Farben — bewirkt durch Licht
HAST du schon versucht, dich in einem stockfinsteren Zimmer zurechtzufinden? Oder hast du einmal mit festgeschlossenen Augen versucht, deiner täglichen Arbeit nachzugehen? Du magst festgestellt haben, daß dies ein recht unangenehmes Gefühl verursacht. Es ist eine wahre Wohltat, das Licht zu sehen! Die inspirierten Worte der Bibel sind wirklich wahr: „Süß ist das Licht, und wohltuend den Augen, die Sonne zu sehen.“ — Pred. 11:7.
Die Sonne ist unsere wichtigste Lichtquelle. Täglich wandelt sie in jeder Sekunde 3,6 Millionen Tonnen ihrer Materie in Energie um. Diese Energie wird von der Oberfläche der Sonne mit einer Geschwindigkeit von etwa 300 000 Kilometern in der Sekunde in alle Richtungen ausgestrahlt! Aber welcher Art sind diese Ausstrahlungen? Wie ermöglichen sie es, daß wir sehen? Und wie kommt es, daß wir dadurch eine so große Vielfalt von Farben sehen können?
Was von der Sonne ausgeht
Das, was die Sonne aussendet, wird „elektromagnetische Energie“ oder „Strahlung“ genannt. Diese Strahlung wird häufig als ein Strom winziger Teilchen betrachtet. Aber gleichzeitig wird sie auch so betrachtet, als breite sie sich wellenförmig aus. Über diese sich anscheinend widersprechende Ansicht äußerte sich Professor Walter J. More wie folgt: „Diese Abneigung des Lichtes, sich ordentlich in einen einzigen Rahmen fügen zu lassen, ist eines der verwirrendsten Probleme der Naturwissenschaft.“
Zwar breiten sich die verschiedenen Strahlungen, einschließlich des Lichtes, in derselben Geschwindigkeit von der Sonne her aus, doch sind sie nicht alle gleich. Es gibt viele Arten von Strahlung. Einige Strahlungen haben sehr große Wellenlängen, die in Kilometern gemessen werden. Andere haben sehr kurze Wellenlängen, die man in winzigen Bruchteilen von millionstel und sogar von milliardstel Zentimetern mißt.
Zu den Strahlungen mit größeren Wellenlängen gehören Hitzewellen und die sehr langen Funkwellen. Und zu den von der Sonne kommenden kurzwelligen Strahlungen gehören ultraviolette Strahlen, Röntgenstrahlen, Gammastrahlen und die sehr kurzwelligen kosmischen Strahlen. Aber sie alle sind für das menschliche Auge nicht sichtbar, und daher werden sie manchmal als unsichtbares Licht bezeichnet. Zwischen den längeren Hitzewellen und den kürzeren ultravioletten Wellen befindet sich jedoch ein sehr schmaler Bereich sichtbarer Wellenlängen. Der Teil, den wir also sehen, bildet nur einen sehr schmalen Bereich inmitten eines breiten Spektrums von Wellenlängen, das von den kosmischen Strahlen bis zu den Funkwellen und elektrischen Strömen reicht.
Strahlungen, die die Erde erreichen
Nicht die gesamte von der Sonne ausgehende Strahlung erreicht die Erde. Die Erdatmosphäre wirkt nämlich wie ein Schild. Die Erde wird daher im wesentlichen von den Wellenlängen des sichtbaren Lichtes und einem begrenzten Bereich unsichtbarer Wellen erreicht. Wir können froh sein, daß unsere Atmosphäre den größten Teil der unsichtbaren Strahlung fernhält, denn wenn diese die Erde erreichen würde, kämen wir alle um!
Andererseits können wir dankbar dafür sein, daß das sichtbare Licht in einer solchen Fülle über unsere Erde flutet. Die Pflanzen fangen die Energie des Lichtes ein und verwenden sie, um Kohlendioxyd und Wasser in einen einfachen Zucker umzuwandeln, der die Grundlage aller Nährstoffe ist. Ohne diese Energie des Lichtes könnten die Pflanzen nicht wachsen, und auf der Erde wäre kein Leben möglich.
Wellenlängen, die Farben entstehen lassen
Aber das Licht gibt uns viel mehr. Es schenkt den Segen prächtiger Farben und eines schönen Anblicks. Erstaunlich ist, daß der Bereich sichtbarer Wellenlängen, die uns das Licht und die vielen Farben schenken, so schmal ist. Diese Wellenlängen messen von Scheitelpunkt zu Scheitelpunkt nur etwa 780 millionstel Millimeter, was unser Auge als Rot erkennt, bis etwa 380 millionstel Millimeter, was wir als Violett sehen!
Da sich diese Strahlen mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten, treffen in jeder Sekunde etwa 375 bis 750 Billionen Wellen unser Auge. Diese Schwingung wird vom Menschen visuell als Licht wahrgenommen, und die Farbe entspricht der Häufigkeit der Schwingungen.
Die vielen Farben des Lichtes
Erscheint es dir merkwürdig, daß wir sagen, das Licht setze sich aus verschiedenen Farben zusammen? Hast du gedacht, es sei ganz weiß? Nun, gewöhnlich erscheint es unserem Auge weiß, weil sich alle Wellenlängen der sichtbaren Strahlung miteinander ausbreiten. Sie sind nicht voneinander getrennt. Aber wenn die verschiedenen Wellenlängen voneinander getrennt werden, sehen wir die einzelnen Farben.
Du kannst dies gelegentlich selbst nachprüfen. Halte eine Langspielplatte gegen das Licht, und blicke über ihre feingefurchte Oberfläche. Das Licht wird gebeugt, und du kannst seine verschiedenen Farben sehen. Oder du hast vielleicht nach einem heftigen Regenguß beobachtet, wie die winzigen Wassertröpfchen in der Luft das Sonnenlicht in seine Grundfarben — Violett, Blau, Grün, Gelb, Orange und Rot — zerlegt haben, so daß ein wunderschöner Regenbogen entstand.
Das heißt nicht, daß das Licht nur in diese wenigen Farben zerlegt werden könnte. Es kann tatsächlich in Zehntausende verschiedener Wellenlängen zerlegt werden, von denen jede einen anderen Farbton oder eine Schattierung der Grundfarben erzeugt! Das Auge kann jedoch nicht die Farbe einer Lichtwelle von der Farbe einer anderen Welle unterscheiden, wenn deren Längen zu gering voneinander abweichen.
Untersuchungen haben ergeben, daß das menschliche Auge etwa 128 verschiedene Farbschattierungen des sichtbaren Lichtes unterscheiden kann. Aber um selbst diese Anzahl voneinander zu unterscheiden, muß das Licht einer Wellenlänge auf eine Leinwand projiziert werden, und ehe es entfernt wird, muß das Licht einer geringfügig abweichenden Wellenlänge daneben projiziert werden. Nur durch einen visuellen Vergleich kann das Auge den Unterschied zwischen mehr als hundert Farben des sichtbaren Lichtes erkennen.
Woher alle Farben kommen
Blicke kurz von dieser Zeitschrift auf, und sieh dir gewisse Gegenstände in deiner Umgebung genau an — vielleicht einen Bücherschrank, einen Schreibtisch oder auch den Fußboden. Ist es nicht erstaunlich, welch eine große Vielfalt von Farben es gibt? Aber woher kommen all die Farben?
Die Farbe ist nicht in dem Schreibtisch, dem Fußboden oder irgendeinem anderen Gegenstand, den du betrachtet hast, vorhanden. Zwar können wir sagen, diese Gegenstände hätten eine bestimmte Farbe. Aber in Wirklichkeit leben wir nicht in einer Welt bunter Gegenstände. Die Farbe der Gegenstände befindet sich tatsächlich in dem Licht, das darauf scheint. Allein aus dem Licht kommen die Farben, und ohne Licht gibt es auch nicht die geringste Farbwirkung.
Licht sehen
Aber wieso können wir das Licht mit seinen zahllosen Wellenlängen verschiedener Farben sehen?
Man kann nicht sehen, wie sich das Licht im Raum ausbreitet, ebensowenig, wie man Funkwellen und andere Strahlungen sehen kann. Für das Auge wird das Licht durch die stofflichen Substanzen, auf die es fällt, sichtbar.
Wären wir zum Beispiel in einem Raum, in dem es keine Staubteilchen und noch nicht einmal Luft gäbe, so könnten wir den Strahl oder die Bahn des Lichtes einer Taschenlampe, die wir einschalten würden, nicht sehen. Ein Lichtstrahl ist in einem Vakuum völlig unsichtbar. Daher konnten die Astronauten, als sie im Weltraum aus ihrem Fenster schauten, die leuchtende Sonne sehen, aber der Himmel war schwarz. Schwarz ist es, wenn Licht oder Farbe fehlt. Die Sonne erleuchtete den Himmel nicht, denn im Weltraum gibt es keine Substanzen, auf die das Licht der Sonne fallen kann. Wir können das Licht nur sehen, wenn es auf einen Gegenstand trifft, der seine Wellen zurückwirft, so daß sie an unser Auge gelangen.
Was bewirkt denn, daß ein Gegenstand in einer gewissen Farbe erscheint? Warum sind die meisten Bäume und anderen Pflanzen grün, und warum ist der Himmel gewöhnlich blau? Warum wird der Himmel abends manchmal am Horizont tief orangefarben oder rot?
Farben, die am Firmament entstehen
Unsere Atmosphäre enthält Luft und auch winzige Dampf- und Staubteilchen. Wir haben bereits erwähnt, daß uns die Atmosphäre gegen tödliche Strahlungen abschirmt. Sie wirkt wie ein riesiger Spiegel, der den größten Teil dieser Strahlung wieder in den Weltraum zurückwirft. Licht durchdringt diesen Schild jedoch, aber dabei werden viele Lichtwellen durch die Teilchen der Luft zerstreut. Diese Teilchen sind von einer solchen Größe, daß die kürzeren, blauen Wellen weit mehr zerstreut werden als andere. Daher sieht der Himmel blau aus.
Aber wenn die Sonne am Horizont steht, kann es anders sein. Dadurch, daß das Sonnenlicht, das durch eine mit Staub angereicherte Atmosphäre scheint, flacher einfällt, werden mehr die längeren Wellen des Lichtes zerstreut, so daß der Himmel tief orangefarben und rot aussieht. Nachdem zum Beispiel 1883 der Vulkan auf Krakatau ausgebrochen war und in der Erdatmosphäre Staubteilchen zerstreut hatte, erlebte die Welt eine Reihe außerordentlich schöner Sonnenaufgänge und -untergänge.
Wie die meisten Farben entstehen
Die Streuung gewisser Wellenlängen des Lichtes ist jedoch nicht die wichtigste Art der Erzeugung von Farben. Die meisten Gegenstände haben ihre Farbe daher, daß sie gewisse Wellenlängen des Lichtes absorbieren und andere reflektieren.
Zum Beispiel sind die meisten Bäume und anderen Pflanzen grün, und zwar zufolge der besonderen Anordnung der Pigmentmoleküle im Chlorophyll. Wenn das Sonnenlicht auf das Chlorophyll fällt, werden die meisten kürzeren, violetten und blauen Lichtwellen absorbiert und ebenso auch die meisten längeren, roten Wellen. Diese Wellenlängen des Lichtes werden von den Bäumen und anderen Pflanzen bei der Erzeugung von Nährstoffen verwendet. Hauptsächlich die grünen Wellen des Lichtes werden jedoch reflektiert, und daher erscheinen uns die Bäume und anderen Pflanzen grün.
Die Farben der von Menschen hergestellten Dinge, zum Beispiel Anstrichfarben, Farbstoffe und Druckfarben, entstehen ebenso. Ihre Pigmentmoleküle absorbieren gewisse Wellenlängen — oder wir könnten sagen, daß sie von dem schmalen Bereich des Lichtes einen gewissen Teil subtrahieren. Dann werfen sie den nicht absorbierten oder nicht subtrahierten Teil zurück. Somit erhalten die meisten Gegenstände, die wir sehen, ihre Farbe durch die Kombination der reflektierten Wellenlängen — das heißt durch die Mischung aller Farben des Lichtes, die nicht absorbiert werden.
Ein rotes Kleid ist also rot, weil der Farbstoff die anderen Wellenlängen absorbiert oder subtrahiert und das rote Licht reflektiert. Asphalt ist schwarz, weil die Moleküle seines Pigmentes alle Wellenlängen absorbieren und nur sehr wenige davon reflektieren. Andererseits erscheint uns ein Gegenstand weiß, wenn er alle Farben des Lichtes, die zusammen Weiß ergeben, gleichermaßen reflektiert.
Die Pigmente reflektieren in Wirklichkeit wenigstens einige Wellenlängen aller Farben. Wenn zwei Farben jeweils nur eine einzige Wellenlänge reflektierten, würde ihre Mischung theoretisch Schwarz ergeben. Aber wir können in Wirklichkeit blaue und gelbe Farbe mischen, so daß grüne Farbe entsteht. Das ist so, weil blaue Farbe auch grünes Licht reflektiert, und gelbe Farbe reflektiert ebenfalls grünes Licht. Wenn die beiden Farben also gemischt werden, wird das blaue Licht von dem gelben Pigment absorbiert, und das gelbe Licht wird von dem blauen Pigment absorbiert. Es bleibt noch das beiden gemeinsame grüne Licht, das reflektiert wird, so daß die Farbe grün wird!
Die Vielfalt der Kombinationen des Lichtes, wie es von den Gegenständen um uns her reflektiert wird, ist überwältigend. Da keine Wellenlänge völlig absorbiert wird, sehen wir die Welt um uns her in einer wunderbaren Farbenpracht. Gemäß einer Schätzung soll es etwa zehn Millionen Farben geben!
Ein weiterer Faktor, der dazu beiträgt, daß ein Gegenstand eine gewisse Farbe hat — außer der Art, wie der Gegenstand das Licht absorbiert und reflektiert —, ist die Art des Lichtes selbst. Die Energie des Sonnenlichtes ist auf alle Farben gleichmäßig verteilt, aber bei künstlichem Licht ist dies nicht so. Bei den Leuchtstofflampen, mit denen viele Geschäfte beleuchtet werden, überwiegt das blaue Licht. Bei Glühlampen mangelt es jedoch an blauen Wellenlängen, und daher strahlen sie ein gelbliches Licht aus. Dies kann sich auf deine Einkäufe auswirken.
Du kaufst zum Beispiel vielleicht in einem Geschäft, das mit Leuchtstofflampen beleuchtet wird, ein rotes Kleid. Wenn du dann aber nach draußen ins Sonnenlicht kommst, magst du überrascht sein, daß die rote Farbe des Kleides in Wirklichkeit noch viel kräftiger ist. Das kommt daher, daß die Leuchtstofflampen, deren blaues Licht konzentrierter ist, nicht genügend rote Wellenlängen erzeugen, die von dem Kleid reflektiert werden. Oder du magst in einem Geschäft, das mit Glühlampen beleuchtet wird, meinen, du würdest einen schwarzen Anzug kaufen. Wenn du aber nach draußen ins Sonnenlicht kommst, stellst du fest, daß er blau ist! Die Glühlampen im Geschäft haben keine blauen Wellenlängen ausgestrahlt, die hätten reflektiert werden können, und da der Anzug alle anderen Wellenlängen absorbiert hat, sah er schwarz aus.
Durch eine andere Methode erzeugte Farben
Es gibt noch eine andere wichtige Methode, durch die Farben erzeugt werden, und zwar aufgrund der Oberflächenbeschaffenheit einiger Gegenstände. Viele der schönsten Farben, in denen sich lebende Körper zeigen, entstehen dadurch, daß der betreffende Körper das Licht in die Wellen zerlegt, aus denen es besteht.
Betrachte zum Beispiel einen Schmetterling, der eine metallblaue Farbe hat, wenn man ihn von oben betrachtet, der aber karmesinrot erscheint, wenn man flach über den Flügel schaut. Die verschiedenen Farben entstehen dadurch, daß das Licht durch die feingefurchte Oberfläche des Flügels gebeugt wird. Dies läßt sich nachweisen. Man kann weiches Wachs auf den blauen Flügel pressen, und das Wachs nimmt die Farbe des Schmetterlings an. Aber wenn die Wachsfläche geglättet wird, verschwindet die Farbe!
Das Licht ist wirklich in vielerlei Hinsicht ein Segen für uns. Das Leben selbst hängt von den Strahlungen der Sonne ab, die unseren Planeten umhüllen. Aber wie wunderbar ist es außerdem noch, daß wir durch das Licht die vielen verschiedenen prächtigen Farben erhalten! Und wem sollten wir für diese Segnungen danken? Nun, selbstverständlich dem großen Schöpfer. Ja, danke „Jehova, der die Sonne gesetzt hat zum Lichte“. — Jer. 31:35.