KAPITEL 6
Was ist mit meinem Körper los?
„Ich bin unheimlich schnell gewachsen – was ich gut fand –, aber ich hatte ziemliche Schmerzen. Die Krämpfe in den Beinen und Füßen waren echt schrecklich!“ (Paul).
„Du merkst, dass sich dein Körper verändert, und hoffst, es fällt nicht groß auf. Aber dann spricht dich jemand auf deine Hüften an, dass du mal gut Kinder bekommen könntest. Das ist zwar nett gemeint, aber man möchte am liebsten im Erdboden verschwinden“ (Chanelle).
SEID ihr als Familie schon mal in eine fremde Gegend gezogen? Dann hattest du sicher Probleme, dich umzugewöhnen. Du musstest alles, was dir vertraut war, hinter dir lassen – dein Zuhause, die Schule, deine Freunde. Bestimmt hat es einige Zeit gedauert, bis du dich in der neuen Umgebung eingelebt hast.
Ein noch größerer Einschnitt im Leben ist die Pubertät – die Entwicklungsphase, die zur Geschlechtsreife führt. Alles ist so neu und fremd. Spannend? Absolut. Auf der anderen Seite hat man beim Eintritt in die Erwachsenenwelt gemischte Gefühle und die Umgewöhnung fällt nicht unbedingt leicht. Was passiert in dieser faszinierenden, aber auch turbulenten Lebensphase?
Nur für Mädchen
Das Erwachsenwerden ist eine Zeit enormer Veränderungen. Manche davon sind nicht zu übersehen. Zum Beispiel lösen Hormone das Wachstum der Schamhaare aus. Du merkst auch, wie sich Brüste, Hüfte, Oberschenkel und Po verändern. Dein Körper verliert ganz allmählich seine kindlichen Formen und entwickelt die weiblichen Rundungen einer Frau. Das braucht dich aber nicht zu erschrecken – es ist völlig normal. Dein Körper stellt sich gerade darauf ein, dass du eines Tages Kinder bekommen kannst.
Mit der Pubertät setzt auch die Menstruation ein. Bist du nicht ausreichend darauf vorbereitet, kann es passieren, dass dir dieses bedeutsame Ereignis große Angst einjagt. „Ich bin aus allen Wolken gefallen, als meine Periode kam“, erzählt Samantha. „Ich hab mich schmutzig gefühlt und mich unter der Dusche abgeschrubbt. Ich hab nur gedacht: ‚I, wie eklig!‘ Bei dem Gedanken, dass das jetzt jeden Monat so geht, ist mir ganz anders geworden.“
Ohne Monatsblutung wäre allerdings auch keine Fortpflanzung möglich. Es wird zwar noch Jahre dauern, bis du reif genug für Kinder bist, aber du entwickelst dich jetzt schon zu einer Frau. Trotzdem kann einen der Monatszyklus ziemlich aus dem Gleichgewicht bringen. „Das Schlimmste waren die Stimmungsschwankungen“, meint Kelli. „Ich konnte mir einfach nicht erklären, warum ich den ganzen Tag so gut drauf war und mir dann abends die Augen aus dem Kopf geweint hab. Das hat mich total fertiggemacht!“
Falls du dich auch so fühlst, hab Geduld. Mit der Zeit wirst du dich daran gewöhnen. Annette (20) erinnert sich: „Irgendwann hab ich akzeptiert, dass ich dadurch eine Frau werde und dass die Fähigkeit, Kinder zu bekommen, ein Geschenk von Jehova ist. Es dauert eine Weile, bis man so weit ist, und manchen Mädchen fällt das echt schwer. Aber irgendwann findet man es okay.“
Hast auch du an deinem Körper Veränderungen beobachtet, wie sie hier beschrieben werden? Notiere deine Fragen dazu.
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Nur für Jungs
Bei Jungs macht sich die Pubertät stark im Aussehen bemerkbar. Kann sein, dass du fettige Haut bekommst und sich Mitesser und Pickel zeigen.a „Diese Pickel können einen zur Verzweiflung bringen“, sagt Matt (18). „Ständig muss man sie bekämpfen – es ist der reinste Krieg. Man weiß nicht, ob sie jemals wieder weggehen und ob sie Narben hinterlassen oder ob man deswegen komisch angeschaut wird.“
Als Pluspunkt wirst du wahrscheinlich verbuchen, dass du größer und muskulöser wirst und allmählich breitere Schultern bekommst. In der Pubertät stellt sich auch der Haarwuchs an den Beinen, auf der Brust und unter den Armen ein, und der Bart fängt an zu sprießen. Übrigens ist die Behaarung kein Gradmesser für Männlichkeit; sie ist einfach genetisch bedingt.
Da Arme und Beine oft schneller wachsen als der Rest, wirkst du in dieser Phase eventuell ein bisschen unbeholfen. Dwayne beschreibt es so: „Ich hatte so ungefähr die Eleganz einer Giraffe auf Inlinern. Es war, als würden die Impulse von meinem Gehirn erst eine Woche später bei den Armen und Beinen ankommen.“
Mitten in den Teenagerjahren kommt der Stimmbruch. In dieser Übergangszeit wird die Stimme tiefer, doch können ganz plötzlich unangenehme Krächzer dazwischenrutschen. Das braucht dich aber nicht zu beunruhigen. Deine Stimme wird sich regulieren. Das Ganze ist weit weniger peinlich, wenn du über dich selbst lachen kannst.
Mit der Zeugungsreife werden auch die Geschlechtsorgane größer und es wachsen Schamhaare. Außerdem bildet sich Samenflüssigkeit. Sie enthält Millionen mikroskopisch kleiner Samenzellen oder Spermien, die bei Geschlechtsbeziehungen freigesetzt werden. Befruchtet eine Samenzelle eine weibliche Eizelle, wird ein Baby gezeugt.
Sperma, das sich ansammelt, wird zum Teil vom Gewebe aufgenommen. Oder es wird nachts im Schlaf abgegeben. Das nennt man auch einen feuchten Traum. Ein solcher Samenerguss ist etwas ganz Normales. Sogar in der Bibel ist davon die Rede (3. Mose 15:16, 17). Es ist ein Anzeichen deiner Fortpflanzungsfähigkeit und deiner Entwicklung zum Mann.
Hast auch du an deinem Körper Veränderungen beobachtet, wie sie hier beschrieben werden? Notiere deine Fragen dazu.
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Neue Gefühle
Während dieser Entwicklungsphase sieht man das andere Geschlecht plötzlich mit ganz anderen Augen. „In der Pubertät hab ich auf einmal gemerkt, wie viele hübsche Mädchen es gibt“, sagt Matt. „Damit hatte ich echt ein Problem, weil eine Beziehung für mich überhaupt noch nicht infrage kam.“ In Kapitel 29 wird auf diesen Aspekt des Erwachsenwerdens näher eingegangen. Zunächst solltest du dir aber bewusst machen, wie wichtig es ist, dein sexuelles Verlangen zu beherrschen (Kolosser 3:5). So schwierig dir das auch erscheint, du kannst es in den Griff bekommen.
Die Pubertät ist allerdings auch noch von anderen Gefühlen begleitet. Man kann sich selbst nicht leiden, ist einsam oder hat öfter einen Durchhänger. In solchen Zeiten ist es gut, sich seinem Vater oder seiner Mutter zu öffnen oder einem anderen Erwachsenen, dem man vertraut. Notiere den Namen eines Erwachsenen, mit dem du über deine Gefühle reden könntest.
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Die wichtigste Entwicklung
Am wichtigsten sind nicht Körpergröße, Figur und Gesicht, sondern wie du dich mental, gefühlsmäßig und vor allem als Christ entwickelst. Der Apostel Paulus schrieb: „Einst, als ich noch ein Kind war, da redete ich wie ein Kind, ich fühlte und dachte wie ein Kind. Als ich dann aber erwachsen war, habe ich die kindlichen Vorstellungen abgelegt“ (1. Korinther 13:11, Gute Nachricht Bibel). Die Botschaft ist klar. Es reicht nicht, wie ein Erwachsener auszusehen. Man muss auch lernen, wie ein Erwachsener zu denken, zu reden und zu handeln. Sei also nicht so sehr auf deine körperliche Entwicklung fixiert, dass du deine Persönlichkeit vernachlässigst.
Denk auch daran, dass Gott „sieht, wie das Herz ist“ (1. Samuel 16:7). König Saul wird in der Bibel als groß und gut aussehend beschrieben, doch als Mensch und König versagte er jämmerlich (1. Samuel 9:2). Zachäus dagegen war klein und unscheinbar, brachte aber die innere Stärke für eine 180-Grad-Wendung auf und schloss sich Jesus an (Lukas 19:2-10). Was am meisten zählt, sind ganz klar die inneren Werte.
Eins steht fest: Die körperliche Entwicklung lässt sich weder beschleunigen noch verzögern, ohne dass man sich selber schaden würde. Hab also keine Panik vor dem, was kommt, und sträub dich nicht dagegen, sondern nimms leicht und mit Humor. Die Pubertät ist keine Krankheit und sie trifft nicht nur dich. Hab keine Angst: Man überlebt sie. Und ist der Sturm erst vorüber, kommt eine voll entwickelte Frau oder ein voll entwickelter Mann zum Vorschein!
Was ist, wenn du dich mit deinem Spiegelbild einfach nicht anfreunden kannst? Wie kommt man zu einer ausgeglichenen Ansicht über sein Aussehen?
[Fußnote]
a Auch Mädchen machen das durch. In vielen Fällen schafft sorgfältige Hautpflege Abhilfe.
BIBELTEXT
„Ich werde dich lobpreisen, weil ich auf furchteinflößende Weise wunderbar gemacht bin“ (Psalm 139:14)
TIPP
Je weiter du dich körperlich entwickelst, umso mehr musst du darauf achten, dass deine Kleidung nicht provozierend wirkt. Die Bibel rät auf diesem Gebiet zu „Bescheidenheit und gesundem Sinn“ (1. Timotheus 2:9).
HAST DU GEWUSST ...?
In die Pubertät kann man schon mit 8 Jahren kommen oder erst mitten in den Teenagerjahren. Das ist alles noch ganz normal.
DAS HABE ICH FEST VOR!
An diesem Charakterzug muss ich unbedingt noch arbeiten: ․․․․․
Damit ich mich als Christ weiterentwickle, werde ich ․․․․․
Meinen Vater oder meine Mutter möchte ich dazu fragen: ․․․․․
WAS DENKST DU?
● Warum kommt man mit den körperlichen und seelischen Veränderungen beim Erwachsenwerden so schwer zurecht?
● Was findest du am schlimmsten an dieser Übergangsphase?
● Warum lässt die Liebe zu Gott in der Pubertät manchmal nach? Was kannst du dagegen tun?
[Herausgestellter Text auf Seite 61]
„Als Jugendlicher ist man total verunsichert. Man weiß nie, wohin der Körper als Nächstes will. Aber irgendwann lernt man, die Veränderungen zu akzeptieren, und findet sie sogar gut.” Annette
[Kasten auf Seite 63, 64]
Wie kann ich mit meiner Mutter oder meinem Vater über Sex reden?
„Mit Fragen über Sex würde ich nicht zu meinen Eltern gehen“ (Beth).
„Mir wäre es oberpeinlich, mit dem Thema anzufangen“ (Dennis).
Falls es dir ähnlich geht wie Beth und Dennis, bist du in einer verzwickten Lage. Einerseits möchtest du mehr über Sex wissen, andererseits sind die Menschen, die dir die besten Auskünfte geben könnten, wahrscheinlich die letzten, die du fragen würdest — deine Eltern! Dir schießen viele Gedanken durch den Kopf:
Was werden sie von mir denken?
„Ich möchte nicht, dass sie durch meine Fragerei misstrauisch werden“ (Jessica).
„Am liebsten wäre es ihnen, man würde immer das kleine, brave Mädchen bleiben. An dem Tag, wo das Thema Sex aufkommt, wird es für sie schwer“ (Beth).
Wie werden sie reagieren?
„Ich hätte Angst, dass meine Eltern vorschnell Schlüsse ziehen und mit einem Wortschwall über mich herfallen, ohne mich überhaupt ausreden zu lassen“ (Gloria).
„Meine Eltern sind keine guten Schauspieler. Ich hätte Angst vor ihrem entgeisterten Gesicht. Ich kann mir lebhaft vorstellen, wie sich mein Papa fieberhaft eine Rede zurechtlegt, sobald ich mit dem Thema anfange“ (Pam).
Werden sie mir etwas unterstellen?
„Es kann sein, dass sie überreagieren und einem auf den Zahn fühlen, ob man Sex haben will oder von anderen dazu gedrängt wird. Dabei ist man bloß neugierig“ (Lisa).
„Mein Vater schaut immer so besorgt, wenn ich von irgendeinem Typ erzähle, und will mich dann gleich aufklären. Und ich denke: ‚Hallo? Ich hab nur gesagt, dass er süß ist, Papa. Von Ehe oder Sex war überhaupt nicht die Rede‘ “ (Stacey).
Falls es dich tröstet: Deinen Eltern ist es wahrscheinlich genauso unangenehm, mit dir über Sex zu reden, wie umgekehrt. Das mag erklären, warum bei einer Umfrage 65 Prozent der Eltern angaben, sie hätten ihre Kinder aufgeklärt, während sich nur 41 Prozent der Kinder an so ein Gespräch erinnern konnten.
Tatsächlich fällt es Eltern oft schwer, über Sex zu reden. Kann sein, dass sich auch ihre Eltern darüber ausgeschwiegen haben. Sei ein wenig nachsichtig mit ihnen. Vielleicht ist allen am meisten gedient, wenn du dir ein Herz fasst und das Thema zur Sprache bringst. Nur wie?
Wie sag ichs?
Deine Eltern wissen sehr viel über Sex und können deine Fragen beantworten. Jetzt geht es nur darum, dieses Wissen anzuzapfen. Probier es doch einmal so:
1. Mach den Anfang, indem du deine Befürchtungen beim Namen nennst. „Ich weiß nicht so richtig, wie ich anfangen soll, weil ich Angst habe, du könntest denken ...“
2. Begründe nun, warum du damit zu deinem Vater oder deiner Mutter kommst. „Aber ich hab da eine Frage, die ich lieber von dir beantwortet haben möchte als von irgendjemand anders.“
3. Werde dann konkret. „Ich würde gerne wissen ...“
4. Halte die Tür für weitere Gespräche offen. „Kann ich dich wieder fragen, wenn ich noch was dazu wissen will?“
Selbst wenn du von vornherein weißt, dass deine Mutter oder dein Vater Ja sagen wird, ist es gut, das von demjenigen selbst zu hören. Dann hast du beim nächsten Mal weniger Hemmungen. Nur Mut! Nachher bist du vielleicht derselben Meinung wie Trina. Heute, mit 24, sagt sie: „Als meine Mama und ich darüber geredet haben, wünschte ich mir insgeheim, wir hätten erst gar nicht damit angefangen. Im Nachhinein bin ich aber froh, dass sie so offen und ehrlich war. Das ist für mich ein echter Schutz gewesen.“
[Bild auf Seite 59]
Der Abschied von der Kindheit ist ein bisschen wie von zu Hause wegziehen — aber man kann sich umgewöhnen