erwachet!-Reporter die Symptome zu beschreiben, die der Hunger hervorruft. Ein anderer Bewohner einer Dürreregion Südafrikas erklärte: „Unsere Kräfte schwinden so sehr, daß wir weder lachen noch weinen, noch sehen, noch atmen können.“
Allein in Afrika befanden sich vor nicht allzu langer Zeit schätzungsweise 35 Millionen Menschen in einer solch mißlichen Lage. Sie waren Opfer einer Dürrekatastrophe, die sich auf den ganzen Kontinent auszuweiten drohte.
Ein derart großes Elend blieb nicht unbemerkt. Grausige Bilder von verhungernden Frauen und Kindern — oft bis auf die Knochen abgemagert — gingen durch Fernsehen und Presse und lösten massive Hilfsaktionen aus. Doch die Maßnahmen reichten für die Hungernden bei weitem nicht aus, und für viele kamen sie zu spät. Ladungen von Hilfsgütern können weder jemandem das Leben zurückgeben noch wirtschaftlich ruinierten Bauern den verlorenen Wohlstand.
Aber während an einem Ort die Menschen mit ausgedörrten Lippen um einen Tropfen Regen flehen, werden sie woanders von einer Naturkatastrophe heimgesucht, die, wie manche meinen, Leben und Besitz noch mehr gefährdet: Hochwasser. In dem Buch Historical Catastrophes: Famines (Historische Katastrophen: Hungersnöte) heißt es: „Nicht wenige der bedeutenderen Ernteverluste ... werden durch ein Zuviel an Wasser verursacht.“
Zum Beispiel schlängelt sich Chinas Gelber Fluß wie eine Autobahn auf einem aufgeschütteten Erdwall in Richtung Meer. Die Bauern im tiefer liegenden Flachland beiderseits der Ufer leben im Schutz der Deiche. Bei Hochwasser brechen diese Dämme jedoch hin und wieder, und das Wasser verwüstet das flache Land. Im Laufe der Jahrhunderte sind am Gelben Fluß etwa zehn Millionen Chinesen durch Hochwasser ums Leben gekommen. Dadurch hat sich der Fluß den traurigen Ruf erworben, mehr menschliches Leid verursacht zu haben als irgendeine Naturkatastrophe.
Der Mensch kann trotz seiner technologischen Kenntnisse Hochwasserkatastrophen und Dürren nicht entrinnen. Selbst wer die entsetzlichen Auswirkungen nicht am eigenen Leib zu spüren bekommt, wird davon berührt, denn Hochwasser und Dürre sind sichere Vorboten von Nahrungsmittelknappheit, die dann ihrerseits die Preise in schwindelerregende Höhen klettern läßt. Der Mensch steht diesen Katastrophen so wehrlos gegenüber, daß er sie allgemein als von Gott kommend ansieht. Ist eine solche Ansicht aber richtig?
Wer ist verantwortlich?
Earthscan, „ein Nachrichten- und Informationsdienst für globale Entwicklungs- und Umweltfragen“, veröffentlichte einen Bericht mit dem Titel Natural Disasters—Acts of God or Acts of Man? (Naturkatastrophen — Von Gott oder von Menschen?). Darin werden Daten vorgelegt, die zeigen, daß die Zahl der gemeldeten Hochwasserkatastrophen weltweit von jährlich 15,1 in den 60er Jahren auf 22,2 in den 70er Jahren angestiegen ist. Parallel dazu stieg die Zahl der Dürreperioden von 5,2 auf 9,7 jährlich. Weit alarmierender ist jedoch die Tatsache, daß sich die Zahl der Todesopfer, die diese Katastrophen gefordert haben, mehr als versechsfacht hat.
In dem Earthscan-Bericht heißt es weiter: „Immer mehr Katastrophen sind auf menschliches Verschulden zurückzuführen. Manche (Hochwasser, Dürren und Hungersnöte) werden häufiger durch Umweltsünden und Raubbau an der Natur ausgelöst als durch zuviel oder zuwenig Niederschläge. ... Katastrophen sind vermeidbare soziale und politische Ereignisse, die auch oft verhütet werden. In der dritten Welt, wo die Armut die Menschen zwingt, an ihrem Land Raubbau zu treiben und in Gefahrenzonen zu leben, fordern Katastrophen einen immer höheren Tribut.“
Anhand einiger Beispiele ist zu erkennen, daß der Mensch das, was er als von Gott kommend ansieht, oft selbst hervorgerufen hat. An einem Maiabend im Jahre 1943 stürzten in Deutschland etwa 300 Millionen Kubikmeter Wasser zu Tal. Hatte Gott die Wassermassen entfesselt? Nein. Es waren britische Flugzeuge, die die Mauern der Möhne- und der Edertalsperre bombardiert hatten. Rund 1 300 Menschen, meist Zivilisten, kamen in den Fluten ums Leben.
Nur fünf Jahre zuvor ereignete sich eine Katastrophe, die sich, wie manche glauben, sogar weit verheerender auswirkte als der Abwurf der Atombomben auf Hiroschima und Nagasaki. In einem Kommentar zu einem Bericht des Internationalen Friedensforschungsinstituts Stockholm (SIPRI) schrieb die Zeitschrift New Scientist: „Was die japanischen Truppen, die 1938 in China vordrangen, aufhielt, war die Sprengung des Huayuankow-Deichs am Gelben Fluß; allerdings ertranken auch Hunderttausende Chinesen.“ Millionen wurden obdachlos.
In ähnlichem Sinne klagt eine afrikanische Zeitschrift an: „Für den Ausbruch [der Dürre] kann nicht durchweg dem Wetter die Schuld gegeben werden. ... Kriege vom Horn von Afrika bis zur Atlantikküste und zurück nach Moçambique haben die Bauern von ihren Feldern vertrieben.“ Die Dürre in Äthiopien zum Beispiel ist durch den jahrelangen Bürgerkrieg, der viel Weideland zerstört hat, noch verschärft worden.
Gott oder Habgier?
Dank moderner Technologien kann man heute unübersehbare Landflächen bewirtschaften — selbst Flächen, von deren landwirtschaftlicher Nutzung Ökologen ganz und gar abraten. Bezug nehmend auf die Präriegebiete Nordamerikas, erklärte die Zeitschrift National Geographic: „Spekulanten und wirtschaftlich in Not geratene Viehzüchter haben Hunderttausende Hektar Weideland umgepflügt, um Weizen anzubauen ... Wenn der Boden trocken ist, wird er leicht vom Wind davongetragen, und es ist nur eine Frage der Zeit, wann in den Präriegebieten eine lang anhaltende Dürre einsetzt wie einst in der ‚Staubschüssel‘ [ein in den 30er Jahren von Trockenheit geplagtes Gebiet in den USA].“
In dieser Region ist das Weideland teilweise bereits bis in Höhe der Zaunpfähle mit Erdreich überzogen. Ein Viehzüchter, der selbst davon betroffen ist, meinte: „Das kommt nicht von Gott. Das ist die Folge von Habgier. Gott hat keinen Pflug.“ Mohandas Gandhi formulierte es treffend, indem er sagte: „Es gibt genug für jedermanns Bedarf, aber nicht für jedermanns Habgier.“
Für andere sind wiederum die Viehzüchter die Habgierigen. Manche Züchter halten so viel Vieh, daß das Land überweidet wird. Das mag jahrelang gutgehen, aber das Land kann sich nach Einsetzen einer Trockenperiode in eine bleibende Wüste verwandeln. Man vergesse nicht, was mit Gebieten am Rand der Sahara geschah. Anfang unseres Jahrhunderts grub man dort Tausende von Brunnen, um mehr Wasser zu haben. Die afrikanischen Viehzüchter konnten ihren Viehbestand vergrößern und frohlockten. Aber nicht lange, denn es gab nicht genug Weideland für die großen Herden.
„Der Sahel war schon in Mitleidenschaft gezogen, bevor 1968 die Dürre einsetzte“, heißt es in dem Buch Our Hungry Earth—The World Food Crisis (Unsere hungernde Erde — Die Welternährungskrise). „War das Gras verdorrt, fällten die Hirten Bäume, damit die Tiere das Laub fressen konnten. Die Dürre dauerte an, und die Weiden und Felder der Bauern verwandelten sich allmählich in Wüste.“ Die Sahara hat sich nach Angaben der Zeitschrift New Scientist „in den vergangenen 50 Jahren über eine Fläche von 650 000 Quadratkilometern weiter nach Süden ausgebreitet“. Das übertrifft die Größe der Iberischen Halbinsel.
Hinzu kommt, daß bei der Erschließung von Gebieten ungeachtet der ökologischen Folgen ganze Wälder gerodet werden. „Weltweit gesehen“, sagte Professor Hanks, Direktor des Instituts für Naturreichtümer (Pietermaritzburg, Südafrika), „werden, wenn man diesen Satz zu Ende gelesen hat, 3 Hektar Wald verschwunden sein. ... Es geht um mehr als um das Verschwenden von Bäumen zur Verwendung als Heiz- und Baumaterial. Die Entwaldung unterbricht gut funktionierende Wasserkreisläufe, führt zur Verschlammung von Bächen und Flüssen, zum Absinken des Grundwasserspiegels, zu größeren Überflutungen und zur Verschärfung der Wasserknappheit in Trockenperioden.“
Ein anschauliches Beispiel dafür liefert das Himalajagebirge. „Die Wälder am Fuß der Berge sind im Schwinden begriffen“, wird in dem Buch Our Hungry Earth—The World Food Crisis gesagt. „Größere Schäden durch Überflutungen in Südasien sind die Folge. Im Jahre 1973 wurden in Pakistan Unmengen von gelagertem Getreide weggeschwemmt. Und 1974 richtete das Hochwasser in Bangladesch und Indien fast ebenso hohe Schäden an wie die Dürre.“
Eine Strafe Gottes?
Man versteht, warum die Verfasser des zuvor zitierten Earthscan-Berichts zu dem Schluß gelangt sind, daß der Mensch — nicht Gott — für die katastrophalen Auswirkungen von Hochwasser und Dürre verantwortlich ist. Der Mensch hat zwar keine Gewalt über das Wetter, dennoch hört man nicht selten, daß seine Eingriffe in die Umwelt, beispielsweise durch Kernwaffentests, das Wetter verändert hätten. In dem Earthscan-Bericht wird jedoch festgestellt:
„Die Menschen greifen in ihre Umwelt ein, als hätten sie es darauf angelegt, diese für manche Arten von Katastrophen anfälliger zu machen, und benehmen sich so, als wollten sie sich solchen Verheerungen noch mehr preisgeben. Die wachsende Bevölkerung der dritten Welt sieht keinen anderen Ausweg, als ihr Land zu überkultivieren, zu entwalden und allgemein Raubbau zu treiben, wodurch es sowohl dem Hochwasser als auch der Dürre immer mehr ausgeliefert wird.“
Der eine oder andere fragt sich vielleicht: „Ist es denn ausgeschlossen, daß Gott wegen der Mißwirtschaft, die mit der Erde getrieben wird, Katastrophen wie diese als Strafe über die Menschheit bringt? Zeigt die Heilige Schrift nicht, daß Gott früher solche Katastrophen über die Menschen kommen ließ?“ Man bedenke aber, daß der von Gott verursachten Flut der Tage Noahs eine Warnung vorausging. Gott sorgte dafür, daß der gerechte Noah mit seiner Familie vor dem Tod bewahrt wurde (1. Mose 6:13, 14, 17). Das kann mit Bezug auf Naturkatastrophen in neuerer Zeit nicht behauptet werden, zumal hin und wieder selbst treue Diener Gottes schwer betroffen wurden oder sogar ihr Leben verloren.
Das bedeutet allerdings nicht, daß Gott teilnahmslos zusieht, wie der Mensch die Erde ruiniert. Die Bibel zeigt, daß Gott zur fälligen Zeit durch sein Königreich Vergeltung üben wird. Sie schildert das wie folgt: „In den Tagen dieser Könige [der heutigen Regierungen] wird der Gott des Himmels ein Königreich [seine himmlische Regierung] aufrichten, das nie zugrunde gerichtet werden wird. ... Es wird alle diese Königreiche zermalmen und ihnen ein Ende bereiten, und selbst wird es für unabsehbare Zeiten bestehen“ (Daniel 2:44).
Wahre Christen erwarten schon seit Jahrhunderten das Königreich Gottes. Jesus hat sie ja gelehrt zu beten: „Vater, dein ... Königreich komme“ (Lukas 11:2). Gibt es einen berechtigten Grund, zu glauben, daß eine himmlische Regierung Überschwemmungen und Dürren Einhalt gebieten kann? Ohne Zweifel. Die Versuche, die Wissenschaftler angestellt haben, um das Wetter zu beeinflussen, sind bisher fehlgeschlagen. Doch der Schöpfer hat die Macht, das Wetter zu regulieren. Seinem Volk der alten Zeit gab er das Versprechen: „Ich [werde] bestimmt eure Regenschauer zu ihrer rechten Zeit geben, und das Land wird wirklich seinen Ertrag geben, und der Baum des Feldes wird seine Frucht geben“ (3. Mose 26:4).
Der auferstandene Jesus Christus, von Gott zum König dieser himmlischen Regierung ernannt, hat bereits demonstriert, daß er auch Gewalt über das Wetter besitzt. Die Bibel berichtet davon, daß einmal ein „heftiger Windsturm“ losbrach. Jesus schlief fest und wurde wachgerüttelt. Dann richtete er sich auf, „schalt den Wind und sprach zum Meer: ‚Schweig! Sei still!‘“ Die Folge: „Der Wind legte sich, und eine große Stille trat ein.“ Von Furcht befallen, rätselten seine Jünger: „Wer ist denn dieser, daß ihm sogar der Wind und das Meer gehorchen?“ (Markus 4:36-41).
Unter der Herrschaft des Königreiches Gottes wird das Wetter wie damals Jesu Befehlen folgen und daher vollkommen im Gleichgewicht bleiben. Und die Ökologie der Erde — wie wird es darum bestellt sein? Gewinnsüchtige Menschen, die die Wälder der Erde abholzen oder die Luft verpesten, wird es nicht mehr geben. Die Bibel verheißt: „Die Erde wird gewißlich erfüllt sein mit der Erkenntnis Jehovas, wie die Wasser das ganze Meer bedecken“ (Jesaja 11:9). Unter dieser Herrschaft werden die Menschen es zweifellos lernen, Häuser zu bauen und die Erde zu erschließen, ohne die ökologischen Kreisläufe zu unterbrechen (Jesaja 65:21). Die Erde wird also in eine wunderbare Wohnstätte verwandelt werden — in ein wahres Paradies! (Lukas 23:43).
[Bild auf Seite 18]
Warum das schnelle Vordringen der Wüsten wie hier in Afrika?
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Foto: FAO