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Erwachet! 1999
g99 22. 12. S. 4-7

Entführungen — Kommerzialisierter Terror

„KIDNAPPING ist kein Eigentumsdelikt. Es ist ein gemeines, grausames und skrupelloses Delikt gegen die fundamentalste Menschengruppe, die Familie“, schreibt Mark Bles in seinem Buch The Kidnap Business. Eine Entführung versetzt eine Familie in einen gefühlsmäßigen Aufruhr. Mit jeder Minute und jeder Stunde, die verstreicht, schwanken die Angehörigen zwischen Hoffnung und Verzweiflung und kämpfen mit Schuld-, Haß- und Ohnmachtsgefühlen. Der Alptraum kann Tage, Wochen, Monate, mitunter sogar Jahre andauern.

Auf ihrer unbarmherzigen Jagd nach Geld schlagen Entführer aus den Gefühlen der Familie Kapital. Eine Kidnapperbande zwang ihr Opfer dazu, folgendes in einem offenen Brief an die Presse zu schreiben: „Ich bitte die Presse, dies überall zu veröffentlichen, damit für den Fall, daß ich nicht zurückkomme, die Schuld nicht nur bei meinen Entführern liegt, sondern auch bei meiner Familie, der Geld wichtiger ist als ich.“ Entführer in Italien haben ihren Lösegeldforderungen dadurch Nachdruck verliehen, daß sie dem Opfer Körperteile abschnitten und diese an Verwandte oder Fernsehsender schickten. Ein Kidnapper in Mexiko folterte seine Opfer sogar, während er am Telefon mit der Familie verhandelte.

Einige Entführer versuchen dagegen, sich bei ihrem Opfer lieb Kind zu machen. Auf den Philippinen wurde ein entführter Geschäftsmann beispielsweise in einem Luxushotel in Manila als Geisel gehalten, wo ihm seine Entführer Alkohol ausschenkten und er sich die Zeit mit Prostituierten vertreiben konnte, bis das Lösegeld gezahlt wurde. Die meisten Opfer werden allerdings ohne große Rücksicht auf ihre physischen oder hygienischen Bedürfnisse gefangengehalten. Viele von ihnen werden brutal mißhandelt. Auf jeden Fall muß das Opfer ständig in der entsetzlichen Angst davor leben, was aus ihm wird.

Das Trauma verarbeiten

Selbst wenn ein Opfer wieder freikommt, bleiben wahrscheinlich emotionelle Narben zurück. Eine schwedische Krankenschwester, die in Somalia entführt worden war, erklärte: „Das allerwichtigste ist, mit Freunden und Verwandten zu reden und nötigenfalls professionelle Hilfe zu suchen.“

Therapeuten haben eine Methode entwickelt, mit der sie den Opfern helfen. In mehreren kurzen Sitzungen analysieren die Opfer unter professioneller Anleitung ihre Erlebnisse, bevor sie ihre Familie wiedersehen und wieder ein normales Leben beginnen. „Eine Therapie unmittelbar nach dem Entführungsfall verringert das Risiko eines dauerhaften Schadens“, sagt Rigmor Gillberg, Experte für Krisenintervention vom Roten Kreuz.

Andere Folgen

Entführungen betreffen nicht nur die Opfer und ihre Familien. Angst vor Entführungen kann bewirken, daß der Tourismus zum Erliegen kommt und Investitionen zurückgehen; sie kann in der Gesellschaft auch ein Gefühl der Unsicherheit erzeugen. 1997 verließen in nur wenigen Monaten sechs internationale Unternehmen wegen Kidnapping-Drohungen die Philippinen. Eine Filipina, die für eine Gruppe arbeitet, die sich „Bürger gegen Kriminalität“ nennt, rief aus: „Unser Leben ist ein Alptraum!“

In einem Artikel der Zeitschrift The Arizona Republic hieß es: „Unter den leitenden Angestellten Mexikos steigert sich die Angst zur Hysterie, und das mit Recht.“ Die brasilianische Zeitschrift Veja schrieb, die Monster in den Alpträumen brasilianischer Kinder seien heute Kidnapper und Räuber. Auf Taiwan wird an den Schulen gelehrt, wie man Entführungen vorbeugen kann, und in den Vereinigten Staaten sind in Vorschulen zum Schutz vor Entführungen Sicherheitskameras installiert.

Hochkonjunktur für Sicherheitsberater

Der Anstieg von Entführungen und die damit einhergehenden heiklen Situationen haben Beraterfirmen für persönliche Sicherheit Tür und Tor geöffnet. In der brasilianischen Stadt Rio de Janeiro gibt es über 500 solcher Firmen, die insgesamt einen Umsatz von 1,8 Milliarden Dollar verbuchen können.

Immer mehr internationale Sicherheitsberatungsfirmen klären über Kidnapping-Prävention auf, veröffentlichen Berichte über Gefahrenzonen und handeln Lösegelder aus. Sie beraten Familien und Firmen, erklären ihnen die Strategie der Kidnapper und helfen ihnen bei der psychischen Verarbeitung. Manche Unternehmen versuchen sogar, die Entführer nach der Freilassung der Geisel zu fassen und das Lösegeld zurückzuholen. Sie bieten ihre Dienste allerdings nicht kostenlos an.

Trotzdem sind Entführungen in vielen Ländern auf dem Vormarsch. Richard Johnson, Vizepräsident von Seitlin & Company, kommentierte die Situation in Lateinamerika mit den Worten: „Man geht allgemein davon aus, daß Entführungen zunehmen werden.“

Gründe für den Anstieg von Entführungen

Experten geben eine Reihe von Gründen für den Anstieg von Entführungen in jüngerer Zeit an. E i n Grund ist die verzweifelte wirtschaftliche Situation in einigen Gebieten. Ein Rettungshelfer in der Stadt Naltschik (Rußland) sagte: „Der beste Weg, an Geld heranzukommen, ist ebenjenes berüchtigte Mittel: Kidnapping.“ In einigen früheren Sowjetrepubliken sollen durch Entführungen die Privatarmeen dortiger Militärs finanziert werden.

Da mehr Geschäftsleute und Touristen denn je die Welt bereisen, eröffnen sich den Kidnappern neue Perspektiven auf der Suche nach Opfern. Die Zahl der entführten Ausländer hat sich in fünf Jahren verdoppelt. Zwischen 1991 und 1997 wurden in zirka 26 Ländern Touristen entführt.

Woher kommen all diese Entführer? Da sich manche militärische Konflikte entspannen, haben etliche ehemalige Soldaten keine Arbeit und daher leere Taschen. Leute wie sie verfügen über das erforderliche Know-how, um in dieses lukrative Geschäft einzusteigen.

Da man immer bessere technische Möglichkeiten hat, Banküberfälle zu verhindern, und außerdem scharf gegen den Drogenhandel vorgeht, sehen sich Kriminelle dazu genötigt, sich dem Menschenraub als Ersatzeinkommensquelle zuzuwenden. Mike Ackerman, ein Experte in Entführungsfragen, erklärte: „In dem Maße, wie wir den Raub von Eigentum in allen Kulturkreisen erschweren, forcieren wir den Menschenraub.“ Auch das Publikmachen von hohen Lösegeldzahlungen kann jemand zum Kidnapping verleiten.

Die Motive sind nicht immer dieselben

Die meisten Kidnapper wollen Geld, und zwar nur Geld. Die Lösegeldforderungen variieren von einer Handvoll Dollar bis zu der Rekordforderung von 60 Millionen Dollar für einen Immobiliengiganten in Hongkong, der trotz der Zahlung der Summe nie freikam.

Manche Entführer dagegen wollen zu Ruhm kommen oder Nahrungsmittel, Medikamente, Radios, Autos, gegebenenfalls auch den Bau von Schulen, Straßen oder Krankenhäusern erpressen. Ein leitender Angestellter in Asien wurde freigelassen, nachdem die Entführer Basketballuniformen und Basketbälle erhalten hatten. Bestimmte Gruppen wollen durch Entführungen auch ausländische Investoren oder Touristen einschüchtern, um der Ausbeutung ihres Landes und seiner Naturschätze Einhalt zu gebieten.

Motive, Möglichkeiten und potentielle Kidnapper sowie potentielle Opfer gibt es demnach genug. Gibt es auch genug Lösungen? Wie sehen einige dieser Lösungen aus, und wird das Problem dadurch wirklich gelöst? Bevor wir uns diesen Fragen zuwenden, wollen wir auf ein paar der eigentlichen, tiefer liegenden Ursachen für den Aufschwung des Geschäfts mit dem Menschenraub eingehen.

[Kasten auf Seite 5]

Wenn man entführt wird

Personen, die sich mit der Thematik auseinandergesetzt haben, geben potentiellen Entführungsopfern folgende Empfehlungen:

• Kooperativ sein; sich nicht starrsinnig verhalten. Feindselige Geiseln werden in der Regel brutaler behandelt und laufen eher Gefahr, getötet oder für Strafen ausgesondert zu werden.

• Nicht in Panik geraten. Sich stets vor Augen halten, daß die meisten Opfer eine Entführung überleben.

• Ein System ausdenken, durch das man das Zeitgefühl nicht verliert.

• Versuchen, eine bestimmte tägliche Routine zu entwickeln.

• Sich bewegen, selbst wenn die Gelegenheiten dazu begrenzt sind.

• Ein aufmerksamer Beobachter sein; versuchen, sich Einzelheiten, Geräusche und Gerüche einzuprägen. Sich Details über die Entführer merken.

• Wenn möglich, etwas Konversation mit den Entführern machen und Kontakt herstellen. Wenn die Entführer in dem Opfer ein Individuum sehen, ist es weniger wahrscheinlich, daß sie es verletzen oder töten.

• Die Entführer höflich auf die eigenen Bedürfnisse aufmerksam machen.

• Niemals versuchen, selbst ein Lösegeld mit den Entführern auszuhandeln.

• Kommt es zu einer Rettungsaktion, sich auf den Boden werfen und passiv abwarten, wie sich die Dinge entwickeln.

[Kasten auf Seite 6]

Versicherung gegen erpresserischen Menschenraub — eine umstrittene Angelegenheit

Mit der Zunahme an erpresserischem Menschenraub haben auch Versicherungen Hochkonjunktur. Die Londoner Lloyd’s hatte, was Versicherungen gegen Menschenraub angeht, in den 90er Jahren eine stetige Zunahme von 50 Prozent jährlich zu verzeichnen. Immer mehr Unternehmen bieten derartige Versicherungen an. Die Versicherung deckt die Inanspruchnahme eines Vermittlers ab, der mit den Entführern verhandelt, die Bereitstellung des Lösegelds und mitunter auch Versuche, mit Hilfe von Profis das Lösegeld zurückzuholen. Allerdings ist diese Versicherung sehr umstritten.

Die Gegner einer Versicherung gegen Menschenraub behaupten, dadurch werde das Verbrechen kommerzialisiert und es sei moralisch verwerflich, mit Entführungen Geld zu verdienen. Außerdem befürchten sie, daß eine versicherte Person zu sorglos mit ihrer eigenen Sicherheit umgehen könnte und daß die Versicherung den Entführern ihre Versuche, Geld zu erpressen, erleichtern und somit derartige Verbrechen fördern würde. Manche befürchten sogar, daß gewisse Leute durch die Verfügbarkeit einer solchen Versicherung dazu ermutigt werden, ihre eigene Entführung zu arrangieren, um Geld von der Versicherung zu kassieren. Eine Versicherung gegen Menschenraub ist in Kolumbien und Italien gesetzlich verboten.

Befürworter einer Versicherung gegen Menschenraub weisen darauf hin, daß wie bei allen anderen Versicherungen viele für den Verlust einiger weniger zahlen. Sie argumentieren, diese Versicherung vermittle ein gewisses Maß an Sicherheit, weil sie es den versicherten Familien und Firmen ermögliche, die Hilfe qualifizierter Fachkräfte in Anspruch zu nehmen, wodurch Spannungen abgebaut würden, ein niedrigeres Lösegeld ausgehandelt werden könnte und die Entführer leichter gefaßt werden könnten.

[Kasten auf Seite 7]

Das Stockholmsyndrom

Die Entführung von Patty Hearst, der Tochter des Zeitungsmagnaten Randolph A. Hearst, im Jahr 1974 nahm eine überraschende Wendung, als sie sich mit ihren Entführern verbündete und mit ihnen zusammen einen bewaffneten Raubüberfall verübte. In einem anderen Fall vergab ein entführter spanischer Fußballspieler seinen Entführern und wünschte ihnen alles Gute.

Seit dem Geiseldrama in einer Bank in Stockholm (Schweden) im Jahr 1973 nennt man dieses Phänomen das Stockholmsyndrom. Damals entwickelte sich zwischen einigen der Geiseln und ihren Geiselnehmern eine besondere Freundschaft. Wie in dem Buch Criminal Behavior erklärt wird, diente eine solche Interaktion zum Schutz der Entführten. Es heißt: „Je besser das Opfer und der Entführer einander kennenlernen, desto sympathischer werden sie sich. Dieses Phänomen deutet darauf hin, daß der Straftäter nach einer Weile wahrscheinlich weniger geneigt ist, der Geisel Schaden zuzufügen.“

Eine Frau aus England, die in Tschetschenien entführt und vergewaltigt wurde, sagte: „Ich glaube, als der Mann, der uns bewachte, uns als Menschen kennenlernte, ging ihm auf, daß es falsch war, mich zu vergewaltigen. Er stellte die Vergewaltigungen ein und entschuldigte sich.“

[Bild auf Seite 4]

Eine Entführung ist für die Familienangehörigen eine der nervenaufreibendsten traumatischen Erfahrungen, die man sich vorstellen kann

[Bild auf Seite 5]

Die Opfer benötigen Zuspruch

[Bild auf Seite 7]

Die meisten Opfer werden ohne große Rücksicht auf ihre physischen und hygienischen Bedürfnisse gefangengehalten

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