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  • Wie Frauen wirklich frei werden können
  • Der Wachtturm verkündet Jehovas Königreich 1974
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  • ERFOLG IM BERUFSLEBEN
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Der Wachtturm verkündet Jehovas Königreich 1974
w74 1. 10. S. 579-585

Wie Frauen wirklich frei werden können

„FRAUEN, VEREINIGT EUCH! DIE SCHWESTERNSCHAFT IST MÄCHTIG!“ So lautete der Wahlspruch der Frauen, die im Jahre 1969 in Atlantic City gegen einen Schönheitswettbewerb protestierten, auf dem die „Miß Amerika“ gewählt werden sollte. Als Reporterin der CBS-Rundfunk-Berichterstattung war ich Augenzeugin und berichtete über diese Demonstration. Diese Aufgabe, die ich rein zufällig erhalten hatte, erwies sich als ein Wendepunkt in meinem Leben.

Ich war eigentlich keine Reporterin. Meine Stellung war damals die einer Journalistin oder Pressemitarbeiterin der Nachrichtenabteilung des CBS. Da es die Protestierenden aber ablehnten, mit Reportern zu sprechen, bat man mich, darüber zu berichten, da das CBS damals keine Reporterinnen in New York stationiert hatte.

Zu jener Zeit war mir nur wenig über die Frauenbefreiungsbewegung bekannt, und vieles schien mir ziemlich radikal zu sein. Das Ergebnis meiner Untersuchungen überraschte mich allerdings, denn ich stellte fest, daß ich die Ansichten dieser Frauen eigentlich teilte.

Es stimmt, sie waren verärgert. Sie beklagten sich. Doch jeder aufgeschlossene Mensch mußte zugeben, daß sie einige Probleme richtig erkannt hatten und eine Verbesserung der Lage anstrebten.

Bevor ich mich zu dem Schönheitswettbewerb begab, nahm ich für die Radiostation CBS ein Interview mit Robin Morgan, einer der Organisatorinnen der Bewegung, auf. Sie erklärte:

„Bei dem Schönheitswettbewerb werden Frauen als nichts anderes als eine Art geistloses ,Sexobjekt‘ dargestellt. Die Bewerberin hat zu lächeln und zu schweigen und sich in einem Badeanzug zu zeigen. ... Wir glauben, daß allein schon der Gedanke, daß man wie bei einer Landwirtschaftsausstellung vor Sachverständigen, die das Fleisch begutachten, auf und ab geht, etwas Herabwürdigendes ist und daß es sich dabei um ein grausames Ritual handelt.“

Je länger ich zuhörte, desto mehr identifizierte ich mich mit diesen Frauen und mit dem, wofür sie kämpften. Sie schienen mir wirklich aufrichtig zu sein. Für mich hatte es den Anschein, daß sie nicht nur an sich selbst dachten, sondern daran interessiert waren, ein besseres, ausgeglicheneres Verhältnis zu den Männern zu schaffen.

Wie Robin sagte, seien auch Männer durch die gesellschaftlichen Wertbegriffe „Männlichkeit“ und „Weiblichkeit“ in Unfreiheit: „Männer werden durch das unterdrückt, was wir die Hemingwaysche Theorie nennen — daß man nämlich erst dann ein richtiger Mann sei, wenn man Frauen schlage, vernunftlose Tiere erjage und eine Menge trinke.“

Ich wollte wissen, ob sie die Männer hasse.

„Ich hasse den John-Wayne-Typ“, antwortete sie. „In dieser Hinsicht hasse ich also Männer. Im allgemeinen aber hassen wir die Männer nicht. Ich glaube, wir möchten uns selbst und die Menschen liebenlernen.“

Das stand im Gegensatz zu dem, was man mir über die Ziele der Frauenbefreiungsbewegung erzählt hatte. Es entsprach ganz meinen Wünschen. Es dauerte nicht lange, bis ich mich der Bewegung angeschlossen hatte und aktiv für die Befreiung der Frau eintrat.

Ich glaube immer noch, daß sowohl Frauen als auch Männer der Befreiung bedürfen, und ich kann tatsächlich sagen, daß ich heute mehr tue als je zuvor, um anderen zu zeigen, wie die Menschheit aus ihrer Unterdrückung befreit werden kann.

Nicht alle Frauen sympathisieren mit den Zielen der Frauenbewegung. Man könnte sich daher fragen: „Welche Frauen schließen sich eigentlich der Bewegung an?“ Mein eigener Fall mag als Veranschaulichung dafür dienen.

ERFOLG IM BERUFSLEBEN

Ich wuchs in Connecticut auf, in einem Außenbezirk der Stadt New York, in dem wohlhabende Bürger leben, und besuchte eine private Mädchenschule. Meine Familie war eine Intellektuellenfamilie, die traditionsgemäß gut belesen und der Geisteswelt gegenüber sehr aufgeschlossen war.

Ich heiratete mit achtzehn und hatte einen Sohn. Als ich dreiundzwanzig war, endete meine Ehe vor dem Scheidungsrichter. Ich mußte mich also nach einer Arbeit umsehen, um für meinen Sohn zu sorgen.

Man bot mir mehrere Stellen als Sekretärin an, doch ich lehnte ab, da ich mir sagte, daß ich keine Aufstiegschancen hätte, wenn ich erst einmal als Sekretärin begonnen hätte. Angesichts der Diskriminierung der Frau im Erwerbsleben müßte ich bereits höher beginnen, wenn ich höher steigen wollte. Ich wußte, daß ich bestimmte Fähigkeiten besaß, aber als Frau nahm man mich nicht so ernst, wie wenn ich ein Mann gewesen wäre. Diese Erfahrung traf mich sehr hart und öffnete mir die Augen für die Probleme, die sich für die Frau auf dem Arbeitsmarkt ergaben.

Fast durch Zufall fand sich schließlich jemand, der willens war, mir als journalistischer Mitarbeiterin der Zeitschrift The Reporter, eines politischen Blattes, eine Chance zu geben. Das führte dazu, daß ich als Journalistin für die Nachrichtenabteilung des CBS arbeitete und letztlich als erste Frau der CBS-Nachrichtenzentralstelle vorstand.

Als Leiterin hatte ich eine Sekretärin und einen Stab von Mitarbeitern unter mir. Und vom Präsidenten an abwärts kannte ich jeden beim CBS. Fast jeden Tag traf ich mich mit Walter Cronkite, da ich Berichte über ihn schrieb, so, als ob er sie selbst geschrieben hätte. Er sah sich einen Bericht an und genehmigte ihn. Dann gingen diese Berichte an die Redakteure in die verschiedenen Städte des Landes, die die Aufsätze so veröffentlichten, als ob sie Cronkite persönlich interviewt hätten oder als ob er den Artikel nur für sie geschrieben hätte.

Das war eine reizvolle Beschäftigung. Ich stand in Ansehen und hatte Geld. Ich war jung und attraktiv. Warum, so wird man fragen, wurde ich eine Verfechterin der Frauenbefreiungsbewegung, wenn ich doch alles besaß, was die Kultur als begehrenswert preist?

WARUM DIE FRAUENBEFREIUNGSBEWEGUNG?

Zwar war es mir gelungen, eine gute Stelle zu erhalten, doch wußte ich, daß es zufolge der Diskriminierung der Frau im Erwerbsleben verhältnismäßig wenig Frauen gab, die die gleichen Aufstiegschancen hatten wie ein Mann. Ich trat daher für die Frauenbefreiungsbewegung ein, weil eines ihrer Hauptziele darin bestand, diesen Mißstand zu beseitigen.

Ein weiterer Grund, weshalb die Frauenbewegung entstand und weshalb sie mir zusagte, waren die steigenden Lebenshaltungskosten und der neuzeitliche Lebensstil. Frauen sind gezwungen mitzuarbeiten, um für den Unterhalt der Familie zu sorgen, und wenn sie nach Hause kommen, haben sie auch noch zu kochen und zu putzen und den Haushalt zu führen. Männer lehnen es im allgemeinen ab, ihre sogenannte „Rolle des Mannes“ aufzugeben und der Frau zu helfen, da sie Hausarbeit als „Frauenarbeit“ betrachten. Die Frauenbewegung erachtet eine solch schwere körperliche Belastung der Frauen als ungerecht und sucht diesem Umstand daher abzuhelfen.

Aber auch die Rolle der Frau innerhalb der Familie hat sich gewandelt. Wir gleichen nicht mehr einigen unserer Großmütter, die fünfzehn Kinder aufzogen, selbst Kleider nähten, Kühe melkten, Brot backten usw. In der Durchschnittsfamilie gibt es heute vielleicht zwei oder drei Kinder, was bedeutet, daß eine Frau im Alter von vierzig Jahren nicht mehr soviel für ihre Kinder dasein muß. Wenn sie somit das Alter erreicht hat, in dem ihr Mann auf dem Höhepunkt seiner Laufbahn steht, sitzt sie zu Hause und weiß oft nicht, was sie mit sich anfangen soll.

Trotz alledem wäre das Los der Frau noch erträglich, hätte sich in den 1960er Jahren nicht ein Wandel in der Einstellung zum anderen Geschlecht vollzogen. Als Frauen wußten wir, daß sehr viele Männer ihren Frauen traditionsgemäß untreu waren. Doch nun taten sie das, was sie früher im geheimen getrieben hatten, offen und ohne sich zu entschuldigen, und sie drängten den Frauen eine ähnliche gewissenlose Verhaltensweise gegenüber dem anderen Geschlecht auf. Aber bei der Frau besteht im allgemeinen eine starke Abneigung, in Untreue zu leben. Es geht gegen ihre Natur. Die offene Promiskuität der Männer trieb daher viele Frauen in die Frauenbefreiungsbewegung.

Wir waren es auch leid, als Sexobjekt betrachtet zu werden. Frauen hassen es, wenn sie ihr Chef, der befugt ist, sie einzustellen oder zu entlassen, zwingen will, intime Beziehungen mit ihm aufzunehmen. Vor diesem Problem stehen sehr viele berufstätige Frauen.

Ich wurde im Jahre 1971 entlassen und glaube, es war darauf zurückzuführen, daß ich es ablehnte, mich mit meinem Chef beim CBS einzulassen. Als ich die Angelegenheit einem der Vizepräsidenten vortrug, war dieser keinesfalls so entsetzt wie ich, sondern entgegnete mir: „Das ist etwas Alltägliches.“

Er hatte recht. Einen unsittlichen Antrag zu erhalten war nichts Außergewöhnliches; meine Erwiderung darauf aber schon. Ich klagte auf zwei Millionen Dollar Schadenersatz wegen Diskriminierung am Arbeitsplatz.

Durch all das und noch Weiteres sehen sich Frauen vor echte Probleme gestellt, die eindeutig der Lösung bedürfen. Doch wie? Die Frauen haben sich auf die Suche nach einer Lösung begeben.

WIE DIE BEWEGUNG ENTSTAND

Das im Jahre 1963 von Betty Friedan veröffentlichte Buch The Feminine Mystique drückt deutlich das Unbehagen aus, das die Frauen in zunehmendem Maße empfanden, da die Veränderungen in der modernen Welt ihr Leben nachteilig berührten. Dieses Buch wirkte wie ein Lauffeuer. Frauen im ganzen Land begriffen, daß sie mit ihrer Unzufriedenheit nicht allein waren.

Im Jahre 1966 gründete Betty Friedan die Nationale Organisation für Frauen; sie war dazu bestimmt, der Diskriminierung der Frau ein Ende zu bereiten. Schon bald sollten ähnliche Organisationen entstehen. Die Grundlage für die Frauenbewegung bildeten sogenannte „rap groups“. Diese Gruppen bestanden aus jeweils acht bis zehn Frauen, die sich wöchentlich zusammensetzten, um über Frauenprobleme zu diskutieren. Solche Gruppen schossen wie Pilze aus dem Boden.

Für mich und viele weitere Frauen, die eine Möglichkeit zur Befreiung der Frau entdeckten, war es eine aufregende Zeit. Viele Stunden brachten wir damit zu, unsere Ansichten über die Stellung der Frau zu diskutieren, Erfahrungen auszutauschen und Theorien zu entwickeln. Wir machten unserem gespeicherten Unwillen Luft, und während wir unsere betrüblichen Erfahrungen austauschten, die wir mit Männern gemacht hatten, nahm unsere Verärgerung nur noch zu. Doch gleichzeitig kamen wir Frauen uns immer näher.

Dieses Gefühl der Solidarität, des Vertrauens und der Liebe — ein Empfinden, das wir mit dem Wort „Schwesternschaft“ ausdrückten — war für uns alle etwas Neues und Schönes. Wir waren alle mit der Vorstellung aufgewachsen, andere Frauen seien Rivalinnen, die uns die Aufmerksamkeit eines Mannes streitig machten. Nun versuchten wir, Freundinnen und Leidensgenossen in uns zu sehen, die aufeinander angewiesen waren.

Aus vielen dieser „rap groups“ entwickelten sich größere Organisationen. So bildete zum Beispiel meine „rap group“, die größtenteils aus Frauen mit einem Journalistenberuf bestand, den Kern der späteren „New York Media Women“. Diese Gruppe machte Schlagzeilen, als sie das Gebäude des Ladies’ Home Journal stürmte und forderte, daß man den Inhalt der in der Zeitschrift erscheinenden Romane sowie die Personalpolitik ändere, um das Image, das diese Zeitschrift von der Frau entwarf, zu heben.

Tatsächlich revolutionierte die Frauenbefreiungsbewegung die Einstellung zur Frau. Sowohl im Berufsleben wie auch auf dem Gebiet der Bildung und des Sports wird die Frau lange nicht mehr so benachteiligt wie früher.

Auch Prozesse wie derjenige, den ich gegen das CBS führte, hatten einen gewaltigen Einfluß auf die Berufschancen der Frau. Als ich beim CBS arbeitete, gab es in dem umfangreichen Stab von Berichterstattern nur eine Reporterin. Innerhalb weniger Monate, nachdem ich Klage erhoben hatte, waren es fünf Reporterinnen.

Obgleich greifbare Ergebnisse erzielt worden waren, beobachtete ich bald ernsthafte Probleme innerhalb der Bewegung, und diese beunruhigten mich.

WAS FUNKTIONIERTE NICHT RICHTIG?

Die Ideale der Frauenbewegung erschienen mir in der Theorie als etwas Schönes, doch sie konnten nicht verwirklicht werden. Die Idee der Schwesternschaft — eine unserer sorgsam gehegten Vorstellungen — verblaßte zum Beispiel, sobald Frauen auf den Geschmack gekommen waren, was Macht bedeutete. Bei der Theorie hatte man die Selbstsucht des Menschen außer acht gelassen.

Ich wurde Zeuge einiger unerbittlicher Machtkämpfe, die in Frauengruppen ausgefochten wurden und bei denen Frauen einander in den Rücken fielen — machtgieriger als irgendein Mann. Unter den „New York Media Women“ wie auch in der gesamten Bewegung zeigten viele Frauen unmißverständlich den Geist eines „Wühlers“; sie waren auf Ruhm und Erfolg aus und benutzten die Bewegung als ihr Sprungbrett.

Während sich die angestrebten Ideale als unrealistisch erwiesen, wurde die Bewegung durch radikale Kräfte in neue, für mich erschreckende Bahnen gelenkt.

Zum Beispiel rückte man die Frage in den Brennpunkt, wie sich Frauen schützen könnten, die in Gefahr stünden, vergewaltigt zu werden. Die Lösung, die die Bewegung anbot, hieß Karate und Judo. Ich schloß mich dieser Auffassung an und übte Karate, weil ich nie einem Mann auf Gnade und Ungnade ausgeliefert sein wollte.

Ich erinnere mich daran, daß eine unserer Gruppen auf einer Sitzung plante, Männern aufzulauern, von denen bekannt war, daß sie Frauen vergewaltigt oder geschlagen hatten, und diese Männer zu verstümmeln oder sogar zu töten. Wir waren mit Ernst bei der Sache. Waren wir aber auch moralisch im Recht? In meinen Augen nicht; für mich war es eine Verletzung all dessen, was ich als Mensch zu sein beanspruchte. Es schien, daß die Bewegung ihren moralischen Impuls eingebüßt hatte. Man war gewillt, Änderungen zu erzwingen — ganz gleich mit welchen Mitteln. Etwas anderes, was in der Bewegung zur Sprache kam, verabscheute ich noch mehr als die Gewalttat: die lesbische Liebe. Ich fand schließlich heraus, daß viele der Frauen, die ich bewundert hatte und die in der Bewegung nach und nach führende Stellungen einnahmen, Lesbierinnen waren. Ja durch die Bewegung wurde die lesbische Liebe sogar noch gefördert. Das hatte natürlich die Bewegung ursprünglich nicht beabsichtigt, doch führte es schließlich dazu.

Die Frauenbewegung verfolgte ursprünglich das Ziel, ein auf gegenseitiger Achtung beruhendes besseres Verhältnis zwischen Männern und Frauen zu schaffen. Wir hatten tatsächlich geglaubt, daß die Männer, sobald sie von unseren Klagen erführen, deren Stichhaltigkeit einsehen und sich ändern würden. Statt dessen reagierten sie auf die Frauenbewegung mit Feindschaft und Spott und beharrten auf ihrer Einstellung.

So machten viele Frauen die Erfahrung, daß ihre Befreiung darin bestand, daß sie ihren Mann verloren. Viele Männer ließen einfach alles im Stich und suchten sich „weiblichere“ Frauen. Die Frauen, die sie zurückließen, gaben oft den Versuch auf, mit Männern auszukommen. Von ihren Männern verlassen, ließen auch sie alles im Stich und begaben sich — zu einer anderen Frau.

Ich betrachtete die lesbische Liebe jedoch als Perversion und als etwas Widerliches. Ich wollte nicht dafür kämpfen, daß eine Frau das Recht habe, eine Lesbierin zu sein.

AUSWIRKUNGEN AUF DIE FAMILIE

Als Mutter beunruhigte mich ein weiteres Merkmal, das sich innerhalb der Bewegung herausbildete: die Ansicht über Kinder und über die Familie. Es wurde zur Scheidung ermuntert. Frauen, die heirateten und schwanger wurden, betrachtete man als altmodisch und spießbürgerlich. Die freiwillige Sterilisation galt als eine Handlung, die von der erlangten „Freiheit“ zeugte, Frauenkommunen propagierte man als wünschenswerten Lebensstil, und durch künstliche Befruchtung gezeugte Kinder wurden zum Zukunftstraum.

Von solchen Ansichten angereizt, verließen viele Frauen ihre Familie. Kürzlich las ich eine von der Tracers Company of America (eine Gesellschaft, die vermißte Personen ausfindig zu machen sucht) herausgegebene Statistik. Anfang der 1960er Jahre war das Verhältnis zwischen Ehemännern und Ehefrauen, die ihre Familie verließen, 300 zu eins. Ende der 1960er Jahre war es 100 zu eins. Heute ist es eins zu eins! Jetzt tun Frauen genau dasselbe, weswegen sie die Männer gehaßt haben.

Aber ich liebte meinen Sohn und freute mich über ihn. Die Tatsache, daß es mein Beruf erforderte, ihn so viel allein zu lassen, bedrückte mich beständig. Es quälte mich die Frage, was wohl aus ihm werden würde, wenn er von mehreren Babysittern erzogen würde, und ich wünschte, ich hätte es anders einrichten können. Die Frauenbefreiungsbewegung konnte weder die grundlegende Frage beantworten, was mit den Kindern geschieht, wenn beide Elternteile arbeiten, noch die weiter reichende Frage, was mit ihnen geschieht, wenn es beide Elternteile ablehnen, ihre elterliche Aufgabe zu erfüllen, weil sie ihrem Streben nach Glück im Wege steht.

Das wirkte auf mich verwirrend und ernüchternd. Die Frauenbewegung hatte keine Lösung dafür. Was mich aber besonders traurig stimmte, war der Umstand, daß ich mich so sehr dafür eingesetzt hatte, daß sich weitere Frauen einer Bewegung anschlossen, die sich nicht nur schlecht auf das Verhältnis zu den Männern, sondern auch nachteilig auf das Verhältnis zur Familie auswirkte.

Dennoch stand eindeutig fest, daß wir Frauen der Befreiung bedurften. Wir hatten zu Recht auf Probleme hingewiesen, durch die das Leben für Millionen von uns zu etwas Erbärmlichem wurde. Worin bestand also die Lösung? Ich gab nicht auf, danach Ausschau zu halten.

EIN UNERWARTETER LICHTBLICK

Eine Bekannte meinte, die Bibel enthalte die Lösung. Ich war äußerst skeptisch. Für eine Frauenrechtlerin ist die Bibel nur ein von einem Haufen Männer verfaßtes Buch, das die negative Einstellung der Männer gegenüber den Frauen widerspiegelt. Doch ich entschloß mich, sie wenigstens zu prüfen. Ich wußte, wie viele die Frauenbewegung falsch dargestellt hatten. Daher dachte ich, es sei nicht fair, die Bibel einfach zu verurteilen, ohne sie zuerst kennengelernt zu haben.

Ich hatte noch nie zuvor in der Bibel gelesen. Ich nahm sie also eines Tages zur Hand und schlug zufällig Jesaja, Kapitel 54 auf, wo ich zu lesen begann: „‚Denn dein großer Erschaffer ist dein ehelicher Besitzer, Jehova der Heerscharen ist sein Name ... Denn Jehova rief dich, wie wenn du ein gänzlich verlassenes und im Geiste verletztes Weib wärest und wie ein Weib der Jugendzeit, das dann verworfen wurde‘, hat dein Gott gesprochen.“ Wie konnte dieser Gott Jehova wissen, welche Empfindungen eine solche Frau hat? Ich wunderte mich. Die Beschreibung eines solchen Zartgefühls weckte in mir den Wunsch, mehr darüber zu erfahren, was für ein Gott das ist.

Die Person, die mich auf die Bibel aufmerksam machte, war zwar kein Zeuge Jehovas, doch sagte sie, daß sich diese als einzige in ihrer Lehre strikt an die Bibel hielten. Im Mai 1971 suchte ich daher einen Königreichssaal der Zeugen Jehovas am Ort auf und vereinbarte, daß ein Zeuge mit mir studierte. Das, was ich im Laufe der Zeit erfuhr, hatte Sinn.

Daß in der Bibel Nachdruck auf Liebe gelegt wird und auf die Notwendigkeit, die Würde der Mitmenschen zu achten, sagte mir wirklich zu. Folgende Schriftstellen sind zum Beispiel nur eine Auswahl von vielen, die mich beeindruckten:

„Werdet aber freundlich gegeneinander, voll zarten Erbarmens, indem ihr einander bereitwillig vergebt, so, wie auch Gott euch durch Christus bereitwillig vergeben hat.“ „[Tut] nichts aus Streitsucht oder aus Ichsucht ..., sondern [achtet] in Demut die anderen höher ... als euch selbst.“ „In Ehrerbietung komme einer dem anderen zuvor“ (Eph. 4:32; Phil. 2:3; Röm. 12:10).

Es ist nicht davon die Rede, daß dieser Rat nur Frauen gelte; nein, so sollten Menschen, Männer und Frauen, einander betrachten und behandeln. Ich konnte das alles nur befürworten.

Mich hatte die weltliche Ansicht angewidert, daß Männer wie Hummeln von einer Blume zur anderen fliegen „müßten“ — daß Unsittlichkeit für sie angeblich etwas Natürliches sei. Nun hatte ich entdeckt, daß die Bibel „nein“ dazu sagt und daß sie erklärt, man solle das nicht tun und die Ehe solle in Ehren gehalten werden. Ferner wird in Römer, Kapitel 1 Homosexualität verurteilt und als „unzüchtig“ bezeichnet. Ich atmete erleichtert auf.

EHEMÄNNER UND EHEFRAUEN

„Doch“, so werden bestimmt viele Frauen fragen, „wie steht es mit der Bibelstelle, die besagt: ,Die Ehefrauen seien ihren Männern untertan wie dem Herrn, denn ein Ehemann ist das Haupt seiner Frau.‘?“ (Eph. 5:22, 23). Als ich zum erstenmal diese Stelle las, hatte auch ich ein unangenehmes Gefühl. Ich fragte mich: „Was könnte das für eine Ehefrau anderes bedeuten, als versklavt zu sein, wenn ihr Ehemann ihr Haupt wäre?“ Doch die Person, die mit mir studierte, forderte mich auf, die Sache umfassender zu sehen und den in dieser Bibelstelle dargelegten Grundsatz nicht anhand dessen zu beurteilen, was ich in der Welt unter Männern beobachtet hatte.

Man zeigte mir, daß auch ein christlicher Ehemann ein Haupt hat, dem er unterwürfig ist, und daß er unter dem Gebot steht, seine Ehefrau so zu behandeln, wie Jesus seine Nachfolger auf Erden behandelte (1. Kor. 11:3). In Epheser, Kapitel 5 heißt es dazu: „Ihr Ehemänner, fahrt fort, eure Frauen zu lieben, so, wie auch der Christus die Versammlung geliebt und sich für sie dahingegeben hat.“ Ich sagte mir: „Wenn Ehemänner dies wirklich täten, wenn sie ihre Frauen so sehr liebten, daß sie bereit wären, für sie zu sterben, hätte es nie eine Frauenbefreiungsbewegung gegeben.“

Man zeigte mir auch den Bibeltext, der von Männern fordert, ihren Frauen Ehre zuzuerkennen (1. Petr. 3:7). Nun erschien mir der Gedanke von der Leitung durch ein Haupt ein wenig annehmbarer.

Aber ich fragte mich immer noch: „Wenn sich Ehemänner gemäß dem Willen Gottes, des Stifters der Ehe, so verhalten sollten, wie konnte dann aus all dem ein solches Durcheinander entstehen?“ Während meines Studiums erfuhr ich, daß der Mensch durch seine Sünde im Garten Eden eine Unmenge Probleme, wie Krankheit und Tod, über sich brachte. Als ich aber in der Bibel las, welche Strafe Eva empfing, war ich entsetzt: „Dein tiefes Verlangen wird nach deinem Manne sein, und er wird über dich herrschen“ (1. Mose 3:16).

Welch ein widerlicher Gedanke! Bedeutete das, daß ich mich als Frau beherrschen lassen mußte, wenn ich die Bibel akzeptierte? Nein. Als ich weiterstudierte, erfuhr ich, daß Gott beabsichtigt, Mann und Frau schon bald wieder zur ursprünglichen Vollkommenheit zurückzuführen. Sünde, Krankheit und Tod werden für immer beseitigt werden (Offb. 21:3, 4). Bedeutet das, daß dann auch die Herrschaft sündiger Menschen enden wird?

Ja. Ich freute mich, zu erfahren, daß — während der liebevolle Grundsatz der Leitung durch ein Haupt bestehenbleibt — die von Männern ausgeübte selbstsüchtige Herrschaft aufhören wird. Wäre es, so betrachtet, nicht etwas Schönes, einen Ehemann als Haupt zu haben, der ebenso liebevoll ist wie Christus?

Und nicht nur das. Ich erfuhr, daß ich nicht warten müßte, bis Jehova Gott die Erde in ein Paradies verwandelt, denn von christlichen Männern, von wahren Christen, wird erwartet, daß sie jetzt bereits bemüht sind, nach Gottes gerechten Maßstäben zu leben. Taten sie das?

NUR THEORIE?

Man legte mir nahe, regelmäßig die Zusammenkünfte der Zeugen Jehovas zu besuchen und mit Jehovas Zeugen und ihren Familien zusammen zu sein und mich selbst davon zu überzeugen. Ich war erstaunt. Sie leben wirklich nach den Lehren der Bibel. Dann erkannte ich, warum.

Jeder von ihnen glaubt, daß die Bibel wahr ist — daß der Schöpfer des Universums tatsächlich Menschen dazu inspirierte, sie zu schreiben. Daher bemühen sich Jehovas Zeugen aufrichtig, so gut es ihnen überhaupt möglich ist, nach Gottes Wort zu leben. Das Ergebnis: Sie behandeln andere freundlich und mitfühlend, und Ehemänner bemühen sich, ihre Ehefrauen zu lieben und zu ehren.

Überdies stellte ich fest, daß sie wirklich daran glauben, daß Gottes Regierung einmal über die Erde herrschen wird, wenn sie zu Gott beten: ‘Unser Vater im Himmel, dein Königreich komme.’ Sie glauben tatsächlich an die Verheißung der Bibel: „Der Gott des Himmels [wird] ein Königreich aufrichten, das nie zugrunde gerichtet werden wird. ... Es wird alle diese Königreiche zermalmen und ihnen ein Ende bereiten, und es selbst wird für unabsehbare Zeit bestehen“ (Dan. 2:44).

EINE BEFREIUNG, FÜR DIE ES SICH ZU KÄMPFEN LOHNT

Ich konnte sehen, daß Jehovas Zeugen glauben, daß Gott bald dieses System zerschmettern wird und daß würdige Menschen in eine gerechte neue Ordnung hinüberleben werden. Während ich darüber nachdachte, erschien mir das auch vernünftig. Denn tatsächlich muß die ungeheure Selbstsucht und Unsittlichkeit, von denen jeder Teil dieser Welt durchdrungen ist, den Schöpfer anwidern! Und ich war davon überzeugt, daß Menschen von sich aus an dieser Situation nichts ändern können.

Während ich die Bibel weiter studierte, war ich immer mehr davon überzeugt, daß das, was Gott herbeiführen wird, bei weitem die Ergebnisse übersteigen wird, die wir in der Frauenbewegung je zu erzielen hoffen konnten. Denn unter Gottes Königreich werden nicht nur die Probleme der Frau gelöst werden, sondern der Schöpfer wird auch dafür sorgen, daß die ganze Menschheit von jeder Art Bedrückung befreit wird, selbst von Krankheit und Tod. Das hat er in seinem Wort verheißen, und wir haben guten Grund, daran zu glauben, daß er sein Versprechen halten wird.

Ich setze mich daher immer noch für die Befreiung sowohl der Frauen als auch der Männer ein, doch auf eine andere Weise. Statt jede Woche viele Stunden mit Sitzungen der Frauenbewegung zu verbringen oder Rechtskämpfe zur Verbesserung der Frauenrechte auszufechten, verwende ich jetzt meine Zeit dafür, den Menschen zu zeigen, daß die einzig wahre Hoffnung auf ein glückliches Leben darin besteht, daß sie die vortrefflichen Grundsätze des Wortes Gottes in ihrem Leben anwenden. Dies ist der einzige Weg, der zu wahrer Befreiung auf der paradiesischen „neuen Erde“ unter der Herrschaft des gerechten Königreiches Gottes führen wird (2. Petr. 3:13). (Eingesandt.)

[Herausgestellter Text auf Seite 580]

„Ein weiterer Grund, weshalb die Frauenbewegung entstand ..., waren die steigenden Lebenshaltungskosten und der neuzeitliche Lebensstil.“

[Herausgestellter Text auf Seite 581]

„Die offene Promiskuität der Männer trieb ... viele Frauen in die Frauenbefreiungsbewegung.“

[Herausgestellter Text auf Seite 582]

„Die Idee der Schwesternschaft — eine unserer sorgsam gehegten Vorstellungen — verblaßte ..., sobald Frauen auf den Geschmack gekommen waren, was Macht bedeutete.“

[Herausgestellter Text auf Seite 583]

„Ich wollte nicht dafür kämpfen, daß eine Frau das Recht habe, eine Lesbierin zu sein.“

[Herausgestellter Text auf Seite 585]

„Man zeigte mir auch den Bibeltext, der von Männern fordert, ihren Frauen Ehre zuzuerkennen.“

[Kasten auf Seite 579]

● Jahrhundertelang sind in vielen Völkern die Frauen von den Männern unterdrückt und schlecht behandelt worden. Heute fordern immer mehr Frauen Freiheit und Gleichheit.

● Heißt die Bibel solche Bewegungen zur Befreiung der Frauen gut?

● Hier berichtet eine Frauenrechtlerin, wie sie den einzigen wirklich erfolgversprechenden Weg entdeckte, auf dem die Befreiung der Frauen herbeigeführt werden kann.

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