Aber ist es echt?
WAS der eine machen kann, kann der andere nachmachen. Das Angebotene ist anscheinend genau das, was man sucht. Aber ist es echt? Zu manchen Zeiten hat man zu drastischen Mitteln gegriffen, um dem Fälschungsunwesen Einhalt zu gebieten. Im 14. Jahrhundert wurde ein deutscher Gastwirt gehängt, weil er minderwertigen Wein als echten Rüdesheimer verkauft hatte. In Großbritannien wurden in den 140 Jahren vor 1832 über 300 Personen wegen Urkundenfälschung gehängt. Im Jahre 1597 wurden zwei Goldschmiede mit den Ohren an den Pranger genagelt, weil sie minderwertige Goldwaren falsch markiert hatten.
„Die Sammelwut hat ein Paradies für unehrliche Händler geschaffen“, erklärte Mark Jones, Mitarbeiter einer Ausstellung des Britischen Museums unter dem Motto Fälschung? Die Kunst des Betrugs. Selbst die bestinformierten Leute sind Fälschungen auf den Leim gegangen. Der „fossile“ Piltdown-Mensch war eine Fälschung und führte die Wissenschaftsgemeinde über Jahre hinweg an der Nase herum. Die „Hitler-Tagebücher“ legen ein beredtes Zeugnis von der Fähigkeit der Fälscher ab, selbst die zu täuschen, die es besser wissen müßten.
„Der große Wachstumsmarkt für Fälschungen heutzutage ist“, Mark Jones zufolge, „die massive Produktpiraterie.“ Man hat z. B. geschätzt, daß 1987 in den Vereinigten Staaten jeden Monat zwischen 10 000 und 15 000 gefälschte Apple-Computer verkauft wurden. Kürzlich wurde ein 33 Millionen Dollar schwerer Betrug mit gefälschtem Waterford-Glas aufgedeckt. Laut der britischen Sunday Times wurden „Plagiate der berühmtesten Kristallgläser der Welt in einer Fabrik in einem entlegenen französischen Dorf produziert“.
Die gegenwärtige Generation verlangt nach Luxusartikeln. Der Produktfälscher, so Vincent Carratu, ein Veteran im Kampf gegen Fälschungen, „stellt heute falsches Chanel-Parfum her, wechselt morgen zu Fila-Sporthemden, um dann später nachgemachte Dunlop-Tennisschläger einzuführen“. Was auch immer der Konsument wünscht, der Fälscher liefert es ihm. Daher warnt die britische Antifälschungsgruppe: „Allzuoft ... ist die ‚supergünstige‘ Designer-Uhr zu 50 Pfund in Wirklichkeit nur 5 Pfund wert.“
Lebensgefährliche Fälschungen
In dem Heft Anti-Counterfeiting News wird auf ein weiteres Problem hingewiesen: die Gefahr minderwertiger Waren. „Gefährliche und unzulängliche Produkte stellen eine echte Bedrohung für die Sicherheit des Verbrauchers dar.“ Wie ernst ist diese Bedrohung? In der Veröffentlichung Trademark World wird folgendes Beispiel gegeben: „Vierzehn Flugzeugunfälle und mindestens zwei Todesfälle ließen sich auf gefälschte Flugzeugteile zurückführen.“ Die britische Verbraucherorganisation deckte auf, wie Tausende von nicht standardgemäßen Elektrosteckern und gefälschten Kraftfahrzeugbremszylindern mit minderwertigen Gummidichtungen ihren Weg auf den Markt gefunden haben. „Alle diese Dinge“, so die Organisation, „können eine Gefährdung des Verbrauchers darstellen.“
Besonders gefühllos sind diejenigen, die gefälschte Arzneimittel herstellen. „Bis zu 70 Prozent aller in einigen Gebieten Afrikas verkauften Arzneimittel sind Plagiate“, erklärt die Antifälschungsgruppe in Großbritannien. Augentropfen beispielsweise, die in Nigeria aufgetaucht sind, enthielten keinerlei Wirksubstanzen, waren aber mit verseuchtem Wasser hergestellt worden und konnten zur Erblindung führen. Die Weltgesundheitsorganisation schrieb 1987: „Wenn Menschen auf ‚Antibiotika‘ angewiesen sind, die keine Antibiotika enthalten, dann kommt es zwangsläufig zu Todesfällen, und somit ist Fälschung Massenmord.“
Selbst die Banknote in unserem Portemonnaie kann gefälscht sein. Allein in einem der vergangenen Jahre wurden weltweit Dollarblüten im Wert von 110 Millionen Dollar beschlagnahmt. Gefälschte 100-Dollar-Noten, die sich in Irland im Umlauf befanden, waren von einer so hervorragenden Qualität, daß gemäß der Irish Times „155 davon in allen wichtigen Banken unerkannt blieben“.
Was kann man tun, um sich vor Fälschungen zu schützen? Eine Verbraucherschutzexpertin sagte: „Der wirkungsvollste Schutz gegen Fälschungen ist der informierte Verbraucher.“ Und sie fügte hinzu: „Wenn sich etwas zu gut anhört, um wahr zu sein, dann ist es das wahrscheinlich auch.“
[Bild auf Seite 20]
Das Piltdown-„Fossil“ war eine Fälschung, mit der die Wissenschaft über Jahre hinweg an der Nase herumgeführt wurde