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  • Die Everglades von Florida — Ein Hilfeschrei aus der Wildnis
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Erwachet! 1997
g97 22. 1. S. 13-17

Die Everglades von Florida — Ein Hilfeschrei aus der Wildnis

JEDES Jahr strömen fast eine Million Besucher in dieses tropische Paradies, um die herrlichen Wunderwerke unseres großen Schöpfers zu bestaunen. Hier gibt es allerdings keine kilometertiefen Cañons oder himmelhohen Steilufer, vor denen man ehrfürchtig erstarren würde, keine donnernden Wasserfälle, die man mit der Kamera festhalten könnte, keine umherziehenden Elche oder Grislybären, die man aus sicherer Entfernung bestaunen würde. Der Everglades-Nationalpark ist der erste Nationalpark der Welt, der wegen seiner biologischen Vielfalt und nicht wegen atemberaubender Landschaften gegründet wurde.

Da er teils aus Grasland, teils aus tropischen Sümpfen besteht, nennt man ihn auch „Grasstrom“. Das Leben der Bewohner spielt sich seit Jahrhunderten gleich ab. Drei Meter lange Alligatoren genießen die Sonne und die dampfende Hitze, stets auf der Lauer nach dem nächsten großen Fang. Nachts hallt der Sumpf von ihrem Gebrüll wider, und der Boden erbebt unter ihren Paarungsritualen. Schildkröten, so groß wie Waschwannen, bahnen sich auf der Futtersuche einen Weg durch das Gras. Blitzschnelle, verspielte Flußotter bewohnen denselben Lebensraum. Im weichen Morast sind frische Spuren von Florida-Pumas zu sehen, die auf Raub aus sind. Die Weißwedelhirsche müssen ständig vor ihnen auf der Hut sein, denn diese Jäger sind keine Kostverächter. Waschbären — auf Bildern oft zu sehen, wie sie in den Flüssen ihr Futter waschen — sind ebenfalls in den Everglades zu Hause und finden dort eine reichgedeckte Tafel vor.

Auch in dem eher unbeachteten Bereich der Everglades wimmelt es nur so von Leben. Die verschiedenartigsten Frösche sitzen gut getarnt auf Blättern und Seerosen sowie auf hübschen Wasserhyazinthen, die in künstlichen Kanälen wachsen. Wahrhaftig im Schneckentempo kriechen zwischen den Wasserpflanzen Sumpfdeckelschnecken ihres Weges. Diese golfballgroßen Mollusken sind mit Kiemen und einer einfachen Lunge ausgestattet, so daß sie sowohl unter Wasser als auch an Land atmen können. Im seichten Wasser tummeln sich Krebse und viele Arten von Fischen. Unmengen von Schlangen und Insekten, ja alles, was da kreucht und fleucht, wartet darauf, zu fressen oder gefressen zu werden.

Zu den gefiederten Lebewesen, die man beobachten kann, gehören die anmutigen Rosalöffler, die Weißen Sichler und die Schmuckreiher, die am Himmel ihre Kreise ziehen, während ihre Partner vielleicht auf die Luftausflüge verzichten, um die Eier zu wärmen, aus denen der künftige Nachwuchs schlüpfen wird. Die eindrucksvollen Amerikanischen Graureiher, die zu schnell vorüberfliegen, als daß man sie zählen könnte, hinterlassen einen nachhaltigen Eindruck. Seemöwen, Pelikane und Zwergsultanshühnchen teilen sich den Luftraum mit dem majestätischen Weißkopfseeadler, dem amerikanischen Staatssymbol.

Dann gibt es noch die langhalsige Ohrenscharbe und den Amerikanischen Schlangenhalsvogel, so benannt, weil er mehr einem Reptil als einem Vogel ähnelt, wenn er seinen langen S-förmigen Hals aus dem Wasser reckt. Beide Vögel, die von Natur aus recht gefräßig sind, wetteifern miteinander auf ihrer Futtersuche im seichten Wasser der Everglades. Beide breiten, wenn sie naß geworden sind, die Flügel aus und spreizen die Schwanzfedern in einer bombastischen Pose, als würden sie für ein Bild Modell stehen. Nur mit völlig trockenen Flügeln können sie zum Flug abheben.

Um ja nicht unbeachtet zu bleiben, erschreckt der Rallenkranich die Besucher mit seinen gellenden Schreien. Dieser große braunweiß gefleckte Vogel wird auch „Jammervogel“ genannt, weil seine Rufe wie verzweifelte Klageschreie klingen. Der seltene und vom Aussterben bedrohte Schneckenweih, ein Raubvogel von der Größe einer Krähe, dessen Überleben vom Vorhandensein der Sumpfdeckelschnecke abhängt, ist für Vogelbeobachter ein unvergeßlicher Anblick. Mit gerecktem Kopf staunen die Touristen über die riesige Ansammlung von Vögeln in den stattlichen Virginischen Eichen mit ihrem immergrünen glänzenden Blattwerk und dem wie Lametta herabhängenden Louisiana-Moos. Harmonisch verschmilzt die Färbung der Vögel mit den grünen und roten Blüten der zarten Kletterpflanzen, die sich um die Bäume ranken. Hier kann es vorkommen, daß der Besucher vergißt, in welchem Land und auf welchem Kontinent er sich befindet. Dies ist eine Welt für sich, nahezu ein Paradies, schön in seiner Urwüchsigkeit.

Dann sind da noch die seichten Tümpel und Teiche und das goldfarbene Riedgras, das den Everglades ihren unverwechselbaren Charakter verleiht. Dieser stille „Grasstrom“, flach wie eine Tischplatte, mit einer Südwärtsneigung von weniger als vier Zentimetern pro Kilometer schimmert und glitzert, so weit das Auge reicht. Unmerklich, ohne wahrnehmbare Strömung, fließt das Wasser träge zum Meer hin. Es ist die Lebensader der Everglades.

Anfang unseres Jahrhunderts, ehe die Everglades von Menschenhand übel zugerichtet wurden, erstreckte sich das „Grasmeer“ 80 Kilometer von Osten nach Westen und 500 Kilometer vom Kissimmee River bis zur Florida Bay. Ein Mann von mittlerer Größe konnte diese Strecke durchwaten, ohne nasse Schultern zu bekommen. Heute rasen Touristen in Gleitbooten mit einer Geschwindigkeit, daß es einem den Magen umdreht, durch das hohe, goldfarbene Riedgras über die Wasseroberfläche hinweg, und während ihnen der Fahrtwind ins Gesicht schneidet, erleben sie einen nie gekannten Nervenkitzel. Gleichzeitig kommen Angler hierher und fischen Barsche und andere Süßwasser- oder Salzwasserfische wie schon seit Generationen.

Ein Hilfeschrei

Zu Beginn unseres Jahrhunderts betrachteten Floridas Politiker und Unternehmer die Everglades als einen Morast voller unerwünschter Lebewesen, der beseitigt werden sollte, um den Grundbesitz zu fördern und die Gegend städtebaulich und landwirtschaftlich zu erschließen. „Eindämmen, eindeichen, entwässern, ableiten“, lautete die Devise. 1905 schwor N. B. Broward vor seiner Wahl zum Gouverneur von Florida, den letzten Tropfen Wasser aus diesem „pestverseuchten Sumpf“ zu pressen.

Das waren keine leeren Versprechungen. Monströse Erdbewegungsmaschinen und Bagger wurden herbeigeschafft. Unter der Leitung und Aufsicht der Pioniertruppe der US-Armee wurden über eine Strecke von 90 Kilometern 9 Meter tiefe Kanäle gegraben, wobei mehr als 1 Million Quadratmeter Sumpfland verlorengingen. Riesige Dämme, Deiche und Pumpstationen entstanden, und immer mehr Kanäle und Straßen zogen sich kreuz und quer durch die Everglades. Kostbares, lebenspendendes Wasser, das großen neuerschlossenen Anbauflächen zugute kommen sollte, wurde von diesem artenreichen Gebiet abgezweigt. Küstenstädte dehnten sich westwärts aus, so daß weitere Gebiete der Everglades von riesigen Wohnsiedlungen, Schnellstraßen, Einkaufszentren und Golfplätzen verschlungen wurden.

Ein Teil der Everglades wurde 1947 zwar als Nationalpark ausgewiesen, doch das Trockenlegen und das Ableiten des Wassers ging in verheerendem Ausmaß weiter. Umweltschützer sind sich einig, daß es ein enormer Fehler war, die Everglades trockenzulegen und dafür auch noch Millionen von Dollar auszugeben. Wenigen war klar, daß ein Eingriff in den Wasserhaushalt eine zerstörerische Wirkung auf das Leben in den Everglades haben würde. Es dauerte Jahrzehnte, bis die Schäden sichtbar wurden.

Mitte der 80er Jahre schlugen Umweltschützer und Biologen jedoch Alarm. Die Everglades drohten zu veröden, hieß es. Es schien, als würden alle Lebewesen dort klagen, ja lauthals um Hilfe rufen. Die Wasserlöcher der Alligatoren begannen in den Dürrezeiten auszutrocknen. Setzte dann der Regen ein, wurden die Gebiete überschwemmt und Nester mitsamt Eiern fortgespült. Die Zahl der Alligatoren geht gegenwärtig drastisch zurück. Berichten zufolge fressen sie ihre eigenen Jungen. Exotische Watvögel, die in der Region einst über eine Million zählten, sind auf Tausende reduziert worden — ein Rückgang um 90 Prozent. Von den anmutigen Rosalöfflern, die bei der Rückkehr zu ihren Brutplätzen früher den Himmel verdunkelten, sind vergleichsweise nur noch wenige übriggeblieben. Seit den 60er Jahren ist die Zahl der Amerika-Nimmersatte von 6 000 nistenden Vögeln auf lediglich 500 gesunken, so daß die Art gefährdet ist. Auch die von Leben wimmelnden Laichplätze in der Florida Bay sind bedroht, was für die Schalentierindustrie des Bundesstaates gefährlich werden kann. Die Population aller Wirbeltiere, von den Hirschen bis zu den Schildkröten, soll um 75 bis 95 Prozent abgenommen haben.

Mit dem stetigen Vordringen von Landwirtschaft und durch andere menschliche Eingriffe wurden Land und Wasser allmählich durch Dünger und Pestizide verschmutzt. In der gesamten Nahrungskette hat man eine hohe Quecksilberbelastung nachgewiesen — von den Fischen in den Sümpfen bis zu den Waschbären, Alligatoren und Schildkröten. Die Fischer werden angehalten, in bestimmten Gewässern, die mit aus dem Boden ausgeschwemmtem Quecksilber belastet sind, keine Barsche und Welse zu fangen. Pumas sind der Invasion des Menschen ebenfalls zum Opfer gefallen — nicht nur durch Quecksilbervergiftung, sondern auch durch Wilderei. Mit schätzungsweise weniger als 30 Exemplaren im ganzen Bundesstaat und 10 im Nationalpark sind sie stark gefährdet. Einer Reihe von einheimischen Pflanzen ergeht es nicht besser; auch sie sind nahezu ausgestorben.

Einige Beobachter und Umweltschützer sind der Ansicht, die Everglades hätten den Punkt erreicht, wo es kein Zurück mehr gebe. Regierungsbeamte, Parkverwalter und viele Umweltschützer halten es dagegen für möglich, die Everglades durch das Bereitstellen von Geldern und durch rasches Handeln von seiten bundesstaatlicher und nationaler Behörden zu retten. „Niemand kann mit Sicherheit sagen, wann bei etwas so Großem und Kompliziertem der Punkt erreicht ist, wo es kein Zurück mehr gibt“, sagte ein Beamter. „Vielleicht ist es schon soweit.“ Der Biologe John Ogden hält die Aussichten, daß sich die Everglades regenerieren, nicht gerade für rosig, aber er ist dennoch optimistisch. „Ich muß es sein“, sagte er. „Die Alternative ist eine biologische Öde mit einem Restpark, in dem man hier und dort ein paar Alligatoren und Vogelnester findet und in dem ein nettes Museum mit einem ausgestopften Puma in der Mitte steht.“

Die Protestrufe der zuständigen Beamten in Florida und der Biologen und Umweltschützer im ganzen Land sind von nationalen Behörden und Politikern in Washington, einschließlich des Präsidenten und des Vizepräsidenten der Vereinigten Staaten, vernommen worden. Jetzt ist die Pioniertruppe der US-Armee, deren Vorgänger vor Jahren schlechte Arbeit geleistet haben, wieder an der Reihe. Als neue Vision schwebt ihr vor, die Everglades und das Leben darin zu retten — statt zu entwässern, einzudeichen und abzuleiten.

Das Kernproblem ist das Wasser. „Der Erfolg hängt von reinerem Wasser ab, und davon nicht zu knapp“, schrieb das Magazin U.S.News & World Report. „Das ist nur auf Kosten landwirtschaftlich genutzter und städtischer Gebiete möglich. Die Zuckerrohrpflanzungen und die Gemüsefarmen in Südflorida wird es wohl am ehesten treffen.“ „Den Wasserkuchen aufzuteilen wird schwer sein, aber wir haben genug abgegeben. Mehr geht nicht“, erklärte Robert Chandler, Leiter des Nationalparks Everglades. „Nun müssen sich die anderen ernsthaft mit Naturschutz befassen.“ Die Verfechter des Everglades-Rückgewinnungsplans befürchten, daß die Zuckerrohranbauer und die Farmer, die in den Everglades große Ländereien besitzen, am heftigsten gegen das Projekt ankämpfen werden. Auf Kosten des Lebens in den Everglades zweigen sie für ihren Bedarf große Mengen Wasser ab.

Die Rückgewinnung und Rettung der Everglades wäre der kühnste und teuerste Wiederherstellungsplan in der Geschichte. „Wir reden von einer Menge Geld, wir reden von einer Menge Land, und wir reden von der Wiederherstellung eines Ökosystems in einer Größenordnung, wie sie uns noch nie und nirgendwo auf der Welt begegnet ist“, sagte der für das Everglades-Projekt Verantwortliche vom World Wildlife Fund. „Für die nächsten 15 bis 20 Jahre ist geplant, daß die Pioniertruppe, der Bundesstaat und nationale Behörden mit einem Kostenaufwand von ungefähr 2 Milliarden Dollar den Wasserzufluß und -abfluß des gesamten Ökosystems der Everglades von Florida neu regeln. Dies betrifft 14 000 Quadratkilometer Sumpfland und angelegte Wasserwege“, erläuterte die Zeitschrift Science.

Nach dem Plan sollen außerdem 40 000 Hektar Farmland nahe dem Lake Okeechobee erworben und in Sumpfland verwandelt werden, um Schadstoffe herauszufiltern, die aus dem restlichen Ackerboden ausgeschwemmt werden. Die Zuckerrohranbauer protestieren wütend gegen eine beabsichtigte Kürzung der nationalen Subventionen um einen Cent je Pfund Zucker, wodurch Gelder für die Instandsetzung der Everglades beschafft werden sollen. „Für die Wiederherstellung sollten diejenigen aufkommen, die am meisten von der Zerstörung profitiert haben: die Zuckerrohranbauer und Zuckerfabrikanten Floridas“, schrieb die Zeitung USA Today in einem Leitartikel. Die Kürzung der Zuckersubventionen um einen Cent pro Pfund wird schätzungsweise jährlich 35 Millionen Dollar einbringen.

Man rechnet damit, daß der Kampf der Farmer und der Zuckerrohranbauer gegen die Biologen, die Umweltschützer und die Naturfreunde weitergehen wird, wie es auch schon in anderen Teilen der Vereinigten Staaten der Fall gewesen ist, wo sich dieselben Parteien feindlich gegenüberstehen. Vizepräsident Gore rief zur Kooperation auf. „Durch Zusammenarbeit können wir diese Kluft überbrücken und sowohl eine gesunde Umwelt als auch eine lebendige Wirtschaft gewährleisten“, sagte er. „Aber jetzt ist es an der Zeit zu handeln. Die Everglades gibt es nur einmal auf der ganzen Welt.“

[Bild auf Seite 13]

Alligator

[Bildnachweis]

USDA Forest Service

[Bild auf Seite 14]

Weißkopfseeadler

[Bild auf Seite 15]

Weiße Sichler

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Ein Pärchen nistende Schlangenhalsvögel

[Bild auf Seite 16]

Ein Waschbärentrio im Wasser

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Silberreiher

[Bild auf Seite 17]

Rallenkranich, auch „Jammervogel“ genannt

[Bild auf Seite 17]

Amerikanischer Graureiher

[Bild auf Seite 17]

Ohrenscharbenjunge

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