Briefe
BEGRÄBNISSEN UND HOCHZEITEN BEIWOHNEN — WO?
17. November 1949
Lieber Bruder,
Deine Karte vom 10. ds. bezieht sich auf unsern Brief im (engl.) Wachtturm vom 15. November [deutsch 15. Februar 1950] über „Hochzeiten und Begräbnisse“ und Du fragst darin, ob Du darunter verstehen solltest, dass wir es „befürworten, wenn Geschwister an Hochzeiten und Begräbnissen anwesend sind, an denen religiöse Geistliche ihres Amtes walten, oder in deren Gebäuden“.
Nun, gewiss „befürworten“ wir das nicht, und der Brief in obigem Wachtturm als Antwort auf eine Anfrage sagte nichts über die Anwesenheit bei Hochzeiten und Begräbnissen in Religionsgebäuden, wo Geistliche ihres Amtes walten. Unser Brief erwähnt die Tatsache, dass unsere eigenen Vertreter zur Ausübung solcher Amtshandlungen ausgesandt werden.
Ob jedoch ein Bruder oder eine Schwester frei sei, einer solchen Amtshandlung eines Geistlichen und in ihrem Gebäude beizuwohnen, ist eine andere Frage. Bestimmt ist eine Hochzeit, die von einem Religionsgeistlichen vollzogen wird, ebenso gültig vor dem Gesetz des Landes wie eine solche, die von irgendeinem unserer Brüder vollzogen wird, der sich hierzu um eine Lizenz beworben und sie erhalten hat. Und wenn irgend jemand von unsern Geschwistern nicht zu eigenen Brüdern gehen kann, die das besorgen, sondern sich in ein Gemeindehaus begibt, damit ein Zivilstandsbeamter oder ein anderer rechtmässig ernannter öffentlicher Beamter die Zeremonie vollziehe, so fragen sie nicht erst, ob dieser Beamte Katholik, Protestant, Jude oder sonst ein Religionist sei. Hauptsache ist, dass er das Gesetz des Landes vertritt und ermächtigt ist, der Ehe gesetzliche Autorität und Anerkennung zu verleihen. Alles andere ist nebensächlich, unwichtig und ohne Einfluss.
Ein Vater oder eine Mutter, die sich aus Gründen, über die sie keine Macht besitzen, verpflichtet fühlen, in ein Religionsgebäude zu gehen, um zu sehen, wie ihr Kind verheiratet oder begraben wird, geht dorthin, um die Hochzeit oder die Bestattung mit anzusehen und nicht aus religiösen Gründen, sofern sie in der Wahrheit sind. Dies ist dasselbe wie zur Zeit des Apostels im Falle eines Menschen, der in einen Götzentempel ging, um etwas zu essen. Er begab sich dorthin, um ein Mahl zu erhalten und nicht zur Anbetung. (1. Kor. 8:7-10) Das Gewissen eines andern Bruders mag nicht stark genug sein, ihm dies zu gestatten, und sein schwaches Gewissen nähme Anstoss, wenn er seinen christlichen Bruder nur wegen eines Mahles an einer solchen Stätte sähe. Wenn wir es also auch nicht „befürworten“, haben wir doch auch nicht das Recht zu kritisieren oder zu verdammen, sondern wollen Gott das Gericht unseres Bruders überlassen, der sich gemäss seinem Gewissen verpflichtet fühlen mag, solchen Feierlichkeiten unter der Leitung von Geistlichen beizuwohnen.
Im Theokratischen Dienst treulich Deine Mitbrüder,
WATCH TOWER BIBLE & TRACT SOCIETY
DAS FEHLEN EINES GEBETS BEI ÖFFENTLICHEN VORTRÄGEN
17. November 1949
Lieber Bruder,
Hier die Antwort auf Deine Anfrage vom 9. ds. hinsichtlich des Fehlens eines Gebets bei Beginn und am Schluss unserer öffentlichen Vorträge:
Sicherlich kommt das Publikum nicht zu unsern öffentlichen Vorträgen in unsern Königreichssaal oder sonstwohin, um uns beten zu hören, sondern es kommt, um durch den Redner, der zur Behandlung des Themas als kompetent angekündigt worden ist, etwas über diesen angekündigten Gegenstand zu hören. Jesus, unser Vorbild, hielt viele öffentliche Vorträge, doch ist nichts darüber aufgezeichnet, dass er irgendwelche mit Gebet begonnen oder beendet hätte. Es gibt keine Aufzeichnung in der Bibel, wonach er die Bergpredigt oder die Vorträge im Freien, nach denen er die Volksmenge speiste, zuerst die 5000 und dann die 4000, mit Gebet eröffnet hätte. Doch ist ein Bericht vorhanden, wonach er bei dieser Speisung der Volksmengen vor dem Brechen des Brotes und Fisches und vor dem Verteilen der Stücke an die hungrigen Mengen Gott ein Dankgebet darbrachte. Und jene Vorträge, bedenke wohl, waren öffentliche Zusammenkünfte von fast ausschliesslich Juden, die schon an Jehova Gott glaubten. Heute jedoch, in unserem Fall, kündigen wir an, dass unsere öffentlichen Vorträge für alle Menschen bestimmt sind, ob sie nun dem Namen nach katholisch, protestantisch, jüdisch, skeptisch oder atheistisch seien oder zu den vielen heidnischen Religionen gehören. Bestimmt erscheinen die Leute aus der Allgemeinheit, die nicht zum christlichen Glauben gehören, an unsern Veranstaltungen nicht, um sich mit uns im Gebet zu unserm Gott zu vereinen, sondern einzig und allein, um die sie lockende Ansprache zu hören. So halten wir ihnen diesen Vortrag und denken nicht daran, ihnen etwas aufzudrängen, indem wir dem Vortrag etwas beifügen, woran sie sich stossen oder worüber sie straucheln könnten, bevor sie die Ansprache gehört haben, zu der sie erschienen sind. In 1. Korinther, Kapitel 14, sagt der Apostel Paulus, Christen sollten in den eigenen Versammlungen Gebete in einer Sprache darbringen, die verständlich ist, damit die Hörer am Schluss Amen! sagen können. Wir sollten aber nicht erwarten, dass irgendein Nichtchrist sich uns öffentlich im Gebet anschliesse, wenn dieses an einer öffentlichen Veranstaltung gesprochen wird, und dann mit uns am Schluss Amen! sage. In vielen heidnischen Ländern halten unsere Brüder öffentliche Vorträge, und wenn es dort für die heidnische Öffentlichkeit aufdringlich ist, ein Gebet darzubringen, bevor wir sie unsere öffentliche Botschaft hören lassen, sollte dieselbe Regel auch in der Christenheit gelten. Weil die Botschaft von WBBR, der Radiostation der Gesellschaft, für die Öffentlichkeit bestimmt ist, wird hier ebenfalls kein Gebet dargebracht. Dies bedeutet jedoch nicht, dass bei all solchen öffentlichen Veranstaltungen keine Gebete dargebracht würden. Sie werden dargebracht, und zwar privat von denen, die den öffentlichen Vortragsfeldzug veranstalten und unterstützen, und dies genügt.
Im Dienste der Theokratie treulich die Deinen,
WATCH TOWER BIBLE & TRACT SOCIETY
Gütig und gerade ist Jehova, darum unterweist er die Sünder in dem Wege; er leitet die Sanftmütigen im Recht und lehrt die Sanftmütigen seinen Weg. — Psalm 25:8, 9.