Wachtturm ONLINE-BIBLIOTHEK
Wachtturm
ONLINE-BIBLIOTHEK
Deutsch
  • BIBEL
  • PUBLIKATIONEN
  • ZUSAMMENKÜNFTE
  • g88 8. 3. S. 14-17
  • Die Dampflokomotive lebt weiter

Kein Video für diese Auswahl verfügbar.

Beim Laden des Videos ist ein Fehler aufgetreten.

  • Die Dampflokomotive lebt weiter
  • Erwachet! 1988
  • Zwischentitel
  • Ähnliches Material
  • Die Faszination des Dampfbetriebs
  • Museumsdampf
  • Eine Fahrt mit der Bluebell Railway
  • Wieder Dampf auf Hauptstrecken?
  • Hat die Eisenbahn eine Zukunft?
    Erwachet! 1998
  • Die indische Eisenbahn — Ein Riese erstreckt sich über ein ganzes Land
    Erwachet! 2002
  • Energie aus der Erde
    Erwachet! 2002
  • Nutzbar gemacht: Dampf aus der Erde
    Erwachet! 1978
Hier mehr
Erwachet! 1988
g88 8. 3. S. 14-17

Die Dampflokomotive lebt weiter

EIN schrilles Pfeifen zerreißt die ländliche Ruhe in der englischen Grafschaft Sussex. Es zischt und stampft. In eine Dampfwolke gehüllt, rollt plötzlich ein mechanisches Ungetüm aus einem nahen Lokschuppen.

Nein, es ist kein Traum! Das kann man auch in den 80er Jahren noch erleben. Ich will mit der Eisenbahn von Sheffield Park nach Horsted Keynes fahren, das etwa 7 km in nördlicher Richtung liegt. Eine Dampflokomotive wird auf dieser Fahrt den Zug ziehen.

Die Faszination des Dampfbetriebs

Der Höhepunkt des Dampfbetriebs liegt schon etwa 50 Jahre zurück. Inzwischen hat sich in den meisten Ländern der Diesel- und Elektroantrieb durchgesetzt. Doch auch heute noch schlagen Dampfzüge die Menschen in ihren Bann, und gemäß dem Buch Railways for Pleasure gibt es in keinem Land der Welt im Verhältnis gesehen so viele Eisenbahnbegeisterte wie in Großbritannien. Schätzungsweise vier Millionen Männer, Frauen und Kinder „haben mehr als nur ein flüchtiges Interesse an der Eisenbahn, insbesondre an Dampflokomotiven“. Warum?

Seit Richard Trevithick (1771—1833), der aus Cornwall stammte, die Dampfkraft zum Ziehen von Gütern nutzbar machte, betrachten Anhänger der Dampftraktion die Lokomotive als „eine der romantischsten und schönsten Maschinen, die je gebaut wurden“, ja als die „beziehungsreichste der menschlichen Schöpfungen“. „Enthusiasten und Nichtfachleute können sich gleichermaßen dafür begeistern.“ Seit den Anfangstagen des Eisenbahnverkehrs in Großbritannien, wo im Jahre 1825 die Strecke von Stockton nach Darlington mit der von George Stephenson gebauten Locomotion eröffnet wurde, haben Eisenbahnfreunde die Strecken „aus reiner Freude an der Fahrt bereist“. Doch wie kommt es, daß man sich für etwas, was andere als ein veraltetes Transportmittel betrachten mögen, so begeistert?

Bei denjenigen, die sich noch an die Zeit der Dampfzüge erinnern können, spielt die Nostalgie eine Rolle. Für die Jüngeren, die nie eine Fahrt mit der Dampfeisenbahn erlebt haben, ist es etwas völlig Neues, sich von den geräuschvollen Kolossen vergangener Eisenbahnepochen fortbewegen zu lassen. Im Vorwort zu dem Buch Symphony in Steam schreibt O. S. Nock dieses Interesse „der uns allen innewohnenden Sentimentalität“ zu. Die Zeitschrift Railway World kommt zu demselben Schluß und beschreibt den durchschnittlichen Eisenbahnfreund als einen „unheilbar romantisch veranlagten“ Menschen. Doch worauf beruht die Anziehungskraft? „Man kann die Kräfte einer Dampflokomotive sehen und spüren“, sagte ein Eisenbahnbegeisterter. „Sie hat etwas Lebendiges an sich.“ Ein anderer erklärte: „Für mich ist es der Geruch.“

Museumsdampf

Im August 1968 endete der Dampfbetrieb auf den Gleisen der britischen Staatsbahn. Da der thermische Wirkungsgrad von Dampflokomotiven selten 6 Prozent überschreitet, mußten sie wirtschaftlicheren Traktionsarten weichen. Bahnbetriebswerke, in denen einst berühmte Dampflokomotiven beheimatet waren, wurden nicht mehr gebraucht. Hunderte von Lokomotiven wurden als Schrott verkauft. Das Dampfzeitalter schien ein für allemal zu Ende zu sein. Allerdings hatten die Eisenbahnverwaltungen bei ihren Planungen nicht mit dem leidenschaftlichen Interesse der Eisenbahnfreunde gerechnet. Wie der Autor Brian Hollingsworth schrieb, handelt es sich bei ihnen um Menschen, „die das Verschwinden der Züge, die sie liebten, als Verlust empfanden und daher die Idee aufgriffen, darauf hinzuarbeiten, etwas von der Atmosphäre früherer Zeiten zu retten“. Wie gingen sie dabei vor?

Einige kauften leerstehende Lokschuppen. Ein solcher Lokschuppen in Carnforth (Nordengland) gehört heute zum Beispiel zu einem Dampflokmuseum, das eine Fläche von insgesamt 15 Hektar einnimmt. Die unterschiedlichsten Dampflokomotiven ziehen zur Freude der Besucher auf einem kurzen Gleisstück abwechselnd die angekuppelten Wagen. Viele britische Museumsbahnvereine haben es sich jedoch zum Ziel gesetzt, das Vergnügen einer Dampffahrt auf Strecken zu bieten, die diese Maschinen früher regelmäßig befuhren.

Ein Schrottplatz in Südwales erregte die besondere Aufmerksamkeit der Eisenbahnbegeisterten, und er entwickelte sich zu einem „Mekka für Dampflokfans“, wie die Zeitung The Sunday Telegraph schrieb. Ein Viertel der ursprünglich 400 Maschinen, die als Schrott dorthin verkauft worden waren, konnte bis 1983 gerettet werden. In der Zeitschrift Steam Railway hieß es: „Die Rettung von Lokomotiven vor der Schrottverwertung in Barry sorgt heute zwar nicht mehr für Schlagzeilen, aber die Bemühungen gehen immer noch weiter.“ Das wird durch die Nachricht bestätigt, daß bis September 1985 die Zahl der unverkauften Maschinen auf 30 gesunken war und daß sich „für sie bis auf eine bereits Kaufinteressenten gemeldet hatten“.

Eine Dampflokomotive aufzuarbeiten ist jedoch weder leicht noch billig. Angesichts der Anschaffungskosten von umgerechnet etwa 15 000 Dollar können es sich nur wenige leisten, eine eigene Lokomotive zu kaufen, und die Aufarbeitung kann mit weiteren 30 000 Dollar zu Buche schlagen. Unbeeindruckt davon, tun sich jedoch Eisenbahnbegeisterte zusammen und kaufen solche Maschinen, um sie in ihrer Freizeit — an den Wochenenden und an anderen freien Tagen — wiederherzurichten. Bis 1983 wurden auf diese Weise etwa 1 000 Dampflokomotiven vor der Verschrottung bewahrt. Die hundert britischen Museumsbahnvereine, deren Ziel es ist, mit den geretteten Dampflokomotiven wieder Betrieb zu machen, besitzen inzwischen eigene Strecken von insgesamt 370 km Länge. Die Bluebell Railway war der Pionier auf normalspurigen Privatstrecken.

Eine Fahrt mit der Bluebell Railway

Die Fahrkarte in meiner Hand ist gültig für eine Fahrt von Sheffield Park nach Horsted Keynes und zurück. Ich stehe auf dem Bahnsteig, und mein Blick wandert gerade die Strecke entlang zum Lokschuppen, als die in Dampfschwaden gehüllte Lokomotive Nr. 488 der Baureihe 0415 langsam herausrollt. Überall begegnet man hier Relikten aus der Viktorianischen Zeit. Ein kleines Museum hat die Blütezeit des Dampfbetriebs mit Buntglasbildern seiner Pioniere — James Watt, George Stephenson und I. K. Brunel — eingefangen. Es beherbergt eine Ausstellung alter Eisenbahnfahrkarten, Uniformen, Fahrpläne, Lokomotivlaternen und Bahnwärterflaggen.

Inzwischen ist Lok Nr. 488 an den Zug angekuppelt worden. Als das Signal auf „freie Fahrt“ geht, pfeift der Aufsichtsbeamte und schwenkt eine grüne Flagge. Von der Spitze des Zuges ertönt als deutlich vernehmbare Antwort ein lauter Pfiff. Langsam setzt sich der Zug in Bewegung. Der Takt der zunächst fast unmerklichen, sanften Auf-und-ab-Bewegung, die Dampfzugpassagieren vertraut ist, wird zunehmend spürbar. Immer schneller wird das Rattern der Schienenstöße. Die Maschine dampft eine leichte Steigung hinauf.

Der Zug läßt den Bahnhof hinter sich und rollt durch die Frühlingslandschaft. Eine längere Steigungsstrecke verlangsamt seine Fahrt durch die grünen Getreidefelder. Es geht unter einer Steinbrücke hindurch und über eine Straße hinweg. Die Pfeife gibt ein Warnsignal, als wir eine Kurve durchfahren. Dann fährt der Zug durch einen Wald; die Dampfwolke zeigt die eingeschlagene Richtung an. Jetzt breitet sich entlang der Strecke ein wunderschöner Teppich aus Glockenblumen und Butterblumen aus. Die Glockenblumen (englisch bluebell) haben der Strecke ihren Namen gegeben. Schließlich werden die Passagiere noch einmal durchgeschüttelt, als sich die Maschine das letzte Stück der Strecke vor dem Bahnhof Horsted Keynes, das auf einem Bahndamm verläuft, hinaufmüht. Wir passieren wiederum ein Signal und laufen nach 20minütiger Fahrt standesgemäß zwischen den beiden Hauptbahnsteigen ein.

Wir haben etwas Zeit, uns in den restaurierten Bahnhofsgebäuden ein wenig umzusehen und am Bahnhofsbüfett kurz zu verweilen. Dann steigen wir wieder in den Zug ein und treten die Rückfahrt an. Die Lokomotive hat inzwischen umgesetzt und am anderen Ende des Zuges angekuppelt, um ihn in schneller Fahrt hinab nach Sheffield Park zu ziehen.

Die aussteigenden Fahrgäste werden von Schulkindern umringt, die sich auf einem Ausflug befinden und ihrer ersten Fahrt mit einem dampflokbespannten Zug entgegenblicken. Erwachsene sind mit Schmalfilm- und Videokameras bewaffnet, um den Beweis für die Fortdauer des Dampfzeitalters festzuhalten.

Wieder Dampf auf Hauptstrecken?

Der Erfolg der privat betriebenen Strecken hat der British Rail, der britischen Staatsbahn, zu denken gegeben. Einige der farbenprächtigen alten Dampflokkolosse kommen nun vor Ausflugssonderzügen auf normalspurigen Hauptstrecken zum Einsatz. Die berühmte dunkelblaue Mallard zum Beispiel, die 1938 die Rekordgeschwindigkeit von 203 km/h erreichte, stand unlängst zum erstenmal seit 1963 wieder unter Dampf, und zwar vor einem Zug, der vom National Railway Museum in York abfuhr, wo sie sonst ausgestellt ist.

Die Erhaltung des Dampfbetriebs auf Hauptstrecken läßt das Herz aller Eisenbahnfreunde höher schlagen. Zu Hunderten stehen sie an den Wochenenden auf den Bahnsteigen und warten gespannt auf das Herandonnern eines dampflokbespannten Schnellzuges. Neugierig werden die Hälse gereckt, wenn die Züge vorbeirauschen und den unleugbaren Beweis liefern, daß die Dampflokomotive weiterlebt. (Von unserem Korrespondenten in Großbritannien.)

[Bild auf Seite 17]

Oben: Nachbau der Locomotion, die im Jahre 1825 von George Stephenson & Co. für die erste öffentliche Eisenbahn mit Dampfbetrieb gebaut wurde

[Bildnachweis]

Beamish North of England Open-air Museum

[Bildnachweis auf Seite 15]

Beamish North of England Open-air Museum

[Bildnachweis auf Seite 16]

Fotos: The Bluebell Railway (England)

    Deutsche Publikationen (1950-2025)
    Abmelden
    Anmelden
    • Deutsch
    • Teilen
    • Einstellungen
    • Copyright © 2025 Watch Tower Bible and Tract Society of Pennsylvania
    • Nutzungsbedingungen
    • Datenschutzerklärung
    • Datenschutzeinstellungen
    • JW.ORG
    • Anmelden
    Teilen