-
Können Gefängnisse die Kriminalität beseitigen?Erwachet! 1979 | 8. Oktober
-
-
Können Gefängnisse die Kriminalität beseitigen?
Verhelfen sie Sträflingen zur Besserung?
„WAS wir vielleicht mehr als alles andere brauchen, ist nicht eine neue Einstellung zur Strafe, sondern eine neue Einstellung zur Moral“, ließ Alan Huggins, Richter in Hongkong, verlauten.
In einer Zeit rapide zunehmender Kriminalität und wiederholt geäußerter Forderungen, mehr Gesetze zu erlassen oder zumindest das Strafgesetz zu revidieren, trifft die Äußerung von Richter Huggins wirklich den Kern der Sache.
Was kann man tun, um die Kriminalität zu beseitigen oder zumindest einzudämmen? Wo ist die schwache Stelle im Kampf gegen die Kriminalität? Von einigen Seiten hört man den Ruf nach härteren Strafen und strengerem Strafvollzug. Andere sind für weniger strenge Gesetze und für einen milderen Strafvollzug. Viele stimmen darin überein, daß Gefängnisse kein Heilmittel gegen Kriminalität sind. Folglich haben in den vergangenen zehn Jahren viele Regierungen ihre Gesetze und ihr Strafrechtssystem neu überprüft. Für besonders hitzige Debatten sorgte das Thema „Todesstrafe“. Eine Anzahl Länder hat die Todesstrafe abgeschafft, doch gegenwärtig wird in einigen Ländern eine Wiedereinführung gefordert. Vergehen wie Ehebruch sind so üblich geworden, daß in einigen Gebieten die Bevölkerung am liebsten die völlige Abschaffung der entsprechenden Strafe sähe.
Experten sagen, daß der Anstieg der Kriminalität nicht von der Milde oder Strenge der Gesetze abhängt. Vielmehr sind sie der Meinung, daß die Mißachtung des Gesetzes durch die ungleiche Rechtsprechung der Gerichte entsteht, daß die Korruption bei Gerichtsprozessen einen großen Teil der Schuld trägt und daß in vielen Fällen die Gefängnisse selbst die Brutstätten für Kriminalität sind.
Schlechte Verhältnisse in Gefängnissen
Ein Journalist berichtete über ein großes Gefängnis in einem bekannten südamerikanischen Land folgendes: „Sexuelle Gewalthandlungen sind an der Tagesordnung. Ein junger Inhaftierter zog es vor, in einer Zelle von nicht mehr als einem Quadratmeter Größe unterzukommen, nur um Mißhandlungen zu entgehen. Welches Verhalten kann man schon von Männern erwarten, die am Rande der Gesellschaft leben, isoliert durch ein Gefängnis, dessen Insassenzahl sich verdreifacht hat (etwa 5 200 Personen leben in Gebäuden, die für höchstens 1 800 Personen gebaut wurden), zu Dutzenden zusammengedrängt in Zellen, in denen die unglaublichste Promiskuität herrscht. Der Sträfling kann sich nicht bessern, sondern verläßt am Ende seiner Gefängnisstrafe das Gefängnis in einem Zustand, der perverser ist als bei seiner Inhaftierung.“
Ein Mann, der in einem europäischen Gefängnis eine 20monatige Strafe abbüßte, machte eine ähnliche Beobachtung: „Gegenstand der täglichen Unterhaltungen waren die Verbrechen, die wir begangen hatten, und die Verbrechen, die wir zu begehen beabsichtigten, wenn wir wieder frei sein würden. Wir tauschten Erfahrungen aus und verrieten uns gegenseitig unsere Methoden. So waren wir gut ausgerüstet, unsere Verbrecherlaufbahn erfolgreich fortzusetzen.“
Ein Christ, der wegen seiner christlichen Neutralität in vier verschiedenen Gefängnissen war, sagte: „Gefängnisse sind keine Besserungsanstalten, sondern vielmehr Schulen für Straftäter. Eine ständige Redewendung lautete: ‚Um dich zu bessern, kommst du, und verdorben gehst du.‘ Es gab Fälle, in denen Personen das erste Mal wegen üblicher Verbrechen, wie zum Beispiel Diebstahl oder Unterschlagung, ins Gefängnis kamen, beim zweiten Mal als Rückfalltäter und schließlich als Gewohnheitstäter. Ich kannte einen Inhaftierten, der fließend fünf Sprachen sprechen konnte und Romanschriftsteller war. Er war wegen wiederholter Vergehen ins Gefängnis gekommen. Er erklärte, daß die Gesellschaft, seine Freunde und auch seine Familie ihn ablehnten und er keine Arbeit bekam. Was sollte er daher tun? Wieder ein Verbrechen begehen und ins Gefängnis zurückkehren, wo er arbeiten, essen und schlafen konnte.“ Natürlich war seine Philosophie verkehrt, aber seine Enttäuschungen machten ihn allmählich zu einem überzeugten Verbrecher.
Resozialisierungsbestrebungen
Die Sorge wegen solch alarmierender Verhältnisse, die in fast jedem Land herrschen, haben Bemühungen in Gang gesetzt, die Situation durch Resozialisierungsprogramme zu bessern. Wenn diese Programme gewissenhaft ausgeführt werden, können viele Straftäter, vor allem diejenigen, die nicht vorbestraft sind, gebessert werden, um achtbare Glieder der Gesellschaft zu werden, die zum Allgemeinwohl beitragen. Auch würde die große Kostenlast beträchtlich gemindert, die die Öffentlichkeit deshalb zu tragen hat, weil die Sträflinge im Gefängnis nicht resozialisiert werden.
Solche Reformprogramme haben nur begrenzten Erfolg — je nach dem Eifer oder dem Mangel an Eifer von seiten der ausführenden Organe und je nach der finanziellen Unterstützung, die ihnen zugebilligt wird. In den 19 Ländern, in denen kürzlich eine Studie durchgeführt wurde, haben sich in einigen der größeren Gefängnisse die Verhältnisse gebessert. Die Gefängnisse sind sauberer; es besteht eine Trennung zwischen Häftlingen, die kleinerer Straftaten überführt wurden, vor allem wenn sie nicht vorbestraft sind, und solchen, die schwerere Straftaten begangen haben, und ferner den verhärteten Gewohnheitsverbrechern. Man hat Vorschriften erlassen, die den Richtern mehr Spielraum bei der Festlegung des Strafmaßes gewähren und ihnen die Handhabung von Fällen mit mildernden Umständen erleichtern, um für den Straftäter eine Atmosphäre zu schaffen, die ihn dazu anregt, sich zu bessern.
Es sind Organisationen gegründet worden, um an Häftlinge Bibeln zu verteilen und religiöse Zusammenkünfte für sie abzuhalten. Man versucht es mit der „Beschäftigungstherapie“, damit die Inhaftierten ihre Situation verbessern können, indem sie einen einträglichen Beruf erlernen. Einige Gefängnisse bieten Schulkurse an. Manche Häftlinge machen sich die Vorkehrungen zunutze, doch die Mehrheit nimmt keine Notiz davon.
Also wurde durch die Gefängnisse trotz wohlmeinender Bemühungen im Kampf gegen die Kriminalität kein großer Erfolg erzielt. Gibt es eine Art Gesetz oder ein Strafgesetz, das dies bewerkstelligen kann? Werden strengere Gesetze oder mildere Gesetze es schaffen? Wie steht es mit religiösen Gesetzen? Kann dem Menschen durch Gesetze Rechtschaffenheit eingeflößt werden? Besteht irgendeine Hoffnung auf Beseitigung der Kriminalität und auf die Erleichterung, die das mit sich bringen würde? Mit diesen Fragen, die uns alle berühren, beschäftigen sich die folgenden Artikel.
-
-
Können religiöse Gesetze Gehorsam einflößen?Erwachet! 1979 | 8. Oktober
-
-
Können religiöse Gesetze Gehorsam einflößen?
Viele Kirchenmitglieder widerstehen der kirchlichen Autorität
WIE steht es mit religiösen Gesetzen? Kann eine Kirche oder eine religiöse Sekte Loyalität gegenüber ihren Richtlinien verlangen mit der Begründung, die Kirche vertrete Gott? Kann sie Gesetze machen, die ihren Angehörigen vorbehaltlosen Gehorsam einflößen?
Kirchen, die Probleme haben
Ein Beispiel finden wir in der römisch-katholischen Kirche. Die Autorität, die sie jahrhundertelang ausgeübt hat, wird nicht mehr stillschweigend akzeptiert. Diese ehemals als fast absolut betrachtete Autorität wird von einem Großteil der katholischen Laien wie auch von einer beträchtlichen Zahl von Priestern in Frage gestellt. Nicht, daß sich die Mehrheit von der Kirche zurückzieht, doch insbesondere Themen wie Geburtenkontrolle, Scheidung, Wiederverheiratung, Homosexualität, Priesterweihe für Frauen und Priesterehe rufen große Meinungsverschiedenheiten hervor. Allerdings scheint die Kritik an den Richtlinien der Kirche nicht in gleichem Maße eine Ablehnung der Kirche als solche zu bewirken.
Die Ergebnisse einer im Jahre 1978 veröffentlichten Umfrage des Gallup-Instituts lassen erkennen, daß „die Mitglieder mit Universitätsabschluß [in den Vereinigten Staaten] in zunehmendem Maße Kirchenlehren über solche Streitfragen wie Abtreibung ablehnen, doch — anders als in der Vergangenheit — den Katholizismus nicht aufgeben“a. Bei den weniger Gebildeten ist der Trend in etwa der gleiche, obschon die Gründe für eine weitere Kirchenzugehörigkeit unterschiedlich sind.
Spürbare Auswirkungen des Anzweifelns kirchlicher Lehren zeigen sich in Kanadas katholischer Provinz Quebec. Dort ist die Scheidungsrate von etwa 9 Prozent im Jahre 1960 auf mehr als 23 Prozent Anfang der 70er Jahre gestiegen. Gemäß einem Bericht der Associated Press vom November 1977 „hat selbst Margaret Trudeaus mit viel Publizität versehene Trennung von ihrem Ehemann aus Quebec, Premierminister Pierre Elliott Trudeau, bei den Einwohnern der Provinz, die einst starke Verfechter des Katholizismus in Nordamerika waren, keine moralische Entrüstung größeren Ausmaßes hervorzurufen vermocht“.
Der Bericht fuhr mit einem Kommentar über eine jahrhundertealte Lehre der Kirche fort: „Kirchliche Würdenträger sagen, die durchschnittliche Kinderzahl in Quebecs katholischen Familien sei von fünf oder sechs auf weniger als drei gesunken zufolge immer beliebter werdender Formen der Geburtenkontrolle und des allgemein abnehmenden Interesses an der katholischen Lehre und Tradition.“
Auch andere Kirchen stellen fest, daß ihre kirchlichen Gesetze mehr oder weniger schwerwiegenden Zweifeln ausgesetzt sind, mißachtet oder sogar bespöttelt werden. Charles L. Dubin vom Berufungsgericht von Ontario meinte dazu: „Alle unsere Institutionen, die Kirche, das Gesetz und die Gerichte, werden in Frage gestellt. Man verlangt eine Änderung.“ Über die rapiden sozialen Veränderungen, von denen die Einstellung gegenüber dem Gesetz betroffen ist, sagte er: „Ich habe das Gesetz nie als ein Spielzeug für Richter und Anwälte betrachtet. Sein Zweck besteht einzig und allein darin, der Öffentlichkeit zu dienen, das Gesetz geht jeden etwas an. Aber man darf nicht vergessen, daß das Gesetz ein Spiegelbild des Geistes des Volkes ist, zu dessen Schutz es geschaffen wurde.“ Er führte weiter aus, daß „unter allen, die sich in Kanada der Rechtspflege annehmen, Einstimmigkeit in bezug auf den Zweck herrscht, aber nicht in der Meinung darüber, wie das höchste Ziel — die Beseitigung der Kriminalität — zu erreichen ist“.
Nichtchristliche Religionen ebenfalls betroffen
Wie steht es mit nichtchristlichen Religionen? Haben sie Erfolg in den Ländern, wo sie traditionsgemäß stark sind und in Sachen Moral die Hauptrolle spielen? In Indien gab es noch vor einigen Jahren ziemlich harte Strafen, außer für Angehörige der Brahmanenkaste, die viel leichtere Strafen erhielten als Angehörige niedrigerer Kasten. Doch das änderte sich unter dem britischen Einfluß, obwohl das Denken der Massen immer noch durch Religion, Kastenwesen, Sex, Wohlstand und Selbstsucht getrübt ist. Es ist schwierig, die Allgemeinheit zur Zusammenarbeit mit den Behörden zu bewegen, die für die Ausführung der Gesetze zuständig sind.
Eine andere Religion, die eine große Macht über Millionen von Personen ausübt, ist der Islam. Auch in Indien hatte er einen großen Einfluß, bevor die Briten die Regierung übernahmen. In einem großen Teil der arabischen Welt bildet er immer noch die Hauptgrundlage für das Rechts- und Regierungswesen. Wie wirkt sich der Islam bei der Bekämpfung der Kriminalität aus?
[Fußnote]
a New York Times, 29. Januar 1979, S. D8.
-
-
Wird das islamische Gesetz die Kriminalität beseitigen?Erwachet! 1979 | 8. Oktober
-
-
Wird das islamische Gesetz die Kriminalität beseitigen?
Die vorläufigen Ergebnisse, die im Iran zu sehen sind
DIE weltweite Welle der Revolutionen und Freiheitskämpfe hat die Gesetze bedrängter Nationen ins Rampenlicht gerückt. Seit dem Sturz des Schahs ist besonders das islamische Gesetz in der öffentlichen Presse zum Gegenstand der Diskussion geworden. Das Wall Street Journal bemerkte zu diesem Punkt:
„Der Islam ist im gesamten moslemischen Bereich auf dem Vormarsch. Betroffen davon sind die Regierungen im Iran, in Pakistan, Algerien, Tunesien, Libyen und anderswo. ... Das islamische ,Scharia-Gesetz‘ mit dem Auge-um-Auge-Prinzip wird in Pakistan und in Abu Dhabi angewandt. ... [Algeriens] Verfassung betont ebenfalls, daß es sich um ‚einen islamischen Staat‘ handelt.“
Die Reden des iranischen Revolutionsführers Ruhollah Chomeini offenbaren, daß die neue Revolutionsregierung nicht nur eine „soziale Revolution“ oder eine politische Regierung aufgrund von Volksversammlungen oder aufgrund eines parlamentarischen Systems ist. Sie ist in erster Linie eine religiöse Regierung. Den Unterschied beschreibt Chomeini in seiner Abhandlung „Islamische Regierung“, einer Sammlung von Reden, die er 1970 hielt:
„Eine islamische Regierung ist eine Regierung des göttlichen Gesetzes. ... Der Unterschied zwischen einer islamischen Regierung und einer konstitutionellen Regierung — ob Monarchie oder Republik — liegt in dem Umstand begründet, daß in letzterem Fall die Gesetze von den Vertretern des Volkes oder des Königs gemacht werden. Dagegen liegt die eigentliche Autorität, Gesetze zu erlassen, ausschließlich bei Gott. ... Da die islamische Regierung eine Regierung des Gesetzes ist, soll der religiöse Experte (Fakih) und kein anderer derjenige sein, der sich der Regierungsgeschäfte annimmt. Er ist derjenige, der in all den Bereichen amten sollte, in denen der Prophet (Mohammed) amtete — ohne auch nur das Geringste hinzuzufügen oder wegzulassen. Er sollte die vorgeschriebenen Strafen vollziehen, genauso wie es der Prophet tat, und sollte gemäß Gottes Offenbarung regieren.“
Viele Leute (meist solche, die keine Mohammedaner sind) stellen folgende Fragen: Kann eine ausschließlich islamische Regierung in einer modernen Welt funktionieren und überleben? Kann sie sich der modernen Technik und den internationalen Beziehungen anpassen? Die Moslems antworten ja. Obwohl der Iran eine materialistische Nation war, die in mancher Hinsicht die Lebensweise des Westens übernommen und sich moderner Entwicklungen bedient hatte, meinen die Moslems, ohne diese Errungenschaften auskommen zu können, besonders wenn sie der islamischen Lebensweise zuwiderlaufen. Ist diese Voraussage zutreffend?
Diese Frage wurde dringlich, als Chomeini das islamische Gesetz in bezug auf Damenbekleidung auslegte. Über Frauen „in islamischen Ministerien“ sagte er: „In diesen Ministerien sollten die Frauen nicht nackt arbeiten. Gegen die Berufstätigkeit der Frauen ist nichts einzuwenden. Doch sie müssen den religiösen Normen gemäß gekleidet sein.“
„In vielen Gebieten“, so hieß es in einem vom 8. März datierten Korrespondentenbericht der New York Times, „wurden die Äußerungen des religiösen Führers als Befehl aufgefaßt, daß islamische Frauen den vom Kopf bis zum Fuß reichenden Schleier tragen sollten, den der orthodoxe Brauch vorschreibt. Heute, am internationalen Tag der Frau, gab es mehrere Demonstrationen in der Hauptstadt, die gegen Chomeinis Auslegung protestierten. In einem Schneetreiben inszenierten mehr als 6 000 Frauen, viele von ihnen in Jeans oder westlicher Kleidung und Stiefeln, einen vierstündigen Marsch von der Universität Teherans bis zum Ministerium des [Premierministers] Mr. Basargan. Einige riefen in Sprechchören: ,Keine Freiheit in der Morgendämmerung der Freiheit!‘“
Werden sich die Iraner freier, glücklicher fühlen, wenn das islamische Gesetz in seiner ganzen Strenge, wie von Chomeini befürwortet, angewandt wird? „Im System einer islamischen Regierung“, sagte er, „haben Meinungen oder Gefühle keinen Platz; vielmehr folgen alle, der Prophet und die Imams [moslemische Führer] und das Volk, dem Willen Gottes und seinen Gesetzen ... Wir wollen einen Herrscher, der seinem eigenen Sohn die Hand abhacken würde, wenn er stiehlt, und der einen nahen Verwandten auspeitschen und steinigen würde, wenn er Hurerei begeht.“
Werden denn wirklich gute Handelsbeziehungen und auch ein Touristenaustausch mit anderen Ländern zustande kommen in einer Welt, in der die Mehrheit der Nationen nachsichtiger — manchenorts zu nachsichtig — bei der Vollstreckung ihrer Strafgesetze geworden ist? Wird es unter den Iranern selbst weiterhin Unruhe geben? Chomeini zog das in Erwägung, als er sagte:
„[Die islamischen Reformer] schreien: ‚Wehe dem Islam!‘, wenn er 80 Hiebe als Strafe für den Weintrinker und 100 Hiebe für den Hurer von schlechtem Ruf vorschreibt und wenn der Islam verlangt, daß ein Hurer oder eine Hure von ehemals keuschem Ruf gesteinigt wird.“
Mit dem Erfolg der Revolution begann offensichtlich die Anwendung des islamischen Gesetzes. In einer Korrespondentenmeldung aus Teheran mit Datum vom 25. Februar 1979 hieß es:
„Einem Dieb, der in Zenjan (nordwestlich von Teheran) in das Haus einer Witwe einbrach, wurden auf dem öffentlichen Platz 25 Hiebe verabreicht, nachdem die islamischen Führer des Ortes die Strafe verordnet hatten. Einige Tage vorher in dieser Woche bekamen zwei Männer im Alter von 20 und 22 Jahren 80 Hiebe, weil sie in Kerman (Südost-Iran) alkoholische Getränke zu sich genommen hatten.“
In einer vom 6. März datierten Presseverlautbarung der New York Timesa wurde berichtet: „In der vergangenen Nacht fanden zum erstenmal Hinrichtungen wegen Übertretungen des moslemischen Gesetzes statt. In zwei Fällen wurden hier insgesamt sieben Männer erschossen, die an der Vergewaltigung junger Männer beteiligt gewesen waren. In einem der Fälle wurden sogar dem 16jährigen Opfer 100 Hiebe verabreicht. Das Revolutionsgericht gab keine Erklärung über die Bestrafung des Opfers ab.“
Andere Regierungen, die nicht moslemisch sind, wenden ebenfalls härtere Strafen an in dem Versuch, die Welle der Kriminalität aufzuhalten. Die Bestrafungen mögen außenstehenden Beobachtern als extrem und unangemessen erscheinen. Doch diesen Beobachtern wird wohl nicht die Tatsache entgehen, daß andernorts, wo es üblich ist, Straftätern gegenüber nachsichtig zu sein, das Kriminalitätsproblem im gleichen oder noch schlimmeren Ausmaß besteht. Was läßt sich daher über das Gesetz als Abschreckungsmittel gegen Kriminalität sagen, und besteht irgendeine Möglichkeit, die Kriminalität völlig zu beseitigen?
[Fußnote]
a 7. März 1979, S. A8.
-
-
Läßt sich die Kriminalität durch Gesetze beseitigen?Erwachet! 1979 | 8. Oktober
-
-
Läßt sich die Kriminalität durch Gesetze beseitigen?
Was uns das mosaische Gesetz lehrt
DIE Strafgesetze der verschiedenen Länder weichen zum Teil stark voneinander ab. In der Frage, was ein Verbrechen ist, sowie in bezug auf die Schwere einer Straftat besteht hingegen vielfach Übereinstimmung. Obschon nur das Volk Israel sein Gesetz von Gott erhalten hatte, finden sich in vielen Gesetzen der anderen Völker Grundsätze, die im mosaischen Gesetz verankert sind. Diese Übereinstimmung läßt sich zum Teil dadurch erklären, daß einige Regierungen tatsächlich aus dem mosaischen Gesetz geschöpft haben.
Aber auch Gesetze, die nicht vom mosaischen Gesetz beeinflußt sind, weisen oftmals eine Ähnlichkeit auf, und zwar, wie der Apostel Paulus schrieb, aus folgendem Grund: „Denn wenn immer Menschen von den Nationen, die ohne Gesetz sind, von Natur die Dinge des Gesetzes tun, so sind diese, obwohl sie ohne Gesetz sind, sich selbst ein Gesetz. Sie zeigen ja, daß ihnen der Inhalt des Gesetzes ins Herz geschrieben ist, wobei ihr Gewissen mitzeugt und sie inmitten ihrer eigenen Gedanken angeklagt oder auch entschuldigt werden“ (Röm. 2:14, 15).
Eine Zusammenstellung der Strafen, die für bestimmte Verbrechen in verschiedenen Ländern der Welt angedroht werden, zeigt, daß Mord fast überall als schwerste Straftat gilt und auch am härtesten bestraft wird. Die Schwere der anderen Straftaten wird fast überall ähnlich beurteilt wie im Gesetz Mose. Nebenstehende Tafel zeigt, mit welchen Strafen schwere Delikte in den 19 Ländern, auf die sich die Aufstellung bezieht, bedroht werden.
In einigen dieser Länder erhält der Beraubte bzw. der Bestohlene Schadenersatz oder eine Wiedergutmachung. Gestohlene Sachen werden von der Polizei zurückgegeben, sofern sie sie ausfindig machen kann. In mehreren Ländern muß der Räuber oder Dieb Schadenersatz leisten; in anderen klagt der Bestohlene oder Beraubte auf Schadenersatz und hat gute Aussichten, vom Gericht die geforderte Summe zugesprochen zu erhalten. Mildernde Umstände wie das Alter des Täters, seine pekuniäre Lage sowie Sitten und Bräuche beeinflussen die Höhe der Strafe. Wo die Todesstrafe noch besteht, wird sie durch Erhängen, Enthaupten oder Erschießen vollzogen.
Einzelheiten des mosaischen Gesetzes
Heute ist kein Volk verpflichtet, das Gesetz Mose, an das die Israeliten gebunden waren, zu halten. Doch wenn wir die Strafen, die dieses Gesetz vorsah, betrachten, erhalten wir einen guten Begriff davon, wie Gott Kriminalität ansieht. Wir stellen fest, daß die verschiedenen gesetzlichen Bestimmungen klar und präzis formuliert waren. Die Richter besaßen die Freiheit, das Strafmaß den Umständen des Falles anzupassen. Sie konnten schwere oder leichte Strafen verhängen, und wenn sie es für angebracht hielten, konnten sie Gnade vor Recht walten lassen. (Vergleiche 2. Mose 21:28-32.) Die Beweise mußten eindeutig sein. Besonders bei Delikten, die mit dem Tode bestraft wurden, durfte ein Urteil nur gefällt werden, wenn die Sache mindestens von zwei Zeugen bestätigt wurde (5. Mose 17:6).
Wer jemand heimtückisch oder vorsätzlich tötete, wer also einen Mord beging, mußte unweigerlich hingerichtet werden (4. Mose 35:16-18, 20, 21, 30, 31). Die Hinrichtung erfolgte durch Steinigen. Wenn es sich um einen besonders grausamen Fall handelte, wurde der Verbrecher gesteinigt, und darauf wurde seine Leiche verbrannt, oder nachdem er gesteinigt worden war, hängte man die Leiche an einen Baum und ließ sie zur Abschreckung für die anderen bis zum Abend hängen (3. Mose 20:14; 21:9; 5. Mose 21:22, 23). Für Totschläger, die einen anderen unabsichtlich getötet hatten, gab es Zufluchtsstädte, in die sie fliehen konnten; wenn sie darin blieben, waren sie vor dem Bluträcher, einem nahen Verwandten des Opfers, sicher (4. Mose 35:22-25). Sie arbeiteten in den Zufluchtsstädten, um sich ihren Unterhalt zu verdienen.
Der Ehebrecher und die Ehebrecherin wurden mit dem Tode bestraft (3. Mose 20:10). Auf Blutschande, Sodomie und Homosexualität stand ebenfalls die Todesstrafe (3. Mose 20:11-13, 16). Wenn ein Mann mit einem verlobten Mädchen Hurerei beging, wurden beide mit dem Tode bestraft, es sei denn, das Mädchen leistete Widerstand und schrie um Hilfe (5. Mose 22:23-27). Beging ein Mann Hurerei mit einem Mädchen, das nicht verlobt war, mußte er das Mädchen heiraten (es sei denn, der Vater des Mädchens weigerte sich, ihm das Mädchen zur Frau zu geben) und durfte sie zeitlebens nicht entlassen (2. Mose 22:16, 17; 5. Mose 22:28, 29). Dieses Gesetz bewahrte die israelitischen Mädchen davor, Huren oder Prostituierte zu werden. Die Gesetze gegen Ehebruch, Blutschande und Hurerei hatten auch zur Folge, daß selten uneheliche Kinder geboren wurden.
Ein Dieb mußte für das, was er gestohlen hatte, das Doppelte (in einigen Fällen noch mehr) zurückgeben. Konnte er nicht bezahlen, wurde er einem Israeliten (vorzugsweise dem, den er bestohlen hatte) so lange als Sklave überlassen, bis er seine Strafe abbezahlt hatte (2. Mose 22:3b, 4, 7). So erhielt der Bestohlene nicht nur so viel zurück, wie das Gestohlene wert war, sondern er erhielt noch etwas für die Zeit, die er durch die ganze Sache verloren hatte, und für die Zeit, in der er das Gestohlene nicht benutzen konnte, sowie für den Ärger und andere Unannehmlichkeiten, die der Diebstahl verursacht hatte.
Es gab keine Gefängnisse. Straftäter lebten daher nicht auf Kosten des Volkes. Sie wurden nicht mit ihresgleichen zusammen eingesperrt, waren also nicht dem schlechten Einfluß von Mitgefangenen ausgesetzt, dem sie leicht hätten erliegen können, weil das Erlebnis, der Freiheit und ihrer Menschenwürde beraubt zu sein, frustrierend für sie gewesen wäre. Es gab kein entwürdigendes, demoralisierendes, schmutziges Gefängnisleben und keine brutale Bewachungsmannschaft, die auf grausame, ausgefallene Strafen verfiel. Deshalb waren die Chancen der Resozialisierung für einen Straftäter weit besser.
Kann das Gesetz zu Rechtschaffenheit erziehen?
Vermochte das gute, nützliche, gerechte und den Gesetzen der heutigen Völker überlegene Gesetz, das Gott den Israeliten gab, die Kriminalität aus Israel zu verbannen? Nein. Bedeutet das, daß die Kriminalität durch kein Gesetz beseitigt werden kann, daß die Menschen nicht durch Gesetze dazu gebracht werden können, zu gehorchen oder rechtschaffen zu handeln, oder daß weder eine milde noch eine strenge Anwendung der Gesetze je zu einer Welt führt, in der die Kriminalität unbekannt ist? Ja, das bedeutet es. Wenn das Gesetz von Gott (der die Zehn Gebote, die Grundlage dieses Gesetzes, mit seinem eigenen „Finger“ niederschrieb) Menschen nicht dazu bringen konnte, rechtschaffen zu handeln, wird das auch mit von Menschen geschaffenen Gesetzen nicht erreicht (2. Mose 31:18). Besteht denn keine Aussicht, daß es je eine Welt gibt, in der die Kriminalität unbekannt ist?
Bevor wir uns mit dieser Frage beschäftigen, wollen wir den Zweck des mosaischen Gesetzes näher beleuchten. Als der Apostel Paulus noch kein Christ war, lernte er unter der Führung eines der besten Gesetzeslehrer Israels das Gesetz kennen und eiferte sehr für eine strenge Anwendung desselben. Er schrieb an Christen: „Warum denn das ,Gesetz‘? Es wurde hinzugefügt, um Übertretungen kundzumachen, bis der Same gekommen wäre, dem die Verheißung gegeben worden war“ (Gal. 3:19). Dadurch, daß das Gesetz die verschiedenen Fehler, die die Menschen begehen, beim Namen nannte, machte es deutlich, daß alle Menschen Sünder sind und ein vollkommenes Gesetz nicht zu halten vermögen. Paulus schrieb darüber: „Tatsächlich hätte ich die Sünde nicht kennengelernt, wenn nicht das ,Gesetz‘ gewesen wäre; und ich hätte zum Beispiel die Begierde nicht erkannt, wenn das ,Gesetz‘ nicht gesagt hätte: ,Du sollst nicht begehren‘“ (Röm. 7:7; 2. Mose 20:17).
Ganz gleich, wie jemand lebte — nicht stahl, keinen Ehebruch, keinen Mord und auch kein anderes ausdrücklich erwähntes Delikt beging —, er konnte nicht behaupten, niemals etwas Unrechtes zu begehren oder unrechte Wünsche zu hegen. Er wußte daher, daß er ein Sünder war. Aber das mosaische Gesetz war nützlich für ihn, weil es ihm vor Augen führte, daß weder er noch ein anderer ein solches Gesetz zu halten vermochte (Röm. 3:10-20).
Alle Menschen sind unvollkommen und von Natur aus ungehorsam, weil die Sünde zu allen Menschen durchgedrungen ist. Jemand mag nun einwenden: „Alle Menschen sind zwar Sünder, aber es gibt auch solche, die sich bemühen, das Gesetz zu befolgen. Wieso kann man also sagen, die Gesetzlosigkeit könne nicht beseitigt werden?“ Die Sündhaftigkeit, mit der wir behaftet sind und die wir an unsere Kinder vererben, ist weit schlimmer, als man es sich vorstellt. Die Bibel enthält den Beweis dafür: die Geschichte eines Volkes, das rund 1 500 Jahre unter dem mosaischen Gesetz lebte. Der Apostel Paulus schrieb an Mitchristen: „Denn als wir mit dem Fleisch in Übereinstimmung waren, waren die sündigen Leidenschaften, die durch das ,Gesetz‘ erregt wurden, in unseren Gliedern wirksam, damit wir für den Tod Frucht brächten“ (Röm. 7:5; 1. Kor. 15:56). Demnach erregten die verschiedenen Bestimmungen des Gesetzes, die gewisse unrechte Taten verboten, in den Menschen das Verlangen, gerade diese Dinge zu tun.
War das mosaische Gesetz deshalb schlecht, oder ist es schlecht, heute Gesetze zu haben? Keineswegs. Der Apostel schreibt: „Gereichte mir denn etwas, was gut ist, zum Tode? Das geschehe nie! Die Sünde aber tat dies, damit sie als Sünde aufgezeigt werde, die durch das, was gut ist, für mich den Tod bewirkt, damit Sünde durch das Gebot weit sündhafter werde. Denn wir wissen, daß das ,Gesetz‘ geistig ist; ich aber bin fleischlich, unter die Sünde verkauft“ (Röm. 7:13, 14). Zeigt das nicht, wie tief bei uns die Sünde sitzt? Ist es nicht ein Beweis unserer Sündhaftigkeit, daß wir so eigensinnig und so geneigt sind, ungehorsam zu sein, ja zu rebellieren; daß wir, wenn uns die Obrigkeit gebietet, etwas, was sich für uns nachteilig auswirken würde, nicht zu tun, geradezu den Drang verspüren, es zu tun, obgleich wir vorher vielleicht nie an so etwas gedacht haben?
Der Kriminologe Jerome H. Skolnick (Universität von Kalifornien, Berkeley) wies auf diese Neigung des Menschen hin, als er sagte: „Nicht jeder respektiert das Strafgesetz, oder nicht jeder respektiert es in gleicher Weise. Dadurch, daß wir ein Gesetz erlassen, mögen wir ein Verhalten, das durch das Gesetz verboten wird, noch populärer machen.“
Das zeigt, warum Staatsregierungen der Kriminalität durch Gesetze nicht beikommen können. Worin besteht denn die Hoffnung?
[Übersicht auf Seite 9]
(Genaue Textanordnung in der gedruckten Ausgabe)
GESETZLICHE STRAFEN FÜR VERBRECHENa
Todesstrafe Lebenslänglich Zuchthaus 5 Jahre Zuchthaus bis lebenslänglich
Mord (vorsätzliche Tötung) 13 1 5
Totschlag 3 16
Zuchthaus 2 Jahre Zuchthaus bis lebenslänglich
Vergewaltigung 3 16
Todesstrafe Zuchthaus bis Todesstrafe Bis lebenslänglich Zuchthaus 4 bis 10 Jahre Zuchthaus Geldstrafe bis 10 Jahre Freiheitsentzug Schläge (Auspeitschen)
Raubb 1 2 5 11
Diebstahl 1 1 16 1
[Fußnoten]
a Die Aufstellung umfaßt 19 Länder.
b Raub liegt vor, wenn jemand mit Gewalt oder unter Anwendung von Drohungen einem anderen etwas wegnimmt.
[Bild auf Seite 11]
Das mosaische Gesetz bewies, daß es dem unvollkommenen Menschen unmöglich ist, ein Gesetz vollkommen zu halten.
-
-
Wie die Kriminalität beseitigt wirdErwachet! 1979 | 8. Oktober
-
-
Wie die Kriminalität beseitigt wird
Die Wurzeln des Problems
DIE Voraussetzung für die Beseitigung der Kriminalität ist offensichtlich die Beseitigung der Sünde — jeder einzelne von uns muß von jeglicher Spur der Sünde frei werden. Gesetze können den beabsichtigten oder gewünschten Zweck nicht erfüllen, wenn sich die Menschen als einzelne nicht für die den Gesetzen zugrunde liegenden Prinzipien einsetzen. Wäre die Sünde aber beseitigt, so wäre die innere Bereitschaft vorhanden, aus Liebe und nach rechten Grundsätzen — das eigentliche Wesen des Gesetzes — zu handeln. Dann wäre kein Gesetz notwendig, das bestimmte unrechte Handlungen verbieten und mit Strafe bedrohen würde.
Darüber heißt es in der Heiligen Schrift: „Das Gesetz [ist] nicht für einen gerechten Menschen öffentlich bekanntgegeben ..., sondern für Gesetzlose und Widerspenstige, für Gottlose und Sünder“ (1. Tim. 1:9). Ein gerechter Mensch, der keine unrechten Wünsche und Gedanken hegt, wird von „Natur“ aus tun, was recht ist.
Um den Menschen diese Tatsache vor Augen zu führen, gab Gott den Israeliten das Gesetz und sorgte dafür, daß es in schriftlicher Form erhalten blieb, so daß wir es heute lesen können. Wenn wir unsere schlechte Lage klar erkennen, sind wir bereit, unsere Hoffnung auf Gottes Mittel, Gerechtigkeit zu erlangen, zu setzen. Nur Gott, der Souverän des Universums, kann ein solches Mittel für uns beschaffen. Er hat es getan, und alles ist ganz einfach.
Gottes Vorkehrung, Gerechtigkeit zu erlangen
In der Bibel wird Gottes Vorkehrung beschrieben. Sie ist für jeden einzelnen Menschen zugänglich. Da wir alle Sünder sind und von unseren Vorfahren — von dem sündigen Adam an — Unvollkommenheit ererbt haben, sind wir machtlos. Es gibt kein Gesetz, das uns retten könnte. Von Sünde können wir nur durch jemand frei werden, der unschuldig ist, aber die Strafe für unsere Sünden auf sich nimmt. Diesen Weg hat Gott eingeschlagen, indem er seinen Sohn als vollkommenen, gerechten Menschen zur Erde sandte. Wir lesen: „Denn da auf seiten des ‚Gesetzes‘ ein Unvermögen vorlag, während es durch das Fleisch schwach war, verurteilte Gott die Sünde im Fleische, indem er seinen eigenen Sohn in der Gleichheit des sündigen Fleisches und der Sünde wegen sandte“ (Röm. 8:3).
Diese Tatsache wird vom Apostel Paulus und auch vom Apostel Petrus noch mehr verdeutlicht. Paulus schrieb: „Den [Christus], der Sünde nicht kannte, hat er für uns zur Sünde gemacht, damit wir in Gemeinschaft mit ihm Gottes Gerechtigkeit würden.“ Und Petrus schrieb: „Er [Christus] selbst trug unsere Sünden in seinem eigenen Leibe an den Stamm hinauf, damit wir mit Sünden nichts mehr zu tun hätten und der Gerechtigkeit leben könnten“ (2. Kor. 5:21; 1. Petr. 2:24).
Doch selbst wenn wir Gottes Vorkehrung annehmen, indem wir Glauben an das Mittel, das er durch Christus beschafft hat, bekunden, werden wir von unserer Unvollkommenheit im Fleische nicht frei; wir gelangen indessen in ein gutes Verhältnis zu Gott. Wenn dann jemand von uns „eine Sünde begeht, so haben wir einen Helfer beim Vater, Jesus Christus, einen Gerechten. Und er ist ein Sühnopfer für unsere Sünden, doch nicht nur für die unseren, sondern auch für die der ganzen Welt“ (1. Joh. 2:1, 2). Somit haben alle Menschen — sofern sie wollen — die Gelegenheit, Glauben an Gottes Vorkehrung und seine Verheißungen zu bekunden.
Darauf wird sich der Gläubige, so gut er kann, bemühen, nach den in der Bibel dargelegten rechten Grundsätzen zu handeln. Diese Grundsätze sind vor allem in den Christlichen Griechischen Schriften zu finden, die allgemein Neues Testament genannt werden. Wenn der Gläubige sündigt, wird ihm aufgrund des Loskaufsopfers vergeben, vorausgesetzt, er bereut und bittet Gott um Vergebung. (Vergleiche Psalm 51:1-7.) Danach setzt er alles daran, die Sünde nicht zu wiederholen. Er wird von Gott nicht aufgrund des mosaischen Gesetzes für schuldig erklärt und nicht gemäß diesem Gesetz verurteilt, denn Christen sind nicht verpflichtet, das Gesetz Mose zu halten (Gal. 5:18). Der Apostel Paulus erklärte, daß Gott uns hilft, indem er uns seinen Geist gibt. Über seinen Dienst schrieb er: „Der uns in der Tat hinreichend befähigt hat, Diener eines neuen Bundes zu sein, nicht eines geschriebenen Rechts, sondern des Geistes; denn das geschriebene Recht verurteilt zum Tod, der Geist aber macht lebendig“ (2. Kor. 3:6).
Wie ist eine Welt ohne geschriebenes Recht oder ohne ein Gesetzbuch realisierbar, wenn selbst Personen, die an Christus glauben und sich bemühen, sein Beispiel nachzuahmen, sündigen? Christen erwarten, zur bestimmten Zeit vollkommen gemacht zu werden, indem sie von der Befleckung durch die Erbsünde frei werden. Sie beten um eine gerechte Welt, in der es kein „geschriebenes Recht“ gibt, mit den Worten: „Unser Vater in den Himmeln, dein Name werde geheiligt. Dein Königreich komme. Dein Wille geschehe wie im Himmel so auch auf der Erde“ (Matth. 6:9, 10). Wenn Gottes Wille wie im Himmel auch auf der Erde geschieht, wird alles auf der Erde vollkommen sein, so wie Gott es ursprünglich vorhatte, als er den Menschen schuf (1. Mose 1:26-28). Er hat verheißen, diesen Zustand herbeizuführen, indem er die Erde von allen Gesetzlosen säubern wird (Ps. 37:34). Wie es auf der Erde unter Gottes Königreich aussehen wird, zeigt die Schilderung in Offenbarung 21:3, 4: „Er [Gott] wird jede Träne von ihren Augen abwischen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch wird Trauer, noch Geschrei, noch Schmerz mehr sein. Die früheren Dinge sind vergangen.“
Wenn die Menschen Gott und ihren Nächsten lieben und nichts Schlechtes, sondern nur Gutes tun, wird kein Gesetzbuch notwendig sein. Wieso nicht? Weil Gottes Geist vorherrschen und die Menschen so leiten wird, daß sie von Herzen richtig handeln und nicht, weil ein geschriebenes Recht es fordert. In der Bibel wird der Einfluß des Geistes Gottes wie folgt beschrieben: „Die Frucht des Geistes [ist] Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Glauben, Milde, Selbstbeherrschung. Gegen solche Dinge gibt es kein Gesetz“ (Gal. 5:22, 23). Diese Eigenschaften brauchen nicht gesetzlich eingeschränkt oder geregelt zu werden. Die Bibel zeigt, daß es unter dem christlichen „Gesetz, das zur Freiheit gehört“, so sein wird (Jak. 1:25). Dieses Gesetz wird von Gott „in ihre Herzen“ geschrieben werden (Hebr. 8:10; 10:16). Je reichlicher die Früchte des Geistes hervorgebracht werden, desto größer wird der Friede sein. Das ist die Freiheit, die Gott denen verheißt, die durch Glauben seine Kinder werden (Röm. 8:21).
-