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Der Wachtturm verkündigt Jehovas Königreich 1997
w97 1. 3. S. 4-5

Fundamentalismus — Was ist darunter zu verstehen?

WOHER stammt der Fundamentalismus? Ende des letzten Jahrhunderts gingen liberale Theologen dazu über, ihre Glaubensansichten zu ändern, um sie der Bibelkritik und wissenschaftlichen Theorien wie der Entwicklungslehre anzupassen. Infolgedessen wurde das Vertrauen der Menschen in die Bibel erschüttert. Dem setzten konservative religiöse Führer in den Vereinigten Staaten als Reaktion eine Reihe „fundamentaler Prinzipien“ des Glaubens entgegen.a Anfang des 20. Jahrhunderts wurden diese fundamentalen Prinzipien in einer Schriftenreihe erörtert, die den Titel trug: The Fundamentals: A Testimony to the Truth (Die Grundlagen: Ein Zeugnis für die Wahrheit). Von diesem Titel leitet sich der Begriff „Fundamentalismus“ ab.

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts machte der Fundamentalismus von Zeit zu Zeit Schlagzeilen. 1925 beispielsweise brachten Fundamentalisten den Lehrer John Scopes aus Tennessee (USA) in dem sogenannten „Affenprozeß“ vor Gericht. Was hatte er verbrochen? Er lehrte die Evolution und verstieß damit gegen das Gesetz dieses Staates. Damals dachte so mancher, der Fundamentalismus sei eine kurzlebige Angelegenheit. 1926 stand in der protestantischen Zeitschrift Christian Century zu lesen, der Fundamentalismus sei „inhaltslos und künstlich“ und ermangle „jeglicher Eigenschaften, die konstruktiven Leistungen oder seinem Fortbestand“ dienten. Wie sehr man sich mit dieser Einschätzung doch geirrt hat!

Seit den 70er Jahren ist der Fundamentalismus ständig in den Schlagzeilen. Professor Miroslav Volf vom Fuller Theological Seminary (Kalifornien, USA) sagte: „Der Fundamentalismus hat nicht nur überlebt, er hat sich auch noch bestens entwickelt.“ Heute wird der Begriff „Fundamentalismus“ nicht mehr nur mit protestantischen Bewegungen in Verbindung gebracht, sondern auch mit Strömungen in anderen Religionen wie dem Katholizismus, dem Islam, dem Judentum und dem Hinduismus.

Eine Reaktion auf unsere Zeit

Warum konnte sich der Fundamentalismus derart ausbreiten? Diejenigen, die sich eingehend mit dieser Entwicklung befaßt haben, führen sie zumindest teilweise auf die moralische und religiöse Ungewißheit der Zeit zurück, in der wir leben. Früher herrschte in den meisten Kulturkreisen eine moralische Sicherheit, gestützt auf den traditionellen Glauben. Nun werden diese Glaubensansichten in Frage gestellt oder verworfen. Viele Intellektuelle behaupten, es gebe keinen Gott und der Mensch sei allein in der Gleichgültigkeit des Universums. Viele Wissenschaftler lehren, der Mensch sei ein Produkt des Zufalls der Evolution, nicht etwa des Handelns eines liebevollen Schöpfers. Eine permissive Geisteshaltung hat sich breitgemacht. Die Welt wird geplagt vom Verlust moralischer Werte auf allen Ebenen der Gesellschaft (2. Timotheus 3:4, 5, 13).

Fundamentalisten trauern den früheren Gewißheiten nach, und so manche sind bestrebt, das Rad zurückzudrehen und in ihrem Gemeinwesen oder ihrem Land wieder den moralischen und religiösen Grundlagen Geltung zu verschaffen, die sie für richtig halten. Sie tun alles in ihrer Macht Stehende, andere zu zwingen, nach einem „richtigen“ Sittenkodex und System von Glaubenslehren zu leben. Ein Fundamentalist ist zutiefst davon überzeugt, daß er recht hat und die anderen unrecht haben. In seinem Buch Fundamentalismus erklärt Professor James Barr, der Begriff Fundamentalismus werde „als feindselig und ehrenrührig empfunden, mit einem Beiklang von Engstirnigkeit, Frömmelei, Bildungsfeindlichkeit und Sektierertum“.

Wer nun ein Fundamentalist ist und wer nicht, darüber herrschen sehr unterschiedliche Meinungen — schließlich läßt sich niemand gern engstirnig, frömmelnd oder sektiererisch nennen! Aber es gibt bestimmte Merkmale, die für religiösen Fundamentalismus charakteristisch sind.

Woran man einen Fundamentalisten erkennt

Religiöser Fundamentalismus drückt sich gewöhnlich in dem Bestreben aus, die für ursprünglich gehaltenen Traditionen oder Glaubensansichten einer Kultur zu bewahren und sich dem zu widersetzen, was als säkularer Geist der Welt empfunden wird. Das heißt nicht, daß Fundamentalisten zwangsläufig alles Moderne ablehnen. Etliche bedienen sich höchst wirksam moderner Kommunikationstechnik, um für ihre Ansichten zu werben. Es ist die Säkularisierung der Gesellschaft, die sie bekämpfen.b

Manche Fundamentalisten wollen eine traditionelle Glaubensstruktur oder Lebensweise nicht nur für sich selbst bewahren, sondern sie auch anderen aufzwingen und gesellschaftliche Strukturen der fundamentalistischen Überzeugung anpassen. Ein fundamentalistischer Katholik wird sich daher nicht damit zufriedengeben, Abtreibung lediglich abzulehnen. Er mag durchaus versuchen, Druck auf den Gesetzgeber seines Landes auszuüben, damit Abtreibung gesetzlich verboten wird. Wie in der Zeitung La Repubblica zu lesen stand, führte die katholische Kirche in Polen „einen ‚Krieg‘, in dem sie ihre ganze Macht einsetzte und ihren gesamten Einfluß geltend machte“, um einem Antiabtreibungsgesetz zum Durchbruch zu verhelfen. Das Vorgehen des Klerus trug dabei stark fundamentalistische Züge. In den Vereinigten Staaten führt die protestantische Christian Coalition ähnliche „Kriege“.

Charakteristisch für Fundamentalisten sind vor allem ihre tiefverwurzelten religiösen Überzeugungen. Ein protestantischer Fundamentalist wird daher mit felsenfester Überzeugung für eine wörtliche Bibelauslegung eintreten, unter anderem wohl auch für die Ansicht, die Erde sei in sechs buchstäblichen Tagen erschaffen worden. Ein katholischer Fundamentalist zweifelt nicht im geringsten an der Unfehlbarkeit des Papstes.

Es ist somit nur allzu verständlich, wenn mit dem Ausdruck „Fundamentalismus“ unwillkürlich vernunftloser Fanatismus verbunden wird und wenn Nichtfundamentalisten die Ausbreitung des Fundamentalismus Unbehagen bereitet. Wir selbst stimmen den Fundamentalisten vielleicht nicht zu und fühlen uns abgestoßen von ihrer politischen Einflußnahme und ihrem manchmal gewalttätigen Vorgehen. Es ist sogar gut möglich, daß Fundamentalisten einer Religion äußerst empört sind über das Vorgehen von Fundamentalisten einer anderen Religion. Dennoch sind viele denkende Menschen besorgt wegen der Entwicklungen, die der Ausbreitung des Fundamentalismus zugrunde liegen — die zunehmend laxe Moral, der Verlust des Glaubens und das Ablehnen geistiger Werte in der modernen Gesellschaft.

Läßt sich dieser Entwicklung nur mit Fundamentalismus begegnen? Oder gibt es eine Alternative?

[Fußnoten]

a Die 1895 festgelegten sogenannten Five Points of Fundamentalism (Fünf Punkte des Fundamentalismus) waren „1. die absolute Inspiration und Irrtumslosigkeit der Heiligen Schrift; 2. die Göttlichkeit Jesu Christi; 3. die Jungfrauengeburt Christi; 4. das stellvertretende Sühnopfer Christi am Kreuz; 5. die leibliche Auferstehung und leibliche Wiederkunft Christi auf der Erde“ (Studi di teologia [Theologische Studien]).

b Unter Säkularisierung ist das Hinwenden zum Weltlichen im Gegensatz zum Geistigen oder Heiligen zu verstehen. Religion oder religiöser Überzeugung mißt der Säkularismus keine Bedeutung zu.

[Herausgestellter Text auf Seite 5]

In einer protestantischen Zeitschrift stand 1926 zu lesen, der Fundamentalismus sei „inhaltslos und künstlich“ und ermangle „jeglicher Eigenschaften, die konstruktiven Leistungen oder seinem Fortbestand“ dienten

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