Der heutige Familienzerfall — Wie schwerwiegend sind die Folgen?
DER weltweite Familienzerfall ist unübersehbar. Vielleicht hat es noch nie so viele familiäre Probleme gegeben wie heute.
Die unten angeführten Scheidungszahlen Kanadas und der Vereinigten Staaten veranschaulichen nur den Ernst der Lage, der auch anderswo unverkennbar ist. In anderen Ländern nimmt die Scheidungsziffer ebenso schnell oder noch schneller zu.
Man könnte den Zerfall der Familie, der grundlegenden Einheit der Gesellschaft, mit einer Funktionsstörung der Zelle, der grundlegenden Einheit des menschlichen Körpers, vergleichen. Wenn zu viele Zellen krank werden, wird der gesamte Körper in Mitleidenschaft gezogen. Brechen zu viele Familien auseinander, dann kann das zum Zerfall der ganzen Zivilisation führen.
Meyer Elkin, ein Experte für Familienprobleme, sagt warnend: „Wir ziehen jetzt eine Generation von Kindern aus zerrütteten Familien groß — und schaffen dadurch eine soziale Zeitbombe.“
Wie schwerwiegend sind die Folgen des Familienzerfalls? Dem Zerfall der Familie werden weitgehend folgende Erscheinungen zugeschrieben:
GEWALTTÄTIGKEIT IN DER SCHULE
„In Anbetracht der Entartung der Familie ist es kein Wunder, daß in den Schulen [der USA] in einem Jahr 70 000 tätliche Angriffe auf Lehrer verübt und 100 Lehrer ermordet wurden sowie ein Sachschaden in Höhe von einer Milliarde Dollar angerichtet wurde“, erklärte Dr. Harold V. Roth, Psychiater der Menninger Foundation.
SELBSTMORD-EPIDEMIE
Jede Woche begehen in Japan durchschnittlich mehr als 16 Jugendliche Selbstmord. In der Bundesrepublik Deutschland nahmen sich in einem Jahr 1 468 junge Menschen das Leben. Jedes Jahr begehen 5 000 junge Amerikaner Selbstmord — 13 am Tag!
„Viele Kinder haben das Empfinden, daß die herkömmlichen Zufluchtsstätten nicht mehr existieren“, meint Dr. Arthur Froese, Leiter eines psychiatrischen Instituts für Jugendliche. „Die Familie ist unsteter geworden, immer mehr Mütter gehen arbeiten, und zwei Häuserblocks weiter wohnt nicht mehr die Großmutter, die nach der Schule Plätzchen backt.“
KINDER-PROSTITUTION
Gemäß einem Bericht der UN-Menschenrechtskommission gibt es in einem südamerikanischen Land etwa 50 000 Kinder, die Prostituierte sind. Die Kinderprostitution ist zu einer weltweiten Epidemie geworden. Warum? „Viele, die Prostituierte werden, sind das typische Produkt zerrütteter Familien“, heißt es in der Detroit News vom 16. Mai 1978. Bei einigen Studien trat zutage, daß 25 Prozent der Prostituierten aus Familien stammen, in denen Blutschande verübt wurde.
WELTWEITER DROGENMISSBRAUCH
In vielen Ländern nimmt der Drogenmißbrauch zu, vor allem unter Jugendlichen. In Italien wird von 200 000, in England von 2 000 000 und in den Vereinigten Staaten von 6 000 000 Drogenabhängigen berichtet. „Bei Drogenabhängigen stellt man immer wieder fest“, sagt ein führender Psychiater, „daß während der entscheidenden Jahre ihrer Kindheit der Vater fehlte.“
BRUTALITÄT IN DER FAMILIE
„Die Wahrscheinlichkeit, daß du in deinen eigenen vier Wänden von einem Verwandten getötet, verletzt oder tätlich angegriffen wirst, ist größer als in irgendeiner anderen Situation“, sagt der Soziologe Richard Gelles.
In den USA werden jedes Jahr etwa 2 000 Kinder von ihren Eltern getötet und fast eine Million verletzt. Unter Eheleuten werden jährlich 2 000 Morde verübt. Das ist eine Folge der zerstörten Familienbande.
ÄLTERE PERSONEN UNERWÜNSCHT
Die Großfamilie mit Kindern, Eltern und Großeltern unter einem Dach ist heute verschwunden. Mehr als 6 500 000 Amerikaner leben allein. Oft werden ältere Verwandte unnötigerweise in Altersheime gebracht oder anderweitig „abgeschoben“. Die Folge davon ist Einsamkeit und oft auch ein frühzeitiger Tod.
IMMER MEHR GESCHLECHTSKRANKE
In Italien stellte sich bei der Musterung von 1 968 984 jungen Männern heraus, daß 65 000 Syphilis hatten. Von den an Gonorrhö erkrankten Amerikanern — etwa eine Million — sind 25 Prozent zwischen 15 und 19 Jahre alt. In den USA sind täglich etwa 5 750 Mädchen wegen Gonorrhö von der Schule abwesend. Der Zusammenbruch der Familieneinrichtung gilt als ein wesentlicher Grund für die enorme Promiskuität unserer Tage.
MILLIONEN ALKOHOLIKER
In vielen Ländern gibt es buchstäblich Millionen von Alkoholikern. Berichten zufolge fordert der Alkoholismus in Frankreich jedes Jahr 40 000 Todesopfer. In den USA ist jeder fünfte High-School-Schüler mindestens einmal in der Woche betrunken. Gestörter Hausfrieden wurde hier als Wurzel des Alkoholismus erkannt.
MÜTTER, DIE NOCH KINDER SIND
Jedes Jahr werden in den USA etwa 30 000 Mädchen im Alter von 14 Jahren und darunter schwanger; die jährliche Gesamtzahl von Teenagerschwangerschaften beträgt rund eine Million. Davon bringen etwa 600 000 ihr Kind zur Welt — zwei von drei Mädchen bringen es unehelich zur Welt. In Kanada werden jede Woche über 1 000 Teenager schwanger. Und in Neuseeland ist mehr als jedes fünfte Kind ein uneheliches — ein weiteres trauriges Ergebnis des Familienzerfalls.
Der Zerfall der Familie hat weitverbreitete und katastrophale Auswirkungen. Der Gedanke, daß Hunderttausende von „Teenagermüttern“ versuchen, ihr Kind ohne Ehemann großzuziehen, ist erschreckend. Aber genauso sieht die Situation aus.
In Großbritannien ist jede dritte Braut unter 20 Jahren an ihrem Hochzeitstag bereits schwanger. Fast ein Viertel aller jungverheirateten Amerikanerinnen unter 25 hatte entweder ein Kind vor der Ehe oder war bereits bei der Eheschließung schwanger. Für die meisten dieser jungen Familien bringt das eine schwere finanzielle und emotionelle Bürde mit sich.
Ein großer Prozentsatz der Mütter von Kindern im schulpflichtigen Alter ist heute berufstätig — in den USA sind es mehr als 50 Prozent. Da die Väter ebenfalls arbeiten, haben die Kinder gewöhnlich nicht die elterliche Führung, die sie brauchen. Es ist so, wie Professor Urie Bronfenbrenner sagte: „Erste Anzeichen von Schwierigkeiten sind wahrscheinlich dort zu suchen, wo die Kinder, wenn sie nach Hause kommen, eine leere Wohnung vorfinden.“
Da Scheidung, Trennung, Ehebruch und die Vernachlässigung elterlicher Pflichten immer üblicher werden, bezweifeln Kenner der Sachlage, daß die Familieneinrichtung unser Jahrhundert überdauern wird. Zudem befürchten manche, der zunehmende Familienzerfall würde zu einem Zerfall der Zivilisation als solcher führen.
Was sind die Ursachen für den Zerfall der Familie? Was kann man dagegen tun?
[Übersicht auf Seite 4]
GESAMTZAHL DER SCHEIDUNGEN
USA KANADA
1960 393 000 6 980
1965 479 000 8 974
1970 708 000 29 775
1976 1 083 000 54 207