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Erwachet! 1982
g82 22. 9. S. 16-19

Etwas Besseres als Artistenruhm

Von Anton Iwanoff erzählt

ALS ich jung war, träumte ich davon, einmal die beste Zirkusnummer der Welt aufzubauen. Ich wollte berühmt werden. Jahre vergingen, und mein Traum erfüllte sich schließlich. Ich trat vor dem König von Rumänien und dem König von Jugoslawien auf, vor dem Präsidenten der Türkei und dem Präsidenten der Vereinigten Staaten sowie vor vielen weiteren bekannten politischen Persönlichkeiten. Ich arbeitete auch mit vielen Filmstars zusammen. Später jedoch fand ich etwas, was besser war als Artistenruhm. Aber bevor ich davon spreche, möchte ich einiges über mein Leben als Zirkusakrobat erzählen.

Ich wurde im Jahre 1906 als Kind sehr armer Eltern geboren. Wir wohnten in Dragiewo, einem Dorf in Mittelbulgarien. Im Ersten Weltkrieg verschlechterten sich die wirtschaftlichen Verhältnisse derart, daß es meinen Eltern einfach nicht mehr möglich war, meine vier Geschwister und mich zu ernähren. Mein Vater schickte mich deshalb ins Kloster, wo ich zu einem Mönch erzogen werden sollte.

Einige Jahre brachte ich im Kloster zu und diente den Mönchen. Ich stand früh auf, läutete die Glocke, machte Feuer und zündete den Weihrauch an. Allmählich gewöhnte ich mich an das Klosterleben. Die Mönche sagten jeweils zu mir: „Du wirst einmal ein guter Mönch werden.“

Es hätte nicht viel gefehlt, und ich wäre das auch geworden. Doch es kam anders, weil mich eines Tages Cristo, mein älterer Bruder, im Kloster besuchte. Als er vernahm, daß ich Mönch werden wollte, rief er aus:

„Bist du verrückt geworden?“ „Du wirst kein Mönch werden! Ich komme wieder und werde dich hier herausholen.“ Als er dann eines Nachts kam, schlich ich mich mit ihm davon.

Nach einiger Zeit machte ich in Sofia, der Hauptstadt Bulgariens, einen Turnkurs mit. Ich war ein sehr guter Turner. Als der Zirkusdirektor von mir hörte, kam er, um mich turnen zu sehen, und nachher sagte er:

„Du bist außerordentlich talentiert und kannst mit deinen Fähigkeiten viel Geld verdienen. Aus dir kann ein großer Star werden. Du wirst dann auf Tournee gehen und viele Städte kennenlernen.“ Das war Musik für die Ohren eines 16jährigen! Ich stellte keine Fragen, sondern ging einfach mit ihm, um Artist zu werden.

Zirkusleben

Ich arbeitete fleißig, denn ich war entschlossen, berühmt zu werden. Ich wurde dazu bestimmt, bei einer Pyramide der Obermann zu sein und einen Handstand auszuführen. Bei einer anderen Nummer hing ich an den Zähnen und hielt dabei zwei Personen. Bald wurde ich berühmt.

Doch das Zirkusleben war nicht so rosig, wie ich es mir vorgestellt hatte. Das tägliche stundenlange Training — von 8 bis 16 Uhr — war harte Arbeit. Auch herrschte unter den Artisten eine große Rivalität. Einige taten alles, um bejubelt zu werden. In Deutschland zum Beispiel begann ein bulgarischer Artist, der ähnlich hieß wie ich, meinen Namen zu gebrauchen, nur weil meine Nummer so berühmt war. Ich mußte mit ihm vor Gericht gehen.

Wenn man Besseres leistete als ein anderer, wurde man von diesem gehaßt und diskriminiert. Fiel die Leistung nicht ganz so gut aus, wurde daraus eine Riesensache gemacht. Ich erinnere mich an zwei Trapeznummern. Die Artisten, die sie ausführten, waren eifersüchtig aufeinander und haßten sich so, daß einer hinging und das Seil anschnitt, so daß es während der Vorführung riß und einer der Künstler von der anderen Gruppe zu Tode stürzte. Man stelle sich vor: Da wird ein Mord begangen, nur weil man den Ruhm nicht teilen will!

Im Jahre 1926 begann ich, mit Greda, einer Kollegin, zusammenzuleben. Ihr Vater drohte, mich umzubringen. Deshalb gingen wir fort und reisten zusammen durch den Orient und die russisch-iranische Grenze entlang, wo wir in Varietés auftraten und russische Tänze sowie Akrobatennummern aufführten. Eines Abends im Jahre 1935 entdeckte Greda während der Vorstellung zu ihrem Entsetzen ihren Vater in der vordersten Sitzreihe. Zutiefst erschrocken, rannte sie in ihre Garderobe und fing an zu weinen. Ich folgte ihr, und kurz danach stand ihr Vater vor der Tür. Ich glaubte, er würde mich nun töten, doch dem war nicht so. Vielmehr sagte er: „Ich werde jetzt dafür sorgen, daß ihr hier heiratet.“

Am folgenden Tag zog ein Ausrufer mit einigen Elefanten durch die Stadt und kündigte an, daß im Zirkus die beiden besten Artisten vor den Zuschauern getraut würden. Drei Zirkusse aus der Umgebung taten sich zusammen und veranstalteten zur Feier des Tages eine Sondervorstellung. Die Bevölkerung der ganzen Stadt kam zur Hochzeit.

Einige Jahre später wurde Greda sehr krank und mußte im Laufe von drei Jahren immer wieder ins Krankenhaus. Im Jahre 1941, während ich auf Tournee war, erhielt ich ein Telegramm, in dem mir mitgeteilt wurde, daß Greda gestorben war. Als besonders schmerzlich empfand ich, daß ich Greda schon längere Zeit nicht mehr gesehen hatte und nicht bei ihr war, als sie starb. Ich hielt es in Bulgarien nicht mehr aus. Deshalb schloß ich mich einer Artistentruppe an, die in Europa von einem Land zum anderen zog.

Vorstellungen vor Hitlers Truppen

Zu dieser Zeit tobte der Zweite Weltkrieg, und ich begann, vor Offizieren der Hitlerarmee aufzutreten. Eines Abends befand sich sogar Hermann Göring unter den Zuschauern. An jenem Abend stürzte ich während der Vorführung und zog mir einen Muskelriß zu. Göring lachte und lachte. Er glaubte, der Sturz gehöre zur Nummer.

Damals dachte ich, Hitlers Truppen zu unterhalten sei ein gutes Werk. Ich wußte, daß Töten ein Unrecht war; deshalb verurteilte ich den Krieg. Hörte ich aber Hitlers Reden zu, war ich überzeugt, daß er ein guter Mann war und offenbar auch gute Beweggründe hatte. In dieser Überzeugung wurde ich noch bestärkt, als ich nach meinem Sturz während der Vorführung, in der Göring unter den Zuschauern gewesen war, für drei Monate ins Krankenhaus mußte und dort wie ein deutscher Soldat behandelt wurde. Ich brauchte für die ärztliche Behandlung nichts zu bezahlen.

Allerdings änderte ich meinen Standpunkt, als ich von den Massentötungen in den Konzentrationslagern erfuhr. Das schreckliche Bild, das sich mir im KZ Mauthausen bot, wo wir vor dem Aufsichtspersonal des Lagers auftraten, werde ich nie mehr vergessen. Als wir uns dem Lager näherten, erblickten wir im Hof Leute, die aussahen wie Skelette. „Was ist das?“ fragten wir einander entsetzt. „Warum werden diese Menschen wie Tiere behandelt?“

Später wurde ich von den Nationalsozialisten beschuldigt, den Londoner Sender gehört zu haben. Dafür sollte ich hingerichtet werden. Aber bevor es dazu kam, zogen die Amerikaner ein. Von da an trat ich vor den amerikanischen Truppen auf.

1945 lernte ich ein Mädchen kennen, das mit einem Flüchtlingszug aus Ostdeutschland gekommen war. Sie hieß Gerda. Im darauffolgenden Jahr heirateten wir, und später wurde uns ein Junge geboren.

Ausreise in die Vereinigten Staaten

Im Jahre 1950 luden mich meine Brüder, die bei dem Zirkus Ringling Brothers arbeiteten, ein, nach Amerika zu kommen. Ich nahm die Einladung an. Wir traten dann gemeinsam auf und wurden unter dem Namen „Die drei Iwanows“ bekannt. Wir gastierten in New York in der Radio City Music Hall, in Philadelphia in Big Top und in Chicago im Super Circus, ferner waren wir in der Ed-Sullivan- und in der Jackie-Gleason-Fernsehshow zu sehen.

1956 stürzte ich während einer Vorführung in Toronto (Kanada) und brach mir die Hand. Das war nicht meine erste Verletzung. 1927, als ich 21 Jahre alt war, passierte bei einer Vorführung in der Türkei ein Unfall. Ich war an einer Nummer beteiligt, bei der ich zwei Männer mit den Zähnen hielt, während ich an einem Seil hing, an dem meine Füße festgebunden waren. Während einer Vorstellung riß plötzlich das Seil, und wir drei stürzten in die Tiefe. Obschon ich Genick und Schultern verletzt hatte, trat ich schon einen Monat später wieder auf. Im Alter von etwa 37 Jahren stürzte ich bei einer Vorführung in Wien erneut und brach mir die Hand. Drei Monate danach war ich wieder im Zirkus.

Doch dieses Mal machte sich mein Alter bemerkbar. Ich mußte die Arbeit im Zirkus aufgeben. Mir war zumute, als hätte mein Leben seinen Sinn verloren.

Damals ahnte ich nicht, daß ich kurz darauf etwas kennenlernen würde, was weit besser war als die Berühmtheit, die ich durch meine Kunststücke im Zirkus erlangt hatte.

Ich finde etwas Besseres

Wir, Gerda und ich, ließen uns in New York nieder. Ich fing als Kellner in einem bekannten Restaurant am Broadway zu arbeiten an, und Gerda machte einen Geschenkartikelladen auf. Gegenüber von ihrem Laden war ein Königreichssaal der Zeugen Jehovas. Gerda beobachtete die Menschen, die den Königreichssaal besuchten, und begann, sich für sie zu interessieren. Bald darauf studierte sie mit ihnen die Bibel. Gerda war begeistert von dem, was sie aus der Bibel lernte, und im Jahre 1958 ließ sie sich als Zeuge Jehovas taufen.

Ich stand ihrem neuen Glauben kritisch gegenüber. Sie versuchte, mit mir über das, was sie lernte, zu sprechen, aber ich hörte ihr nicht zu. Besonders mißtrauisch war ich dem Namen Gottes, „Jehova“, gegenüber. Eines Tages zeigte Gerda mir diesen Namen in meiner bulgarischen Bibel. Welch eine Überraschung! Dieser Name hatte die ganze Zeit darin gestanden, aber ich hatte nie etwas davon gehört, auch im Kloster nicht.

Nun wurde ich neugierig. „Warum glauben diese Leute etwas ganz anderes als die Angehörigen anderer Religionsgemeinschaften?“ fragte ich mich. „Berufen sich nicht alle auf die Bibel?“ Wenn ich Gerda von der Zusammenkunft abholte, ging ich jeweils schon etwas früher hin und hielt mich hinten im Königreichssaal auf, um noch etwas zu hören. Das, was ich dort erfuhr, veranlaßte mich, meinen Glauben zu überprüfen.

Zum Beispiel hatte ich im Kloster gelernt, daß man Vergebung der Sünden empfängt, wenn man sie in der Kirche beichtet und Geld spendet. Ich glaubte das und handelte auch entsprechend. Als Artist kommt man leicht in die Gefahr zu sündigen, und ich bildete keine Ausnahme. Ich spielte um Geld, trank gern und liebte die Frauen. Aber ich war überzeugt, mein Gewissen, das mich wegen meines Lebenswandels quälte, durch Geldspenden und Beichten entlasten zu können.

Ich fühlte mich jedoch nicht erleichtert, und ich fragte mich: „Warum bin ich denn immer noch unglücklich?“ Das, was ich in den Zusammenkünften hörte und was mir Gerda erzählte, ließ mich schließlich erkennen, daß ich anders werden, ja daß ich meine ganze Denkweise ändern mußte.

Wir hatten in Pennsylvanien ein Haus gekauft, und Gerda zog dorthin, während ich noch eine Weile als Kellner arbeiten wollte, damit ich später eine Rente bekäme. Ich bat einen Zeugen Jehovas, mit mir die Bibel zu studieren, und ich machte schnelle Fortschritte. Vor Gerda hatte ich verheimlicht, daß ich studierte. Eines Tages im Jahre 1968 rief ich sie an und erzählte ihr, daß ich mich in der kommenden Woche taufen lassen wollte. Sie war überglücklich, und am nächsten Tag setzte sie sich in den Bus und fuhr nach New York zu mir.

Später hatte ich dann Gelegenheit, auch anderen Artisten von der „guten Botschaft“ der Bibel zu erzählen. Viele kannten mich von Bulgarien her, wo ich ein ziemlich wildes Leben geführt hatte, und sie wunderten sich über mich, weil ich mich so geändert hatte. Ich konnte ihnen einiges über die wundervolle Hoffnung erzählen, die ich habe, die Hoffnung, in einer gerechten neuen Ordnung der Dinge hier auf der Erde zu leben (2. Pet. 3:13). Es gelang Gerda und mir, mit einer ehemaligen Artistin ein Bibelstudium zu beginnen, und heute sind sie und ihre sechs Söhne Zeugen Jehovas.

Solange ich beim Zirkus arbeitete, machte mich der Ruhm, den ich für meine Künste erntete, glücklich und zufrieden. Doch das Glück, das ich jetzt als ein Diener Jehovas empfinde, ist mit dem Glück, das der vergängliche Ruhm einem Artisten beschert, nicht zu vergleichen. Und außerdem habe ich eine herrliche Zukunftshoffnung. Heute strebe ich nicht mehr danach, selbst im Rampenlicht zu stehen, sondern mir liegt jetzt daran, Gottes Wort, die Bibel, und die Hoffnung, die sie den Menschen für die Zukunft bietet, ins Rampenlicht zu rücken.

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