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  • „Ein langes Kapitel abgeschlossen“
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Erwachet! 1998
g98 22. 11. S. 3-5

„Ein langes Kapitel abgeschlossen“

VOR 50 Jahren ergriff eine sympathische ältere Dame das Wort, und die Welt horchte auf. Das war am 10. Dezember 1948 in Paris. Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hatte sich in dem unlängst erbauten Palais de Chaillot versammelt, als sich die Vorsitzende der UN-Kommission der Menschenrechte erhob, um eine Rede zu halten. Mit fester Stimme erklärte Eleanor Roosevelt, die hochgewachsene Frau des ehemaligen, damals bereits verstorbenen US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt, vor versammelter Menge: „Heute stehen wir an der Schwelle eines großartigen Ereignisses sowohl seit Bestehen der Vereinten Nationen als auch seit Bestehen der Menschheit: der Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte durch die Generalversammlung.“

Nachdem sie die eindringlichen Sätze der Präambel und der 30 Artikel der Erklärung verlesen hatte, stimmte die Generalversammlung dem Schriftstück zu.a Um die außergewöhnlichen Führungseigenschaften von Eleanor Roosevelt zu würdigen, brachten die Abgesandten der UN-Mitgliedsstaaten der „First Lady of the World“, wie sie liebevoll genannt wurde, stehende Ovationen. Am Ende jenes Tages notierte sie: „Ein langes Kapitel abgeschlossen.“

Von vielen Standpunkten zu e i n e r Erklärung

Knapp zwei Jahre zuvor, im Januar 1947, kurz nachdem die UN-Kommission ihre Arbeit aufgenommen hatte, wurde offensichtlich, daß die Ausarbeitung eines Schriftstücks über Menschenrechte, dem alle UN-Mitgliedsstaaten zustimmen könnten, eine gewaltige Aufgabe sein würde. Von Anfang an kam es innerhalb der 18köpfigen Kommission auf Grund von erheblichen Meinungsverschiedenheiten zu endlosen Kontroversen. Der chinesische Delegierte war der Ansicht, im Schriftstück müsse die konfuzianische Philosophie vertreten sein; ein katholisches Kommissionsmitglied trat für die Lehren des Thomas von Aquin ein; die Vereinigten Staaten verfochten die American Bill of Rights; die Sowjets wollten die Ideen von Karl Marx mit einflechten — und das waren nur einige der Standpunkte, für die man sich stark machte.

Die ständigen Streitereien zwischen den Kommissionsmitgliedern stellten die Geduld von Eleanor Roosevelt auf eine harte Probe. In einer Vorlesung im Jahr 1948 an der Sorbonne in Paris erwähnte sie, sie habe stets gedacht, daß das Aufziehen ihrer eigenen Kinderschar ihre Geduld bereits bis zum äußersten strapaziert habe. Doch „der Vorsitz in der Menschenrechtskommission war eine noch größere Geduldsprobe“, soll sie sehr zum Vergnügen ihrer Zuhörer gesagt haben.

Dennoch erwies sich ihre Erfahrung als Mutter augenscheinlich als nützlich. Ein Journalist schrieb damals, die Art und Weise, wie Eleanor Roosevelt mit den Kommissionsmitgliedern umgehe, habe ihn an eine Mutter erinnert, die „einer großen Familie mit oftmals lauten, bisweilen aufsässigen, aber im Grunde gutherzigen Jungen vorsteht, die hin und wieder entschieden in ihre Schranken verwiesen werden müssen“ (Eleanor Roosevelt—A Personal and Public Life). Durch ihre mit Liebenswürdigkeit gepaarte Festigkeit konnte sie Pluspunkte sammeln, ohne sich ihre Gegner zu Feinden zu machen.

Das Ergebnis war, daß die Kommission nach zwei Jahren ständiger Sitzungen, nach Hunderten von Abänderungen, nach Tausenden von Erklärungen und nach 1 400 Abstimmungen über beinahe jedes Wort und jeden Satzteil tatsächlich ein Schriftstück mit allen Menschenrechten entworfen hatte, auf die ihrer Meinung nach alle Männer und Frauen weltweit Anspruch haben. Dieses Schriftstück wurde „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“ genannt. Damit war eine Mission erfüllt, die zeitweise unausführbar schien.

Hohe Erwartungen

Natürlich rechnete man nicht damit, daß die Mauern der Unterdrückung gleich beim ersten „Hörnerschall“ einstürzen würden. Dennoch setzte man in die Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung hohe Erwartungen. Der damalige Vorsitzende der UN-Generalversammlung, Dr. Herbert V. Evatt aus Australien, prophezeite, daß „Millionen Männer, Frauen und Kinder in der ganzen Welt, viele Kilometer von Paris und New York entfernt, in diesem Schriftstück Hilfe, Anleitung und Inspiration suchen werden“.

Seit Dr. Evatt diese Worte geäußert hat, sind 50 Jahre ins Land gezogen. In dieser Zeit haben tatsächlich viele die Erklärung als Richtschnur betrachtet und als Maßstab herangezogen, an dem sie ablesen, inwieweit die Menschenrechte in aller Welt geachtet werden. Was haben sie dabei festgestellt? Werden die UN-Mitgliedsstaaten diesem Maßstab gerecht? Wie sieht die Menschenrechtssituation in der heutigen Welt aus?

[Fußnote]

a Es stimmten 48 Länder dafür, keines stimmte dagegen. Inzwischen haben alle 185 UN-Mitgliedsstaaten, hierin eingeschlossen auch die Länder, die sich 1948 enthielten, die Erklärung angenommen.

[Kasten auf Seite 4]

Was sind Menschenrechte?

Die Vereinten Nationen definieren Menschenrechte als „jene Rechte, die in unserer Natur begründet sind und ohne die wir als Menschen nicht leben können“. Menschenrechte sind auch passenderweise als die „gemeinsame Sprache der Menschheit“ bezeichnet worden. Geradeso, wie die Fähigkeit, eine Sprache zu sprechen, eine angeborene Eigenschaft ist, die uns als Menschen ausmacht, gibt es weitere angeborene Bedürfnisse und Eigenschaften, die uns von anderen Lebewesen auf der Erde unterscheiden. Zum Beispiel haben Menschen einen Drang nach Wissen, künstlerischer Entfaltung und Religiosität. Ein Mensch, dem die Erfüllung dieser grundlegenden Bedürfnisse verwehrt bleibt, führt notgedrungen ein menschenunwürdiges Dasein. Um die Menschen genau davor zu schützen, so erklärte eine Anwältin für Menschenrechtsfragen, „verwenden wir den Begriff ‚Menschenrechte‘ statt ‚menschliche Bedürfnisse‘, denn rechtlich gesprochen ist das Wort ‚Bedürfnis‘ nicht so stark wie das Wort ‚Recht‘. Dadurch, daß wir von einem ‚Recht‘ sprechen, geben wir der Erfüllung menschlicher Bedürfnisse einen höheren Stellenwert und drücken damit aus, daß jedes menschliche Wesen, sowohl moralisch als auch rechtlich gesehen, Anspruch darauf hat.“

[Kasten/Bild auf Seite 5]

Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte

Der Schriftsteller und Nobelpreisträger Aleksandr Solschenizyn bezeichnete die Allgemeine Erklärung als das „beste Dokument“, das je von der UNO verfaßt wurde. Ein Blick auf den Inhalt zeigt, warum viele seine Meinung teilen.

Die grundlegende Philosophie der Erklärung ist in Artikel 1 niedergelegt: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.“

An dieser Kernaussage haben die Verfasser der Erklärung zwei Kategorien von Menschenrechten festgemacht. Die erste Kategorie wird in Artikel 3 beschrieben: „Jeder hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person.“ Dieser Artikel ist die Grundlage für die bürgerlichen und politischen Rechte eines Menschen, die in Artikel 4 bis 21 aufgelistet werden. Die zweite Kategorie basiert auf Artikel 22, wo es auszugsweise heißt, daß jeder Anspruch darauf hat, in den Genuß der „für seine Würde und die freie Entwicklung seiner Persönlichkeit unentbehrlich“ seienden Rechte zu gelangen. Dieser Artikel bildet die Grundlage für die Artikel 23 bis 27, in denen die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte dargelegt werden. Die Allgemeine Erklärung war das erste internationale Dokument, das diese zweite Kategorie von Rechten zu den grundlegenden Menschenrechten zählte. Es war überhaupt auch das erste internationale Dokument, das den Begriff „Menschenrechte“ verwendete.

Die brasilianische Soziologin Ruth Rocha erklärt, was die Allgemeine Erklärung im Klartext bedeutet: „Es kommt nicht darauf an, welcher Rasse man angehört. Es kommt nicht darauf an, ob man ein Mann oder eine Frau ist. Es kommt nicht darauf an, welche Sprache man spricht, welche Religion oder welche politische Gesinnung man hat, aus welchem Land oder aus welcher Familie man kommt. Es kommt nicht darauf an, ob man reich oder arm ist. Es kommt nicht darauf an, aus welchem Teil der Welt man stammt — ob das Heimatland ein Königreich oder eine Republik ist. Es sind Rechte und Freiheiten, auf die jeder einzelne ein Anrecht hat.“

Seit ihrer Verabschiedung ist die Allgemeine Erklärung in über 200 Sprachen übersetzt worden und ein Bestandteil der Verfassung vieler Länder geworden. Einige Politiker sind heute allerdings der Ansicht, die Erklärung müsse neu geschrieben werden. UN-Generalsekretär Kofi Annan ist dagegen nicht dieser Meinung. Eine UN-Beamtin zitierte ihn mit den Worten: „Genauso, wie keine Notwendigkeit besteht, die Bibel oder den Koran neu zu schreiben, besteht keine Notwendigkeit, die Erklärung zu ändern. Was geändert werden muß, ist nicht der Wortlaut der Allgemeinen Erklärung, sondern das Verhalten derer, die sie angenommen haben.“

UN-Generalsekretär Kofi Annan

[Bildnachweis]

UN/DPI photo by Evan Schneider (Feb97)

[Bild auf Seite 3]

Eleanor Roosevelt mit der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte

[Bildnachweis]

Mrs. Roosevelt and symbol on pages 3, 5, and 7: UN photo

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