Was kann man gegen Übergewicht tun?
MACHST du dir Sorgen, weil du Übergewicht hast? Verlierst du Gewicht, und nimmst dann doch wieder zu?
Es mag für dich ermutigend sein zu erfahren, daß es Vorteile hat, Übergewicht zu haben — zumindest bis zu einem bestimmten Grad. Jean Mayer, eine führende Wissenschaftlerin, berichtet: „Unter fettleibigen Personen ist die Todesrate bei Tuberkulose, Magengeschwüren und Selbstmord tatsächlich niedriger als der Durchschnitt.“
Und Hippokrates sagte: „Diejenigen, die ein wenig Fett am Bauch haben, sind am besten dran.“ Einer der führenden Psychiater Amerikas, die sich mit diesem Problem befassen, Dr. Albert Stunkard, äußerte eine ähnliche Meinung. Doch beachte, daß es hieß „ein wenig Fett“. Viel zu viele Menschen haben mehr als „ein wenig“.
Woher kannst du wissen, ob du zu dick bist? Eine Möglichkeit ist, in den Spiegel zu gucken. Du kannst aber auch dein Gewicht mit den Durchschnittswerten vergleichen, die für deine Größe, deinen Körperbau und dein Geschlecht angegeben werden. Aber am besten kannst du es feststellen, wenn du zwischen deine Finger eine Hautfalte nimmst, vielleicht an der Rückseite des Oberarms. Wenn sie über zwei Zentimeter dick ist, hast du wahrscheinlich zuviel Fett.
Nachteile des Übergewichts
Einer der Nachteile bei Übergewicht ist, daß man sich nicht so schnell bewegt und daher weniger aktiv ist. Außerdem zeigen die Aufzeichnungen der Versicherungen, daß die Lebenserwartung um so kürzer ist, je größer das Übergewicht ist. Diese Angelegenheit verdient daher ernsthafte Beachtung.
Ein weiterer Nachteil wird offenbar, wenn man heiraten möchte. Es ist eine Tatsache, daß die schlanke Figur in den heutigen Gesellschaftsformen als attraktiver empfunden wird. Deshalb ist auch das Diäthalten als „der populärste Heimsport der amerikanischen Frau“ bezeichnet worden. Sie hält Diät, um einen Mann zu bekommen und ihn dann zu behalten.
Großes Interesse an Schlankheitskuren
Über Diät und Schlankheitskuren sind buchstäblich Hunderte von Büchern geschrieben worden. Und wie gut sie sich verkaufen! Von einem Buch wurden in weniger als einem Jahr eine Million Exemplare verkauft. Von einem anderen Buch wurden innerhalb einiger Jahre fünf Millionen Exemplare verkauft, und ein Buch zum Zählen der Kalorien hat in den Vereinigten Staaten eine Auflage von siebzehn Millionen erreichta. In amerikanischen Zeitschriften erscheinen jährlich etwa dreißig Artikel über dieses Thema. Ja, es heißt sogar, daß „die Literatur über Übergewicht, Diät und damit verbundene Probleme verwirrend ist, und zwar nicht nur wegen ihres widersprüchlichen Inhalts, sondern auch wegen ihres gewaltigen Umfanges“.
Doch trotz all dieses Interesses an einer Gewichtsabnahme haben 25 bis 45 Prozent der Amerikaner mindestens 20 Prozent zuviel Gewicht, und ihre Zahl nimmt ständig zu. Diese Tatsache veranlaßte einen führenden Ernährungswissenschaftler zu der Klage: „Wir wissen einfach nicht, wie wir dem einzelnen die richtige Motivierung geben sollen.“ Ein wahrer Gesichtspunkt des Problems scheint zu sein, daß über 90 Prozent derer, die durch eine Radikalkur Gewicht verloren haben, früher oder später in die Reihen der Fettleibigen zurückkehren.
Wie kommt es zu Übergewicht?
Hinsichtlich der Ursachen für Übergewicht gibt es wirklich eine verwirrende Anzahl sich widersprechender Meinungen. Viele behaupten, es liege einfach an den Kalorien, denn je mehr Kalorien man esse, desto mehr wiege man. Aber das ist nicht immer der Fall. Einige bleiben dünn, obwohl sie eine ganze Menge essen, denn sie führen ein sehr beschäftigtes Leben oder verrichten schwere körperliche Arbeit. Dr. W. A. Nolen, ein bekannter Chirurg, sagte diesbezüglich: „Es gibt individuelle Unterschiede im Stoffwechsel (Stoffwechsel ist der Ausdruck, den wir benutzen, um den Aufbau und den Zerfall unserer Körpergewebe zu bezeichnen, beides Prozesse, die fortwährend stattfinden). Wir alle kennen Leute, die nie an Gewicht zuzunehmen scheinen, ganz gleich, wieviel sie essen.“
Indessen scheint sich das Problem nach den neuesten Entdeckungen in folgenden Worten zusammenfassen zu lassen: „Dicke Menschen wissen nicht, wann sie hungrig sind, und sie wissen nicht, wann sie satt sind.“ In einigen Fällen mag die Ursache das Appetitzentrum sein, das im Hypothalamus liegt und das Nahrungsbedürfnis regelt.
Da Eunuchen und kastrierte Tiere zur Fettleibigkeit neigen, glauben einige Personen, daß der Mangel an männlichen Hormonen zu Fettleibigkeit führen kann.
Die Vererbung spielt bestimmt eine Rolle. So stellte ein Forscherteam aus London fest, daß in Fällen, in denen beide Eltern durchschnittliches Gewicht haben, weniger als 10 Prozent ihrer Kinder Übergewicht haben. Aber wenn beide Eltern fettleibig sind, haben 80 Prozent ihrer Kinder ebenfalls Übergewicht. Daß dies nicht allein auf ähnliche Eßgewohnheiten zurückzuführen ist, ist durch Experimente bewiesen worden.
Medizinische Studien lassen auch darauf schließen, daß jemand, der in der Kindheit mehr und größere Fettzellen entwickelt als normal, in späteren Jahren zur Fettleibigkeit neigen wird. In diesem Fall wird er das Problem nie überwinden, so gut er auch Diät halten mag. Bei einigen ist Übergewicht also kontrollierbar, aber nicht heilbar.
Es gibt auch psychologische Faktoren. Es kann sein, daß du mehr ißt, als du solltest, weil du unter Druck, Frustrationen, Enttäuschungen, Langeweile oder Einsamkeit leidest. Das Essen ist außerdem eine angenehme Tätigkeit, und fettleibige Menschen sind diesem Vergnügen mehr zugeneigt. Nachforschungen haben gezeigt, daß die Eßgewohnheiten von Personen mit durchschnittlichem Gewicht im allgemeinen von inneren Faktoren bestimmt werden, also vom Hunger und von dem Bedürfnis zu essen. Aber die Eßgewohnheiten fettleibiger Personen werden allzuoft von solch äußeren Faktoren wie dem Anblick, dem Geruch und dem Geschmack der Speise bestimmt.
Wenn wir älter werden, benötigen wir weniger Nahrung, aber unser Appetit bleibt der gleiche. Es ist zwar üblich, daß man zunimmt, wenn man älter wird, doch es ist gewöhnlich nicht das gesündeste.
Ein ganzer Schrank voll Heilmittel
Es gibt wirklich viele Heilmittel, unter denen du dir eines aussuchen kannst. Hunderten extrem überschweren Personen ist durch eine Operation geholfen worden — ihnen ist ein großer Teil des Dünndarms entfernt worden. Auf diese Weise ist die Darmfläche, aus der Nahrung in den Blutstrom absorbiert werden kann, verringert worden. Diese Maßnahme ist offensichtlich sehr drastisch, und man sollte sich nicht vorschnell dazu entschließen.
Was ist über den Gebrauch von Drogen zu sagen? Bei Drogen, seien es nun solche, die den Appetit zügeln, oder solche, die den Stoffwechsel beschleunigen, muß man immer mit Nebenwirkungen rechnen. Zu Recht hat jemand gesagt: „Kein leichter Weg ist sicher; kein sicherer Weg ist leicht.“
Einige empfehlen Selbsthypnose. Anderen ist dadurch geholfen worden, daß sie sich den Anonymen Überessern oder ähnlichen Vereinen angeschlossen haben. Aber angesichts der Gefahren, die mit Hypnose jeder Art verbunden sind, ist es höchst unklug, darauf zurückzugreifen, um das Problem des Übergewichts zu lösen. Und was die andere Methode betrifft, so tut ein Gott hingegebener Christ gut daran, sich zu fragen, inwiefern sich eine solche Gesellschaft auf sein geistiges Wohl auswirken würde (1. Kor. 15:33; 2. Kor. 6:14-18).
Dann gibt es die sogenannten Schlankheitskuren. Zu denen, die erwähnt werden könnten, gehören eine dreitägige Pflaumenkur, eine Kur mit Pampelmusen und hartgekochten Eiern und eine Kur, bei der man nichts anderes zu sich nimmt als Milch und Bananen. Das Problem bei den meisten dieser Schlankheitskuren ist, daß sie auf die Dauer nicht gut sind. Die meisten Nahrungsmittel, die zum Abnehmen „annehmbar“ sind, haben einen verhältnismäßig hohen Proteingehalt; die Einsparung an Kalorien wird dadurch erreicht, daß man weniger Fette und Kohlenhydrate zu sich nimmt. Diese Kost könnte man zwar als eiweißreich bezeichnen, aber man nimmt in Wirklichkeit nicht mehr Eiweiß zu sich.
Eine andere Möglichkeit, schlank zu werden, ist ganz einfach und auch billig: das totale Fasten. Darüber hieß es in dem Buch Current Therapy 1970: „Der völlige Verzicht auf Speisen für einen Tag alle drei bis zehn Tage wird schon seit Jahren angewandt. Der Nutzen, den ein Kaloriendefizit von 2 500 bis 4 000 Kalorien einmal oder zweimal wöchentlich mit sich bringt, ist bemerkenswert. Für Personen, die, abgesehen von ihrer Fettleibigkeit, normal sind, sind die damit verbundenen Risiken minimal. Bei sieben- bis zehntägigen Fastenzeiten, der neueren Methode, ist eine Beobachtung im Krankenhaus ratsam.“
Gesunder Menschenverstand und Selbstbeherrschung
Die einfachste (aber nicht die leichteste) Lösung ist natürlich, es zu vermeiden, Übergewicht zu bekommen. Vorbeugen ist besser als heilen. Eltern sollten darum besorgt sein, daß ihre Kinder so früh wie möglich gesunde Eßgewohnheiten entwickeln. Doch wenn du einmal Übergewicht hast, mußt du dich mit der Tatsache abfinden, daß es beträchtliche Mühe und Entbehrung erfordern wird, bis sich der Erfolg bemerkbar macht, der das alles der Mühe wert erscheinen läßt.
Ein Lehrbuch der Medizin drückt es folgendermaßen aus: „Ein Patient, dem es gelungen ist, sein Übergewicht zu verlieren, muß sich darauf einstellen, daß er sein Leben lang wachsam sein muß, um seinen Erfolg beizubehalten. Trotzdem rechtfertigen die Vorteile, die von dem Gewichtsverlust zu erwarten sind, die äußersten Anstrengungen des Arztes und des Patienten, das optimale Gewicht zu erreichen und beizubehalten.“ Es ist so, wie es ein anderer Ernährungswissenschaftler ausdrückte: „Ich glaube nicht, daß man ohne etwas Selbstverleugnung gesund bleiben kann.“ Noch energischer drückte es ein anderer Spezialist aus: „Man muß sich darüber im klaren sein, von welcher Bedeutung ein Mangel an Charakter und Willenskraft ist, der sich bei dem Problem der Fettleibigkeit in der unkontrollierbaren Hemmungslosigkeit äußert.“
Denke auch daran, daß es nicht allein genügt, seine Eßgewohnheiten zu überwachen. Es ist auch nötig, sich körperlich mehr zu betätigen. So heißt es in einem führenden medizinischen Lehrbuch: „Bei vielen fettleibigen Personen, besonders bei fettleibigen Frauen, ist eher verminderte Tätigkeit als vermehrte Nahrungsmittelaufnahme zu beobachten ... Ein Programm allmählich zunehmender körperlicher Bewegung ist ein wesentlicher Bestandteil der Behandlung von Fettleibigkeit.“ Denke daran, daß ein drei bis fünf Kilometer weiter Spaziergang täglich wirklich von Wert ist.
Einige Anregungen
Es folgen nun einige praktische Methoden, die führende amerikanische Wissenschaftler und andere Ärzte anwenden, um ihr Gewicht niedrig zu halten:
Die Köchin in der Familie hilft mit. Das ist genausowichtig wie Selbstdisziplin, wenn jemand in der Familie sein Gewicht niedrig halten möchte.
Sie essen langsam. Die meisten stark korpulenten Personen sind schnelle Esser. Iß langsam und genieße weniger Speise mehr.
Sie essen nur selten Speisen, die gut schmecken, aber keinen wirklichen Nährwert haben. Auch für dich kann es nützlich sein, wenn du weniger Limonade trinkst und weniger Pasteten, Tortengebäck, Kekse und Kuchen ißt.
Einige von ihnen verzichten auf sämtliche alkoholischen Getränke. Wenn du ernsthaft daran interessiert bist, dein Gewicht unter Kontrolle zu halten, könntest du das gleiche tun.
„Mrs. Stare [die Frau eines der führenden Ernährungswissenschaftler Amerikas] bereitet nie, aber auch wirklich nie, irgendwelche gebratenen Speisen zu.“ Speisen, die geröstet oder gebacken werden, können ebenso schmackhaft sein.
Sie vermeiden es, sich bei den Mahlzeiten eine zweite Portion zu nehmen. Sie schränken auch den Genuß aller Fette ein, sowohl bei Molkereiprodukten wie auch bei Fleisch oder Gemüse. Ein einfacher Tip: Verdünne Salatsoße mit Tomatensaft.
Über Desserts sagte Dr. Jean Mayer: „Ich meide sie wie die Pest!“
Viele haben gelernt, mit Imbissen zwischen den Mahlzeiten vorsichtig zu sein. Wenn du zwischendurch etwas essen mußt, dann iß Selleriestengel, Mohrrüben, einige Scheiben Gurke oder kleine Stücke frisches Obst.
Natürlich ist mit der richtigen Einstellung zum Essen nur die Hälfte des Kampfes gewonnen. Die andere Hälfte ist die Bereitschaft, sich körperliche Bewegung zu verschaffen, Treppen zu steigen, statt den Fahrstuhl zu nehmen, zum Laden an der Straßenecke zu laufen, statt mit dem Auto zu fahren.
Wenn du guten Grund hast abzunehmen, kannst du es auch. Doch das erfordert, daß du die Sache ernst nimmst. Wenn du zu Fettleibigkeit neigst, dann ist für dich, wie Dr. Jean Mayer es ausdrückte, „der Preis der Schlankheit ... ewige Wachsamkeit sowie Selbstdisziplin hinsichtlich der Ernährung und der körperlichen Betätigung“.
[Fußnote]
a Eine Kalorie ist eine Maßeinheit für den Energiewert der Nahrungsmittel. Ein Eßlöffel Honig enthält 100 Kalorien. Ein erwachsener Mann, der einer durchschnittlichen Tätigkeit nachgeht, benötigt 3 000 Kalorien täglich; eine Frau benötigt im gleichen Alter und unter den gleichen Umständen etwa 2 200.