Im Alter Erfüllung finden — Wie?
JEDER von uns möchte etwas vom Leben haben. Das ändert sich auch nicht, wenn wir in das reifere Alter kommen. Allerdings sind wir dann vielleicht körperlich nicht mehr so fit, dennoch möchten wir das Beste aus unseren Altersjahren machen.
Rentner, die sich gut auf den dritten Lebensabschnitt vorbereitet haben, sagen, sie würden ihre frühere Arbeit schon etwas vermissen, indessen gefalle ihnen das ruhigere Leben. Sie könnten nun manches tun, was sie in jüngeren Jahren gern getan hätten, wofür aber die Zeit gefehlt habe.
Viele schätzen es, mehr Zeit zu haben, um die Natur zu genießen. Es macht ihnen Spaß, im Garten zu arbeiten, Reisen zu unternehmen oder Pflanzen und Tiere zu beobachten. Sie gehen allein oder in Gruppen wandern, was sie sowohl geistig als körperlich belebt.
Manche Ältere freuen sich auch darüber, daß sie mehr Zeit zum Lesen haben. Und wenn ihr Augenlicht nicht mehr ausreicht, hören sie sich besprochene Kassetten oder Vorträge im Rundfunk an, oder sie lassen sich etwas vorlesen. Auch genießen sie ein schönes Gespräch mit Angehörigen der verschiedenen Altersgruppen.
Der amerikanische Dichter und Kritiker Malcolm Cowley (geb. 1898) erwähnte, als er 80 Jahre alt wurde, noch etwas anderes, was ihm Freude bereitete:
„Es gibt noch andere Freuden des Alters. Einige davon sind für jüngere Leute so gut wie unfaßlich. Dazu gehört, einfach still zu sitzen wie eine Eidechse auf einem von der Sonne erwärmten Stein und das süße Nichtstun zu genießen, was man sich in jüngeren Jahren nur selten einmal leisten konnte.
In solchen Stunden ist der ältere Mensch vollkommen entspannt.“
Tätig bleiben
Andererseits muß ein älterer Mensch auch tätig sein. Allgemein wird der Standpunkt vertreten, daß körperliche und geistige Aktivität für die Gesundheit — die körperliche und auch die geistige — von großer Wichtigkeit sei. Wer noch kräftig genug ist, um sich betätigen zu können, aber nur herumsitzt, wird depressiv. Außerdem kann sich das nachteilig auf seine körperliche Verfassung auswirken.
Dr. Robert Butler, Leiter des amerikanischen Instituts für Alternsforschung, erklärte:
„Die Altersjahre können sinnvoll sein, wenn man sich mit irgend etwas Nützlichem beschäftigt, was einen befriedigt oder was sich lohnt.
Es würde sich sehr verheerend auswirken, wenn man einfach mit allem abschließen und nichts mehr tun würde, was dem Leben Sinn und Inhalt verleiht.“
Eine Mittsiebzigerin sagte, sie könne nicht verstehen, warum jemand in ihrem Alter, der noch rüstig und der gutsituiert sei, Schwierigkeiten habe, ein Leben zu führen, das ihn erfülle. Sie hält es für wichtig, sich mit Verschiedenem zu beschäftigen. Über Personen, die glauben, nichts mehr vom Leben zu haben, sagte sie: „Vielleicht sind sie nicht vielseitig genug. ... ich finde das Leben immer noch sehr schön.“ Allerdings räumte sie ein, daß sie, wenn sie noch älter werde und nicht mehr so gut zu Fuß sei, auf einige ihrer Beschäftigungen verzichten müsse. Aber das werde sie erst tun, wenn es soweit sei.
Das Bedürfnis nach Gesellschaft
Neue Hobbys und neue Beschäftigungen mögen dir Freude bereiten. Auch magst du es genießen, mehr für dich zu sein. Aber es gibt keinen Ersatz für menschliche Kontakte. Man sollte daher nicht nur allein sein wollen, sondern auch Kontakte pflegen.
Wir sind so geschaffen, daß wir das Bedürfnis nach Verkehr mit anderen Menschen haben. Niemand, der sich isoliert, kann wahrhaft glücklich sein, er mag noch soviel Geld haben. Wenn sich eine ältere Person absondert, obschon sie noch fähig ist, Kontakte zu pflegen, schadet das ihrem Geist und Gemüt, und sie wird sehr wahrscheinlich vorzeitig sterben. In dem Buch der Sprüche wird gesagt: „Wer sich absondert, wird nach seinem eigenen selbstsüchtigen Verlangen trachten; gegen alle praktische Weisheit wird er losbrechen“ (Spr. 18:1). Ein treffendes Beispiel dafür waren die späteren Lebensjahre des amerikanischen Milliardärs Howard Hughes.
Ein Mann in vorgerücktem Alter gab den Rat: „Wer sich verlassen fühlt, suche den Kontakt mit anderen Menschen.“ Nach seiner Meinung sollte man die Initiative ergreifen und die Menschen aufsuchen. Einen ähnlichen Rat gab Dr. Constance Freiss (New York): „Kontakte, menschliche Kontakte. Das ist — besonders für Ältere, die allein leben — das Wichtigste. Ich rate meinen Patienten, tagtäglich die Wohnung zu verlassen und mit jemandem zu sprechen, und wenn es nur mit der Kassiererin im Supermarkt ist.“
Auch Dr. Butler empfahl Beschäftigungen, durch die man mit Leuten in Kontakt kommt. Er sagte über ältere Menschen:
„Man kann sie ermuntern, einer Beschäftigung nachzugehen, durch die sie anderen helfen. Man kann ihnen auch empfehlen, einem Klub beizutreten, sich sportlich zu betätigen und Freundschaften zu knüpfen oder zu pflegen.
Der alternde Mensch muß dafür sorgen, daß er körperlich und geistig fit bleibt, das heißt, er muß geistig aktiv bleiben und gesellig sein; er muß mit anderen Menschen verkehren.“
Gute zwischenmenschliche Beziehungen
Eine wichtige Voraussetzung für gute zwischenmenschliche Beziehungen ist eine vernünftige, positive Einstellung den Mitmenschen gegenüber. Die zwischenmenschlichen Beziehungen werden gestört, wenn man sich nicht bemüht, verträglich zu sein. Zum Beispiel gibt es ältere Personen, die die Angewohnheit haben, stets nur ihre Meinung zum besten zu geben, und nicht bereit sind, sich die Meinung anderer anzuhören.
Das bedeutet nicht, daß man anderen, ganz gleich, was sie sagen, immer beipflichten muß. Denn es gibt so vieles, worüber man durchaus verschiedener Meinung sein kann. In Dingen, die nicht von Belang sind, sollte man nachgiebig sein.
Wenn andere sehen, daß ein älterer Mensch nicht streitsüchtig, sondern bereit ist zuzuhören, sind sie eher geneigt, sich mit ihm zu unterhalten. Ein älterer Mann sagte: „Ich habe die Erfahrung gemacht, daß ein Gespräch mit jüngeren Leuten viel mehr Freude macht, wenn ich nicht so tue, als wüßte ich alles, oder wenn ich nichts gegen ihre Ansichten, die anders sein mögen als meine, einwende. Vielmehr habe ich es mir zur Gewohnheit gemacht, sie um ihre Meinung zu fragen und ihnen ein Kompliment zu machen, wenn sie interessante und nützliche Ideen äußern. Häufig haben die jungen Leute sich dann für mich mehr interessiert und mich immer wieder um meine Meinung gebeten und darum, ihnen über meine früher gemachten Erfahrungen zu berichten.“
Manche ältere Menschen müssen die Neigung bekämpfen, anderen ständig etwas vorzujammern. Sie mögen zwar zufolge ihrer Altersbeschwerden mehr Grund zum Jammern haben, aber die Leute verspüren keine Lust, sich mit jemandem zu unterhalten, der ständig klagt. „Liebliche Reden sind eine Honigwabe, süß für die Seele und Heilung für das Gebein“ (Spr. 16:24). Auch für zwischenmenschliche Beziehungen gilt das Wort: ‘Der Mensch erntet, was er sät’ (Gal. 6:7, 8). Wenn wir ständig jammern, gehen die Leute uns aus dem Weg.
Unumstößliche Tatsachen
Es ist ganz in Ordnung, mehr aus seinem Alter machen und sich sinnvoll beschäftigen zu wollen. Man sollte sich gewiß darum bemühen, und andere können einem dabei behilflich sein. Dennoch muß man sich der einen unumstößlichen Tatsache bewußt sein: Auch für den, der die Altersjahre interessant und produktiv gestaltet, nimmt das Leben einmal ein Ende. Bis jetzt kann noch keiner dem Tod entrinnen. Deshalb wird in der Bibel gesagt, daß sich der „Tod zu allen Menschen verbreitet hat“ (Röm. 5:12).
Wir können es so schonend formulieren, wie wir wollen, dennoch ist es eine Tatsache, daß jeder Mensch einem zum Tode Verurteilten gleicht. Schon am Tag unserer Geburt sind wir zum Altern und Sterben „verurteilt“; diesem Geschick kann keiner entgehen. Wie traurig, daß das Leben so kurz und mit Sorgen gesättigt ist, während es doch so schön sein könnte, wenn man gesund wäre, sich vor nichts zu fürchten brauchte und in einer schönen Umgebung leben könnte! (Hiob 14:1, Herder-Bibel).
Das, was der spanische Entdecker Ponce de León von dem „Jungbrunnen“, nach dem er suchte, erwartete, fehlt auch uns. Es müßte ein „Durchbruch“ erzielt werden, der zu einer Vereinigung von Jugendkraft und Altersweisheit führen würde.
Eine weitere unumstößliche Tatsache ist jedoch folgende: Selbst wenn das erreicht würde, wäre der Mensch nicht glücklich, wenn es weiterhin Armut, Inflation, Verbrechen, unerträgliche Nachbarn, schreckliche Kriege und all die übrigen Probleme des gegenwärtigen Systems der Dinge gäbe. Das Ideale wäre die Vereinigung von Jugendkraft und Altersweisheit, doch dann müßte man auch in einer Welt leben können, in der Friede und Sicherheit herrschten und alle Menschen gut wären.
Nicht nur ein Traum
Wird dieses Ideal stets ein Traum bleiben? Nein. Vielmehr wird es bald realisiert werden. Doch wie ist das möglich, da alles darauf hindeutet, daß die Probleme des Lebens nicht gelöst, sondern eher noch größer werden?
Die sich verschlimmernden Verhältnisse zeigen klar und deutlich, daß wir in der Zeit leben, in der gemäß den biblischen Prophezeiungen das Ende des heutigen unbefriedigenden Systems der Dinge herbeigeführt werden wird. Die schweren Zeiten, die unsere Generation seit dem Ersten Weltkrieg durchmacht, sind ein Beweis dafür, daß sich das gegenwärtige System der Dinge in seinen „letzten Tagen“ befindet (2. Tim. 3:1-5; Matth. 24:3-12).
Was folgt dann? Der „Tag des Gerichts und der Vernichtung der gottlosen Menschen“, wie die Bibel voraussagt. Wenn alles Böse von der Erde beseitigt ist, wird Gott eine neue Ordnung schaffen, in der „Gerechtigkeit wohnen“ wird (2. Petr. 3:7, 13). In dem von Gott geschaffenen neuen System der Dinge wird „der Tod ... nicht mehr sein, noch wird Trauer, noch Geschrei, noch Schmerz mehr sein“ (Offb. 21:4).
Deswegen können wir der Aufforderung Jesu Folge leisten: „Richtet euch auf und hebt eure Häupter empor, denn eure Befreiung naht“ (Luk. 21:28). In der gerechten neuen Ordnung wird es das Alter mit seinen unangenehmen Begleiterscheinungen nicht mehr geben. Vielmehr werden die alten Menschen wieder jung und kräftig werden. Selbst die Toten werden auferstehen und die Gelegenheit erhalten, ewig in Gottes neuem System der Dinge zu leben (Apg. 24:15). Ältere Menschen sollten deshalb nicht verzweifeln, sondern die wunderbare Hoffnung nähren, von den Folgen des Alters und vom Tod befreit zu werden.
Deshalb sind christliche Zeugen Jehovas, die im Alter schon fortgeschritten sind, bemüht, die Menschen in ihrer Wohnung aufzusuchen, um mit ihnen Kontakt aufzunehmen, ihre Anschauung kennenzulernen und ihnen zu erzählen, was die Bibel über die nahe Zukunft sagt. Auf diese Weise finden sie im Alter Erfüllung.