Junge Leute fragen sich:
Soll ich neben der Schule noch arbeiten?
AN Schultagen sind die meisten Jugendlichen ziemlich ausgelastet. Der Unterricht nimmt einen beträchtlichen Teil des Tages in Anspruch. Die Nachmittage sind mit Hausaufgaben und Lernen ausgefüllt. Und dazwischen müssen eine Reihe von Arbeiten im Haus erledigt werden.a
In westlichen Ländern können sich schulpflichtige Jugendliche meist auf die Freizeit am Wochenende freuen. Aber in vielen Ländern der Welt sind die Wochenenden alles andere als entspannend. Im ländlichen Afrika helfen Jugendliche ihren Eltern dann oft in der Landwirtschaft, um einen Teil der Zeit wieder herauszuholen, die in der Woche durch den Schulbesuch verlorengegangen ist. Unter Jehovas Zeugen haben Jugendliche die zusätzliche Verpflichtung, sich am Predigen von Haus zu Haus zu beteiligen und christliche Zusammenkünfte zu besuchen (Hebräer 10:23-25).
Man sollte daher meinen, afrikanische Jugendliche wollten kaum die zusätzliche Last eines Jobs auf sich nehmen. Doch viele tun es, und sie verrichten die verschiedensten Arbeiten: Sie bebauen ihr eigenes Feld und verkaufen den Ertrag, weben Stoffe auf einem Handwebstuhl oder flechten Körbe für den Verkauf auf dem Markt. Andere fischen, verkaufen Zeitungen, pflücken oder verkaufen Obst.
Warum arbeiten diese Jugendlichen? Solltest du dir ein Beispiel an ihnen nehmen?
Warum sie arbeiten
Einige sind praktisch gezwungen zu arbeiten — aufgrund von Umständen, auf die sie keinen Einfluß haben, wie der Tod des Vaters oder der Mutter. (Dadurch hat der Jugendliche womöglich niemanden, der seinen Schulbesuch finanziert.) Andererseits suchen sich manche einen Job, um bis zu einem gewissen Grad von ihren Eltern unabhängig zu sein.
Nehmen wir zum Beispiel Kofi, einen jungen Mann aus Ghana. Während er eine Fachschule besuchte, arbeitete er jeden Tag nach der Schule zwei Stunden in der Landwirtschaft. Er erklärt: „Meine Eltern kamen in der Zeit, als ich zur Grundschule ging, für mich auf. Aber ich wollte nicht weiterhin wegen jeder Kleinigkeit auf sie angewiesen sein. Deshalb fing ich an zu arbeiten. Es machte mich viel glücklicher, meine Schulsachen und die Fahrt zur Schule selbst bezahlen zu können.“
Kofis Bruder Moses hatte ebenfalls einen Job. Als er eine weiterführende Schule besuchte, gab er jüngeren Schülern Nachhilfeunterricht. Doch während Kofi mit seinem selbstverdienten Geld für seine eigenen Bedürfnisse aufkam, steuerte Moses etwas zum Unterhalt der Familie bei. Warum? Seine Eltern haben acht Kinder, und er sagt: „Dadurch, daß ich jobbte, hatten es meine Eltern etwas leichter, für meine anderen Geschwister zu sorgen.“ Er räumt außerdem ein, daß es auch für ihn ein befriedigendes Gefühl war, sich manches selbst kaufen zu können.
Den Eltern finanziell zu helfen, wenn eine echte Notwendigkeit dazu besteht, kann eine Möglichkeit sein, ihnen die gebührende Ehre zu erweisen (Epheser 6:1, 2). Allerdings ist es nicht unbedingt verkehrt, zu arbeiten, um sich selbst etwas Geld zu verdienen.
Ein Job kann einem Jugendlichen zudem Pflichtbewußtsein vermitteln. Er kann ihm helfen, Fertigkeiten zu erwerben, die er später gebrauchen kann, um eine Familie zu ernähren. Jesus Christus lernte als Jugendlicher offenbar das Zimmermannshandwerk bei seinem Adoptivvater (Matthäus 13:55; Markus 6:3). Doch „die verbleibende Zeit ist verkürzt“ für unsere Welt, und ein kluger Jugendlicher achtet darauf, daß er seine Zeit nützlich einsetzt (1. Korinther 7:29; Epheser 5:16). Bevor du dir also einen Job suchst, solltest du alle Faktoren abwägen — auch deine Beweggründe.
Die Kosten berechnen
Du könntest dich fragen: Brauchen oder wollen meine Eltern überhaupt meine finanzielle Hilfe? Oder sind sie bereit, mit weniger auszukommen, damit ich mich mehr auf die Schule und auf meine Fortschritte im Glauben konzentrieren kann? Brauche ich wirklich zusätzliches Geld, oder reagiere ich nur auf „die Begierde des Fleisches und die Begierde der Augen und die auffällige Zurschaustellung der Mittel, die jemand zum Leben hat“? (1. Johannes 2:16).
Der weise Salomo erklärte: „Da plagt man sich und leistet etwas und tut alles, um die anderen auszustechen. Ist das nicht auch sinnlos? Letzten Endes kommt nichts dabei heraus. ... Eine Handvoll zum Leben und dabei Ruhe und Frieden ist besser als beide Hände voll sinnloser Jagd nach Wind“ (Prediger 4:4-6, Die Bibel in heutigem Deutsch).
Ein weiterer Faktor, der zu berücksichtigen ist, sind die Auswirkungen des Jobbens auf die Schule. Kofi, der bereits erwähnt wurde, erinnert sich: „In meinem ersten Jahr an der Fachschule, als ich noch nicht nebenher arbeitete, erzielte ich hervorragende Leistungen. Im zweiten Jahr, als ich zu jobben begann, wurden meine Noten schlechter. Ich hatte dennoch überdurchschnittliche Leistungen, aber es war sehr anstrengend.“ Interessanterweise ergab eine in den Vereinigten Staaten durchgeführte Studie, daß „Jobben zu einem Absinken der schulischen Leistungen und zu einem Nachlassen der Teilnahme an schulischen Aktivitäten führt“.
Wie steht es mit Kofis Bruder Moses, der Nachhilfeunterricht gab? Er gesteht: „Wenn man nicht aufpaßt, kann es passieren, daß man mehr Nachhilfeschüler annimmt, als man in der begrenzten Zeit unterrichten kann.“ Mawuli, ein anderer afrikanischer junger Mann, arbeitete als Fischer. Er sagt: „Wurde an der Küste ein guter Fang gemacht, dann war die Versuchung groß, die Bücher liegenzulassen und Geld zu verdienen. Viele Jungen im Dorf verließen deshalb vorzeitig die Schule.“
Neben der Schule noch einen Job zu haben kann außerdem so sehr an den Kräften eines Jugendlichen zehren, daß es sich nachteilig auf seinen Glauben auswirkt. Ihm wird es vielleicht schwerfallen, christliche Zusammenkünfte zu besuchen oder sich dort zu konzentrieren. Das persönliche Studium der Bibel und biblischer Publikationen wird womöglich zu kurz kommen.
Ausgeglichen bleiben
Nachdem du mit deinen Eltern alle Faktoren abgewogen hast, kommt ihr vielleicht zu dem Schluß, daß es dennoch von Vorteil wäre, wenn du einen Job hättest. Wie kannst du das Beste aus der Situation machen?
Selbstdisziplin ist entscheidend. Der Apostel Paulus sagte über seine eigenen Anstrengungen: „Ich zerschlage meinen Leib und mache ihn zum Sklaven“ (1. Korinther 9:27). Selbstdisziplin wird erforderlich sein, damit du dein selbstverdientes Geld sparst und nicht verschwendest. Auch brauchst du Selbstdisziplin, um deine übrige Zeit richtig zu nutzen. Natürlich haben Entspannung und angemessene Ruhe ihre Berechtigung und können die Produktivität erhöhen. Aber paß auf, daß du nicht wegen Hobbys oder Entspannung deine Hausaufgaben oder sogar deinen Glauben vernachlässigst.
Du wirst daher einen realistischen Zeitplan für das Lernen aufstellen und dich daran halten müssen. Zum Beispiel ist es günstig, nach der Arbeit so bald wie möglich mit den Hausaufgaben zu beginnen und nicht bis lange nach dem Abendessen zu warten, wenn du müde bist. Andere ziehen es vor, früh schlafen zu gehen und morgens als erstes zu lernen. Wie auch immer, lerne so produktiv wie möglich. Laß dich nicht durch Musik oder ähnliches ablenken. Die Hausaufgaben gehen dir außerdem leichter von der Hand, wenn du im Unterricht aufmerksam bist und dir Hauptpunkte und wichtige Einzelheiten notierst. (Vergleiche Lukas 8:18.)
Am wichtigsten sind allerdings deine geistigen Bedürfnisse (Matthäus 5:3). Um sie zu stillen, mußt du dir Zeit für das persönliche Bibelstudium, die christlichen Zusammenkünfte und den öffentlichen Predigtdienst nehmen. Zugegeben, Jobben und Schule sind anstrengend. Doch wenn du beides tun mußt, darfst du die geistigen Belange trotzdem nicht vernachlässigen. Bete stets zu Jehova, er möge dir helfen, dein geistiges Gleichgewicht zu bewahren. Wenn du dich für einen Job entscheidest, kann Gott dir die Kraft geben, den Belastungen gewachsen zu sein (Jesaja 40:29-31).
[Fußnote]
a Dieser Artikel befaßt sich hauptsächlich mit der Situation von Jugendlichen in Entwicklungsländern. Doch die Anregungen stützen sich auf biblische Grundsätze und sind daher für junge Leute in der ganzen Welt hilfreich.
[Bild auf Seite 21]
Manche afrikanische Schüler haben einen Job. Aber welche Vorteile und welche Nachteile hat das?