Mikrowellen und ihre Wirkungsweise
DU KANNST es nicht sehen, nicht riechen und nicht berühren, aber es umgibt dich überall. Manche Umweltforscher bezeichnen es als „elektronischen Smog“, und eine amerikanische Regierungsbehörde sagte warnend, daß die Amerikaner, ohne es überhaupt zu bemerken, diesem Smog in einem Maße ausgesetzt seien, das gefährlich sein könnte. Dieses Problem ist nicht nur auf ein Land beschränkt.
Gemäß einem Bericht der amerikanischen Regierung beginnt möglicherweise „eine Ära der Energieverseuchung, die mit der chemischen Verseuchung von heute vergleichbar ist“. Es heißt darin, daß die „Folgen einer Unter- oder Fehleinschätzung der biologischen Auswirkung einer langanhaltenden geringen Dosis zu einem kritischen Problem für die öffentliche Gesundheit werden könnten, vor allem wenn genetische Veränderungen hervorgerufen würden“.
Diese Warnung zielt auf die Mikrowellen ab. Was aber sind Mikrowellen? Was ist ihre Wirkungsweise? Wie können sie sich auf dich auswirken? Wie gefährlich sind sie?
Was sie sind
Mikrowellen sind eine Form elektromagnetischer Energie oder Strahlung. Ihrer Frequenz (Schwingungszahl) und Wellenlänge nach liegen sie im elektromagnetischen Spektrum im Bereich zwischen Infrarotstrahlung und Radiowellen.
Es gibt zwei Arten elektromagnetischer Strahlung: ionisierende und nichtionisierende. Die ionisierende Strahlung schließt die an einem Ende des Spektrums liegenden Röntgenstrahlen und Gammastrahlen ein. Nichtionisierende Strahlung — sie macht den übrigen Teil des Spektrums aus — schließt ultraviolettes Licht, sichtbares Licht, Infrarotstrahlen und Radiowellen ein. (Und zwischen den beiden letzten befinden sich die „Mikrowellen“.) Die Bezeichnungen ionisierend und nichtionisierend weisen auf einen wichtigen Unterschied hin.
Ionisierende Strahlung kann aus Atomen Elektronen freisetzen und dadurch elektrisch geladene, höchst instabile und chemisch leicht reagierende Atome zurücklassen, die als Ionen bezeichnet werden. Mit anderen Worten: Die ionisierende Strahlung verursacht an lebendem Gewebe bleibende Schäden und kann Erbänderungen hervorrufen. Diese Art Strahlung birgt selbst bei geringsten Dosen ein gewisses Risiko in sich.
Mikrowellen dagegen sind nichtionisierende Energie. Ihre Wirkung ist weitaus schwächer, und sie haben nicht genügend Energie, um aus Atomen Elektronen freizusetzen. Deshalb hat der Mensch verhältnismäßig wenig Bedenken, diese Energieform einzusetzen.
Wozu man sie verwendet
Vor etwa 50 Jahren gab es keine künstlich erzeugten Mikrowellen. Nur geringe Mengen Mikrowellenstrahlung von der Sonne und anderen Quellen in unserer Galaxie drangen in die Atmosphäre. Doch vor dem Zweiten Weltkrieg wurde das Radar entwickelt. Auf diese Weise wurden die Mikrowellen zum erstenmal in der Öffentlichkeit bekannt, da Radargeräte mit Mikrowellen arbeiten. In den vergangenen Jahren hat die Fähigkeit des Menschen, Mikrowellen zu erzeugen und zu nutzen, eine derartige Verbreitung an Geräten bewirkt, die mit Mikrowellen arbeiten, daß heutzutage so gut wie jeder Erdbewohner mehr oder weniger davon betroffen ist.
Vor allem in Stadtgebieten soll gemäß Schätzungen die Mikrowellen- und die damit verwandte Hochfrequenzradiowellenstrahlung bis zu mehr als eine-Milliarde-mal so groß sein wie die natürliche Strahlung in unserer Umwelt. Vielerorts wird immer mehr Strahlung dieser Art erzeugt.
Fast alle Flughäfen verfügen heute über Radarnavigationssysteme, die mit Mikrowellen arbeiten. Auch Radargeräte der Polizei senden auf Mikrowellenfrequenz. Nicht nur Radar-, sondern auch ultrahochfrequente Fernsehsignale werden von Mikrowellen übertragen. Ferngespräche können ebenfalls auf diese Weise gesendet werden. Immer populärer werden die Mikrowellenherde. Computer können über Mikrowellen Daten an Computer in einer anderen Stadt übermitteln. Beim Rundfunk, bei Nachrichtensatelliten und bei Anlagen zur Überwachung der Umweltverschmutzung finden die Mikrowellen ebenfalls Anwendung. Es gibt Autobahn-Notrufsäulen, die mit Mikrowellen betrieben werden. Man verwendet sie auch für Alarmsysteme und für das automatische Öffnen von Garagentüren.
Das Militär — in unserer Welt der elektronischen Kriegführung bei weitem der größte Nutznießer von Mikrowellen — setzt Mikrowellen für die Radaraufklärung, für die Steuerung von Atomsprengkopfraketen und Abwehrraketen, für das Messen der Entfernung von Panzern und für Abhöraktionen ein.
Auch die Medizin hat ihre Anwendungsbereiche für Mikrowellen: Sterilisation, experimentelle Krebsbehandlung, Verzögerung von Tumorwachstum und diathermische Therapie, bei der Körpergewebe erwärmt wird, um Bursitis, Arthritis, Muskelschmerzen und Verstauchungen zu behandeln. Allein in den USA werden mit solchen Geräten jährlich schätzungsweise zwei Millionen Personen behandelt.
Die Industrie setzt Mikrowellen ein, um Kartoffelchips zu trocknen, Nüsse und Kaffee zu rösten, um Brot und Gebäck gehen zu lassen und Schinken vorzukochen. Sie werden auch verwendet, um Garn, Holz, Farben, Papier, Leder, Tabak, Bleistifte, Textilien und Zündholzköpfe zu trocknen und um Gummi, Nylon, Urethan und Rayon auszuhärten. Viele Unternehmen, wie zum Beispiel Banken, Zeitungsverlage und Luftfahrtgesellschaften, benutzen heutzutage Bildschirmgeräte, in denen Kathodenröhren mit Mikrowellen arbeiten.
Man spielt heute mit dem Gedanken an ein Kraftwerk im Weltraum, das Sonnenenergie sammelt, in Mikrowellen umwandelt und in einem Strahlenbündel zur Erde sendet. Hier auf der Erde würden die Mikrowellen dann in elektrischen Strom umgewandelt werden. Eine andere Anwendung wäre eine Radarbremsanlage für Autos. Sie könnte einen Mikrowellenstrahl aussenden, die Möglichkeit eines Zusammenstoßes erfassen und automatisch die Bremse betätigen.
Mikrowellen haben wirklich einen enormen Einfluß auf unser Leben, und doch wissen nur sehr wenige von uns über ihre Wirkungsweise Bescheid.
Wirkungsweise der Mikrowellen
Da Mikrowellen eigentlich nur Energie sind, werden sie auf vielfältige Weise verwendet. Beim Radar zum Beispiel werden die Mikrowellen zu einem Lichtstrahl gebündelt und in kurzen Impulsen auf ein Ziel gerichtet. Mikrowellen werden von elektrischen Leitern, wie Metallen, reflektiert, so daß sie, wenn sie beispielsweise auf ein Flugzeug treffen, zum Sender zurückkehren. Aufgrund der Zeit, die zwischen dem Aussenden und der Rückkehr des Signals verstreicht, kann man die Entfernung des Ziels ermitteln, wenn man berücksichtigt, daß sich Mikrowellen mit Lichtgeschwindigkeit fortpflanzen. Ein Vergleich der Zeitdifferenzen zweier verschiedener Höhen ermöglicht es, die Flughöhe des Objekts zu bestimmen.
Mikrowellenherde arbeiten nach einem einfachen Prinzip: Metalle reflektieren Mikrowellen, aber Nahrungsmittel absorbieren sie. Also werden in einem Metallkasten, wie z. B. in einem Herd, die Mikrowellen so lange von den Wänden reflektiert, bis sie auf die Nahrung treffen. Sie werden dann von der Nahrung absorbiert und bewirken, daß die Moleküle der feuchten Nahrungsmittelbestandteile heftig zu vibrieren beginnen, zweieinhalbmilliardenmal in der Sekunde. Durch diese Reibung entsteht Wärme, und durch die Wärme wird die Nahrung gekocht. Die Nahrung erzeugt gewissermaßen die Wärme selbst.
Im Gegensatz zu herkömmlichen Herden geht in Mikrowellenherden nur ein geringer Teil der Energie durch Aufheizen des Ofens oder der Luft im Ofen verloren. Auch geht sehr wenig Energie durch das Aufheizen des Gefäßes verloren, in dem sich die Nahrung befindet, denn in Mikrowellenherden verwendet man Gefäße aus Glas, Papier oder Kunststoff. Die Mikrowellen durchdringen einfach diese Stoffe, ohne daß sie absorbiert oder reflektiert werden. Wenn also eine geringe Menge Nahrung die volle Energie der Mikrowellen aufnimmt, ist sie sehr schnell gar.
In einem herkömmlichen Herd dauert das Backen einer großen Kartoffel 45 bis 60 Minuten. In einem Mikrowellenherd kann sie je nach Größe und je nach Art des Herdes in schätzungsweise 2 1⁄2 bis 6 Minuten gebacken werden. Werden zwei Kartoffeln gebacken, dann kann sich die Dauer auf 5 bis 12 Minuten erhöhen. Die Backzeit wird länger, weil sich die Energie nicht nur auf eine, sondern auf zwei Kartoffeln verteilt. Die kurze Back- und Kochzeit ist der Hauptgrund für die Beliebtheit der Mikrowellenherde.
In den USA sind heute Millionen solcher Herde in Gebrauch. Im Jahre 1975 überschritten die Verkaufszahlen der Mikrowellenherde zum erstenmal die der Gasherde. Man sagt voraus, daß im Jahre 1985 die Hälfte aller amerikanischen Haushalte mit Mikrowellenherden kochen wird. In Japan erfreuen sie sich noch größerer Beliebtheit; bereits im Jahre 1976 verwendeten dort 17 Prozent aller Haushalte Mikrowellenherde, verglichen mit 4 Prozent in den USA im gleichen Jahr.
Mikrowellenherde kamen in den USA 1967 auf den Markt. In jenem Anfangsjahr wurden lediglich 10 000 Stück verkauft. Seither sind die Verkaufszahlen enorm in die Höhe geschnellt. Manche sagen, es sei eine Zunahme, die nicht mit einem ausreichenden Verständnis über die Auswirkungen gepaart sei, die Mikrowellen auf den Körper haben könnten.
Aufgrund dieser wachsenden Sorge begannen Mitte der 70er Jahre in den USA ausgedehnte Forschungen über die möglichen Risiken schwacher Mikrowellenstrahlung und über die Zuverlässigkeit der gegenwärtigen Sicherheitsmaßstäbe in der westlichen Welt. Jetzt treten einige Ergebnisse dieser Forschungen zutage, und manche Wissenschaftler zeigen sich sehr besorgt. Warum? Was entdecken sie? Das sind Fragen, die in einer kommenden Ausgabe von Erwachet! untersucht werden.
[Bild auf Seite 14]
Navigationsanlagen auf Flughäfen arbeiten mit Mikrowellen