Fragen von Lesern
● Bevor ich die Bibel studierte, wurden meine Frau und ich geschieden, und zwar nicht aufgrund von Unsittlichkeit, sondern weil wir nicht miteinander auskamen. Heute bin ich ein Christ. Bin ich, biblisch gesehen, frei, wieder zu heiraten?
Ob man in der von dir beschriebenen Situation vom biblischen Standpunkt aus frei ist, wieder zu heiraten, hängt davon ab, ob die Ehe in den Augen Gottes aufgelöst ist.
Deine Ehe wurde gesetzlich aufgelöst, bevor du ein Christ wurdest, wahrscheinlich mit einer gesetzlichen Begründung, wie zum Beispiel Unverträglichkeit. Damit hörte die Ehe vom Standpunkt des Staates auf. Doch du fragst dich passenderweise, ob der universelle Gesetzgeber dich und deine frühere Frau immer noch als „e i n Fleisch“ betrachtet (1. Mose 2:22-24).
Hier ist uns das eine Hilfe, was Jesus sagte. Er räumte ein, daß Ehen aus verschiedenen Gründen geschieden wurden, und fügte hinzu: „Jeder, der seine Frau durch Scheidung entläßt, ausgenommen aufgrund von Hurerei [griechisch: pornéia], und eine andere heiratet, [begeht] Ehebruch“ (Matth. 19:9; 5:32). Somit ist der einzige schriftgemäße Grund für eine Scheidung, die einem die Freiheit gäbe, sich wiederzuverheiraten, „Hurerei“ oder pornéia, was Ehebruch oder eine andere schwere geschlechtliche Unsittlichkeit einschließt.
Wäre also deine Frau des Ehebruchs schuldig gewesen, so hättest du einen schriftgemäßen Grund gehabt, dich scheiden zu lassen. Wenn dann die Scheidung aufgrund von Hurerei oder aus einem anderen wahrheitsgemäßen gesetzlichen Grund erfolgt wäre, wärt ihr nicht mehr „e i n Fleisch“ gewesen. Oder wenn du dich des Ehebruchs schuldig gemacht hättest, und deine Frau hätte dir nicht vergeben, sondern sich von dir scheiden lassen, so wärt ihr beide ebenfalls schriftgemäß frei.
Du sagst aber, daß es vor der Scheidung nicht zu Unsittlichkeit gekommen sei. Welcher Grund bestünde daher angesichts der Worte Jesu zu der Annahme, daß die Ehe durch die Scheidung automatisch auch in den Augen Gottes aufgelöst worden sei? Wer ein Christ wird, kann zwar Gott um Vergebung für früher begangene Sünden bitten, doch heißt das nicht, daß alle früher eingegangenen Verpflichtungen und Bindungen aufgelöst worden wären (1. Joh. 1:7; 1. Kor. 6:9-11). Du magst dir zum Beispiel von einem Freund Geld geliehen und mit ihm regelmäßige Teilrückzahlungen vereinbart haben. Dann wirst du ein Christ. Wird deine Schuld dadurch aufgehoben? Nein. Wenn du erfährst, wie Gott über die Begleichung von Schulden denkt, wird dir deine Verpflichtung wahrscheinlich noch um so mehr bewußt (Ps. 37:21; 15:4; 112:5). Ähnlich verhält es sich mit einer Ehe. Als ihr geheiratet habt, wurdet ihr beide in den Augen Gottes „e i n Fleisch“. Frage dich also, ob es irgendeinen Grund gibt, weshalb Gott euch jetzt nicht mehr als „e i n Fleisch“ betrachten würde.
Es könnte sein. Nach eurer Scheidung könnte etwas vorgefallen sein, wodurch die Ehe in Gottes Augen aufgelöst worden ist. Der Grund wird uns klar, wenn wir die Sache im Lichte der Worte Jesu aus Matthäus 19:9 sehen. Wenn du dich — für den Fall, daß sich deine Frau von dir scheiden ließ — zwar nicht zuvor der Unsittlichkeit schuldig gemacht hattest, später aber „Hurerei“ begangen hast, könnte die Ehe als aufgelöst gelten. Deine Frau wollte also nicht mehr bei dir sein, und später war auch noch der schriftgemäße Grund dafür gegeben, daß ihr nicht mehr als „e i n Fleisch“ zu betrachten wart. Oder vielleicht machte sich deine Frau nach der Scheidung der „Hurerei“ schuldig. Wie Jesus einräumte, könnte unter diesen Umständen die Ehe in den Augen Gottes als aufgelöst gelten, da eine Scheidung vollzogen wurde und du nun als der unschuldige Partner die Unsittlichkeit deiner früheren Frau beweisen kannst.
In einem Fall wie in dem von dir dargelegten kann somit das, was nach der Scheidung geschehen oder nicht geschehen ist, dafür ausschlaggebend sein, ob die beiden früheren Partner in den Augen Gottes immer noch „e i n Fleisch“ sind.
Was kannst du tun, wenn du feststellst, daß du in den Augen Gottes biblisch nicht frei bist, wieder zu heiraten? Eine Möglichkeit wäre, zu versuchen, mit deiner Frau, von der du jetzt geschieden bist, über die biblische Wahrheit zu sprechen. Vielleicht kannst du ihr erkennen helfen, daß die Bibel Persönlichkeiten umformen und Menschen, die früher unglücklich waren, glücklich machen kann. Wenn ihr euch entschließt, wieder zusammenzukommen, wäre es allerdings angebracht, euch gesetzlich trauen zu lassen, damit eure Gemeinschaft in den Augen aller ehrbar ist (Hebr. 13:4).
Falls deine Frau gegenwärtig nicht zu einer Versöhnung bereit ist, so führe weiterhin ein moralisch einwandfreies, keusches Leben, wie du es offensichtlich bis jetzt getan hast (Jak. 3:17; 1. Thess. 4:3-5). Der Apostel Paulus erklärte, daß Personen ohne Ehepartner ihre Zeit und Freiheit auf nutzbringende Weise zur Förderung der wahren Anbetung einsetzen können (1. Kor. 7:29-35)a. Mit der Christenversammlung fortgesetzt Gemeinschaft zu pflegen und ständig damit beschäftigt zu sein, Gottes Wort zu predigen und zu lehren, wird große Befriedigung und viele Segnungen mit sich bringen.
[Fußnote]