Wachtturm ONLINE-BIBLIOTHEK
Wachtturm
ONLINE-BIBLIOTHEK
Deutsch
  • BIBEL
  • PUBLIKATIONEN
  • ZUSAMMENKÜNFTE
  • g90 22. 5. S. 24-27
  • Die Haida — Ein einzigartiges Volk auf den „Nebelinseln“

Kein Video für diese Auswahl verfügbar.

Beim Laden des Videos ist ein Fehler aufgetreten.

  • Die Haida — Ein einzigartiges Volk auf den „Nebelinseln“
  • Erwachet! 1990
  • Zwischentitel
  • Ähnliches Material
  • Wer sind die Haida?
  • Die Bedeutung der Totempfähle
  • Wikinger des pazifischen Nordwestens
  • Was bringt die Zukunft?
  • Jetzt bin ich bemüht, mir bei Gott einen Namen zu machen
    Erwachet! 1984
  • Leserbriefe
    Erwachet! 1990
  • Das Kanu: Für Kanada das „ideale Fahrzeug“
    Erwachet! 2010
  • Die Färöer: Verbindungen besonderer Art
    Erwachet! 2010
Hier mehr
Erwachet! 1990
g90 22. 5. S. 24-27

Die Haida — Ein einzigartiges Volk auf den „Nebelinseln“

Von unserem Korrespondenten in Kanada

VOR etwa 200 Jahren waren europäische Forschungsreisende und Händler freudig überrascht bei ihren ersten Begegnungen mit den Haida, den einzigartigen Bewohnern einer neuentdeckten Inselgruppe vor der Westküste Kanadas.

Diese ersten Begegnungen verliefen würdevoll und freundlich. Männer und Frauen, die mitunter schöne Gewänder aus Robbenfellen trugen, fuhren in glänzenden Kanus hinaus, um die Handelsschiffe zu begrüßen. Bei einer Gelegenheit begannen die Leute in einem Kanu zu singen, und als freundliche Geste stand ein Mann auf und verstreute auf dem Wasser Federn. (Adlerdaunen galten als Freundschafts- und Willkommenszeichen.) Ein andermal näherte sich ein Häuptling und sang ein Willkommenssolo, worauf etwa 200 Stimmen an der Küste in den Refrain einstimmten.

Haida Gwaii, d. h. die Heimat der Haida, ist ein dolchförmiger Archipel aus 150 Inseln, der sich rund 100 Kilometer westlich der Küste von Britisch-Kolumbien (Kanada) befindet. Diese Gruppe von nebligen Inseln heißt heute Queen Charlotte Islands. Die warme Meeresströmung von Japan, der Kuroschio, mildert das Klima auf den Inseln. Doch trotz der milden Temperaturen können sie von heftigen Windstößen geplagt werden.

Wer sind die Haida?

Man weiß kaum etwas über die Abstammung der Haida und darüber, wie sie auf die Queen Charlotte Islands gelangt sind, da über ihre Geschichte oder ihre Kultur nie Aufzeichnungen gemacht wurden. In Nebel gehüllt wie die Inseln ist auch ihre Vergangenheit. Nach Ansicht einiger kamen die Haida von Asien über die Beringstraße, während andere der Meinung sind, sie seien mit dem Kanu in Richtung des Kuroschio zu den Inseln gefahren. Allerdings hat man nur eine Sammlung von mündlichen Überlieferungen, bei denen Wahrheit und Dichtung miteinander verflochten sind. Gemäß einer Sage gingen die Haida aus einer riesigen Muschelschale hervor, die von einem Raben geöffnet wurde, und zwar in Rose Point an der Nordostspitze der Graham Island, der größten Insel des Archipels.

Die zahlreichen Mythen und Legenden werfen wenig oder gar kein Licht auf die Herkunft der Haida, aber interessanterweise kommt in verschiedenen Erzählungen eine große Flut vor, die die höchsten Gipfel überschwemmte, und nur durch den Bau eines großen Floßes, das mit Vorräten beladen worden war, war ein Überleben möglich. Ein Haida-Ältester aus Skidegate sagte bestätigend: „Viele aus unserem Volk kennen diese Geschichte von der Flut, denn sie ist wahr. Sie hat sich wirklich zugetragen, vor vielen, vielen Jahren.“

Die selbstbewußten, einfallsreichen und äußerst kreativen Haida hatten bereits lange vor 1774, als die Europäer kamen, ein kompliziertes soziales Gefüge. Das Volk war in zwei Hauptgruppen unterteilt, den Adler- und den Rabenklan, wobei sich die Zugehörigkeit nach der mütterlichen Linie richtete. In dieser matrilinearen Gesellschaft gehörten die Kinder stets zum Klan der Mutter. Der Ehepartner mußte jeweils aus dem anderen Klan gewählt werden, und die Verlobung wurde oft von der Mutter arrangiert, wenn der Sohn oder die Tochter noch sehr klein war.

Die Bedeutung der Totempfähle

Familien- oder Klanwappen mit Tieren oder mythischen Wesen als Symbolen waren ein kostbarer Besitz, der der persönlichen Identifikation diente. Zu den Wappenbildern des Adlerklans gehörten kunstvoll geschnitzte oder gemalte Adler, Kormorane, Biber und kleine Haie, wohingegen die des Rabenklans aus Bergziegen, Schwertwalen, Grislybären und Regenbogen bestanden. Diese Wappen dienten nicht lediglich zur Zierde, sondern stellten die Abstammung, den Wohlstand und den Status der Familie dar sowie die Privilegien, die Lieder und die Erzählungen des Klans.

Die geschnitzten Pfähle wurden zwar nicht angebetet, doch einige der Wappensymbole hatten eine mythische oder religiöse Bedeutung und stellten mit magischen Kräften versehene Ahnen dar, die sich in Tiere verwandeln und dann wieder zurückverwandeln konnten. Für eine Zeit von weniger als 100 Jahren, von etwa 1840 an, erfreute sich das Schnitzen und Aufstellen von Pfählen großer Beliebtheit. Nun werden diese hohen Lebensbaumpfähle, die durch Witterungseinflüsse verblichen sind und eine silbergraue Farbe angenommen haben, allmählich morsch und fallen um. Einige der Pfähle waren fast 20 Meter hoch und eineinhalb Meter breit.

Von Frühling bis Herbst waren die Haida mit dem Sammeln und Lagern von Nahrung beschäftigt. Das Meer bot reichlich Fische, Muscheln, Heringsrogen und Algen. Sie fingen Robben wegen ihres Gehalts an Fett und tauschten dieses gegen das Fett des Eulachon, der in den Inselgewässern nicht vorkommt. Eulachonfett wird noch heute als wohlschmeckende Beigabe zu den verschiedensten Gerichten geschätzt. Vogeleier, Beeren, Wurzeln und Fleisch von erjagten Tieren sorgten für eine abwechslungsreiche Ernährung.

Die Haida betrieben keine Landwirtschaft, aber als vom Festland Kartoffeln eingeführt wurden, bauten sie sie erfolgreich an und handelten damit auf dem Festland. In den Wintermonaten gab es die Potlatchs, freudige Feste, bei denen sich die Familien oft in feierliche Gewänder aus schönen Robbenfellen kleideten. Das Potlatch war ein Anlaß des Teilens und Beschenkens, eine Gelegenheit, andere an seinem Wohlstand teilhaben zu lassen oder Ansehen in der Gemeinschaft zu gewinnen. Man hielt Festmahl, tanzte, sang und erzählte sich Geschichten.

Was von den Haida-Dörfern, die überall auf den Inseln verstreut waren, übriggeblieben ist, zeugt davon, daß einst eine beachtliche Bevölkerung auf den Queen Charlotte Islands lebte. Anfang des 19. Jahrhunderts hatten die Inseln ungefähr 7 000 Bewohner. Doch der weiße Mann brachte bei seiner Ankunft seine Krankheiten und seinen Alkohol mit, was zu weitverbreitetem Alkoholmißbrauch führte. Dörfer wurden verlassen, als die Haida vor einer schlimmen Pockenepidemie fliehen wollten. Bis 1885 war die Bevölkerung auf 800 Menschen geschrumpft.

Wikinger des pazifischen Nordwestens

Da die Heimat der Haida von Wasser umgeben ist, haben sie sich stets auf dem Meer zu Hause gefühlt, besonders in ihren schönen Kanus. Einige dieser Kanus waren sogar länger als die Segelschiffe der europäischen Entdecker. Es gab über 20 Meter lange Kanus, in denen 40 Personen und zwei Tonnen Fracht befördert werden konnten, und die kleineren 8 Meter langen Kanus für den täglichen Gebrauch in Küstennähe. Mit den größeren Kanus unternahmen die Haida Kaperfahrten, und sie hatten das Handelsmonopol von Alaska im Norden bis Puget Sound im Süden. Sie flößten den Stämmen auf dem Festland Angst und Ehrfurcht ein. Man hat sie als die Wikinger des pazifischen Nordwestens bezeichnet.

Obwohl die Haida heute moderne, gut ausgerüstete Schiffe haben, sind die ursprünglichen Kanus aus Lebensbäumen nicht in Vergessenheit geraten. Für besondere Anlässe werden sie immer noch gebaut, so zum Beispiel für die kanadische Weltausstellung, Expo 86, die in Vancouver (Britisch-Kolumbien) stattfand. Das weiche Holz der großen Lebensbäume eignet sich hervorragend für die Herstellung von Kanus. Es hat eine gerade Maserung und ist leicht zu bearbeiten und dauerhaft.

Was bringt die Zukunft?

Die Haida leben jetzt nur noch in zwei Dörfern — Old Masset und Skidegate —, und viele fragen sich, was die Zukunft ihnen, ihrer Kultur und ihren schönen „Nebelinseln“ bringen wird. Alkoholmißbrauch und Krankheiten haben traurige Spuren hinterlassen. Der Reiz des Stadtlebens hat dazu geführt, daß die jüngere Generation in die Festlandstädte Prince Rupert und Vancouver abgewandert ist. Die industrielle Abholzung schafft auf den Inseln zwar viele Arbeitsplätze, weckt aber den Argwohn und die Sorge derer, die ihre geliebten Inseln in Gefahr sehen.

Auch hat die Christenheit einen negativen Einfluß auf die Lebensweise der Haida gehabt. Die Missionare haben sich in ihrem Bekehrungs- und Machteifer kaum um die alte, festverwurzelte Kultur gekümmert. Sie „versuchten nie, die Haida zu verstehen — ihre Ausdrucksweise, ihre Gedankengänge und ihre Werte“, heißt es in einem Geschichtswerk. Eines nach dem anderen wurde von den Missionaren verboten: die Potlatchs, das Tanzen, die Totempfähle und die Schamanen (Medizinmänner). Bei der Taufe wurden Namensänderungen durchgesetzt. Beliebte, bedeutungsvolle Namen wurden abgeschafft und durch angelsächsische Nachnamen wie Smith, Jones und Gladstone ersetzt. Die neue Namengebung richtete sich nach einem patrilinearen System statt nach dem matrilinearen System, das die Haida kannten. Die Missionare nahmen ihnen ihre alten Werte, ersetzten sie aber nicht durch biblische.

In jüngerer Zeit sind die Haida hingegen durch die Ankunft einer anderen Art von Missionaren gesegnet worden — Jehovas Zeugen. Ihre Botschaft hat an die guten Eigenschaften der Haida appelliert, und sie vermittelt ihnen eine echte Hoffnung für die Zukunft. Während diese christlichen Missionare auf den Inseln von Haus zu Haus gehen und zuweilen Fischerboote und Buschflugzeuge benutzen, um von Cape St. James bis Langara Island zu entfernten Siedlungen zu gelangen, sind sie von der relativ unberührten Schönheit der Queen Charlotte Islands und der Wärme und Freundlichkeit ihrer Bewohner überwältigt.

Wie die Entdecker vor 200 Jahren haben Jehovas Zeugen unter den Haida wahre Freunde gefunden, da sie gewissenhaft jeder Familie auf den Inseln die gute Botschaft von Gottes aufgerichtetem Königreich überbracht haben. Und viele Haida-Familien haben günstig reagiert, weil sie den Klang der Wahrheit aus Gottes Wort, der Bibel, erkannt haben. Durch ein Studium der Bibel mit Jehovas Zeugen haben sie gelernt, wie das Verhältnis des Menschen zu Gott, zu seinem Mitmenschen und zu den Tieren sein soll.

Sie haben den Namen des „höchsten Wesens“ kennengelernt; für sie ist es nicht mehr die „Macht des hellglänzenden Himmels“, sondern Jehova Gott. Sie haben gelernt, daß alle Menschen Brüder sind, daß vor Jehova durch die Verdienste Christi Jesu alle gleich sind (Apostelgeschichte 10:34, 35). Säugetiere, Vögel und Fische sind alle Seelen, wie auch der Mensch eine Seele ist. Sie besitzen weder eine unsterbliche Seele noch die übernatürlichen Kräfte, die ihnen von den alten Geschichtenerzählern der Haida zugeschrieben wurden (3. Mose 24:17, 18; Prediger 3:18-21; Hesekiel 18:4, 20).

Zehn verschiedene Arten von Walen finden in den planktonreichen Gewässern Nahrung. Auf felsigen Erhebungen wimmelt es von Stellers Seelöwen. Ein halbe Million Vögel — darunter der seltene Wanderfalke, der Weißköpfige Seeadler und Raben — bewohnen die steilen Klippen. In den Küstengewässern, Flüssen und Seen kommen die verschiedensten Fische vor. Die größten Schwarzbären der Welt streifen durch die moosbedeckten Wälder, in denen tausend Jahre alte Bäume stehen, z. B. riesige Sitkafichten, Lebensbäume und Hemlocktannen.

Naturschützer sind besorgt, daß es den Queen Charlotte Islands mit ihrer urtümlichen Schönheit und dem Artenreichtum ebenso ergehen wird wie anderen Gebieten, die wegen der Mißwirtschaft des Menschen zu verlassenem Ödland geworden sind. Doch die Haida, die die Verheißungen Jehovas, des Höchsten, kennengelernt haben, sehen der Zukunft zuversichtlich entgegen, da seine Verheißungen nie dahinfallen (Josua 23:14). Unser großartiger Schöpfer hat verheißen, daß die ganze Erde unter der gerechten Regierung seines Königreiches zu einem Paradies wird. Dann wird die Schönheit der „Nebelinseln“ nie mehr bedroht sein (2. Petrus 3:13).

[Bilder auf Seite 25]

Rechts: Die malerischen „Nebelinseln“

Ganz rechts: Totempfähle in Ninstints Village (Anthony Island)

Unten: Stellers Seelöwen am Cape St. James

[Bilder auf Seite 26]

Links: Königreichssaal in Queen Charlotte City

Oben: Ginstersträucher in Blüte

    Deutsche Publikationen (1950-2025)
    Abmelden
    Anmelden
    • Deutsch
    • Teilen
    • Einstellungen
    • Copyright © 2025 Watch Tower Bible and Tract Society of Pennsylvania
    • Nutzungsbedingungen
    • Datenschutzerklärung
    • Datenschutzeinstellungen
    • JW.ORG
    • Anmelden
    Teilen