Der Befreier kommt nach Zion
ES WAREN Worte, die es verdienten, für alle Zeiten aufgezeichnet, ja bis in die entferntesten Teile der Erde verkündet zu werden. Sie waren für die in Babylon gefangenen Juden ein unvergleichlicher Trost. Es waren die Worte, die kein Geringerer als Jehova Gott selbst gesprochen hatte: „Saget der Tochter Zion: Siehe, dein Heil [deine Rettung, NW] kommt; siehe, sein Lohn ist bei ihm, und seine Vergeltung geht vor ihm her.“ (Jes. 62:11) Einige Jahre nach dem Beginn des Wiederaufbaus Zions (537 v. u. Z.), als Babylon, die dritte Weltmacht, gestürzt war und die Juden nicht mehr als seine Gefangenen betrachten konnte, inspirierte Jehova seinen Propheten Sacharja zu folgender Äußerung, die etwas Ähnliches besagte: „Frohlocke laut, Tochter Zion; jauchze, Tochter Jerusalem! Siehe, dein König wird zu dir kommen: gerecht und ein Retter ist er, demütig, und auf einem Esel reitend, und zwar auf einem Füllen, einem Jungen der Eselin.“ — Sach. 9:9.
Für die Juden war diese Prophezeiung damals ein Hinweis auf das Kommen des Messias, und sie sahen ihrer Erfüllung erwartungsvoll entgegen. Heute gibt es aber unter denen, die das nicht glauben, auch viele Juden. Diese Nachkommen Abrahams sollten jedoch daran denken, daß der Urheber dieser Prophezeiung eine große Weltmacht stürzte, um ihre Vorfahren aus der Gefangenschaft zu befreien. Sie sollten sorgfältig und ernstlich über die Verheißung ihres Gottes nachdenken, gemäß der Zion mit einem Besuch des vorhergesagten Messias oder dessen beehrt werden sollte, den Jehova mit heiligem Geist zum König des Königreiches salben würde und der ewig auf dem „Thron Jehovas“ säße. Sie können heute noch feststellen, ob der Messias diesen Besuch tatsächlich gemacht hat und ob er anerkannt worden ist oder nicht.
TATSACHEN, DIE BERÜCKSICHTIGT WERDEN SOLLTEN
Juden, die dieser Frage auf den Grund gehen möchten, sollten folgende Tatsachen berücksichtigen: Jesus wurde zuerst von Vertretern ihres Volkes, von Juden, als Messias anerkannt und bekanntgemacht. Es handelte sich dabei zwar nur um eine Minderheit, von der die meisten einfache Leute waren. Die religiösen Führer verwarfen Jesus und veranlaßten auch viele von der jüdischen Bevölkerung, ihn zu verwerfen. Waren es aber nicht auch die Führer der Juden, die damals die Prophezeiungen Jesajas und Jeremias verwarfen und die daran schuld waren, daß das Volk im Jahre 607 v. u. Z. in die Babylonische Gefangenschaft geführt wurde? Sie hatten den von Gott gesandten Propheten nicht geglaubt, die diese Gefangenschaft und die Ursache dafür vorhergesagt und die Rückkehr aus ihr (537 v. u. Z.) beschrieben hatten. Dessenungeachtet erfüllten sich jene Prophezeiungen bis auf den letzten Buchstaben. Die Tatsache, daß solche Leute den Messias verwarfen, sollte unseren Glauben nicht erschüttern, denn Jehova hatte vorhergesagt, daß die jüdische Nation zur Zeit des Kommens des Messias in einer von der babylonischen Religion bewirkten Gefangenschaft wäre und den Messias verwerfen werde. (Jes. 53:3-9, 12) Eine weitere Tatsache, die berücksichtigt werden sollte, ist die, daß die Juden, die in den Tagen Jesu lebten, die Geschlechtsregister und die chronologischen Aufzeichnungen ihres Volkes einsehen und somit nachprüfen konnten, wer der Messias war, was heute nicht möglich ist und auch in Zukunft nicht möglich sein wird. Sollte heute jemand kommen und behaupten, er sei der Messias, so könnte er es nicht nachweisen, denn die Geschlechtsregister und die chronologischen Aufzeichnungen der Juden wurden im Jahre 70 u. Z. von den Römern vernichtet.
BEWEISE FÜR DAS KOMMEN DES BEFREIERS NACH ZION
Zum Nutzen aller, die an Gott glauben und aufrichtig den Wunsch haben, der Frage, ob der Messias, der Befreier, nach Zion kam, nachzugehen, zeigen wir im nachstehenden durch fünf Beweisführungen, daß der Messias im ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung tatsächlich nach Zion kam.
1. Abstammung: Etwa dreihundert Jahre bevor der Messias kam, fertigten griechisch sprechende Juden in Alexandrien (Ägypten) eine griechische Übersetzung der inspirierten Hebräischen Schriften an, die unter dem Namen Septuaginta bekannt wurde. In dieser Übersetzung wurde der griechische Titel „Christus“ angewandt, der, wie der hebräische Titel „Messias“, „Gesalbter“ bedeutet. Der voraussichtliche Messias oder Christus mußte von einer bestimmten Abstammung sein. Er mußte ein Sohn oder Nachkomme des Patriarchen Abraham sein. Er mußte ferner ein Sohn Davids sein. Durch diese Abstammung hätte er von Geburt ein Recht auf den Thron in Zion und könnte auch der verheißene Same Abrahams werden, durch den alle Familien der Erde gesegnet werden sollen. (2. Sam. 7:8-17; 1. Mose 12:3; 22:18) Jesus entsprach diesen Voraussetzungen. Der Apostel Matthäus unterteilt die Abstammungslinie in drei Abschnitte: von Abraham bis David. von David bis zur Wegführung der Juden nach Babylon und von der Wegführung bis Jesus. — Matth. 1:17.
2. Übernatürliche Geburt Jesu: Durch die Worte in Jesaja 7:14 wurde genau vorhergesagt, wie der voraussichtliche Messias geboren würde. Matthäus berichtet über die Geschehnisse, die diese Prophezeiung erfüllten: „Mit der Geburt Jesu Christi aber verhielt es sich so: Als seine Mutter Maria mit Joseph verlobt war, fand es sich, daß sie, vor ihrer Vereinigung, durch heiligen Geist schwanger war ... Das alles geschah in Wirklichkeit, damit sich erfülle, was Jehova durch seinen Propheten geredet hatte, welcher sagt: ‚Siehe, die Jungfrau wird schwanger werden und wird einen Sohn gebären, und sie werden ihm den Namen Immanuel geben‘, was übersetzt ‚Mit uns ist Gott‘ bedeutet.“ (Matth. 1:18-23) Er hätte das Recht auf den Namen Immanuel gehabt, aber der Engel sagte zu Maria, sie solle ihm den Namen Jesus geben, denn er werde sein Volk von dessen Sünden erretten. Der Name Jesus bedeutet „Jehova ist Rettung“. Die Bedeutung dieses Namens läßt erkennen, daß er nicht nur der Vertreter Gottes bei seinem Volk sein sollte, sondern daß er auch der von Jehova verheißene große Befreier sein würde. Joseph, der ebenfalls von David abstammte, nahm, wie uns Matthäus zeigt, Jesus an Kindes Statt an. Jesus war jedoch der Sohn Gottes, nicht der Sohn Josephs.
3. Geburtsort: Gottes Prophet Micha hatte genau vorhergesagt, wo dieser kommende Vertreter Jehovas geboren werde. Die Oberpriester und die Schriftgelehrten, der Tage Jesu wußten das genau, denn als sich König Herodes bei ihnen erkundigte, wo der Christus geboren werden sollte, antworteten sie: „In Bethlehem in Judäa; denn so ist durch den Propheten geschrieben worden: ,Und du, o Bethlehem vom Lande Juda, bist keineswegs die unbedeutendste Stadt unter den Statthaltern Judas; denn aus dir wird ein Regent hervorgehen, der mein Volk Israel hüten wird.“ Jesus wurde tatsächlich in Bethlehem geboren. — Matth. 2:4-6; Micha 5:1; Luk. 2:1-7.
4. Zeit des Erscheinens des Messias: Im Alter von etwa dreißig Jahren erschien Jesus bei Johannes, um sich taufen zu lassen. (Luk. 3:23) Nach seiner Wassertaufe wurde er mit heiligem Geist gesalbt, und danach wurde Johannes dem Täufer ein sichtbares Zeichen gegeben. (Joh. 1:32-34) Auf diese Weise wurde Jesus der Gesalbte, der Messias oder Christus. Das geschah im Jahre 29 u. Z. Von Lukas erfahren wir, wann Johannes, der etwa sechs Monate vor der Taufe Jesu zu wirken begann, seinen Dienst antrat. Wir lesen in Kapitel 3, Verse 1 und 2: „Im fünfzehnten Jahr der Regierung des Tiberius Cäsar, als Pontius Pilatus Statthalter von Judäa war und Herodes Bezirksherrscher von Galiläa, sein Bruder Philippus aber Bezirksherrscher des Landes Ituräa und Trachonitis, und Lysanias Bezirksherrscher von Abilene, in den Tagen des Oberpriesters Annas und Kaiphas, erging Gottes Ausspruch an Johannes, den Sohn Sacharjas, in der Wildnis.“a
Dieses Datum liegt geschichtlich fest und deckt sich mit dem Zeitpunkt, der Jahrhunderte vorher angekündigt worden war. Das kann durch die Berechnung der in Daniel 9:25 vorhergesagten 69 Jahrwochen bewiesen werden: „Vom Ausgehen des Wortes, Jerusalem wiederherzustellen und zu bauen, bis auf den Messias, den Fürsten [Führer, NW], sind sieben Wochen und zweiundsechzig Wochen [7 + 62 = 69]. Straßen und Gräben werden wiederhergestellt und gebaut werden, und zwar in Drangsal der Zeiten.“ Von der Zeit an, da dieses Wiederaufbauwerk im Gange wäre (455 v. u. Z.), sollten 69 × 7 = 483 Jahre vergehen, und das bringt uns zum Jahre 29 u. Z., zu dem Jahr, in dem Jesus als der Messias, der Führer, gesalbt wurde.b
5. Sein Leben und Wirken beweist, daß er der Messias war: Das zweite Kapitel des Matthäusevangeliums schildert verschiedene mit Jesus in Verbindung stehende Ereignisse, durch die sich gewisse Prophezeiungen aus der alten Zeit erfüllten: die Flucht seiner Eltern mit ihm nach Ägypten, ihre Rückkehr und der Versuch des Herodes, ihn durch die Ermordung der Kinder von zwei Jahren und darunter umzubringen. Dadurch erfüllten sich die Prophezeiungen in Hosea 11:1 und Jeremia 31:15. — Matth. 2:15, 17, 18.
Johannes der Täufer sollte bestimmte Prophezeiungen erfüllen, indem er ein Volk für Jehova zubereitete. (Luk. 1:13-17) Jesus war sich dessen bewußt. Johannes erklärte später einmal: „Jener [Christus] muß fortan zunehmen, ich aber muß fortan abnehmen.“ Das wußte auch Jesus. (Joh. 3:30) Er ging zu Johannes, seinem Vorläufer, um sich von ihm im Jordan taufen zu lassen. Unmittelbar danach begab er sich in die Wildnis von Judäa, um vierzig Tage für sich allein zu sein. Dort wurde er von Satan, dem Teufel, gründlich versucht. Er bewahrte in dieser Prüfung seine Lauterkeit und trug den Sieg davon. Dann kehrte er zu Johannes zurück. Johannes bezeichnete ihn seinen Jüngern gegenüber als „das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt wegnimmt“. (Matth. 4:1-11; Luk. 4:1-13; Joh. 1:28, 29) Jahrhunderte vorher war der einem Opferlamm gleichende Jesus schon durch prophetische Bilder vorgeschattet worden. — 1. Mose 22:9-14; 2. Mose 12:1-28; 29:38-42; 4. Mose 28:1-10; 1. Kor. 5:7.
Jesus erwählte seine ersten Jünger aus den Reihen der Jünger des Johannes. Wir lesen in dem Bericht weiter: „Am nächsten Tag stand Johannes wieder mit zwei von seinen Jüngern da, und er blickte auf Jesus, der daherkam, und sprach: ‚Siehe, das Lamm Gottes!‘ Und die zwei Jünger hörten ihn reden, und sie folgten Jesus. Dann wandte sich Jesus um, und als er sah, daß sie ihm folgten, sagte er zu ihnen: ‚Was sucht ihr?‘ Sie sagten zu ihm: ‚Rabbi (was übersetzt „Lehrer“ bedeutet), wo hältst du dich auf?‘ Er sagte zu ihnen: ‚Kommt, und ihr werdet sehen.‘ Daher gingen sie und sahen, wo er sich aufhielt, und sie blieben an jenem Tag bei ihm; es war um die zehnte Stunde [16 Uhr]. Andreas, der Bruder des Simon Petrus, war einer von den beiden, die gehört hatten, was Johannes sagte, und Jesus folgten. Dieser fand zuerst Simon, seinen eigenen Bruder, und sagte zu ihm: ‚Wir haben den Messias (was übersetzt „Christus“ bedeutet) gefunden.‘ Er führte ihn zu Jesus. Jesus schaute ihn an und sprach: ‚Du bist Simon, der Sohn des Johannes, du wirst Kephas (das heißt: Petrus) genannt werden.‘“ (Joh. 1:35-42) Später, in Galiläa, folgten Petrus und Andreas Jesus dann beständig nach.
Im darauffolgenden Frühjahr (30 u. Z.) reinigte Jesus zur Zeit der Passahfeierlichkeiten in Jerusalem den Tempel von denen, die mit der Anbetung Gottes Geschäfte zu machen suchten. Dadurch erfüllte sich die in Psalm 69:9 aufgezeichnete Prophezeiung Davids. Der Apostel Johannes wies später darauf hin mit den Worten: „Seine Jünger erinnerten sich daran, daß geschrieben steht: ‚Der Eifer um dein Haus wird mich verzehren.‘“ — Joh. 2:13-17.
DER AUFTRAG DES BEFREIERS
Nachdem Johannes festgenommen und gefangengesetzt worden war, verließ Jesus Judäa und zog nordwärts, durch Samaria nach Galiläa. Aus dem Bericht erfahren wir, daß er nach Nazareth kam, wo er aufgezogen worden war, und dort in die Synagoge ging. „Und er stand auf, um vorzulesen. Da wurde ihm die Buchrolle des Propheten Jesaja gereicht, und er öffnete die Buchrolle und fand die Stelle, wo geschrieben stand: ‚Jehovas Geist ist auf mir, weil er mich gesalbt hat, um den Armen gute Botschaft zu verkünden, er hat mich ausgesandt, um den Gefangenen die Freilassung zu predigen und den Blinden die Wiederherstellung des Augenlichts, um die Zerschlagenen als Freigelassene wegzusenden, um Jehovas annehmbares Jahr zu predigen.‘ ... Dann fing er an, zu ihnen zu sprechen: ‚Heute hat sich dieses Schriftwort, das ihr eben gehört habt, erfüllt.‘“ — Luk. 4:16-21.
Bei dieser Gelegenheit hätten die Juden erkennen können, daß der von Jehova gesandte Befreier tatsächlich unter ihnen war. Die Nazarener schrieben aber die dem ehemaligen Zimmermann Jesus eigene Fähigkeit zu predigen nicht dem heiligen Geist Jehovas zu.
Man beachte, daß in der Prophezeiung (Jes. 61:1-3), aus der Jesus vorlas, von diesem Gesalbten weiter gesagt wird, er bringe allen Trauernden Trost. Durch die Worte „den um Zion Trauernden“ (Me) wird angedeutet, worum die Betreffenden trauern. Dieser Schrifttext bezieht sich in erster Linie auf die siebzigjährige Gefangenschaft oder die siebzigjährige Verödung Zions oder Jerusalems. Während ihrer Gefangenschaft in Babylon hatten die Juden über die Verödung Zions und des dortigen Tempels Gottes getrauert. Als Jesus diese Prophezeiung anführte und sie dann auf sich selbst anwandte, zeigte er den Juden deutlich, daß für sie nun eine Zeit guter Botschaft angebrochen war, denn der Befreier war gekommen, um sie aus der von der babylonischen Religion bewirkten Gefangenschaft zu befreien, durch die sie gewissermaßen in einen Zustand geistiger Verödung geraten waren. — Matth. 9:36.
DIE RELIGIÖSEN FÜHRER ÖFFENTLICH BLOSSGESTELLT
Die religiösen Führer verwarfen Jesus, und viele von der Bevölkerung folgten ihrem Beispiel, was sich für diese verhängnisvoll auswirkte. Das hielt Jesus jedoch nicht davon ab, die zu verbinden, die zerbrochenen Herzens waren, und die Trauernden zu trösten. Die von Babylon beeinflußten religiösen Führer tröstete er jedoch nicht. Seine furchtlosen Worte, mit denen er sie verurteilte, bewiesen, daß er wirklich der Gesalbte war. Er sprach wie sein Vorläufer Johannes, gebrauchte aber noch härtere Worte. Er lenkte die Aufmerksamkeit auf die Prophezeiungen, die durch ihre Halsstarrigkeit erfüllt wurden. Er sagte: „Wehe euch, ihr Gesetzeskundigen, denn ihr habt den Schlüssel der Erkenntnis weggenommen; ihr selbst seid nicht hineingegangen, und die Hineingehenden habt ihr daran gehindert!“ (Luk. 11:52) Er stellte darum diese religiösen Bedrücker öffentlich bloß, damit alle, die durch sie verblendet worden waren und in religiöser Knechtschaft schmachteten, frei werden konnten. Er erwies sich als der größere Kores, der von Gott ermächtigt und beauftragt worden war, alle Juden, die trauerten, weil sie sich in der von der babylonischen Religion bewirkten Gefangenschaft befanden, zu befreien. Er warnte seine Jünger vor diesen religiösen Führern mit den Worten: „Laßt sie. Blinde Leiter sind sie. Wenn aber ein Blinder einen Blinden leitet, so werden beide in eine Grube fallen.“ — Matth. 15:14, 1-9; Jes. 29:13, 14.
Drei Tage bevor ihn die Oberpriester Annas und Kaiphas und die anderen religiösen Führer töten ließen, stellte er sie öffentlich bloß, indem er sagte:
„Sie binden schwere Lasten zusammen und legen sie auf die Schultern der Menschen, sie selbst aber wollen sie nicht mit ihrem Finger fortbewegen. Alle Werke, die sie tun, tun sie, um von den Menschen gesehen zu werden ... Wehe euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, Heuchler! weil ihr das Königreich der Himmel vor den Menschen verschließt; denn ihr selbst geht nicht hinein, noch erlaubt ihr, daß jene hineingehen, die sich auf dem Weg dorthin befinden ... ihr gleicht getünchten Gräbern, die zwar von außen schön scheinen, innen aber voller Totengebeine und allerlei Unreinigkeit sind. So erscheint auch ihr von außen zwar vor Menschen gerecht, im Innern aber seid ihr voller Heuchelei und Gesetzlosigkeit ... Somit legt ihr gegen euch selbst Zeugnis davon ab, daß ihr Söhne derer seid, die die Propheten ermordet haben. Nun, so macht denn das Maß eurer Vorväter voll!
Schlangen, Otternbrut, wie solltet ihr dem Gericht der Gehenna entfliehen? Siehe, darum sende ich Propheten und Weise und öffentliche Unterweiser zu euch. Einige von ihnen werdet ihr töten und an den Pfahl bringen, und einige von ihnen werdet ihr in euren Synagogen geißeln und von Stadt zu Stadt verfolgen, damit alles gerechte Blut über euch komme, das auf der Erde vergossen worden ist, vom Blut des gerechten Abel an bis zum Blut Sacharjas, des Sohnes Barachias’, den ihr zwischen dem Heiligtum und dem Altar ermordet habt. Wahrlich ich sage euch: Dies alles wird über diese Generation kommen.“ — Matth. 23:4-36.
Wie sehr sie in religiöser Knechtschaft waren, hob er durch seine weiteren Worte hervor: „Jerusalem, Jerusalem, die da tötet die Propheten und steinigt, die zu ihr gesandt sind, — wie oft habe ich deine Kinder versammeln wollen, wie eine Henne ihre Küken unter ihre Flügel versammelt! Ihr aber habt nicht gewollt. Seht, euer Haus wird euch verödet überlassen. Denn ich sage euch: Ihr werdet mich von nun auf keinen Fall mehr sehen, bis ihr sagt: ‚Gesegnet ist, der im Namen Jehovas kommt!‘“ (Matth. 23:37-39; Ps. 118:26) Das zeigte, daß sie sich durch die babylonische Religion in einem solch üblen Zustand befanden, daß ihnen Gott ihr Haus der Anbetung ebenso überlassen wollte, wie er einst den von Salomo erbauten Tempel den Babyloniern überlassen hatte.
VIELE WERDEN BEFREIT
Nicht alle Juden waren so eingestellt wie die jüdischen Religionsführer, noch folgten sie alle diesen Führern nach. Viele folgten dem größeren Kores nach, der, wie der Kores der alten Zeit, als Jehovas Hirte diente und viele Juden befreite. Ein Überrest treuer Juden erlangte die wahre Freiheit, die Jehova Gott allen verlieh, die sich ernsthaft mit seinem Wort beschäftigten und die Prophezeiungen der hebräischen Propheten der alten Zeit mit dem, was sich in Verbindung mit Jesus ereignete, und mit dem, was Jesus tat, verglichen. Sie erkannten ihn als den vortrefflichen Hirten an und folgten ihm in die Freiheit, die er ihnen verlieh, eine Freiheit, durch die sie, wie er sagte, „wirklich frei“ würden, und zwar nicht nur von der falschen Religion und ihrer Knechtschaft, sondern auch von der Macht der Sünde und ihrer Strafe, dem Tod. — Joh. 8:31-36.
Ob du nun ein Jude oder ein Christ bist, solltest du dich einmal fragen: „Welche Freiheit haben mir die Führer der Religion gebracht?“ Sowohl die Juden als auch die sogenannten Christen sind in viele Sekten und Splittergruppen aufgeteilt. Viele Führer dieser Religionsgemeinschaften geben zu, daß sie ratlos sind und daß die Pflichtvergessenheit, der Sittenverfall, die allgemeine Furcht und die Kriegsgefahr immer mehr überhandnehmen. Sie können kein befriedigendes Mittel zur Abhilfe anbieten. Sie vertrauen nicht auf Jehova und erwarten die Befreiung nicht von ihm, sondern lenken die Aufmerksamkeit der Menschen in jedem Land auf dessen Regierung und auf immer neue fehlschlagende politische Pläne. Vor allem veranlassen sie die Menschen, ihre Hoffnung auf die Vereinten Nationen zu setzen. Dadurch handeln sie genauso wie die Schriftgelehrten und Pharisäer der Tage Jesu: Sie führen die Menschen von dem wahren Befreier, dem Messias, weg und halten sie weiterhin in der Knechtschaft Groß-Babylons, des Weltreiches der falschen Religion, gefangen. Trotz des Pomps und der Zeremonien in den Religionssystemen Groß-Babylons und trotz des großen Einflusses und der Macht, durch die ihre Führer zusammen mit den Regierungen stolz über ihre Herden herrschen, handeln aufrichtige Menschen heute so wie die demütigen, gottesfürchtigen Juden in den Tagen des Messias. Sie forschen nach und stellen fest, daß der Messias, der Befreier, vor über 1900 Jahren tatsächlich nach Zion kam und daß er als Sohn Gottes und als im Himmel regierender König, als größerer Kores, auch sie aus Babylon der Großen befreien kann.
[Fußnoten]
a Tiberius folgte Kaiser Augustus nach dessen Tod am 19. August 14 u. Z. auf den Thron. Johannes begann im Frühling des fünfzehnten Jahres des Tiberius, das im August 28 u. Z. begann und im August 29 u. Z. endete, zu taufen. Jesus wurde im Herbst, um den 1. Oktober herum, getauft, also im sechzehnten Jahr des Tiberius.
b Siehe „Babylon die Große ist gefallen!“ Gottes Königreich herrscht!, herausgegeben von der Watch Tower Bible and Tract Society of Pennsylvania, Brooklyn, New York, Seiten 379—382, ferner Der Wachtturm vom 1. Januar 1966.