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Japanische GaumenfreudenErwachet! 1974 | 22. November
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Japanische Gaumenfreuden
Vom „Awake!“-Korrespondenten in Japan
HAST du schon einmal in einem japanischen Restaurant gegessen? Wenn ja, dann war es vielleicht sukiyaki, ein Gericht, das aus Ochsenfilet und Gemüse besteht, oder es war tempura, in Mehlteig eingetauchtes Fleisch und Gemüse, das in siedendem Öl leicht gesotten wird. Ist dir jedoch bekannt, daß man diese Gerichte in Japan nur selten ißt, ausgenommen in Restaurants? Ähnlich ist es ja mit chop suey, einem chinesischen Gericht, das eigentlich auch kein Landesgericht ist.
Was ißt denn der Japaner täglich? Und wie bereiten wir unsere Gerichte zu?
Ein japanisches Frühstück
Unser Hauptgericht beim Frühstück ist kochendheißer, luftiger Reis. Dazu essen wir miso-Suppe. Sie spielt in der japanischen Küche eine ebenso wichtige Rolle wie der Reis. Unser Frühstück wird ergänzt durch verschiedene Arten von eingelegten Rettichen, tsukemono genannt, und grünen Tee. In vielen Familien gibt es zum Frühstück außerdem noch gebackenen Fisch. Beginnt man den Tag hierzulande nicht mit einer nahrhaften Mahlzeit?
Was die Mahlzeit so schmackhaft macht, ist natürlich die Methode der Reiszubereitung. Der japanische Reis wird sozusagen immer eingeweicht, bevor man ihn kocht. Bevor sich die japanische Hausfrau abends schlafen legt, wäscht sie jeweils als letztes den Reis für das Frühstück und weicht ihn über Nacht ein.
Heute haben die meisten fortschrittlichen Japanerinnen einen elektrischen Reiskocher. Darauf ist angegeben, wieviel Reis und wieviel Wasser eingefüllt werden muß, und der Kocher schaltet automatisch ab, wenn der Reis gar ist. Viele japanische Hausfrauen verwenden indessen immer noch einen Kochtopf mit schwerem Deckel, der vom Dampf nicht hochgehoben wird, wenn der Reis kocht. Für unsere fünfköpfige Familie verwende ich 3 3⁄4 Tassen Reis.
Ich koche den Reis in etwa vier Tassen Wasser. Soll der Reis weicher sein, muß mehr Wasser hinzugefügt werden, soll er körniger sein, weniger. Wenn der Reis kocht, drosselt man die Wärme und läßt ihn etwa zwanzig Minuten bei ganz kleinem Feuer kochen, bis er alles Wasser aufgenommen hat. Während des Kochens kann man den Topf mehrere Male schütteln, so daß der Reis gleichmäßig gekocht wird. Dann schaltet man die Hitze ab und läßt den Reis, ohne daß man den Deckel abhebt, zehn bis fünfzehn Minuten quellen. Jetzt kann man ihn essen.
Der Grundbestandteil der miso-Suppe setzt sich aus Sojabohnen, Weizen oder Reis und Salz zusammen. Diese Mischung läßt man in einem Holzbehälter gären. Sie wird zu einer dicken Paste.
Als erstes bereitet man nun eine Brühe aus getrocknetem Fisch oder getrockneten Algen. In diese Brühe gibt man etwas von der erwähnten miso-Paste. Das ergibt bereits eine schmackhafte Suppe, doch manch einer gibt noch einige Rettich- oder Zwiebelscheiben oder sogar etwas Fisch hinein. Die miso-Suppe liefert dem Japaner, dessen Kost sehr stärkehaltig ist, die für seine Gesundheit erforderlichen Vitamine. In Japan wird miso-Suppe so gern gegessen, daß es sogar Restaurants gibt, die sich auf diese Suppe spezialisiert haben.
Ein typisches Mittagessen
In vielen Fällen wird der Reis, der vom Frühstück übrigbleibt, in einen bento oder kleinen Behälter eingefüllt. Auf den Reis werden ein paar Stücke Essiggemüse, einige Fleischreste und etwas Gemüse gelegt. Das ergibt ein vorzügliches Mittagessen zum Mitnehmen.
Wenn wir unser Mittagessen zu Hause einnehmen, mache ich vielleicht ochazuke. Ich gieße lediglich heißen grünen Tee über die Reisreste. Der Japaner liebt den Geschmack des grünen Tees zusammen mit Reis. Reis, so zubereitet, eignet sich gut als warmes Wintergericht, und wenn jemand im Sommer etwas Leichtes essen möchte, so ist diese köstliche Speise gerade das richtige.
Du siehst also, daß der Durchschnittsjapaner sehr viel Reis ißt, gewöhnlich morgens, mittags und abends. Und die japanischen Köche haben hervorragende Rezepte für Reisgerichte ausgetüftelt.
„Sushi“ — ein beliebtes Gericht
Sushi sind eine Art Kroketten aus gewürztem Reis. Man gibt in eine große Schüssel etwa sechs Tassen gekochten Reis, in einer kleinen Schüssel mischt man eine halbe Tasse Essig, zweieinhalb Teelöffel Salz und drei Eßlöffel Zucker. Diese Essigtunke mischt man nach und nach unter den Reis, während man mit einem Holzlöffel oder Holzspatel in den Reis eine Art Einschnitte macht, um die Tunke damit zu vermischen. Man sollte den Reis auch etwas abkühlen, damit man die Rollen besser formen kann.
Wenn der Reis kühl genug ist, befeuchtet man die Hände mit der restlichen Essigtunke und nimmt eine Handvoll Reis heraus. Mit dem Zeige- und dem Mittelfinger der anderen Hand formt man nun kleine Rollen. Sofern der Reis die richtige Temperatur hat, fallen die Rollen nicht auseinander.
Auf diese Reiskroketten kommt noch etwas grüner Meerrettich und eine dünne Scheibe roher Fisch. Es werden verschiedene Fische dafür verwendet, zum Beispiel Thunfisch, Garnelen und Tintenfisch.
Diese Reisrollen muß man in Sojasoße tunken, und trinkt man grünen Tee dazu, so schmecken sie hervorragend. Wer es noch nicht gewohnt ist, sushi zu essen, mag an einer solchen Reisrolle zwei- oder dreimal beißen. Er mag daher überrascht sein, wenn er sieht, daß sogar die zierlichste Japanerin mit den Eßstäbchen eine ganze Reisrolle in den Mund schiebt und sich dabei noch mit dem Gast unterhalten kann.
Eine andere Sorte sushi, die ebenfalls sehr beliebt ist, wird zubereitet, indem man Reis mit etwas eingelegtem Rettich oder saurer Gurke in ein Stück Alge einrollt. Diese Reisrollen werden dann in Scheiben geschnitten und so auf einen Teller gelegt, daß die Schnittflächen nach oben zu liegen kommen.
Es erfordert viel Übung, sushi richtig zuzubereiten. Viele Familien sind daher Kunde in einem der sushi-Läden, wo sie sozusagen jederzeit frische sushi bestellen können, die dann angeliefert werden. Sushi ist in Japan eine Leibspeise von jung und alt.
Charakteristische japanische Nahrungsmittel
In der japanischen Küche spielt der Seetang eine wichtige Rolle; in dieser oder jener Form kommt er jeden Tag auf den Tisch. Gewöhnlich ist er getrocknet und wird zur Zubereitung von köstlichen Suppen verwendet oder für eine bestimmte Sorte sushi (Reisrollen).
Auch Fisch kommt in dieser oder jener Form jeden Tag auf den Tisch. Da unser Land ringsum vom Meer umgeben ist, spielt Fisch in der japanischen Küche verständlicherweise eine wichtige Rolle. Verschiedene Fischarten werden getrocknet und zur Zubereitung von Suppen verwendet, oder man röstet sie am Feuer.
Besonders gut schmeckt — wenigstens uns — roher Fisch. Eine japanische Familie kauft gewöhnlich rohe Fischstücke auf einem Fischmarkt. Der Fisch wird allgemein in Sojasoße getaucht und mit Meerrettich gewürzt. Besonders viel wird Karpfen, Thunfisch, Bonito und Plattfisch gegessen.
Wer noch nie rohen Fisch gegessen hat, mag davor zurückschrecken. Wenn er aber appetitlich auf einer Platte angerichtet ist, in dünne Scheiben geschnitten und mit Gemüse garniert, sieht er selbst für jemand, der noch nie solchen Fisch gegessen hat, verlockend aus.
Obwohl die Japaner hauptsächlich Reis essen, gibt es bei ihnen aber auch verschiedene Arten von Nudeln. Nudeln werden kurz in einer Brühe aus Sojasoße und süßem Reiswein (manchmal wird noch etwas Gemüse dazugegeben) gekocht. Dieses Gericht wird in einem Schüsselchen serviert und mit Eßstäbchen gegessen. Manch einer glaubt offenbar, die Nudeln würden besser schmecken, wenn man sie sehr schnell verschlinge und dabei schlürfe.
Das wichtigste Würzmittel in Japan ist die Sojasoße, der oft etwas Zucker zugesetzt wird. Die Sojasoße verbessert den Geschmack der Speisen, und da sie aus Sojabohnen, Weizen und Salz hergestellt wird, hat sie auch großen Nährwert. Nahrungsmittel, die in Sojasoße mit etwas Zucker gekocht werden, sind länger haltbar als solche, die nur in gewöhnlicher Sojasoße gekocht werden.
Vorbereitungen für das Abendessen
In Japan gehen die meisten Hausfrauen jeden Tag Lebensmittel einkaufen. Ungefähr um 4 Uhr nachmittags unterbricht die Hausfrau ihre Arbeit, nimmt den Einkaufskorb und die Geldbörse und geht, ohne sich die Schürze abzubinden, zum nächsten Gemüse- und Fischmarkt. Sie geht manchmal von einem Stand zum anderen, um zu sehen, wo sie das Gemüse am preisgünstigsten erhält. Viele Hausfrauen kaufen lieber an kleinen Ständen als in den modernen Supermärkten.
Sobald die Hausfrau wieder zu Hause ist, mag ein hoher Ton an ihr Ohr dringen, der lauter und lauter wird. Er stammt von einem Mann, der in ein Horn bläst, während er auf seinem Fahrrad fährt. Auf dem wackeligen Rad hat er so hoch Tabletts aufgetürmt, daß man meinen könnte, er müßte umkippen. Er liefert ein wichtiges japanisches Nahrungsmittel ins Haus: tofu oder Quark aus Sojamilch. Man könnte diese Speise als eine Art Sojabohnengelatine bezeichnen — eine vorzügliche Bereicherung des Abendessens.
Die Mahlzeiten werden einfach zubereitet, aber man legt großes Gewicht darauf, daß sie das Auge befriedigen.
Die Hauptmahlzeit
Das Frühstück und das Mittagessen sind verhältnismäßig leichte Mahlzeiten; anders das Abendessen, auf das sich die ganze Familie freut. Beim Abendessen ist unsere Familie vollzählig beisammen, und jeder erzählt seine Erlebnisse, die er während des Tages gehabt hat. Für das Abendessen lassen wir uns Zeit und genießen es richtig. Viele Japaner trinken zum Abendessen etwas sake oder Reiswein.
Während die Familie am Tisch sitzt, werden für jeden kleine Schüsselchen sowie große und kleine Teller hingestellt. Womit sind sie gefüllt?
In einem kleinen Schüsselchen ist heißer, dampfender Reis, in einem anderen miso-Suppe. In einem weiteren Schüsselchen ist gekochter Seetang mit miso-Paste und winzigen Fischchen. Auf einem Teller liegen verschiedene eingelegte Rettiche; auf einem anderen Teller liegt tofu. Ein weiterer Teller ist gefüllt mit ganzen getrockneten und gebackenen Fischen — samt Kopf (mit Augen) und Schwanz. Besondere Freude löst eine Platte mit rohem Fisch — in Stücke geschnittener Tintenfisch — aus. Das sind alles Delikatessen, die zum Abendessen gehören.
Auf dem Tisch ist fast kein Platz mehr, doch jeder schiebt die Schüsselchen so lange hin und her, bis alle einen Platz gefunden haben. Auch eine kleine Untertasse mit Sojasoße ist da (sie darf bei keiner Mahlzeit fehlen) und für jeden eine kleine Tasse ohne Griff für grünen Tee. Es ist vergnüglich, aus verschiedenen Schüsselchen zu essen, einmal aus diesem und ein andermal aus jenem etwas zu angeln, und alles mit einem Mundvoll Reis und einem Schluck Tee zu würzen.
Eine japanische Spezialität
Eine japanische Spezialität ist nabe ryori, eine Art japanisches Fondue. Dieses Gericht wird bei Tisch zubereitet. Man stellt eine Pfanne oder einen Topf auf einen Kocher. Gemüse und Fleisch werden in einer Brühe gekocht, und jeder bedient sich nun mit seinen eigenen Eßstäbchen.
Eine Art von nabe ryori wird mizutaki genannt. Um dieses Gericht zuzubereiten, stellt man eine flache (etwa 15 cm hohe) Pfanne auf einen Kocher. Darin wird eine Brühe aus getrocknetem Seetang, aus getrocknetem Thunfisch oder aus frischen oder getrockneten Pilzen zubereitet. Steht weder das eine noch das andere zur Verfügung, so erfüllt auch eine Bouillon den Zweck. Die Brühe darf keinen kräftigen Geschmack haben, damit der Geschmack des Gemüses, das später hinzugefügt wird, nicht verlorengeht. Zum Schluß kann man sie etwas salzen.
Das Gemüse (meist Chinakohl, runde oder längliche grüne Zwiebeln und irgendein Blattgemüse, das schnell gar wird, z. B. Spinat), die Pilze und das Fleisch (Schweinefleisch, Rindfleisch oder Hühnerfleisch oder auch Weißfisch) werden geschnitten und auf einer Platte sortenweise angeordnet. Wenn vorhanden, wird auch „tofu“ dazugegeben.
Sobald die Brühe kocht, gibt man etwas von jedem Gemüse sowie vom Fleisch hinein. Man legt es so in den Topf, daß es appetitlich aussieht. Ist dann etwas davon so weich, wie man es gern ißt, nimmt man es mit den Eßstäbchen aus der Pfanne, worauf die Gastgeberin wieder etwas Gemüse in die Pfanne gibt. So brutzelt dauernd etwas Fleisch und Gemüse in der Pfanne. Das kochendheiße Gemüse und Fleisch wird in eine Tunke aus Sojasoße, Zitronensaft oder Essig und geriebenem Rettich getaucht. Das ist ein gemütliches und genußreiches Essen. Zumindest sind wir hier in Japan dieser Meinung.
Doch für gutes Kochen ist etwas unerläßlich, ganz gleich, in welchem Land man lebt oder welcher Küche man den Vorzug gibt — Liebe. Die Liebe weckt in einem den Wunsch, seiner Familie etwas Schmackhaftes und Nahrhaftes vorzusetzen. Vielleicht veranlaßt dich deine Liebe, es einmal mit der japanischen Küche zu versuchen. Wenn du das Experiment machst, magst du feststellen, daß deinen Angehörigen diese Küche zusagt.
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Kann das Salz „kraftlos“ werden?Erwachet! 1974 | 22. November
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Kann das Salz „kraftlos“ werden?
■ Es mag merkwürdig erscheinen, daß das Salz seinen Salzgehalt verlieren kann, doch das ist möglich. In der Bergpredigt sagte Jesus Christus: „Ihr seid das Salz der Erde; wenn aber das Salz seine Kraft verliert, wie wird seine Salzkraft wiederhergestellt werden? Es taugt zu nichts weiter, als hinausgeworfen und von den Menschen zertreten zu werden“ (Matth. 5:13).
Allerdings ist das Salz, das heute in den meisten Ländern verwendet wird, eine chemische Verbindung, so daß nichts zurückbliebe, wenn es seinen Salzgehalt verlieren würde. Man beachte indessen, was der Bibelkommentator Albert Barnes schreibt: „In orientalischen Ländern war das Salz, das man verwendete nicht, rein, sondern war mit pflanzlichen und erdigen Stoffen vermischt. Wenn es seinen Salzgehalt verlor, blieben diese erdigen Bestandteile zurück. Sie waren zu nichts mehr nütze, außer (wie in dem Text gesagt wird) auf Straßen oder Wege geschüttet zu werden, ähnlich wie heute Kies. ... Man findet es in der Erde in Lagern oder Schichten, und wenn es der Sonne und dem Regen ausgesetzt wird, verliert es seinen ganzen Salzgehalt.“
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