Kann man mit seinem Los im Leben zufrieden sein?
„SCHICKTE man zwei Engel auf die Erde, den einen als Herrscher und den anderen als Straßenfeger, würden sie ihre Stellung nicht wechseln wollen.“ Diese Worte äußerte der englische Geistliche John Newton vor ungefähr 200 Jahren. Ja, auch so kann man das Zufriedensein mit seinem Los im Leben ansehen.
Doch was schließt Zufriedenheit alles ein? Es ist ein inneres Gefühl tiefen und anhaltenden Zufriedenseins mit den bestehenden Umständen und zeigt sich darin, daß man nicht nörgelt oder sich beklagt. Ein Wörterbuch definiert das Wort „zufrieden“ folgendermaßen: „guten Mutes sein, mit seinen Lebensumständen einverstanden sein“. Wie steht es mit dir? Wünschst du dir in deinem Herzen eine andere Arbeitsstelle, eine andere Wohnung oder einen anderen Ehepartner? Stellst du fest, daß deine Wünsche so stark werden, daß du dazu neigst, dein Gleichgewicht zu verlieren?
Zufrieden zu sein schließt nicht aus, daß wir uns um die Verbesserung unserer Verhältnisse bemühen. Durch unsere Zufriedenheit sollte nicht unser Unternehmungsgeist unterdrückt werden, was dazu führen könnte, daß wir kaum das zum Leben Notwendige beschaffen würden. Zufrieden zu sein bedeutet aber, etwas nicht so sehr zu begehren, daß wir uns ständig beklagen würden, es nicht zu erhalten.
EIN BEISPIEL DER ZUFRIEDENHEIT
Betrachten wir einmal das Beispiel des christlichen Apostels Paulus. Er besaß die römische Staatsbürgerschaft und stammte wahrscheinlich aus einer prominenten hebräischen Familie. Zu Füßen des Gelehrten Gamaliel studierte er die Rechte, und er erwarb sich die Achtung seiner Mitpharisäer. Doch was geschah dann? Er wurde von Jehova Gott durch seinen Sohn dazu berufen, ein Prediger der „guten Botschaft“ zu werden. Paulus arbeitete mit seinen Händen, um für seinen Unterhalt zu sorgen und keine Last für andere in der Christenversammlung zu sein. Dadurch war er frei, von Stadt zu Stadt zu ziehen, wohin auch immer er durch seine Missionstätigkeit gelangte. Wegen seiner Arbeit als Evangeliumsverkündiger wurde er verfolgt, ja sogar geschlagen, gesteinigt und gegeißelt. War er aber zufrieden?
Paulus schrieb in seinem Brief an die Philipper: „Ja, tatsächlich betrachte ich überhaupt auch alle Dinge als Verlust wegen des alles übertreffenden Wertes der Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn. Um seinetwillen habe ich den Verlust aller Dinge erlitten, und ich betrachte sie als eine Menge Kehricht, damit ich Christus gewinne ... ich habe gelernt, in welchen Umständen ich mich auch immer befinde, selbstgenügsam [„zufrieden“, Fußnote in der Neuen-Welt-Übersetzung, engl. Ausg. 1971] zu sein“ (Phil. 3:8; 4:11). Ja, der Apostel Paulus fand in seinem Dienst für Gott wahre Befriedigung.
WARNENDE BEISPIELE DER UNZUFRIEDENHEIT
Andere sind jedoch unzufrieden geworden, und das hatte tragische Folgen. Die erste Frau, Eva, hatte einen vollkommenen Mann, eine Heimat in einem paradiesischen Garten, eine Fülle von Speisen in großer Vielfältigkeit, sie genoß die liebevolle Fürsorge ihres himmlischen Vaters und Gottes und hätte ewig leben können. Als jedoch der Versucher mit ihr sprach und sagte, Gott enthalte ihr etwas vor, was ihr rechtmäßig zustehe, glaubte sie ihm und wurde mit ihrem Leben unzufrieden. Sie erwählte es sich, einen Lauf der Unabhängigkeit einzuschlagen, wodurch sie die Möglichkeit erhielt, ihre eigenen Maßstäbe für Gut und Böse aufzustellen. Diese Wahl brachte für sie Leid und den Tod. Wieviel besser wäre es für sie doch gewesen, zufrieden zu sein und ihrem Mann und vor allen Dingen ihrem Gott untertan zu bleiben!
Jahrhunderte später, als Jehova Gott sein Volk durch die Wüste führte, machte sich mehrere Male Unzufriedenheit bemerkbar. Bei einer Gelegenheit wurden 254 Häupter in Israel mit ihrem Los unzufrieden, und das führte zur Rebellion gegen Moses und Aaron. Herausfordernd sagten sie: „Genug von euch. ... Warum also solltet ihr euch über die Versammlung Jehovas erheben?“ Moses zeigte in seiner Antwort die Ursache ihrer Unzufriedenheit. Er sagte: „Ist es euch etwas so Kleines, ... [daß] ihr den Dienst der Stiftshütte Jehovas verrichtet ...? So müßt ihr auch danach trachten, das Priesteramt zu bekommen?“ (4. Mose 16:1-10). Was war die Folge? Die meisten starben durch Feuer; andere wurden von der Erde verschlungen.
Demas, ein Mitarbeiter des Apostels Paulus, wurde unzufrieden, weil sich die Situation geändert hatte. Er war mit dem Apostel während dessen erster Gefangenschaft in Rom zusammengewesen. Doch während der zweiten Gefangenschaft verließ Demas Paulus, ‘weil er das gegenwärtige System der Dinge liebte’ (2. Tim. 4:10). Er verlor also das vorzügliche Vorrecht, für Paulus während seiner Prüfungen eine Quelle der Ermunterung zu sein.
BIST DU ZUFRIEDEN?
Wie steht es mit dir? Angenommen, du bist der Ernährer in deiner Familie. Bist du unzufrieden? Es gibt bestimmt vieles, was einen Christen beunruhigen oder bedrücken kann: die Unehrlichkeit von Leuten in hoher Stellung, die ungerechte Behandlung der Armen und Bedürftigen, Günstlingswirtschaft, ganz zu schweigen von den vielen monotonen Arbeiten, die täglich zu verrichten sind. Wie kann jemand unter diesen Umständen zufrieden sein? Es ist gut, daran zu denken, daß man nicht der einzige ist, der diese Schwierigkeiten hat. Im Altertum sahen sich treue Diener Gottes ähnlichen Problemen gegenüber. In der Bibel ist zu unserer Ermunterung aufgezeichnet worden, wie sie diese erfolgreich überwanden.
Ein gutes Beispiel ist der Levit Asaph, ein bekannter Sänger und Musiker. Er schrieb: „Ich wurde neidisch auf die Prahler, als ich den Frieden der Bösen zu sehen pflegte. Sie sind auch nicht im Ungemach des sterblichen Menschen, und sie werden nicht so geplagt wie andere Menschen.“ Deshalb sagte er sich: „Es [ist] vergeblich, daß ich mein Herz gereinigt habe und daß ich meine Hände in Unschuld selbst wasche“ (Ps. 73:3, 5, 13).
Asaph fragte sich in Wirklichkeit: „Was für einen Sinn hat es, daß ich versuche, das Rechte zu tun? Andere kommen trotz ihrer Bosheit ungestraft davon. Warum nicht ich?“ Doch dann sah er ein, daß seine Denkweise falsch war. Als er im Heiligtum mit anderen Anbetern Jehovas zusammen war, erkannte er, daß die Wohlfahrt der Bösen nicht von Dauer ist (Ps. 73:15-19).
Wenn wir über die Bosheit um uns herum unglücklich sind, können wir aus der Tatsache, daß es einen Tag der Abrechnung geben wird, Trost schöpfen (Apg. 17:31). Im gegenwärtigen System der Dinge gibt es vieles, was sich nicht ändern läßt. In der Bibel heißt es: „Was krumm gemacht ist, kann nicht geradegemacht werden“ (Pred. 1:15). Wenn wir also irgend etwas nicht auf rechtmäßige Weise ändern können, ist es weise, darauf zu warten, daß Jehova zur bestimmten Zeit eingreifen wird. Dadurch bewahren wir uns unsere Zufriedenheit.
Wie steht es mit deinem Zuhause? Ist es für dich eine Quelle der Zufriedenheit? Bestimmt können liebevolle Angehörige zur Zufriedenheit beitragen. Welch eine Erleichterung ist es doch für einen Mann, nach einem Tag harter Arbeit an einen Ort zu kommen, wo Frieden herrscht, und sich der Gemeinschaft mit seiner Frau und seinen Kindern zu erfreuen! In einem biblischen Spruch wird dies passenderweise so ausgedrückt: „Besser ist ein Gericht Gemüse, wo Liebe ist, als ein an der Krippe gemästeter Stier und Haß dabei“ (Spr. 15:17).
Unsere geistige Familie, die aus Zeugen für Jehova besteht, ist uns ebenfalls eine Hilfe, unsere Zufriedenheit zu bewahren. Wie gut ist es doch, mit Personen Gemeinschaft pflegen zu können, die ehrlich, rechtschaffen und liebevoll sind! Hast du festgestellt, daß dich der Besuch der Zusammenkünfte der Zeugen Jehovas deine Probleme vergessen läßt?
Eine Hausfrau mag fragen: „Wie steht es aber mit meinem Los?“ Sie wird ständig daran arbeiten müssen, ihre Zufriedenheit zu bewahren, weil sie soviel von der „Frauenbefreiungsbewegung“ hört. Doch sind diejenigen, die in dieser Bewegung führend vorangehen, wirklich zufrieden? Wie können sie glücklich sein, wenn sie die Tatsache unberücksichtigt lassen, daß Gott der Frau die Rolle einer Gehilfin und die eines ergänzenden Teils gegeben hat und nicht die eines Hauptes oder einer Konkurrentin? (1. Mose 2:18). Eine Ehefrau kann viel zum Glück der gesamten Familie beitragen. In der heutigen Zeit galoppierender Inflation kann sie die Haushaltskosten niedrig halten, indem sie beim Einkaufen Weisheit anwendet (Spr. 31:14). Durch ihre Worte und ihr gutes Beispiel kann die christliche Frau ihre Kinder geistig erbauen und ihnen erkennen helfen, was es bedeutet, ein Leben als Jünger Jesu Christi zu führen.
Wenn sie den ihr von Gott gegebenen Platz ausfüllt, wird sie so glücklich sein wie die tüchtige Ehefrau, die im Buch der Sprüche folgendermaßen beschrieben wird: „Eine tüchtige Ehefrau, wer kann sie finden? Ihr Wert geht weit über den von Korallen. Auf sie hat das Herz ihres Besitzers vertraut. ... Sie hat ihn mit Gutem belohnt ... alle Tage ihres Lebens. ... Sie überwacht die Vorgänge ihres Haushalts. ... Ihre Söhne sind aufgestanden und haben sie glücklich gepriesen; ihr Besitzer steht auf, und er preist sie. ... Die Frau, die Jehova fürchtet, ist es, die sich Lobpreis schafft“ (Spr. 31:10-30).
Wie steht es mit euch, ihr Jugendlichen? Seid ihr mit eurem Los zufrieden? Junge Leute stehen heute ernsten Problemen gegenüber. Die Unmoral, Betrügereien und der Drogenmißbrauch haben schreckliche Ausmaße angenommen. Wegen dieser Dinge braucht man aber nicht sein Gleichgewicht und die Orientierung zu verlieren, was einen veranlassen könnte, vorzeitig die Schule zu verlassen oder die Lehre zu unterbrechen. Wenn du deine Ausbildung nicht abschließt, magst du dich mit einer schlechtbezahlten Arbeit zufriedengeben müssen und mit Arbeitsbedingungen, die dir mehr Kummer bereiten, als du in der Schule beziehungsweise in der Lehre hattest. Deshalb versuche, in der Schule oder in der Lehre das Beste zu leisten. Entscheide dich für eine Ausbildung, die es dir ermöglicht, gut für deinen Unterhalt zu sorgen, ohne mit deinen Kräften Raubbau treiben zu müssen. Gottes Diener tun gut daran, einen Beruf zu erlernen, der ihnen genügend Zeit und Kraft läßt, anderen in geistiger Hinsicht zu helfen. Dadurch erleben sie das viel größere Glück, das das Geben mit sich bringt (Apg. 20:35).
Wenn du schon als Schüler ein Anbeter Jehovas bist, dann bemühe dich, als Christ Fortschritte zu machen. Nutze die Gelegenheit aus, die „gute Botschaft“ in der Schule und gemeinsam mit anderen Gliedern der Versammlung zu verkündigen. Denke darüber nach, wie du während der Schulferien deinen Anteil an der öffentlichen Verkündigung der „guten Botschaft“ vergrößern kannst. Es mag dir viel Freude bereiten, als Hilfspionier tätig zu sein. Vernachlässige nicht das Lesen der Bibel und bibelerklärender Schriften. Gute Vorbereitung wird dich befähigen, dich an den Zusammenkünften der Versammlung zu beteiligen.
Sind einige in deiner Versammlung krank, behindert oder schon älter? Könntest du für sie einkaufen gehen, etwas reparieren oder putzen? Gibt es jemand, der schlecht sehen kann? Könntest du jede Woche Zeit darauf verwenden, dieser Person etwas vorzulesen? Ein Jünger Jesu zu sein bedeutet, anderen so zu dienen, wie er es tat. Wenn du in deiner Jugend lernst, anderen zu dienen, wirst du viel Freude ernten.
Gibt es irgendwelche neuen Faktoren, die uns helfen, den Schlüssel zu wahrer Zufriedenheit zu finden? Nein, es gibt in dieser Hinsicht nichts Neues. Der Apostel Paulus gab uns vor über 1 900 Jahren einen Rat, der heute genauso anwendbar ist wie damals. Er schrieb: „Gewiß ist sie ein Mittel zu großem Gewinn, diese Gottergebenheit zusammen mit Selbstgenügsamkeit [oder „Zufriedenheit“]. Denn wir haben nichts in die Welt hineingebracht, und wir können auch nichts mit hinaustragen. Wenn wir also Lebensunterhalt und Bedeckung haben, werden wir mit diesen Dingen zufrieden sein“ (1. Tim. 6:6-8).
Nimm dir Zeit, über dein Los nachzudenken. Es mag sein, daß es besser sein könnte, als es gegenwärtig ist, doch es könnte auch schlimmer sein. Bemühe dich, mit dem zufrieden zu sein, was du hast, und ärgere dich nicht über Dinge, die du nicht hast. Finde Freude daran, anderen in geistiger Hinsicht zu helfen und für sie eine Quelle der Ermunterung zu sein. Wenn du dies tust, dann wirst du wie viele andere mit deinem Los im Leben zufrieden sein.
[Bild auf Seite 5]
„Wie steht es aber mit meinem Los?“ mag eine Hausfrau fragen.