Das Berufsethos des Arztes
VOR etwa sieben Jahren starb der zehnjährige Dai Suzuki zufolge eines Verkehrsunfalls. Die Medien beschuldigten Dais Eltern der Fahrlässigkeit, weil sie biblischen Grundsätzen gehorcht und bei ihrem Sohn keine Blutübertragung zugelassen hatten. Dais Eltern sind Zeugen Jehovas. Die polizeiliche Ermittlung ergab, daß sie keine Schuld traf.
Überall auf der Welt schätzen Jehovas Zeugen die Bemühungen von Ärzten, Leben zu retten, und sie sind bereit, mit dem medizinischen Personal zusammenzuarbeiten. Sie nutzen die moderne Medizin und akzeptieren ärztliche Behandlungen mit Ausnahme von Bluttransfusionen. Doch müssen sie eine Entscheidung treffen, bei der die Treue zu biblischen Grundsätzen eine Rolle spielt, so hören sie auf Gott (Apostelgeschichte 4:19). In der Bibel finden wir das eindeutige Gebot: ‘Enthaltet euch des Blutes’ (Apostelgeschichte 15:29).
Anstatt in bezug auf Gottes Gebote Kompromisse einzugehen, wählen Jehovas Zeugen Behandlungsmethoden, die Bluttransfusionen ausschließen. Der Bedarf an solchen alternativen Methoden kann für Mediziner durchaus eine Herausforderung darstellen. Doch immer mehr Ärzte und Krankenhausverwalter finden Wege, die Wünsche der Zeugen zu berücksichtigen. Zum Beispiel hieß es in der japanischen Zeitung Mainichi Shimbun, daß sich in letzter Zeit „einige Krankenhäuser bemühen, den Blutverlust so gering wie möglich zu halten, und sie willigen ein, blutlose Chirurgie anzuwenden“.
In dem Artikel wurde berichtet, daß zwischen 1989 und Januar 1992 am Ageo-Kosei-Krankenhaus 14 Operationen an Zeugen Jehovas ohne Bluttransfusionen gelangen. Das Krankenhaus legt Wert auf eine Einwilligung zur Behandlung nach hinreichender Aufklärung. Mit Patienten, die Zeugen sind, wird besprochen, wieviel Blut sie voraussichtlich verlieren werden und welche Gefahren mit der blutlosen Chirurgie verbunden sind. Nach dem Erhalt einer Haftungsbefreiung operieren die Ärzte ohne Bluttransfusion.
Was veranlaßte dieses Krankenhaus, Zeugen Jehovas als Patienten aufzunehmen und ihre Wahl der Behandlungsmethode zu respektieren, obwohl andere Krankenhäuser sie nicht aufgenommen hatten? Gemäß der Mainichi Shimbun erklärte Toshihiko Ogane, Direktor des Krankenhauses: „Das Berufsethos des Arztes verpflichtet ihn, das Recht des Patienten, selbst die endgültige Entscheidung zu treffen, zu respektieren sowie seinen Fähigkeiten gemäß sein möglichstes zu tun, um bei der Behandlung mit dem Patienten zu kooperieren. Für den Arzt ist eine Einwilligung zur Behandlung nach hinreichender Aufklärung äußerst wichtig.“
„Jehovas Zeugen haben für ihre Gläubigen in 53 Städten des Landes Krankenhausverbindungskomitees gegründet. Diese haben die Aufgabe, mit Krankenhäusern über die Anwendung der blutlosen Chirurgie zu verhandeln“, fügte die Zeitung hinzu. Es wurde bereits erreicht, daß etliche Universitätskliniken und andere medizinische Einrichtungen bereit sind, den Zeugen die Wahl der Behandlungsmethode zu überlassen.
Momentan arbeiten in Japan mehr als 1 800 Ärzte (weltweit über 24 000) mit Zeugen Jehovas zusammen, indem sie ihnen Alternativen zu Bluttransfusionen bieten. Über 800 Krankenhausverbindungskomitees sind mit Ärzten in Verbindung getreten, für die es zum „Berufsethos des Arztes“ gehört, das Recht des Patienten auf die Wahl der Behandlungsmethode zu respektieren.